Protocol of the Session on May 8, 2020

Rassismus hat viele Gesichter, viel zu oft bleibt Alltagsrassismus unsichtbar. Er tritt offen und gewalttätig, versteckt und unbeabsichtigt, ungewollt und aus Unwissenheit, zu oft aus Ignoranz und Hetze auf. Deshalb müssen wir uns mit den unterschiedlichen Formen von Rassismus auseinandersetzen. Der Landesaktionsplan wird hierauf Antworten geben. In diesem werden wir die Leitlinie für die Präventions- und Antirassismusarbeit im Land sowie Handlungsfelder, Aktivitäten und Maßnahmen festlegen.

(Jörg Hansen)

Sehr geehrte Damen und Herren, unser bestehendes Engagement ist bereits ein herausragendes Ergebnis einer fruchtbaren und notwendigen Zusammenarbeit zwischen behördlichen und zivilgesellschaftlichen Akteuren. Das zeigt mein kurzer Überblick.

Ich versichere Ihnen, wir werden uns weiter entschlossen jeglichen extremistischen Tendenzen entgegenstellen. - Danke.

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wir kommen zur Abstimmung in der Sache. Ich lasse zunächst über den Alternativantrag der Fraktion der AfD, Drucksache 19/2171, abstimmen. Wer zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Abgeordneten der AfD-Fraktion und die Abgeordnete von Sayn-Wittgenstein. Wer ist dagegen? - Das sind alle anderen Abgeordneten. Damit dieser Antrag abgelehnt.

Ich lasse über den Antrag der Fraktionen von CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und der Abgeordneten des SSW, Drucksache 19/2078 (neu), abstimmen. Wer zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Abgeordneten von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW, FDP und CDU. Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Das ist bei Enthaltung der Fraktion der AfD und der Abgeordneten von Sayn-Wittgenstein angenommen.

Gestatten Sie mir die geschäftsleitende Bemerkung, die ich gestern auch gemacht habe: Je später der Nachmittag, desto geringer wird die Disziplin, die Mund- und Nasenschutzmasken zu tragen. Vielleicht können Sie das wieder ändern.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 36 auf:

Humanitäres Aufnahmeprogramm für Geflüchtete von den griechischen Inseln

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 19/2133

Europäische Solidarität mit den Geflüchteten in Griechenland

Alternativantrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP Drucksache 19/2166

Wie ich sehe, wird das Wort zur Begründung nicht gewünscht. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort für die SPD-Fraktion hat die Abgeordnete Serpil Midyatli.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! In diesem Haus gibt es einen Grundkonsens der demokratischen Fraktionen für Humanität und Solidarität. Wir fühlen uns verpflichtet, Menschen in Not in Schleswig-Holstein Zuflucht zu gewähren. Schon mehrfach hat Schleswig-Holstein seine Bereitschaft dazu erklärt.

Uns geht es hier nicht nur darum, Menschen, die in Seenot geraten sind, Zuflucht in Schleswig-Holstein zu gewähren, sondern auch - wie der ehemalige Innenminister des Landes Schleswig-Holstein der Bundesregierung schon mehrfach mitgeteilt hat - um unsere Bereitschaft, mehr Menschen aufzunehmen, gerade und insbesondere von den griechischen Inseln.

(Beifall SPD)

Die Lage der geflüchteten Menschen auf den griechischen Inseln ist nicht neu. Schon lange versuchen wir auf europäischer Ebene, einen Konsens zu erreichen, damit jeder seinen Beitrag dazu leistet, die Evakuierung aller geflüchteten Menschen hinzubekommen. Es ist aber seit mehreren Jahren leider nicht gelungen, obwohl wir schon oft über Relocation und Kontingente miteinander verhandelt haben, um auf europäischer Ebene zu Lösungen zu kommen. Das ist sehr bedauerlich.

