Protocol of the Session on December 11, 2019

(Beifall FDP)

Herr Dr. Stegner, ich finde es gut, dass Ihr neuer Bundesvorsitzender einen Punkt erkannt hat. Ich glaube, es war gestern oder vorgestern, dass ich gehört habe, dass Walter-Borjans gesagt hat, man müsse auch an das Planungsrecht herangehen, damit man Investitionen nicht nur in den Haushalt stellt, sondern damit das Geld auch abfließt. Das war heute schon ein paarmal Thema. Ich finde es gut, dass die SPD das macht.

(Beifall FDP, SPD und vereinzelt CDU)

Da kann Frau Schulze ihre Blockaden bei dem Thema entsprechend aufgeben.

Meine Damen und Herren, wir haben in der Tat von einigen Verbänden Kritik erhalten, die uns - so will ich einmal sagen - nicht ganz fernstehen. Die Unternehmensverbände Nord und der Steuerzahlerbund haben gelobt, dass wir hohe Investitionen haben. Das hat mich natürlich gefreut. Sie haben gelobt, dass wir eine gute Wirtschafts- und Verkehrspolitik machen. Das finde ich in Ordnung, das sehe ich auch so. Aber Sie haben gesagt: Wir haben zu viel Personal eingestellt. Hierzu sage ich: Na ja, schauen wir uns das doch einmal genauer an.

Wir haben eine Arbeitsmarktlage, eine demografische Entwicklung und damit verbunden einen Fachkräftemangel, bei dem wir uns in diesen Zeiten dringend um neues qualifiziertes Personal kümmern müssen. Dieses Personal muss jetzt und in den nächsten Jahren eingestellt werden, ansonsten werden wir mit Blick auf die Demografie ein massives Problem bekommen. Das ist der erste Punkt.

Der zweite Punkt ist: Wir müssen einmal sehen und fragen: Was macht dieses Personal eigentlich? Klar, diese Menschen werden später auch eine Pension bekommen müssen. Darum müssen wir uns kümmern. Trotzdem müssen wir uns fragen: Was macht dieses Personal? Wir haben unheimlich viele Lehrer eingestellt. Wir haben Sonderpädagogen eingestellt, wir stellen Polizisten, Staatsanwälte, Verfassungsschützer, Richter und Verkehrsplaner ein. All diesen Menschen wird nicht langweilig werden, und sie al

le haben staatliche Kernaufgaben zu erledigen, für die das Land zuständig ist. Ich habe deswegen noch nie gehört, dass zu viel Unterricht stattfände. Ich habe von den Unternehmensverbänden noch nie gehört, es würden zu viele Verkehrsprojekte geplant. All das habe ich noch nie gehört. Auch bei der Justiz wurde noch nie gesagt, sie arbeite viel zu schnell, man brauche weniger Personal für die Justiz.

(Beifall Lasse Petersdotter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Es wurde immer das Gegenteil gesagt. Ich möchte dies bei dieser Gelegenheit deshalb den Verbänden sagen, mit denen wir durchaus freundschaftliche Beziehungen pflegen.

(Beifall FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und vereinzelt CDU)

Abschließend will ich sagen: Wir stärken den Rechtsstaat. Die Abschiebehaft wurde heute erneut angesprochen. Ehrlich gesagt, das ist für alle kein schönes Thema. Es gibt Menschen, die keine dauerhafte Perspektive hier haben und sich einer Abschiebung entziehen. Wir können nicht nur sagen: Wenn Betroffene freiwillig ausreisen, dann ist das in Ordnung. Wenn sich Ausreisepflichtige der Ausreise entziehen, dann ist das auch in Ordnung. Das kann nicht sein. Das kann in einem Rechtsstaat nicht funktionieren. Das macht die gesellschaftliche Akzeptanz kaputt. Deswegen können wir dort nicht wegsehen.

(Vereinzelter Beifall FDP, CDU, Beifall Jörg Nobis [AfD] und Doris Fürstin von Sayn- Wittgenstein [fraktionslos])

Ich bin auch nicht der Meinung, dass die Lösungen in Eisenhüttenstadt und Pforzheim humaner waren als das, was wir jetzt machen. Ich muss ganz ehrlich sagen, das ist an dieser Stelle eine schräge Debatte, weil auch SPD-Länder dies unterstützen.

