Protocol of the Session on February 21, 2020

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Das Wort für die Landesregierung hat der Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung, Jan Philipp Albrecht.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte mich zunächst an Herrn Hölck richten. Vielen Dank, dass Sie die Rolle des Murmeltiers so überzeugend angenommen haben

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, FDP und AfD)

und sich gestern auch von Ihrem Fraktionsvorsitzenden haben soufflieren lassen. Ich muss hier einmal klarstellen: Im vergangenen Jahr haben wir dreimal so viel Energie in Betrieb genommen wie stillgelegt wurde. Die Unterstellung sowohl Ihres Fraktionsvorsitzenden als auch von Ihnen, die Sie hier stets wiederholen, dass es bei der Windkraft zu einem Rückbau kommt, ist schlichtweg falsch.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Sie müssen sich an der Stelle einmal fragen lassen, ob Sie die Rahmenbedingungen, die für die Windkraft derzeit herrschen, durchschaut und durchstiegen haben. Wenn Sie hier beispielsweise Vorschläge machen, wie die Stromsteuer zu örtlichen Entlastungen führen kann, ist Ihnen nicht klar, dass dies nur auf Bundesebene zu gestalten ist. Ich kann Ihnen nur sagen, dass wir diese Entlastung auch wollen, aber dann bitte gleich für alle; denn es geht hier darum, die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass die erneuerbaren Energien über den Strombereich in alle Energiebereiche kommen. Wir müssen zu einer Entlastung des Strompreises insgesamt beitragen. Ihre Kollegen in Berlin sitzen da an entscheidender Stelle, wo die Rahmenbedingungen geändert werden müssen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Ich sage Ihnen noch etwas.

(Beate Raudies [SPD]: Alles nach Berlin schieben!)

- Frau Raudies, ich sage es Ihnen: Wir haben hier gemeinsam mit einer weiteren Partei, die diese Bundesregierung stellt, nämlich mit der CDU, in der Jamaika-Koalition Anträge nach Berlin geschickt und Vorschläge gemacht, die relevant dazu beitragen können, die Rahmenbedingungen für den Ausbau der erneuerbaren Energien und gerade des Zubaus der Windenergie massiv zu verändern. Wir haben mit unseren Vorschlägen dazu beigetragen, dass die zentrale Stellschraube mit dem Vermittlungsausschussbeschluss und der Frage der Einführung einer CO2-Bepreisung auf der einen Seite und einer massiven Entlastung der EEG-Umlage auf der anderen Seite angegangen wird, damit die Einsatzmöglichkeiten der Windenergie deutlich besser werden.

Der wahre Widerstand gegen die Windenergie, die wahre Akzeptanzfrage liegt doch in der Frage der Überzeugung. Wenn wir hier im Norden sehen, dass die Windkraftanlagen zu großen Teilen immer noch abgeregelt werden müssen, weil die Energie nicht in die Netze eingespeist wird und weil wir wie Herr Tietze es gesagt hat - den Strom nicht in andere Sektoren umsetzen können, dann liegt darin die eigentliche Akzeptanzproblematik, und wir lösen dieses Problem in Berlin. Ich würde mir wünschen, dass Sie dies mit uns gemeinsam täten, statt hier so zu tun, als könnten wir diese Probleme im Land lösen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP - Zurufe SPD)

Akzeptanz können wir nicht schaffen, Akzeptanz können wir nur erreichen. Sie können dazu beitragen, indem Sie - und wir - klare Ziele ausgeben, indem wir engagierte Überzeugungsarbeit leisten, und ja, indem wir die richtigen Rahmenbedingungen verabschieden.

Klare Ziele, das ist der deutliche Ausbau der erneuerbaren Energien. Herr Nobis, hier muss ich Ihnen sagen: Es geht darum, dass wir völkerrechtliche Verpflichtungen erfüllen müssen. Es geht nicht mehr nur darum, ob es uns gefällt, erneuerbare Energien auszubauen oder Treibhausgase zu reduzieren, sondern es geht hier um die Zukunft der Menschheit. Wir haben dazu internationale Beschlüsse. Die Europäische Union hat gemeinsam diesen Weg mitbeschlossen, und Deutschland ist Teil davon. Wir müssen diese erfüllen, und da können wir nicht einfach sagen: Schrauben wir diese Ziele doch zurück oder verfassen wir sie doch nicht in Gesetze. Nein, genau da gehören sie rein.

(Andreas Hein)

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FPD und vereinzelt CDU)

Der Ausbau der erneuerbaren Energien, wie ihn auch der Bund mit einem Anteil von 65 % vorsieht, braucht klare Pfade, wie wir dahin gelangen. Dazu braucht es die Rahmenbedingungen, und zwar gerade auf Bundesebene. Das braucht einen Ausbaupfad, der dargelegt wird. Das ist die entscheidende Frage, mit der wir vorankommen.

