Protocol of the Session on December 11, 2019

(Vizepräsidentin Aminata Touré)

Volkswirtschaft. Da die Belastung aber zwingend zu beseitigen ist, können wir uns dem nicht verwehren: Wir müssen diese Belastung beseitigen. Daher sollte hier auch der wirtschaftliche Aspekt einbezogen werden. Die Kiel-Region bietet sich perfekt für ein Exzellenzcluster Munitionsbeseitigung an. Beim Bund und der Europäischen Union müssen wir mehr dafür werben, da auch andere Regionen wie zum Beispiel Rostock oder Regionen im EUAusland großes Interesse daran haben, ein Zentrum für die Bergung und Beseitigung der Munition zu werden. Schließlich geht es hierbei auch um viel Geld und viele hochbezahlte Arbeitsplätze. Ich finde, diese gehören nach Schleswig-Holstein.

(Beifall FDP)

In der Kolberger Heide - sie ist fasst in Sichtweite des Plenarsaals, wenn es nicht schon so spät wäre liegen circa 18.000 t Kampfmittel, die sich bis zu 6 m über den Meeresgrund stapeln. Es würde sich anbieten, für diesen leicht zugänglichen und eher überschaubaren Bereich mit einem Delaborationsprojekt zu beginnen. Hierdurch könnten Erfahrungswerte gesammelt und Arbeit und Ergebnisse skaliert werden - mit dem Blick auf den Rest der Munition, die wir zu bergen haben. Mit dem heutigen Beschluss wollen wir einen wichtigen Aspekt aus dem Jamaika-Koalitionsvertrag zum Meeresschutz umsetzen und somit die Kartierung als auch die Bergung deutlich schneller in Gang bringen.

Für die Kriegsaltlasten gilt das gleiche wie für die Schulden mit Blick auf die kommenden Generationen. Die Schulden gegenüber der Natur, für unsere Nachfahren müssen wir zeitnah abbauen, bevor es zu spät ist. Auch hier gilt: Die Uhr tickt. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall FDP, vereinzelt CDU und Beifall Dr. Ralf Stegner [SPD])

Das Wort für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Klaus Jensen.

(Widerspruch CDU)

- Entschuldigung. - Das Wort für die SPD-Fraktion hat die Abgeordnete Sandra Redmann.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie bereits erwähnt: Circa 1,6 Millionen t Munitionsaltlasten liegen in der Nord- und Ostsee. Trotz der Erkenntnis, dass dringend etwas getan werden muss, tut sich bisher bei der Bergung der Altlasten

nicht viel. Die Munition liegt auf dem Meeresboden und rottet langsam vor sich hin. Mit jedem Jahr, das wir länger warten, wird die Gefahr größer.

Die SPD hat daher das Thema dieses Jahr zweimal auf die Tagesordnung des Umwelt- und Agrarausschusses setzen lassen. Unsere Befürchtungen wurden in den Vorträgen dazu noch übertroffen. Ich möchte mich im Namen der SPD-Fraktion nochmals bei den Mitarbeiterinnen und den Mitarbeitern der zuständigen Ministerien und der Fachbehörden für die umfangreichen Berichte und für die Untersuchungsergebnisse bedanken.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Viele Erkenntnisse haben wir schon. Forschungsergebnisse liegen auf dem Tisch. Nun fehlt es eigentlich nur noch am Handeln. Da waren wir uns im Ausschuss eigentlich einig. Der Antrag der Regierungskoalition, über den schon in der letzten Landtagssitzung beraten werden sollte, bezieht sich allerdings lediglich auf die Finanzierung der Bergungs- und Kartierungsarbeiten. Das, was eben ausgeführt wurde, hätte ich ganz gern auch im Antrag gehabt. Das wäre eine gute Idee gewesen, das kann man gern nachholen. Die Beratung hätte in der letzten Sitzung Sinn gemacht, um den Minister mit einem entsprechenden Beschluss in die Umweltministerkonferenz zu schicken, um mit den anderen Ländern und dem Bund darüber zu verhandeln. Aber der Punkt wurde vertagt.

