Protocol of the Session on January 23, 2020

„Der schleswig-holsteinische Landesgesetzgeber hat keine Zuständigkeit für die von der Volksinitiative begehrte Regelung eines § 7 a

Landeswassergesetz, durch den Fracking umfassend verboten werden sollte.“

So Gerichtspräsident Bernhard Flor im Herbst 2019.

Was bedeutet das nun für Schleswig-Holstein? Glücklicherweise haben wir jetzt Klarheit. Wir wissen, dass wir auch mit einer sogenannten Länderöffnungsklausel im Bereich Fracking keine hundertprozentige Verbotssicherheit haben, das heißt, wir als Landesgesetzgeber können das Verbot nicht umsetzen. Deswegen sind wir aufgefordert zu handeln. Das ist nicht das erste Mal. Wir haben das mehrfach versucht.

Wir haben uns mit dem Wasserrechtsmodernisierungsgesetz tatsächlich Mühe gegeben. Alles, was einen negativen Einfluss auf das Grundwasser nehmen kann, ist zukünftig verboten. Derjenige, der einen entsprechenden Antrag stellt, muss nachweisen, dass die Wasserqualität nicht negativ beeinflusst wird oder, sollten Beeinträchtigungen bestehen, diese behoben werden. Es wird alles kontrolliert und begleitet von der obersten Wasserbehörde, nachzulesen in § 40 Wasserrechtsmodernisierungsgesetz.

Natürlich gibt es immer wieder einmal Lücken. Zu Recht sind wir kritisch und bleiben es auch. Die Kritik und die Einwände der Volksinitiative führen dazu, dass gesagt wird: Wenn kein Grund- oder Oberflächenwasser in Gefahr ist, greift § 40 nicht. Deswegen beantragen wir, Herr Umweltminister, erneut eine Bundesratsinitiative von SchleswigHolstein. Wir wollen kein Fracking. Wir sind uns einig. Fracking soll landesweit verboten werden. Das ist eine klare Absage auch aus Sicht der CDUFraktion.

(Beifall CDU, FDP und SSW)

Abschließend, lieber Lars Harms, lassen Sie mich noch eins zum Thema LNG-Terminal in Brunsbüttel sagen. Natürlich kann man alles pessimistisch sehen. Aber man kann dieser ganzen Entwicklung auch etwas Positives abgewinnen. Ein LNG-Terminal würde zumindest Chancen, Entwicklungsmöglichkeiten und Innovationen im Bereich der Speicherungen oder der komprimierten Speicherungen von Gas aufzeigen.

Wir beten das beim Thema neue Technologien, im Bereich Energiewende rauf und runter; und dazu gehört natürlich auch das Thema Wasserstoff. Wenn man heute beim Fracking einen gewissen Anteil komprimieren, speichern und aufarbeiten müsste, muss man darüber diskutieren, ob das für die Energiewende gut ist.

(Vizepräsidentin Annabell Krämer)

Das LNG-Terminal bietet aus unserer Sicht wesentlich mehr Chancen für die Zukunft, ist nachhaltig bezüglich erneuerbarer Energien, damit sozusagen grünes Gas genutzt werden kann. Deswegen sind wir von der CDU-Fraktion nach wie vor absoluter Befürworter des Ausbaus des LNG-Terminals in Brunsbüttel.

(Beifall CDU und FDP)

Vielleicht können wir uns noch einmal darüber unterhalten und eine ebenso abgestimmte Entscheidung finden. Dann wären wir Ihnen dankbar. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU und FDP)

Für die SPD-Fraktion hat der Abgeordnete Thomas Hölck das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Fracking, egal ob unkonventionelles Schiefergas-Fracking oder konventionelles Sandstein-Fracking, ist weder ökologisch nachhaltig noch gesundheitlich risikofrei. Die potenziellen Gefahren sind vielfältig und können folgenschwer sein: Sie reichen von Kontamination der Umwelt durch Fracfluide bis hin zu künstlichen Erdbeben. Wir stehen daher für den Vorrang des Gesundheitsund Trinkwasserschutzes vor ökonomischen Teilinteressen.

Schleswig-Holstein ist Anti-Fracking-Land. Wir befinden uns mit diesem Antrag in diesem Haus in einer guten Tradition. Wir haben bereits Anfang 2014 - zu Zeiten der Küstenkoalition - einen Antrag eingebracht und uns damals ganz klar gegen Fracking positioniert.