Richtige Überzeugungsarbeit leisten wir vor allem dann, wenn wir deutlich machen, dass hinter der Erreichung dieser Ziele gerade durch die erneuerbaren Energien eine große Mehrheit der Bevölkerung steht. Wir werden nicht jeden überzeugen können, davon gehe ich aus. Wir werden nicht alle überzeugen können. Es wird immer Leute geben, die zurück wollen in die Vergangenheit, aber die ganz große Mehrheit steht dafür, die Windenergie an Land als einen zentralen Pfeiler der erneuerbaren Energien und der Energiewende voranzubringen, und die gilt es mitzunehmen. Die nehmen wir vor allen Dingen so mit, wie wir es beispielsweise an der Westküste mit dem Ausbau der Westküstenleitung zeigen, indem wir die Menschen frühzeitig in die Planung von Anlagen einbeziehen und ihnen die Möglichkeit geben, Planungen zu beeinflussen, bevor sie im Antrag ausformuliert sind. Da zeigen wir vorbildlich, wie es funktionieren kann und wie der Ausbau für die Energiewende schnell funktioniert.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Wir müssen dafür natürlich auch die Beteiligung der Kommunen und der Bürgerinnen und Bürger mitdenken. Das haben Sie hier richtigerweise auch angeregt. Ich finde es richtig, dass wir darüber sprechen. Wir haben uns auf Bundesebene bereits entsprechend eingebracht, übrigens auch im Rahmen des Vermittlungsausschusses, denn dort kommt es genau darauf an, wie man es macht.

Die Bundesregierung hatte den Vorschlag gemacht, über die Grundsteuer zu reden. Hier zeigt sich die Problematik der Geschichte. Wenn wir die Grundsteuer anfassen und an der Stelle die Beteiligung ermöglichen, dann wird jede Kommune ihren eigenen Satz erlassen. Dann wird es am Ende dazu führen, -

(Beate Raudies [SPD]: Das ist schon jetzt so!)

- Ja, das ist schon jetzt so, genau. Aber wenn dies zusätzlich in diese Richtung läuft, dann wird es nicht nur dazu kommen, dass am Markt eine Wett

bewerbsverzerrung existiert, sondern dass am Ende auch die Akzeptanz darunter leidet, weil die einen auf die anderen zeigen und sagen: Die lassen sich für einen viel höheren Preis kaufen.

Das hielte ich für den falschen Weg. Ich glaube, dass das, was parallel in der Gewerbesteuerzerlegung diskutiert wird, ein wichtiger Ansatz ist, nämlich, dass man deutlich macht, dass die Standortkommunen am Ende auch davon profitieren, nicht nur die Kommunen, in denen die Projektierer sitzen. Das ist doch der entscheidende Faktor, und den haben wir als eine Option vorgeschlagen. Wir reden auch darüber, dass es so etwas wie eine Außenbereichsabgabe geben kann, durch die die Gemeinden, die stärker davon betroffen sind, profitieren können und so selbst in Zukunft investieren können. So funktioniert es.

Ich halte es für richtig, dass das jetzt auf Bundesebene entschieden werden soll. Wir bringen uns aktiv in diese Debatte ein, denn am Ende hilft es der Akzeptanz nicht, wenn wir an dieser Stelle in Deutschland völlig unterschiedliche Modelle haben. Das wird im Zweifel sogar dazu führen, dass Windkraftausbau an der einen oder anderen Stelle verhindert werden kann, und das, meine Damen und Herren, können wir uns nicht erlauben. Wir müssen dafür sorgen, dass es ein ordentliches Modell gibt, das überall funktioniert, auch hier in SchleswigHolstein. Dazu stehen wir, und das werden wir gemeinsam umsetzen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Der Minister hat die vereinbarte Redezeit um zweieinhalb Minuten überschritten. Diese Zeit steht jetzt auch allen Fraktionen zu. Wir kommen aber erst zu den Kurzbeiträgen. - Der Abgeordnete Thomas Hölck hat sich zu einem Kurzbeitrag gemeldet.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister Albrecht, ich verwahre mich gegen diese Murmeltiervergleiche.

(Beifall SPD)

Ich habe hier als Abgeordneter gesprochen. Ich respektiere Sie als Minister, und ich bitte darum, dass ich hier als Abgeordneter respektiert werde.