Deshalb hatte ich große Hoffnung, als es auf Bundesebene darum ging, eine Koalition der Willigen zu bilden, hier zumindest einen kleinen Beitrag zu leisten, um ein Signal zu senden, auch an unsere europäischen Kolleginnen und Kollegen, um zu zeigen: Wir sind solidarisch, wir nehmen unsere Verantwortung ernst.

(Beifall SPD und SSW)

Es war ein Kompromiss, zwischen 1.000 und 1.500 Kinder und Jugendliche von den griechischen Inseln aufzunehmen. Für die einen ist das viel zu wenig, für die anderen geht das vielleicht schon ein Stück zu weit. Ja, es ist schwierig mit Kompromissen, und leider ist sogar dieser Kompromiss wieder ins Wanken gekommen, denn es ist uns bisher in Deutschland nur gelungen, etwas weniger als 50 Kinder und Jugendliche aufzunehmen. Wir hören oft von vielen: Da muss doch mehr gehen, da muss doch mehr passieren. Das ist richtig, liebe Kollegin

(Ministerin Dr. Sabine Sütterlin-Waack)

nen und Kollegen. Wir als SPD-Fraktion wollen, dass es hier weiter- und vorangeht.

Ich will Ihnen gar nicht von den ganzen Gesprächen und Bemühungen auf Bundesebene erzählen, wie schwer diese Verhandlungen sind, um da weiterzukommen. Deshalb ist es wichtig, dass wir hier noch einmal - das machen andere Bundesländer auch Appelle an die Bundesregierung richten, insbesondere an den Bundesinnenminister, um zu sagen: Es gibt genügend Bundesländer, die bereit sind, mehr geflüchtete Menschen aufzunehmen, und vor allem wir hier in Schleswig-Holstein. Unsere elf Kommunen sind weiterhin bereit, mehr Menschen aufzunehmen.

(Beifall SPD)

Warum heute dieser Antrag? Warum ist es gerade jetzt in der Coronapandemie so wichtig, darüber zu diskutieren? - Das Virus kennt keine Grenzen. Das Virus kennt keine Inselgrenzen. Auch dort ist die Gefahr groß, und wir haben jetzt eine Chance, die Menschen von den griechischen Inseln zu holen, bevor in den einzelnen Lagern die Pandemie ausbricht und die Menschen in Gefahr sind.

Wir haben heute viel darüber gesprochen, wie die Situation in den schleswig-holsteinischen Schulen mit Wasser, Seife und genügend Räumlichkeiten ist. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, auf den griechischen Inseln mangelt es an allem, an Wasser, an Seife, an hygienischen Mitteln und an Nahrung. Wenn man sich anschaut, wie dort die Situation ist, stellen wir fest, wir müssen hier wirklich mehr Tempo machen und unseren Beitrag dazu leisten, die Evakuierung der Inseln voranzutreiben.

Deshalb fordern wir als SPD-Fraktion, ein weiteres Kontingent aufzunehmen, so wie Sie das bereits als Landesregierung mit dem Aufnahmeprogramm für besonders schutzbedürftige Gruppen gemacht haben. Wir möchten gern nicht nur Kinder und Minderjährige, sondern auch alleinreisende Frauen, alleinerziehende Frauen, Menschen mit Behinderung, die es besonders schwer haben, und schwerkranke Menschen hier in Schleswig-Holstein aufnehmen.

Ich weiß, dass die Auseinandersetzung und die Diskussion immer schwierig sind, wenn es um weitere Kontingente geht. Die Landesregierung hat ihren Beitrag dazu schon geleistet. Hier muss noch einmal etwas passieren, weil die Gefahr so groß ist und die Menschen unter wirklich katastrophalen Bedingungen in den Lagern leben.

