Für die Landesregierung hat der Minister für Soziales, Gesundheit, Jugend, Familie und Senioren, Dr. Heiner Garg, das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Man konnte gestern lesen, warum dieser Antrag gestellt wurde. Da wurde gesagt: Na ja, es ist Wahlkampf. - Ich finde es selbstverständlich in Ordnung, dass man sich im Schleswig-Holsteinischen Landtag in Wahlkampfzeiten über Rentenpolitik auseinandersetzt. Es geht hierbei um ein Grundbedürfnis der Menschen. Es geht um Vertrauen in die Politik insgesamt. Ich glaube immer noch, dass bei diesen ganz zentralen Fragen, die nicht nur Fragen der Finanzierbarkeit und mathematisch herbeigerechneter Formeln sind, nicht der Kehlkopf, sondern die besten Konzepte entscheiden. Über die besten Konzepte entscheiden am Sonntag die Wählerinnen und Wähler.
Ich bin immer davon ausgegangen, dass wir bei diesem Thema schon viel weiter sind, als es diese Debatte gezeigt hat. Ich will einmal an eine sehr intensive Debatte aus der letzten Legislaturperiode erinnern, die auf der Basis eines Antrages der damaligen SPD-Landtagsfraktion fußte. Deswegen freue ich mich über den Antrag der Jamaika-Koalition, so wie er hier von den Kollegen dargestellt wurde. Ich will genau diesen Dreiklang aufgreifen.
Es gibt überhaupt kein Vertun zwischen allen drei Koalitionspartnern, und ich empfehle einen Blick in die einzelnen Wahlprogramme: Kern der Altersabsicherung ist und bleibt die gesetzliche, umlagefinanzierte Rentenversicherung. Diese gesetzliche Rentenversicherung ist viel besser, als der eine oder andere uns hier gerade glauben machen wollte. Sie ist ein starkes Absicherungsinstrument, das allerdings weiterentwickelt werden muss.
- Kollege Baasch, sie muss weiterentwickelt werden, weil in einer sich wandelnden Gesellschaft, die sich mitten im demografischen Umbruch befindet, ein Einfrieren des bisherigen Generationenvertrags nicht funktionieren wird.
Deswegen ist es genau richtig, über flankierende sozialpolitische Maßnahmen nachzudenken. Ob man es Grundrente oder existenzsichernde Grundrente im Alter nennt, spielt dabei keine Rolle. Eine zentrale Rolle spielt hingegen, wie wir mit den Menschen umgehen, die auf Altersgrundsicherung angewiesen sind. Auch an der Stelle waren wir schon einmal weiter. Wir waren uns einig, dass wir solche Menschen in Zukunft nicht mehr zum Sozialamt schicken wollen.
Herr Dr. Stegner, vielleicht sollten Sie einmal nach der Bundestagswahl in aller Unaufgeregtheit das Gespräch mit der derzeitigen Bundesarbeitsministerin suchen, die mit ihrem Betriebsrentenstärkungsgesetz genau das, was Sie negieren, auf den Weg zu bringen versucht hat.
Sie beklagen, dass Betriebsrenten etwas Schönes für diejenigen sind, die sie haben. Ja, dann gucken wir doch, dass möglichst viele Menschen in Arbeit zusätzlich eine Betriebsrente haben können! Ihre Bundesarbeitsministerin ist da wesentlich weiter als Sie.
Meine Damen und Herren, man kann dazu stehen, wie man will: Solange es eine ergänzende private Vorsorge ist - das ist eine Idee, die nicht nur von Freien Demokraten, sondern gerade auch von Sozialdemokraten kam und in die Tat umgesetzt wurde, wie der Kollege Vogt Ihnen schon sagen musste eine additive, zusätzliche Absicherung ist, gibt es überhaupt keinen Grund, sich hier abschätzig und polemisch über den Dreiklang gesetzliche Rentenversicherung, Stärkung durch Betriebsrente und private Altersvorsorge auszulassen.
Ich will abschließend auf etwas hinweisen, was mich ganz besonders stolz macht und wofür ich dankbar bin, in einer solchen Regierung mitarbeiten zu dürfen. Diese Regierung hat nicht nur die große Freude, sich mit dem Antrag der koalitionstragenden Fraktionen auseinanderzusetzen, sondern wir denken gemeinsam mit den regierungstragenden Fraktionen weiter. Wir nehmen uns der Frage an:
Was passiert in einer digitalen Gesellschaft, Arbeitswelt 4.0? Wie müssen wir Arbeit, aber auch arbeitsfreie Zeiten in Zukunft neu definieren? Was bedeutet das für die soziale Absicherung von Menschen, für das Selbstwertgefühl von Menschen, die sich natürlich auch über ihre Arbeit definieren?
Dafür richten wir eine entsprechende Plattform ein, das sogenannte Zukunftslabor, um uns mit weitergehenden Fragen der sozialen Sicherung in einer modernen, arbeitsteiligen Welt auseinanderzusetzen. Ich finde das richtig. Das ist fortschrittliche Politik und nicht das Festhalten an vorgestern. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Es ist beantragt worden, den Antrag Drucksache 19/144, den Antrag Drucksache 19/198 sowie den Alternativantrag Drucksache 19/207 dem Sozialausschuss zu überweisen.