(Beifall SPD, SSW, vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Das war nur der Anfang: Nach maßgeblichem Mitwirken der früheren Landesregierung unter Torsten Albig im Bundesrat hat der Bundestag 2016 unkonventionelles Fracking verboten, und das unbefristet. Damals wurde in diesem Land noch gut regiert.

Das war ein großer Erfolg für die Umwelt und für die Menschen. Aber es bleibt ein bitterer Nachgeschmack: Das konventionelle Sandstein-Fracking in tieferen Erdschichten bleibt mit kleinen Ausnahmen, wie zum Beispiel im Bereich der Trinkwasserversorgung, erlaubt.

Wie das Ganze weitergehen soll, wird im nächsten Jahr entschieden. Dann nämlich soll eine Expertenkommission über den zukünftigen Einsatz von konventionellem Fracking auf der Grundlage des bis dahin vorliegenden Standes von Wissenschaft und Technik beraten. Der Bundestag soll dann über die Angemessenheit des bisherigen Verbots entscheiden. Über die Angemessenheit brauchen wir aber nicht erst in einem Jahr zu sprechen. Das können wir hier und heute entscheiden.

Lassen Sie mich eines klarstellen: Die von der Bundesregierung formulierten Ziele zum Thema Klimaschutz kann man nur schwer missverstehen; und dazu gehört eben nicht Fracking. Fracking widerspricht dem Prinzip der Energiewende. Denn Techniken, die sich an den Erhalt der fossilen Energieinfrastruktur klammern, sind zum Scheitern verurteilt. Deshalb lehnen wir Fracking ab.

(Beifall SPD, vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Sie schaden bei Förderung, Verarbeitung und Konsum nicht nur dem Klima, sondern auch unser aller Gesundheit. Deshalb muss ein generelles FrackingVerbot folgen.

Da wir, das Land, aufgrund konkurrierenden Bundesrechts auf dem Gebiet des Wasserhaushaltsrechts keine Gesetzgebungszuständigkeiten haben, ist ein vollständiges Fracking-Verbot leider nicht möglich. Wir müssen den Weg über den Bundesrat gehen. So hat das Landesverfassungsgericht am 6. Dezember 2019 geurteilt und die Zuständigkeit des Landes leider verneint.

Das bürgerliche Engagement für den Schutz des Trinkwassers ist ungebrochen. Die Sorge der Volksinitiative zum Schutz des Wassers liegt vor allem darin begründet, dass die geologischen Gegebenheiten Schleswig-Holsteins für potenzielle Investoren attraktiv sind.

Das Fracking in Sandstein und Zechsteinkarbonat bleibt unter Auflagen leider nach wie vor erlaubt. Diese Lücken in der aktuellen Gesetzgebung müssen geschlossen werden. Fracking muss ein Riegel vorgeschoben werden.

Der Antrag des SSW kommt also genau zur richtigen Zeit. Die Notwendigkeit, dass die Landesregierung selbstbewusst für die Interessen der Menschen - speziell beim Thema Wasserschutz - eintritt, können wir heute beschließen, so wie wir auch gemeinsam mit dem SSW aktiv das Volksbegehren zum Schutz des Wassers unterstützen.

(Heiner Rickers)

(Beifall SPD, SSW, vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Nicht alles, was technisch möglich ist, sollte gemacht werden. Den Status als Energiewendeland Nummer eins haben wir aufgrund der Jamaika-Politik ja leider verloren; aber Schleswig-Holstein bleibt wenigstens noch Anti-Fracking-Land. Das ist gut so. Ich freue mich, dass wir uns zumindest in dieser Frage innerhalb der demokratischen Fraktionen weiterhin einig sind. Deshalb werden wir den SSW-Antrag unterstützen; wir werden uns anschließen. Es ist ein gutes Zeichen für Schleswig-Holstein, dass sich die demokratischen Fraktionen gemeinsam gegen Fracking aussprechen. - Herzlichen Dank.

(Beifall SPD, SSW, vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat die Abgeordnete Marlies Fritzen das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kollege Hölck, es ist ein gutes Zeichen, dass wir heute nicht nur über Fracking diskutieren, sondern erneut in großer Einigkeit deutlich machen, dass der Schleswig-Holsteinische Landtag Fracking ablehnt. Ich möchte hinzufügen: Das Fracking-Verbot soll nicht nur für SchleswigHolstein gelten, wie das vielleicht angeklungen sein mag, sondern selbstverständlich bundesweit. Wir empfinden Fracking als eine fehlerhafte Technologie, die gesundheitsgefährdend ist, die Umweltprobleme mit sich bringen kann, als eine gestrige Technologie. Das Verbot soll dann nicht nur für unser Land, sondern soll für die gesamte Bundesrepublik gelten. Wir wollen uns deswegen erneut auf diesen Weg machen.