(Beifall SPD)

(Minister Jan Philipp Albrecht)

Ich will hinzufügen: Der Kollege Voß hat vorhin in seiner Rede nichts anderes gesagt als das, was ich vor zwei Tagen gesagt habe, nämlich, dass die Leistung zurückgegangen ist. Das ist statistisch belegt, um 12 MW. Es ist mehr Leistung demontiert als zugebaut worden. Das kann man nicht wegdiskutieren, das ist Fakt. Genauso Fakt ist, dass nur 13 Anlagen gebaut worden sind, und das ist ein Desaster.

Sie schieben immer alles auf Berlin. Aber was wäre denn, wenn wir diesen Ausbaudeckel nicht gehabt hätten? Wo hätten Sie denn Anlagen bauen wollen? Die Planung ist doch gar nicht fertig. Wo wollen Sie denn Anlagen bauen? Sie können nicht Ausnahmegenehmigungen zu Regelgenehmigungen machen. Insofern: Machen Sie hier Ihre Hausaufgaben und schieben Sie nicht alles nach Berlin. Wir haben die Verantwortung, und hier müssen Sie handeln.

(Beifall SPD)

Das Akzeptanzproblem, das wir wirklich haben, ist doch entstanden, als die gute alte Küstenkoalition einen landesweiten Kompromiss bei der Regionalplanung vorgelegt hat, es ein OVG-Urteil gab und im Land plötzlich Flächen in Betracht kamen, auf denen vorher keine Windenergieanlagen zu sehen waren. Sie haben den Protest dankbar aufgenommen, weil Sie ihn in Ihre wahltaktischen Überlegungen einbezogen haben. Sie haben die Energiewende damals diskreditiert, und heute können Sie die Menschen nicht wieder einfangen.

(Beifall SPD)

Ja, Herr Kollege Tietze, wir wollen die Gewinne der Hedgefonds abschöpfen, und zwar für die Menschen vor Ort, für die Kommunen, für die Bürgerinnen und Bürger, für die Allgemeinheit. Aber warum trauen wir uns, vor allem Sie sich als Regierungskoalition, keine eigene landesweite Regelung zu? Andere Länder können das doch auch. Warum können wir das denn nicht? Wir haben keine Zeit mehr, um zu warten. Sie schieben alles nach Berlin, und dann regen Sie sich auf, weil die Berliner nichts tun. Nein, Sie können hier handeln. Lassen Sie uns doch gemeinsam handeln, damit wir die Akzeptanz steigern können. - Herzlichen Dank.

(Beifall SPD)

Zu einem weiteren Beitrag hat sich der CDU-Abgeordnete Claus Christian Claussen gemeldet.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Lieber Kollege Hölck, ich kann das einfach nicht stehen lassen. Es ist schlicht Unsinn, was Sie hier behaupten. Wir haben doch die Situation, dass auf Bundesebene die Genehmigungszahlen für Windkraftanlagen eingebrochen sind. Daran sind wir doch in SchleswigHolstein nicht allein schuld.

Unser Wirtschaftsminister hat Ihnen gestern noch erklärt, dass wir bei der Vergabe von Ausnahmegenehmigungen von Windkraftanlagen sehr wohl am oberen Ende innerhalb der Bundesrepublik stehen. Insofern ist es einfach nicht wahr, wenn Sie immer versuchen, es so darzustellen, als ob wir mit der Jamaika-Koalition etwas angerichtet hätten, was es im Rest der Bundesrepublik nicht gibt.

Ansonsten werden die Planungen die ganze Zeit über vorangetrieben. Wir sind dabei, den Ausbau der Windkraft voranzutreiben, und das ist auch etwas, was wir Ihnen jedes Mal wieder erzählen, nämlich, dass wir das ohne Akzeptanz der Bevölkerung nicht hinbekommen. Das habe ich in jeder Rede gesagt, wenn wir über den Regionalplan Wind geredet haben.

(Beifall CDU und FDP)

Erlauben Sie eine Zwischenfrage?

Lieber Herr Kollege Claussen, niemand bestreitet, dass die Bundesrahmenbedingungen schlecht sind. Sie kritisieren hier Herrn Altmaier & Söhne stets dafür, dass sie auf der Bremse stehen. Das war aber nicht der Punkt.

Die Frage ist vielmehr: Warum gibt es denn hier vor dem Landeshaus gar keine Fackelzüge, mit denen sich die Befürworter von Windrädern dafür bedanken, was Sie für die Windräder alles tun? Die kann ich gar nicht sehen. Im Gegenteil: Wir sind im Vergleich besonders schlecht wegen der Planung.

Widersprüchlich ist doch auch, Herr Kollege, wenn Sie auf der einen Seite immer die Akzeptanzprobleme bei der Windenergie beklagen, es aber auf der anderen Seite ablehnen, die Landesregierung dazu aufzufordern, etwas zu tun, wie andere Länder das auch ma