Protocol of the Session on December 12, 2019

desausschuss erkannt. Sonst wären nicht zusätzliche Sicherstellungszuschläge in Höhe von jährlich 400.000 € für ländliche Krankenhäuser, die wegen ihrer Bedeutung für die zeitnahe Erreichbarkeit gestärkt werden müssen, getätigt worden. In Schleswig-Holstein sind neun Klinikstandorte davon betroffen gewesen. Von diesem Instrument sollten mehr Kinderkliniken, Kinderstationen profitieren.

Die Jamaika-Koalition hat den Anspruch, über die pädiatrischen Klinken hinaus zu denken und das DRG-System als Ganzes zu novellieren. Gerade weil dies so ist, sollten wir unser Augenmerk auf eine grundlegende Reformierung des DRG-Systems lenken. Ich bitte daher um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall FDP und Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Lassen Sie mich am Ende noch ein persönliches Wort ergänzen. Sie wissen, dass ich selbst sehr viel Zeit in Kinderkliniken verbringen musste. Ich kann es nur unterstützen: Es ist für mich seit 25 Jahren ein unhaltbarer Zustand, dass sich Kinderärzte engagieren und einen Teil ihrer Freizeit nehmen, um die notwendige Betreuung und Begleitung von Familien mit chronisch oder schwer kranken Kindern zu leisten, und dass auch das Pflegepersonal über das Maß seiner Belastbarkeit hinausgeht. Das ist nicht neu, es ist immer wieder angemahnt worden: Macht endlich einen Extrasatz für die Kinder, damit wir ihnen die Leistung zukommen lassen können, die sie brauchen. - Vielen Dank.

(Beifall im ganzen Haus)

Für die Abgeordneten des SSW hat der Abgeordnete Flemming Meyer das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Seit 15 Jahren ist die Vergütung von Krankenhausleistungen nach dem sogenannten DRG-Fallpauschalensystem geregelt. Erklärtes Ziel war, die Krankenhäuser zu effizienterem Wirtschaften zu zwingen und weitere Kostenexplosionen zu vermeiden.

Ich bin zwar nicht 15 Jahre Mitglied des Landtags, aber ich erinnere mich gut daran, dass diese Regelung schon vor zehn Jahren von allen Fraktionen kritisch gesehen wurde. Damals wurde vor allem die bundesweit uneinheitliche Vergütung infrage gestellt - zu Recht, denn das ist eine systematische

(Anita Klahn)

Schlechterstellung unseres Landes, die keinem zu erklären ist und die sich noch dazu bis heute teilweise fortsetzt.

Doch abgesehen davon, dass unsere Krankenhäuser zwar für Investitionen, Materialeinkäufe oder Löhne das Gleiche zahlen wie Kliniken in anderen Bundesländern, gleichzeitig aber für ein und dieselbe Behandlungsleistung weniger einnehmen als fast alle anderen, gibt es weitere Gründe für Kritik. Es wird einfach immer deutlicher, dass dieses System der diagnosebezogenen Fallgruppen nicht nur ungerecht ist, sondern richtige Fehlanreize produziert.

Für den SSW kann ich hier klar sagen: Wenn bestimmte Leistungen nur aus Profitinteresse erweitert werden und gleichzeitig Personal abgebaut wird, dann ist eine rote Linie überschritten. Eine solche Entwicklung ist nicht nur ärgerlich, sondern sie kann für Patientinnen und Patienten mitunter richtig gefährlich werden.

Zuletzt haben wir am Beispiel der Geburtshilfe erlebt, welche Probleme entstehen, wenn ein Krankenhaus pro Behandlungsfall stets einen starren Pauschalbetrag bekommt. Das Risiko eventueller Mehrkosten trägt die Klinik selbst. Minderaufwendungen werden zum Nachteil für viele, denn die jeweilige Fallpauschale wird jährlich auf Basis der Kostenentwicklung des Vorjahres neu kalkuliert. Und weil alle Krankenhäuser immer unterhalb der Fallpauschale wirtschaften müssen, um mit dem Geld auszukommen, kennt diese Preisschraube eigentlich nur einen Weg, und zwar den nach unten. Man soll sich also nicht wundern, wenn sich die Arbeitsbedingungen immer weiter verschlechtern und die Versorgungsqualität leidet.