- Es gab den Antrag auf Ausschussüberweisung. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Gibt es Enthaltungen? - Damit ist die Überweisung an den Ausschuss mit den Stimmen der CDU-Fraktion, der SPD-Fraktion, der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP-Fraktion gegen die Stimmen der AfDFraktion und der Abgeordneten des SSW abgelehnt.
Dann kommen wir zur Abstimmung in der Sache. Es ist beantragt worden, über die Anträge abzustimmen. Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag der Abgeordneten des SSW, Drucksache 19/198, abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Änderungsantrag mit den Stimmen der CDU-Fraktion, der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der FDP-Fraktion und der AfDFraktion gegen die Stimmen der SPD-Fraktion und der Abgeordneten des SSW abgelehnt.
Ich lasse jetzt über den Antrag der Fraktion der SPD, Drucksache 19/144, abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Damit ist der Antrag mit den Stimmen der CDU-Fraktion, der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der FDP-Fraktion und der AfD-Fraktion gegen die Stimmen der SPD-Fraktion und der Abgeordneten des SSW abgelehnt.
Ich lasse schließlich über den Alternativantrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP, Drucksache 19/207, abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Damit ist der Antrag mit den Stimmen der CDU-Fraktion, der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP-Fraktion gegen die Stimmen der SPD-Fraktion, der AfD-Fraktion und der Abgeordneten des SSW angenommen.
- Gut, wenn Sie sich so geeinigt haben. Dann hat zunächst für die CDU-Fraktion die Abgeordnete Katja Rathje-Hoffmann das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Noch vor der Sommerpause, in diesem Jahr, wurde im Deutschen Bundestag und anschließend im Bundesrat eine bedeutsame Entscheidung getroffen: Die Ehe für alle wurde Realität. Mit großer Mehrheit wurde § 1353 BGB neu gefasst. Dort heißt es nun künftig:
„Die Ehe wird von zwei Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts auf Lebenszeit geschlossen.“
Bislang konnten schwule und lesbische Paare lediglich eine eingetragene Lebenspartnerschaft eingehen, die zwar in sehr vielen Bereichen mit der Ehe gleichgestellt war, aber noch lange nicht in allen Bereichen. Neben den sprachlichen Unterschieden ist hier vor allem das Adoptionsrecht zu nennen, das nicht einheitlich galt. Eingetragene Lebenspartnerschaften mussten im Fall einer Adoption von Kindern bisher den Weg der Sukzessivadoption gehen. Das bedeutet, dass zunächst nur ein Lebenspartner ein Kind adoptieren konnte und anschließend die weitere Stiefkindadoption des Partners
Zum 1. Oktober 2017 wird die Ehe für alle in den Standesämtern in Schleswig-Holstein und in der Bundesrepublik umgesetzt. Alle seit 2001 geschlossenen eingetragenen Lebenspartnerschaften können ab dem nächsten Monat in eine Ehe umgewandelt werden, und das ist gut so.
Das heißt im Umkehrschluss, dass künftig keine eingetragenen Lebenspartnerschaften mehr geschlossen werden. Sie werden durch die Ehe ersetzt. So ist es auch folgerichtig, dass es bei der Umwandlung der eingetragenen Lebenspartnerschaft in die Ehe nicht zu daraus folgenden und zusätzlichen finanziellen Belastungen der Eheleute kommen darf. Wir sind uns in der Jamaika-Koalition daher einig, dass wir die Standesämter anweisen werden, für diesen Verwaltungsakt keine zusätzlichen Gebühren zu erheben. Jamaika handelt, und das direkt und wirkungsvoll.
Die Umtragung der eingetragenen Lebenspartnerschaft soll für Paare kostenlos erfolgen können. Wir folgen in Schleswig-Holstein damit Bundesländern wie Berlin, Hamburg und auch Hessen, in denen diese Regelung schon verabschiedet wurde. Liebe Kolleginnen und Kollegen, es war ein langer Weg bis zur Ehe für alle. Wir wollen diese letzte Konsequenz ziehen. Dazu gehört auch das Vorhaben, dass die Umtragung kostenfrei sein muss.
Aus unserer Sicht brauchte es bis zur Ehe für alle viel Zeit und zugegebenermaßen gerade bei uns in der CDU sehr viel Überzeugungskraft. Wir haben uns diese Zeit genommen. Das habe ich hier vor einigen Jahren schon einmal gesagt. Wir haben mit unseren Verwandten, mit Freunden, mit Bekannten, mit Gegnern, mit Befürwortern der Ehe für alle gesprochen. Es ist gut, dass sich die Gesellschaft geändert hat, dass sich die Gesellschaft wandelt.
- Liebe Frau Midyatli, das finde ich jetzt eine Frechheit. Wir haben mit großer Mehrheit hier in diesem Landtag dafür gestimmt. Ich glaube schon, dass das eine gute Entscheidung ist. Sich jetzt hinzustellen und zu sagen: „Bei euch ist alles in Butter“, ist Unsinn.