(Beifall FDP und Tobias Koch [CDU])

Abschließend will ich sagen: Wir haben SchleswigHolstein trotz einiger Unterschiede gemeinsam auf einen extrem guten, zukunftsträchtigen Weg gebracht. Ich freue mich auf die weitere Zusammenarbeit. Ich möchte mich auch ganz herzlich bei den Kolleginnen und Kollegen von der CDU, den Grünen und natürlich auch der eigenen Fraktion bedanken. Wir haben ein gutes Miteinander. Lassen Sie uns so weitermachen. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Christopher Vogt)

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Frage an die AfD: Sie haben noch eine Restredezeit.

(Zuruf Claus Schaffer [AfD])

- Danke.

Für die Abgeordneten des SSW hat das Wort Lars Harms.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will natürlich auch noch einmal die Gelegenheit nutzen, auf einige Punkte einzugehen. Es ist zu Recht gesagt worden: Wir haben bereits vor dieser Debatte das Signal gegeben, dass wir diesem Haushalt zustimmen werden. Wir tun das auch aus voller Überzeugung.

(Beifall Werner Kalinka [CDU])

Ich kann Ihnen sagen, wir machen seit einiger Zeit ein klein bisschen eine skandinavisch inspirierte Politik. Dafür sind wir immer gern zu haben. Sie wissen oder ahnen es vielleicht nicht, aber in den skandinavischen Ländern ist es üblich, dass sich Regierung und Opposition bei Haushaltsberatungen treffen, um zu gucken, ob es Dinge gibt, die man gemeinsam über die Regierungs- und Oppositionslager hinweg beschließen kann. Das ist natürlich auch bei uns in der DNA. Dass Jamaika das mit uns gemeinsam so macht und sozusagen diesen kleinen skandinavischen Einschlag so auf sich wirken lässt und mit uns zusammen verhandelt, finde ich sehr vernünftig.

Ich kann Ihnen sagen: Wir haben in der Minderheitenpolitik ganz gut etwas auf die Beine gestellt. Ich finde, man kann sagen, dass wir das gemeinsam gut hingekriegt haben. Wenn man eine gute Idee hat, beispielsweise die Palliativ- und Hospizarbeit zu unterstützen, bei der wir uns alle einig sind, und dann auch über den eigenen Schatten springt, was die Jamaika-Koalition tut, dann finde ich, ist das ganz vernünftig und trägt wirklich viel mehr zur Akzeptanz der Demokratie bei als das ständige Regierungs- und Oppositionsgemetzel.

(Beifall Tobias Koch [CDU] und Kay Richert [FDP])

Meine Damen und Herren, die Pflegekammer ist eine ganz entscheidende Geschichte. Unseren Vorschlag habe ich vorhin schon erklärt. Ich finde es in

Ordnung, dass dieser Vorschlag aufgegriffen und in neue Worte gefasst wird und dass wir am Ende tatsächlich eine Abstimmung darüber haben werden. Ich will Ihnen sagen, warum das so ist. Es ist keine Abstimmung nach einem Jahr, sondern die Kammer wurde 2015 mit unserem Landtagsbeschluss gegründet. Gleich ab Januar 2016 hat man angefangen zu arbeiten. Das heißt, wir haben die Jahre 2016, 2017, 2018, 2019, 2020 und in 2021 Abstimmungen. Ich glaube, vor dem Hintergrund haben die Menschen genügend Erfahrungen sammeln können, um sich eine dezidierte Meinung bilden zu können.

Für mich ist es noch nicht ausgemacht, ob die Pflegekammer tatsächlich abgeschafft wird oder ob die Pflegenden vielleicht auf die Idee kommen, zu sagen: Das ist doch eine ganz gute Lösung. Das werden wir sehen. Da wird es jetzt ein Jahr lang intensive Diskussionen geben, und ich glaube, Diskussionen können auch bei dem Thema nie schaden.