Es ist Fakt, dass es auch bei der stationären Versorgung von Kindern Probleme gibt, die zumindest teilweise auf diesen ökonomischen Wettbewerb zurückzuführen sind. Die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der LINKEN zeigt, dass die Bettenkapazitäten auf Kinderstationen bundesweit abgebaut werden. Gleichzeitig gibt es zwar mehr Kinderärzte, aber immer weniger spezialisierte Pflegekräfte für diesen Bereich.

Und gerade hier, bei der Pflege, liegen leider die größten Probleme. Diese Arbeit wird durch das Fallpauschalensystem nämlich nicht auskömmlich vergütet. Damit ist die Versorgung von Kindern und Jugendlichen für Krankenhäuser oft nicht rentabel. Im Ergebnis haben Kinder- und Jugendärzte zumindest bei Saisonkrankheiten Probleme, Kinder in Kliniken einzuweisen.

Sowohl das Bundes- wie auch unser Landesministerium für Gesundheit betonen zwar, dass es gerade hier einen klaren Trend hin zu ambulanten Behandlungen gibt, aber nicht jeder Fall kann ambulant behandelt werden. Gerade kranken Kindern und ihren Familien kann man keinen weiten Weg zum Krankenhaus zumuten. Aus Sicht des SSW ist die stationäre Versorgung aller Menschen Teil der Daseinsvorsorge. Deshalb müssen wir endlich zu einem bedarfsgerechten und auskömmlichen Finanzierungssystem kommen, das auch Bereiche wie die Geburtshilfe oder die Pädiatrie entsprechend absichert.

Außerdem müssen wir dringend die Rahmenbedingungen für Pflegeberufe verbessern. Und wir müssen nicht zuletzt über neue, sektorenübergreifende Wege nachdenken, um eine qualitativ hochwertige Versorgung in diesem sensiblen Bereich sicherzustellen. Genau hier, bei der sektorenübergreifenden Versorgung, setzt unter Antrag an. - Jo tak.

(Beifall SSW und SPD)

Zu einem Dreiminutenbeitrag hat der Abgeordnete Dr. Ralf Stegner das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das ist ein sehr wichtiges Thema, nur ein lausiger Antragsteller. Das hat man bei den merkwürdigen Bemerkungen zum Krankenhaus in Altona festgestellt.

(Volker Schnurrbusch [AfD]: Das ist so pein- lich! Selbst bei dem Thema muss er hetzen!)

- Ich weiß gar nicht, was Sie gegen das Krankenhaus haben. Das ist ein deutsches Krankenhaus wie die anderen auch. Wo ist eigentlich Ihr Problem?

Ich will aber ein anderes Thema ansprechen, auf das die Kollegin Bohn eingegangen ist: Schon für Erwachsene ist es eine schwierige Sache, wenn sie ins Krankenhaus kommen. Bei Kindern ist das noch eine ganz andere Geschichte. Eltern wissen, was damit verbunden ist. Eltern wünschen sich eben nicht, dass die Durchökonomisierung aller unserer Lebensbereiche ausgerechnet dieses Feld erfasst. Natürlich werden Kinder erfreulicherweise weniger krank als Erwachsene. Deswegen ist es schwer, das betriebswirtschaftlich so zu organisieren, dass sich das rechnet, aber das ist gar nicht der Anspruch. Ich finde, es hat etwas mit Solidarität und Gerechtigkeit zu tun, dass Kinder all das bekommen, was sie brauchen.

(Flemming Meyer)

Wenn man sieht, in welch verzweifelter Situation Eltern manchmal sind, wenn Kinder schwer erkrankt sind, wenn Medikationen besonders teuer sind, dann reden wir über ganz andere Dinge, über die wir in unserem System nachdenken müssen auch über die Preise, die Pharmaunternehmen für manche Dinge nehmen und über die Mechanismen, die es da insgesamt gibt.

