Die AfD listet im Grunde nur auf, was die EU alles nicht machen soll. Was die AfD Subsidiarität nennt, ist in Wahrheit ein Zurück in Nationalismus. Wir brauchen an dieser Stelle überhaupt keine Änderung. Wir haben das Subsidiaritätsprinzip in Artikel 23 des Grundgesetzes ganz klar und verbindlich geregelt. Es gilt auch hier in Schleswig-Holstein: Was vor Ort geregelt werden kann, wird vor Ort geregelt. Ich glaube, meine beiden Vorrednerinnen haben sehr deutlich gemacht, wie hervorragend es gerade in Schleswig-Holstein läuft und wie hervorragend es auf der europäischen Ebene läuft.
An dieser Stelle lassen Sie mich auch noch einmal ganz klar danken, einmal den beiden Vertreterinnen der letzten sieben Jahre, der Ministerin Spoorendonk und der Ministerin Sütterlin-Waack, aber insbesondere dir, Regina, für deine intensive und aufreibende Arbeit in Europa im Sinne SchleswigHolsteins. Herzlichen Dank dafür!
dentin - einmal die Präambel unseres Grundgesetzes. Diese gibt uns die Aufgabe, „als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen“.
Meine Damen und Herren, ich glaube, dieser Antrag der AfD zeigt uns in Verbindung mit der Präambel des Grundgesetzes ganz klar und deutlich, wo Sie stehen und wo der Rest des Hauses steht, wo die demokratischen Fraktionen dieses Hauses stehen. Sie stehen für ein vereintes Europa, und genau das wollen Sie nicht.
Die Außenbeziehungen der Bundesrepublik Deutschland sind seit Gründung der Bundesrepublik Sache des Bundes. Damit ist in der Tat einiges geregelt. Die Struktur der Europäischen Union, die Struktur der europäischen Verfassung ist nicht Sache der Bundesländer.
Der Kollege Voß hat es vorhin schon angesprochen. Bei diesem Antrag handelt es sich einmal nicht um einen Franchiseantrag, wie wir es ja so oft von der AfD kennen. Es handelt sich aber trotzdem um einen geklauten Antrag, und auch noch um einen falsch abgeschriebenen. Artikel 3 a Satz 1 der Bayerischen Landesverfassung lautet: - ich zitiere, und bitte hören Sie genau zu; das haben Sie nämlich bisher nicht getan; Sie haben es natürlich absichtlich nicht getan -:
„das demokratischen, rechtsstaatlichen, sozialen und föderativen Grundsätzen sowie dem Grundsatz der Subsidiarität verpflichtet ist …“
Genau das ist doch der entscheidende Punkt. Es ist nicht so, dass Sie sich irgendwie auf Bayern berufen können. Die Bayern haben sehr wohl begriffen, worum es geht, nämlich um ein geeintes Europa. Sie hingegen machen aus dem geeinten Europa plötzlich eine Gemeinschaft europäischer Staaten.
Wenn man ein bisschen in die Vergangenheit guckt, 60 Jahre zurück, stellt man fest, es war Charles de Gaulle, der von einem Europa der Vaterländer ge
sprochen hat. Aber eines war bei Charles de Gaulle klar: Das war nicht die Vision für die nächsten 100 Jahre, sondern ein Startschuss dafür, aus den Katastrophen der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts ein neues Europa zu bauen, ein Europa zu bauen, das zusammenwächst. Wir sind jetzt 60 Jahre weiter. Wir haben heute Einfluss in der Welt als ein geeintes Europa. Wir haben gemeinsame Werte. Wir haben Wohlstand. Wir haben Bildung. Wir setzen uns für Umweltschutz ein, für Reisefreiheit, für offene Grenzen, für soziale Sicherheit und für vieles mehr.
Sie wollen in eine ganz frühe Phase zurück. Aber wir sind heute 60 Jahre weiter. Wir sind uns, glaube ich, alle einig, dass das der Anfang eines langen Weges war, und wir sind heute auf dem Weg in ein geeintes Europa. Wir sind da sehr viele Schritte weiter. Natürlich gibt es viele Dinge, die man verändern und verbessern kann. Das ist in jeder Demokratie so. Aber dort stehen wir heute, und ich glaube, das ist der richtige Weg.
Herr Kollege Holowaty, ich will Ihnen gar nicht widersprechen. Sie haben recht, dass das die Anfangsphase der Europäischen Union gewesen ist. Aber ich finde, man muss de Gaulle zugutehalten, dass er Demokrat gewesen ist und dass auch seine Vorstellung keineswegs etwas mit dem zu tun hatte, was hier von den rechten Nationalisten wiedergegeben wird. Er war Demokrat. Das hat sich weiterentwickelt. Aber es war auch damals schon die Vorstellung, dass demokratische Staaten zusammenwirken. Das haben wir weiterentwickelt.
Insofern können Sie nicht einmal de Gaulle für sich in Anspruch nehmen. Auch sein Name wird missbraucht.