Meine Damen und Herren, wenn Sie in unsere Haushaltsvorschläge sehen, haben Sie vielleicht gesehen, dass wir für eine Opposition etwas ganz Merkwürdiges gemacht haben. Wir wollen nämlich weniger Schulden machen als die Regierung. Sie machen zwar auch keine Schulden, aber wir wollen sozusagen noch weniger Schulden machen. Wir wollen noch um insgesamt 20 Millionen € besser dastehen als Jamaika. Nun können wir uns darüber streiten, ob dies gerechtfertigt ist, welcher Vorschlag gut und welcher Vorschlag schlecht ist. Dieser Vorschlag soll dokumentieren: Auch wenn wir Verpflichtungsermächtigungen für die nächsten Jahre aussprechen, so haben wir den Anspruch, jetzt schon ein Signal zu setzen, dass wir im nächsten Jahr, wenn wir regieren würden, auch in der Lage wären, dies entsprechend zu finanzieren. - Deswegen glaube ich, dass unsere Vorschläge recht seriös sind.

Einige Punkte sind mir noch ganz wichtig. Ich glaube, wir liegen in manchen Dingen gar nicht so weit auseinander. Ein Beispiel ist der Straßen- und Radwegebau. Die Sozialdemokraten haben 27 Millionen € extra vorgeschlagen, um den Ausbau der Radwege zu finanzieren. Ich habe Ihren Vorschlag von 133 Millionen € für den Straßen- und Radwegebau so verstanden, dass dann, wenn eine Straße gebaut oder renoviert wird und daneben ein Radweg entweder schon besteht oder entstehen soll, dieser in die Maßnahme eingeschlossen werden soll. Insofern hätte das wahrscheinlich den gleichen Effekt, nämlich den schönen Effekt, dass wir tatsächlich bessere Verkehrswege kriegen. Ich finde, dagegen kann man nichts haben.

(Christopher Vogt)

(Beifall SSW, Tobias Koch [CDU] und Kay Richert [FDP])

Es gab ein bisschen Kritik an IMPULS. Damit habe ich meine Schwierigkeiten, weil ich das Ding einmal mitbeschlossen habe, genau wie meine Kolleginnen und Kollegen vom SSW auch. Ich finde immer noch, dass dieses Programm klasse ist und dass dieses Programm eine Möglichkeit ist, in schlechten Zeiten, die wir jetzt noch nicht haben, tatsächlich antizyklisch zu handeln.

Das ist eigentlich eher eine Haltung des linken Spektrums des Parlaments. Dass jetzt alle der Auffassung sind, hier staatlich einzugreifen, ist gut, weil wir dadurch tatsächlich Sicherheit schaffen, weil wir nun auch Einkommen und Wohlstand in diesem Land schaffen können, was wir in der Vergangenheit nicht haben tun können. Deswegen glaube ich nach wie vor, dass dies eine der zwei großen Entscheidungen ist, die in diesem Parlament in den letzten Jahren getroffen worden sind. Insofern habe ich immer noch nichts gegen IMPULS, sondern ich finde es klug, dass man sich vorher Gedanken darüber macht, über welchen Zeitraum man für welche Projekte Geld ausgeben kann. Das läuft ja auch transparent. Wir haben auch manchmal die Schwierigkeit, irgendwelche Haushaltsvorschläge gegenfinanzieren zu müssen; das ist dann eben so. Aber vom Grundsatz her ist es klug, in die Zukunft zu denken und Dinge zu bearbeiten, die man sonst nicht bearbeiten könnte.

Die zweite große Entscheidung ist in der Tat die Schuldenbremse. Sie dient der Generationengerechtigkeit. Nichts wäre schlimmer, als wenn ich hier stehe und meinen Kindern irgendwann einmal sagen müsste: „Ich habe im Parlament gestanden; mich hat das alles nicht interessiert. Liebes Kind, du darfst jetzt die Suppe auslöffeln.“ Das geht so nicht. Das aber hat man über die letzten 50 oder 60 Jahre gemacht. Deswegen mussten wir einen Stopper setzen und deswegen, glaube ich, ist die Schuldenbremse auch in Ordnung.

Natürlich kann man kritisieren, wenn man dies will, dass die bisherigen HSH-Schulden nun in den Landeshaushalt übernommen werden. Dies wird den Effekt haben, dass wir Zinszahlungen in größerer Höhe leisten müssen; das wissen wir. Das ist aber auch schon der einzige finanzpolitische Aspekt, solange man nicht anfängt, die Mittel zu tilgen. So groß ist der Effekt nicht, und so groß ist auch der Schaden nicht.