Ich finde, jedenfalls muss bei Kindern alles dafür getan werden, damit sie die bestmögliche medizinische Betreuung bekommen, und da ist es egal, aus welchen Verhältnissen sie kommen.

Ich weiß, dass es Kinderärzte und Kinderärztinnen gibt, die in bestimmten Regionen Kinder behandeln, ohne dass sie dafür vernünftig vergütet werden. Das sind zum Teil richtige Heldinnen und Helden des Alltags, die das machen. Ich finde, auch die Selbstorganisation der Ärzte hat hier ihre Mängel. Kinderärzte werden deutlich schlechter bezahlt, als es gemessen an ihrem Einsatz richtig wäre. Da herrscht auch sozusagen ein ökonomischer Wettbewerb, und das ist wirklich falsch. Ich glaube übrigens auch, dass uns dies etwas über das Thema Apparatemedizin, Zeit und Zuwendung verrät. Auch darüber muss man eigentlich reden, nämlich über Solidarität.

Ich sage bei der Betrachtung der Situation der Krankenhäuser überhaupt nichts gegen Pflegekräfte. Die müssen teilweise unter ganz harten Bedingungen arbeiten. Das ist schon angesprochen worden. Man hat jedenfalls nicht immer den Eindruck, dass die Krankenhäuser für die Patienten da sind. Das sind sie aber. Das gilt insbesondere auch bei den kleinen Patienten. Deshalb glaube ich, dass die eigentlichen Fragen, über die wir zu diskutieren haben, Fragen sind, die gar nicht so viel mit der Technik des Gesundheitswesens zu tun haben, sondern eher mit den Grundprinzipien der Solidarität und Nächstenliebe und der Frage, welche Zuwendung wir unseren Kindern zukommen lassen wollen und wie wir mit den Schwächsten in unserer Gesellschaft umgehen. Kinderfreundlichstes Land zu werden, das wäre wirklich ein Ehrgeiz, den wir haben sollten, und das geht nur, wenn wir der Durchökonomisierung aller Lebensbereiche widersprechen.

Ich finde, man muss auch bei Kindern alles tun, was man tun kann, um ihnen eine gute Lebensperspektive zu geben. Dazu gehört eben auch eine Gesundheitsversorgung. Eltern haben Angst, wenn sie Verhältnissen ausgesetzt sind. Sie erinnern sich möglicherweise an den Fall im Universitätsklinikum Kiel und den Zugang, wo dann Eltern, die der deutschen Sprache nicht mächtig waren, in der

Nacht angekommen sind, und es war keiner da, und das bei einem Notfall. Man stelle sich einmal vor, was das mit einem macht, wenn man Angst um seine Kinder haben muss.

Über solche Dinge nachzudenken und sich nicht sozusagen in der Kühle unserer demokratischen Debatten, die wir manchmal so haben, zu verlieren, sondern eher über Solidarität, über Daseinsvorsorge zu reden und zu gucken, was wir da tun können, das sollte das gemeinsame Ansinnen sein. Dazu brauchen wir diesen Antragsteller überhaupt nicht. Das kriegen die demokratischen Fraktionen ganz gut hin.

(Volker Schnurrbusch [AfD]: Anscheinend ja doch!)

Ich würde mir wünschen, dass wir hier Anstöße dafür geben, dass am Ende etwas herauskommt, das unserer reichen Gesellschaft auch entspricht. Bei uns darf es schon gleich gar nicht sein, dass Kinder schlecht behandelt werden, sondern die müssen die bestmögliche Behandlung bekommen, die nur möglich ist. - Vielen herzlichen Dank.

(Beifall SPD und SSW)

Herr Abgeordneter Dr. Stegner, wenn Sie bitte noch einen Moment warten: Ich hoffe, dass ich es richtig verstanden habe, dass Sie den Antrag als „lausig“ bezeichnet haben, nicht den Antragsteller?

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Ja, den Antrag!)

- Das wollte ich auch gehofft haben.