Die Einigung auf Kontingente ist immer etwas schwierig. Deshalb möchte ich, dass wir neue Wege

gehen. Deshalb ist das hier der Versuch zu sagen, es muss auch möglich sein, über ein Selbsteintrittsrecht, was der Bundesinnenminister einräumen kann, zu sagen, dass wir die bürokratischen Hürden zur Seite packen und nicht immer nur sagen, was nicht geht. Das werde ich heute hier gleich auch hören. Immer nur zu hören, was nicht geht, muss aufhören. Ich möchte endlich hören, wie es gehen kann. Wir sind in Schleswig-Holstein dafür bekannt, dass wir gemeinsam an Lösungen arbeiten und zu guten Ergebnissen kommen.

Deshalb hoffe und wünsche ich mir, dass die konstruktive und gute Zusammenarbeit, insbesondere was das Thema Geflüchtete angeht, auch mit der neuen Innenministerin - davon bin ich ehrlich gesagt fest überzeugt - fortgesetzt werden kann und wir weiter gut dafür zusammenarbeiten, dass wir Menschen in Schleswig-Holstein Zuflucht geben können.

Bitte lassen Sie uns gemeinsam an Lösungen arbeiten. Vielleicht sind die von der SPD aufgezeigten Wege für Sie zu weitgehend, vielleicht reichen sie nicht aus, oder sie sind aus irgendwelchen anderen Gründen nicht umzusetzen. Sagen Sie uns, wie es gehen kann!

Frau Abgeordnete, Sie müssen jetzt zu Ihrem letzten Satz kommen.

Wir sind alle bereit, an Lösungen zu arbeiten. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD und SSW)

Das Wort für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Hartmut Hamerich.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich erlaube mir, mit Erlaubnis des Präsidenten zu zitieren:

„Die Herausforderungen weltweiter Flüchtlingsbewegungen sind nicht auf Deutschland begrenzt. In einem geeinten Europa ist die Aufnahme von Schutzsuchenden eine gemeinsame Aufgabe und Verpflichtung. Humanität ist eine der Grundlagen einer europäischen Wertegemeinschaft. Es ist deshalb

(Serpil Midyatli)

nicht zu akzeptieren, wenn sich Mitgliedstaaten der Europäischen Union ihrer humanitären Verantwortung entziehen.“

(Beifall CDU und Bernd Heinemann [SPD])

Das ist ein Zitat aus unserem Koalitionsvertrag.

Die Bilder, die uns regelmäßig von Flüchtlingscamps erreichen, machen uns betroffen, und uns bedrückt sehr, die Not, die gerade die Minderjährigen in den Camps auf den griechischen Inseln erleben und erleiden müssen, nicht schneller mildern zu können. Sie gehen nicht zur Schule. Sie leben in Zelten. 250 teilen sich eine Toilette. 8.000 Flüchtlingskinder leben auf der Insel Lesbos. Welch ein Infektionsrisiko besteht gerade jetzt in diesen menschenunwürdigen Camps?

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das hat nichts mehr mit humanitärer Verantwortung der Europäischen Union zu tun und ist einer zivilisierten Gesellschaft innerhalb Europas nicht würdig!

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Am 27. September 2019 haben wir hier den Antrag „Schleswig-Holstein ist und bleibt ein sicherer Hafen und steht auch zukünftig an der Seite aufnahmebereiter Kommunen“ beschlossen. Das war ein guter Start.

Die Landesregierung hat schon früh, am 13. Februar 2020, auf die Situation reagiert und den Bundesinnenminister gebeten, junge Menschen aus Griechenland aufzunehmen. Wir haben angeboten, 25 bis 30 der minderjährigen Flüchtlinge aufzunehmen. Innerhalb der europäischen Union haben bislang nur 10 von 27 Mitgliedstaaten ihre Unterstützung zugesagt, und wir sind eins von nur sieben Bundesländern in Deutschland, die damit seine Verantwortung dokumentiert haben.

Wir bitten den Bund, sich für die Einhaltung rechtsstaatlicher Standards vor Ort einzusetzen. Wir bitten die Landesregierung, sich mit Nachdruck für eine grundlegende Reform der europäischen Asylund Migrationspolitik einzusetzen und die angekündigten Reformpläne der EU-Kommission aktiv zu unterstützen.