- Herr Dr. Stegner, herzlichen Dank für Ihren Hinweis. Das ging genau in die Richtung, die wir betonen wollen. Es war ein Startschuss. Es war ein ers
ter Schritt auf dem Weg zur europäischen Einigung. Deswegen können sie sich - da haben Sie recht eben nicht auf de Gaulle berufen. - Danke schön.
Halten wir zum Vorschlag der AfD fest: Es gibt eine klare, eine eindeutige und eine deutlich weitergehende Zielsetzung im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland und auch - ich spreche Sie von der AfD an - in der bayerischen Landesverfassung.
Dieser Gesetzentwurf ist ein weiterer Versuch, den europäischen Einigungsprozess zurückzudrehen und wieder zu einer europäischen Kleinstaaterei zu kommen, die uns in den letzten Jahrhunderten viele Katastrophen beschert hat.
Meine Damen und Herren, im Rahmen der parlamentarischen Regeln werden wir diesen Gesetzentwurf im Ausschuss beraten. Aber ich glaube nicht, dass Sie auch nur einen der anderen demokratischen Mitglieder in diesem Parlament von dieser Vorgehensweise überzeugen können. - Herzlichen Dank.
Sehr geehrte Landtagspräsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit unseren Partnern und Freunden in Europa ist uns seit jeher eine Herzensangelegenheit. Das versteht sich von selbst.
Der vorliegende Gesetzentwurf der AfD ist aus mehreren Gründen nicht unterstützenswert. Beginnen wir mit dem Offensichtlichen: Der erste Satz des Gesetzentwurfs ist eine schlichte Tatsachenbeschreibung. Die Charakterisierung der Zusammenarbeit ist zudem fast wortgenau aus Artikel 23 Grundgesetz abgeschrieben. Auch die in der Begründung zahlreich angeführten Artikelbestimmungen aus den verschiedenen Vertragswerken beschreiben lediglich bereits existierendes Recht. Auch die Präambel unserer Landesverfassung nennt noch einmal explizit das
„… Bestreben, die Zusammenarbeit der norddeutschen Länder sowie die grenzüberschreitende Partnerschaft der Regionen an Nord- und Ostsee und im vereinten Europa zu vertiefen …“
Der pro-europäische Geist durchdringt folglich bereits sowohl unser Grundgesetz als auch unsere Landesverfassung in einem angemessenen Umfang.
Den zweiten Satz des Gesetzentwurfes sowie die Hinweise zum Subsidiaritätsprinzip in der Begründung empfinde ich als anmaßend, wenn nicht gar als eine Frechheit.
Rein sprachlich fehlt zudem die Beschränkung auf Schleswig-Holstein, sodass man sich im Grunde genommen anmaßt, eine Bestimmung für gleich sämtliche beteiligte Regionen in allen EU-Staaten beschließen zu wollen. So viel zum vehementen Gepoche der AfD auf die Souveränität der Staaten! Wahrscheinlich war das mal wieder nicht so gemeint; aber wir sollten es tunlichst unterlassen, uns in die Gesetzgebung anderer Regionen einzumischen.
Selbst wenn das Vorhaben nur auf Schleswig-Holstein bezogen wäre, dann wäre es immer noch vermessen. Die AfD begründet diesen Vorstoß mit massiven Zweifeln an der ordnungsgemäßen Anwendung insbesondere des Subsidiaritätsprinzips. Das ist absoluter Quatsch: Die Mitgliedstaaten haben sehr wohl auf strenge Kontrollmechanismen geachtet. Es steht doch wohl außer Frage, dass alle Akteure auf allen Ebenen ihre Mitwirkungsrechte weiterhin aktiv einfordern und sich lebhaft in die Zusammenarbeit einbringen werden.
Ein Beispiel: Durch ein bewährtes Frühwarnsystem - bestehend aus Subsidiaritätsrüge als präventiver sowie der Subsidiaritätsklage als nachträglicher Kontrollmechanismus - kann die Kommission in die Pflicht genommen werden, zu Gesetzesvorhaben begründete Stellungnahmen abzugeben. Sollte der Kommission dabei eine grobe und offenkundige Fehleinschätzung unterlaufen, so kann der Europäische Gerichtshof eingreifen.
Dass diesem nun seitens der AfD mutwillige Missachtung geltenden Rechts unterstellt wird, ist glattweg eine Unverschämtheit. Wer vorgeblich auf Rechtsstaatlichkeit pocht, sollte auch anerkennen, wenn dieses von allen EU-Mitgliedstaaten anerkannte rechtsprechende Organ der EU Recht spricht.
Selbst wenn diesem Gerichtshof eine offenkundige Fehleinschätzung unterlaufen sollte, so sind und bleiben die EU-Institutionen und -Organe stets nur so mächtig, wie es die Mitgliedstaaten zulassen. Denn neben dem Grundsatz der Subsidiarität und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gilt zuallererst der Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung: Die EU verfügt nur über die Zuständigkeiten, die ihr durch die ratifizierten EU-Verträge explizit verliehen wurden.