Protocol of the Session on December 13, 2019

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gäste Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich kurzfassen. „Lapidar“ heißt „überraschend“, „kurz“ und „knapp“. Das ist die direkte Übersetzung. Diese finde ich nicht problematisch. Insofern war Ihre Bemerkung lapidar.

(Beifall SPD)

Nachdem wir dieses semantische Problem geklärt haben, liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich schließe die Beratung.

Ich stelle fest, dass der Antrag Drucksache 19/1799 durch die Berichterstattung der Landesregierung seine Erledigung gefunden hat.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 27 auf:

Umfassenden Kinderschutz sicherstellen - „Original Play“ verbieten

Antrag der Fraktion der AfD Drucksache 19/1858

Wirksamer Kinderschutz durch Prävention und Aufklärung - Kein „Original Play“ in SchleswigHolstein

Alternativantrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP Drucksache 19/1893

Das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort für die AfD-Fraktion hat der Abgeordnete Dr. Frank Brodehl.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gäste!

„Original Play öffnet dem Missbrauch Tür und Tor. In Kitas hat das nichts verloren.“

Zu dieser Bewertung, sehr geehrter Herr Minister Garg, kam am 4. November 2019 Ihre bayerische Amtskollegin Kerstin Schreyer. Gleichzeitig kündigte sie an, dass das Familienministerium die Förderung von Einrichtungen einstellen werde, die Original Play anwendeten oder dafür ihre Räume zur Verfügung stellten.

Was war geschehen? Ende Oktober hatte das ARDMagazin „Kontraste“ einen Fernsehbericht zum Original Play unter dem Titel „Kindesmissbrauch in deutschen Kitas“ ausgestrahlt, in dem unter anderem die Traumaexpertin Michaela Huber zu Wort kam, die Original Play als eine Einladung zur Übergriffigkeit an Kindern und sehr, sehr nah dran an der Pädophilie bezeichnete.

Der Deutsche Kinderschutzbund schätzt diese Gefahr ebenfalls sehr hoch ein. Deshalb hat er am 12. November 2019 ein deutschlandweites Verbot für die Praktiken des Original Play in deutschen Kitas gefordert.

Dieser Forderung schließen wir uns mit unserem heutigen Verbotsantrag ausdrücklich an. Denn wenn ausgewiesene Experten erklären, dass von der Original-Play-Methode für Kinder die Gefahr ausgehe, Opfer sexuellen Missbrauchs zu werden, dann ist es mit abstrakten Hinweisen nicht mehr getan. Dann reicht es eben nicht, Trägerverbände von Kindertageseinrichtungen lediglich darüber zu informieren, dass Original Play nach Auffassung des Sozialministeriums „unter pädagogischen Gesichtspunkten und mit Blick auf das Kindeswohl als sehr kritisch zu bewerten ist“.

Ebenso wenig genügt es, wenn sich das Landesjugendamt kritisch zu Original Play positioniert und die entsprechenden Einrichtungen auffordert, diese Haltung des Landesjugendamts bei Entscheidungen vor Ort lediglich zu berücksichtigen.

Der intensive körperliche Umgang, zu dem es bei Original Play zwischen Kindern und fremden Erwachsenen bewusst kommt, kann eine Grenzüber

(Minister Dr. Bernd Buchholz)

schreitung und sexuellen Missbrauch nach sich ziehen. Diese Gefahr mag abstrakt sein, aber das Rechtsgut, das durch Original Play gefährdet wird, ist das Kindeswohl, konkret: die psychische und physische Unversehrtheit von Kindern im Alter zwischen drei und sechs Jahren, die sich gegen sexuelle Übergriffe eben nicht wehren können.

Wer diese Gefahr hier und heute herunterspielen und relativieren möchte, nur um einem AfD-Antrag nicht zustimmen zu müssen, der möge sich vorher ehrlich fragen: Würde ich mein eigenes Kind an Original Play teilnehmen lassen - trotz der Warnungen vom Deutschen Kinderschutzbund, des bayerischen Familienministeriums und der verschiedenen Experten für sexuellen Missbrauch?

Nur wer diese Frage ehrlich mit Ja beantwortet, dem würde ich es nachsehen, wenn er heute gegen ein Verbot von Original Play stimmt. Allen anderen sage ich: Nehmen Sie wie wir - wie ich ganz persönlich - die Warnungen der genannten Experten ernst und stimmen Sie mit uns für ein Verbot von Original Play an den Kitas in Schleswig-Holstein.

Jeder einzelne Fall von Kindesmissbrauch, bei dem die Seele eines Kindes massiv beschädigt oder gar zerstört wird, ist einer zu viel.

(Zuruf Beate Raudies [SPD])

- Ich erzähle Ihnen das, Frau Raudies, da Sie immer reinblöken.

(Beate Raudies [SPD]: Das müssen Sie hier nicht erzählen!)

Allein deswegen, weil ich - trotz des Zwischenrufs - überzeugt bin, dass Sie alle dieser Aussage zustimmen,

(Beate Raudies [SPD]: Netter Versuch!)

habe ich - zumindest von den regierungstragenden Fraktionen in diesem Hause - eigentlich einen Alternativantrag erwartet, der sogar noch hätte weitergehender sein können. Beispielsweise hätte die Forderung ergänzt werden können, dass die Sozialbehörden künftig klare Kriterien vorlegen sollen, anhand derer sich Kindertageseinrichtungen im Vorfeld orientieren können.