Wir haben in der Novelle des Landeswassergesetzes die Vorschläge der Volksinitiative zum Schutz des Wassers eins zu eins aufgenommen, insofern sie das Wassergesetz betrafen. Wir haben festgestellt, dass wir ein Fracking-Verbot für Schleswig-Holstein im Landtag nicht vorschreiben können. Insofern ist das von vielen zitierte Urteil des Landesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2019 eine Bestätigung unserer Rechtsauffassung und schafft an dieser Stelle Klarheit. Darüber freue ich mich.

Ich freue mich ausdrücklich auch über den Antrag des SSW, darüber, dass Sie die Initiative gestartet

haben. Wir hätten vielleicht daran denken können, die Bundesratsinitiative - so eine Bundesratsinitiative wurde schon einmal auf den Weg gebracht - mit anderen Instrumenten zu flankieren. Aber egal, wichtig ist das Signal und dass wir das auf die Bundesebene tragen.

Ich möchte noch einmal eindeutig sagen: Das Verbot soll für das gesamte Land gelten. Im Sinne des Sprichworts steter Tropfen höhlt den Stein - vielleicht ein etwas schräges Bild beim Thema Fracking -

(Heiterkeit und Beifall, Thomas Hölck [SPD]: Ohne Fracfluide!)

- Ohne Fracfluide, selbstverständlich. - So sehr ich alte Zitate liebe und in der deutschen Sprache verankert bin, möchte ich dennoch feststellen: An dieser Technologie, die genauso anachronistisch sein mag wie dieses Zitat, wollen wir auf keinen Fall festhalten.

Ich möchte aber noch einen Aspekt hinzufügen, der bislang noch nicht angesprochen wurde und der auch von der Volksinitiative nicht in dem Maße thematisiert worden ist, wie ich glaube, dass es notwendig wäre. Um solche anachronistischen Technologien, um solches Recht zu verändern, das nicht dem Gemeinwohl Vorrang gibt, sondern - Herr Kollege Hölck, Sie haben das gerade gesagt - ökonomischen Interessen Einzelner Vorrang gibt, muss aus Sicht der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nicht nur der hier im Landtag, sondern auch der im Bundestag, also aus Sicht meiner Partei - das Bundesbergrecht geändert werden.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Bundesbergrecht stammt aus dem 18. Jahrhundert. Der Geist, den es atmet, stammt aus dieser Zeit, als man noch gedacht hatte, es sei wunderbar, wenn man eigene Rohstoffe hat, damit könne man die industrielle Revolution ankurbeln, und dazu brauche man sie unbedingt, deshalb müsse man der Rohstoffgewinnung Vorrang vor allen anderen Interessen gewähren.

Das war damals möglicherweise richtig und aus der Perspektive der Menschen damals sowie vor dem Hintergrund der damals neuen Technologien naheliegend und vernünftig. Aus der Sicht, die wir heute haben, fast 200 Jahre später, kann das nicht mehr vernünftig sein. Wir wissen um die Gefahren für die Umwelt; wir wissen um die Klimaproblematik; wir wissen, dass bestimmte fossile Energieträger nicht nur endlich sind, sondern die Klimaproblematik auch noch weiter anheizen; und wir wissen, dass

(Thomas Hölck)

wir zu einer Energiewende und weg von diesen fossilen Energieträgern kommen müssen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Insofern brauchen wir ein modernes Bergrecht, das diese Umweltaspekte prüft. Es ist bislang bei Weitem nicht der Fall, dass die Umweltaspekte geprüft und gegen das Kriterium Rohstoffgewinnung bei uns hier im Land abgewogen werden.

Meine Damen und Herren, ich muss - auch wenn jetzt Einzelne applaudiert haben, worüber ich mich sehr freue - doch feststellen, dass wir dafür in der Bundesrepublik nicht die notwendige politische Mehrheit haben. Von Beginn an, seitdem wir das thematisieren, mittlerweile sind wir als Partei ja 40 Jahre alt

(Werner Kalinka [CDU]: So lange war das aber nicht euer Thema!)

- das ist immer schon unser Thema gewesen, wir haben das auch schon mehrfach beantragt -, gibt es dafür nicht die notwendigen Mehrheiten.