(Zurufe)

- Meine Damen und Herren, um dies richtigzustellen: Ansonsten würde das nicht den Gewohnheiten unseres Hauses entsprechen. Personalisierte Angriffe in dieser Form würden wir hier rügen. Daher habe ich das, so denke und hoffe ich, richtig verstanden.

Für die Landesregierung hat der Minister für Soziales, Gesundheit, Jugend, Familie und Senioren, Dr. Heiner Garg, das Wort. Bisher haben die Redner alle die 5 Minuten eingehalten.

(Heiterkeit)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Herr Dr. Stegner, ich versuche einmal das, was ich zu hundert Pro

(Dr. Ralf Stegner)

zent unterschreibe und was Sie zum Schluss gesagt haben, zu übersetzen. Die Frage ist: Wie kriegt man das hin? - Dafür ist natürlich ein bisschen Technik notwendig.

Weil ich diese Diskussion schon sehr lange verfolgen darf, sage ich: Das Hauptproblem mit dem DRG-System ist aus meiner Sicht, was Deutschland aus dem DRG-System gemacht hat. Da will ich ein bisschen Wasser in den Wein gießen. Man kann das alles auf das DRG-System und auf die damalige Bundesregierung schieben. Der Hauptgrund, warum uns heute bis zu 70.000 Pflegerinnen und Pfleger fehlen, ist aber, dass fast alle Länder jahrzehntelang ihren Investitionsverpflichtungen nicht ausreichend nachgekommen sind und aus DRG Mittel abgezweigt wurden für Investitionen, die aus DRG gar nicht hätten abgezweigt werden dürfen. Aber was sollen die Häuser denn machen, wenn die OP-Decke buchstäblich runterkommt? Auch daran sollten wir in Zukunft denken.

Durch die Ausgestaltung der Krankenhausplanung in dieser Legislaturperiode haben wir dafür Sorge getragen, dass genügend Betten vorhanden sind. Nur: Das schönste Bett nutzt nichts, wenn die Ärztin, der Arzt oder die Pflegerin oder der Pfleger fehlen. Wir haben das im Sozialausschuss Anfang November ausreichend dargestellt, und es macht wenig Sinn, meine Herren von der AfD, Betten pro 100.000 Einwohner zu zählen. Damit ist doch kein einziges Kind vernünftig versorgt, um das auch einmal deutlich zu sagen.

(Beifall FDP, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Ich will deswegen auf den Kern des Problems eingehen. Das sind die Finanzierungsstrukturen. Richtig ist, dass es in Deutschland ein Problem bei der Vergütung von Krankenhausleistungen gibt, und zwar grundsätzlich. Diese Defizite betreffen gerade auch den Bereich der Kinderheilkunde. Die Notfallversorgung und die Versorgung chronisch Kranker sind weitere Bereiche, bei denen das pauschale Vergütungssystem an seine Grenzen stößt. Hinzu kommt noch eine komplett fehlende oder mangelnde sektorenverbindende Versorgung.

Die Kinderheilkunde für eine bessere finanzielle Ausstattung als sogenannte besondere Einrichtung allerdings anzuerkennen und damit die Fallpauschalen durch einen Tagessatz pro Behandlungstag zu ersetzen, wie Sie es in Ihrem Antrag fordern, gehört nicht zu unseren Überlegungen, um das auch gleich zu sagen, denn auch in der Kinderheilkunde liegt das Problem schließlich nicht in der Vergütung für

die einzelne Behandlung oder des einzelnen Behandlungstages. Diese Vergütungsform ist für sehr seltene Krankheitsbilder oder für die Palliativmedizin ausgesprochen sinnvoll, weil es da im Gegensatz zur Kinderheilkunde eine gleichbleibende konstante Auslastung, nur wenige Notfälle und Regelungen für die ambulante Versorgung gibt.

Außerdem werden ambulante Fälle, die auch in der Pädiatrie auftreten, durch einen Tagessatz überhaupt nicht erfasst. Darüber hinaus werden für die Pflege ab 2020 ohnehin die tatsächlichen Ist-Kosten vergütet. Das Instrument der besonderen Einrichtung verliert damit noch mehr an Bedeutung.