Ich glaube, der Schaden wäre größer, wenn wir uns nicht die Möglichkeit eröffnen würden, Gelder, die

wir jetzt noch zur Verfügung haben, ins IMPULSProgramm zu setzen. Das wäre die größere Katastrophe. Deswegen ist das immer noch ein richtiges Handeln.

Ein Letztes: Wir treffen Vorsorge. Mit „wir“ meine ich uns, weil ich der Auffassung bin, dass diese Vorsorge richtig ist, was den kommunalen Finanzausgleich angeht. Da gibt es zwar noch keine Kompletteinigung, aber das Geld ist bereits vorhanden. Damit gibt es für die Landesregierung gegenüber den kommunalen Landesverbänden eine Verhandlungsmöglichkeit. Ich bin nun lange genug im Parlament und weiß, was das für Kämpfe sind und dass man sich auch keine Sorgen darüber machen muss, dass die Kommunen nicht zu ihren Gunsten und das Land nicht zu seinen Gunsten verhandelt. Insofern finde ich es gut, wenn man finanzpolitische Vorsorge trägt. Das ist vernünftig. Vor dem Hintergrund ist es ein Signal an die Kommunen, dass man Einigungswillen hat. Auch das hat nämlich durchaus einen politischen Wert.

(Beifall SSW)

Zwei Dinge noch, die ich bisher nicht angesprochen habe, die aber für uns wichtig sind, weil ein großes Feld der Politik auch die Bildungspolitik ist: Auch wir sind der Auffassung, dass der Bildungsbonus, wie er jetzt gestaltet worden ist, richtig ist. Die Mittel müssen dahin gehen, wo sie gebraucht werden, nämlich dahin, wo wir die größten Herausforderungen haben. Ich mag das Wort „Schwierigkeiten“ nicht; das Wort „Herausforderungen“ finde ich viel besser. Wir müssen uns da hinbewegen, die Schulen zu unterstützen, die besonders viele wichtige Aufgaben vor der Brust haben. Ich glaube, das ist vernünftig.

Ich glaube auch, es ist gut, dass die Landesregierung auch schon in der Vergangenheit immer relativ gut geplant hat, was die Ganztagsschulangebote und deren Gegenfinanzierung angeht. Wir haben in der Debatte über den vergangenen Haushalt hierüber noch diskutieren müssen. Inzwischen aber können wir feststellen, dass die Mittel richtig gut eingestellt worden sind und dass sich auf diesem Gebiet etwas bewegt und keine Schule, die in irgendeiner Art und Weise ein Angebot neu schaffen oder erweitern will, Schwierigkeiten bekommt. Das ist aus bildungspolitischer Sicht eine richtig klasse Sache; denn an den Schulen befinden sich ja nicht nur ganz normale Schüler, sondern es handelt sich um Kinder und Jugendliche, die gemeinsam etwas machen, egal, woher sie kommen, und egal, was sie machen. Diese Vielfalt wird besonders an den Ganztagsschulen gefördert. Das finde ich gut, und das sollten wir

(Lars Harms)

beibehalten. Deswegen vielen Dank für diese vorausschauende Politik.

Meine Damen und Herren, Sie können also sehen: Klar, ich habe am Anfang auch kritische Punkte genannt. Aber ich glaube immer noch, dass die positiven Punkte überwiegen. Vor diesem Hintergrund haben wir als SSW überhaupt keine Schwierigkeiten, dem Haushalt in der Endabstimmung zuzustimmen.

Auch wir möchten uns bei den Jamaika-Koalitionären und der Landesregierung durchaus dafür bedanken, dass wir gute Gespräche haben führen können, und zwar nicht nur im Zusammenhang mit dem Haushalt, sondern hin und wieder auch in anderen Zusammenhängen. Ich finde, es ist in einer Demokratie durchaus etwas Ansehnliches, wenn sich Regierung und Oppositionsfraktionen aufeinander zubewegen, wenn es um die Sache geht. - Vielen Dank.

(Beifall SSW, CDU und FDP)

Meine Damen und Herren, mit Blick auf die Zeit schlage ich Ihnen vor, dass wir zu den Kurzbeiträgen nach der Mittagspause kommen. - Ich sehe insoweit allgemeine Zustimmung und unterbreche die Sitzung. Ich wünsche Ihnen eine erquickliche Mittagspause.

(Unterbrechung: 13:16 Uhr bis 15:02 Uhr)