Machen wir uns nichts vor: Das Denken, das hinter dem Konzept Original Play steht, bei dem die Grenzen zwischen Spiel und sexuellem Übergriff verschwimmen, ist weitaus verbreiteter, als wir denken.

Deshalb ist man in anderen Bundesländern aktiv geworden und hat ein klares Signal gesetzt. Diesem

Beispiel müssen wir folgen. Ich bitte um Abstimmung in der Sache und um Ihre Zustimmung. - Vielen Dank.

Das Wort für die CDU-Fraktion erteile ich der Abgeordnete Katja Rathje-Hoffmann.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Zum Thema Original Play titelte der „Spiegel“ im Oktober:

„,Original Play‘: Friedliches Spiel oder Türöffner für Übergriffe?“

Es handelt sich hierbei um eine Methode, den Kindern zu helfen, um angeblich achtsam miteinander zu spielen. Aktuell kommen jedoch Zweifel auf, ob diese Aktivitäten mit Missbrauchsvorwürfen zusammenhängen können. Original Play könne Missbrauch Tür und Tor öffnen.

Vor 40 Jahren wurde diese Methode vom amerikanischen Spielforscher Fred Donaldson zum respektvollen und achtsamen Umgang entwickelt. Kinder und fremde Erwachsene rangeln miteinander wie bei japanischen Kampfsportarten. Es kommt zu viel Körperkontakt, der die Gefahr birgt, dass es zu Grenzüberschreitungen kommt. Allerdings soll - so Fachleute - kein Kind zu Körperkontakt gedrängt werden. Die Kinder entscheiden angeblich selbst, was sie zulassen und was sie nicht zulassen.

Für Kritiker ist Original Play eine Einladung zur Übergriffigkeit. Die als positiv angepriesenen Effekte sind eine psychische Belastung für die Kinder. Der Nutzen dieser Methode ist völlig unbewiesen.

Höhepunkt der aktuellen Diskussion war ein Bericht dazu in der Sendung „Kontraste“ vom, glaube ich, 24. Oktober dieses Jahres. Es wurde über Missbrauchsvorwürfe im Zusammenhang mit Original Play berichtet. Anfang November wandte sich das Sozialministerium mit einem Informationsschreiben über Original Play an die Mitarbeiter der öffentlichen und freien Träger, Verbände und Fachinstitutionen, die täglich im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe arbeiten.

Bereits im Oktober wurden die Heimaufsichten der Kreise informiert, insbesondere die Aufsichtspersonen der Kitas. Es wird festgestellt, dass diese Methode in Bezug auf das Kindeswohl sehr kritisch zu betrachten ist; da gibt es keine Zweifel. Die Grenzen zwischen Kindern und Erwachsenen werden vermischt. Das ist nie gut. Bislang ist jedoch nicht

(Dr. Frank Brodehl)

bekannt, dass diese fragwürdigen Machenschaften bei uns in Schleswig-Holstein zur Anwendung kommen.

Positiv ist, dass alle Einrichtungen vom Ministerium umfangreich informiert worden sind. Vielen Dank an Dr. Garg und sein Ministerium. Ich habe das Schreiben gesehen. Eine rechtliche Handhabe für ein Verbot einer solchen Methode besteht nach einer rechtlichen Prüfung des Ministeriums nicht. Jedoch ist mit § 8 a SGB VIII der umfangreiche Schutzauftrag in der Jugendhilfe zum Schutz gegen solche grenzüberschreitenden und möglicherweise Kindeswohl gefährdenden Handlungen definiert.

Nach Auskunft der Landesregierung liegen bislang keine Erkenntnisse dazu vor, dass entsprechende Kurse bei uns in Kindertageseinrichtungen im Land überhaupt durchgeführt worden sind. Das bedeutet: Solange Original Play in keiner Einrichtung in Schleswig-Holstein konkret angewandt wird, kann auch der Empfänger einer behördlichen Verfügung zu einem Verbot nicht bestimmt werden. Das ist nun einmal so. Juristisch ist deswegen ein Verbot bei uns weder erforderlich noch verhältnismäßig. Es gibt schlicht und ergreifend kein Original Play in Schleswig-Holstein.

(Beifall SPD)

Ob Ihnen unser Alternativantrag gefällt, ist uns ziemlich wurscht. Wir werden unserem Alternativantrag zustimmen, und Ihren Antrag werden wir ablehnen. - Danke schön.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und vereinzelt SPD)

Das Wort für die SPD-Fraktion hat die Abgeordnete Serpil Midyatli.

Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten steht Kinderschutz an erster Stelle. Ich denke, ich kann zumindest für den demokratischen Teil dieses Hauses sprechen. Für uns Demokratinnen und Demokraten braucht es keinen AfDAntrag, um den Kinderschutzbund hier in Schleswig-Holstein zu stärken.

Bereits seit 2008 gibt es ein Kinderschutzgesetz in Schleswig-Holstein. Wir waren damals Vorreiter, was den Kinderschutz angeht. Viele Bundesländer sind uns gefolgt und haben es uns nachgemacht.