Nun war der Minister bereits auf der Sitzung der UMK. Zum Thema Einstieg in eine geordnete Bergung gibt es einen Beschluss mit acht Punkten. Presse hat der Minister auch schon dazu gemacht und sich zufrieden geäußert. Man müsse jetzt ein Finanzkonzept entwickeln, aber es sei auf einem guten Weg. Es sei demnach das erreicht, was die Koalition mit ihrem Antrag wollte.

Der Antrag wird in die heutige Sitzung trotzdem erneut eingebracht, sicher ist sicher. Allerdings werden darin nicht die Beschlüsse der UMK berücksichtigt.

Um es vorweg zu sagen: Wir können Ihrem Antrag zustimmen. Er ist nicht schädlich und sowieso gerade Beschlusslage. Aber er reicht nicht aus. Wir wollen auf der Grundlage der Beschlüsse noch weitergehende Forderungen aufstellen.

Auf einen Punkt möchte ich dabei genauer eingehen. Wenn Sie sich unseren Antrag ansehen, stellen Sie fest, dass wir im Zuge dessen, was auf der Bundesumweltministerkonferenz verhandelt wurde,

(Dennys Bornhöft)

noch ausstehende Untersuchungen so schnell wie möglich durchführen und abschließen wollen, um auf deren Grundlage weitere notwendige Schritte veranlassen zu können. Geplant ist ein entsprechendes Ergebnis bis Ende 2020. Vielleicht lässt sich bis dahin noch etwas machen.

Notwendige Sprengungen sollten nur unter einem Blasenschleier erfolgen, und der für die Sprengung entwickelte Roboter, über den wir im Ausschuss bereits gesprochen haben, sollte für eine umweltschonende Bergung schnellstmöglich einsatzbereit sein.

Grenzwerte für die Schadstoffe sind ein weiterer Punkt, der bislang nicht so sehr betrachtet wurde. Schadstoffe aus der Munition reichern sich in Fischen und Muscheln und in der Meeresumwelt insgesamt an. Wir möchten, dass entsprechende Grenzwerte auf Basis der bereits durchgeführten Untersuchungen festgelegt werden. Denn hier haben wir ein Problem für die Verbraucherinnen und Verbraucher. Es stellt sich zum Beispiel die Frage, warum nach Sprengungen beispielsweise die Fische, die auf den Markt kommen, nicht vorab untersucht werden, um festzustellen, ob überhaupt gefischt werden darf.

(Beifall SPD)

Die internationale Zusammenarbeit - das war Bestandteil des Antrags der Koalition - im Nord- und Ostseeraum soll weiter ausgebaut werden. Zudem fordern wir die Landesregierung auf, eine erweiterte Aufklärungskampagne für die Bevölkerung zu starten, auch in den Küstengemeinden. Wir beantragen das mit Blick darauf, dass wir uns angeschaut haben, wie das beispielsweise in der Lübecker Bucht ist: Da liegt bisher nicht so viel dazu aus. Es wäre sinnig und gut, wenn das Land hier beispielhaft voranginge.

Wir wollen auch gern, dass der Minister uns im zuständigen Ausschuss vierteljährlich über den Sachstand auf Bundesebene und in der UMK berichtet.

Noch zu einem wesentlichen Punkt der UMK, der noch gar nicht angesprochen wurde; mich wundert, dass Sie als grüner Umweltminister diesen gelobt haben. Punkt 7 des Beschlusses der UMK - ich zitiere - lautet:

„Die Umweltministerinnen, -minister, -senatorinnen und der -senatoren der Länder bitten den Bund zu prüfen, ob weitere Instrumente zur Finanzierung der Räumung der Munition aus dem Meer, z. B. als Kompensation für Mehraufwand beim Küstenschutz oder als

naturschutzrechtliche Kompensation, genutzt werden könnten.“

Ich hätte das von einem Minister einer anderen Partei erwartet, zum Beispiel von einem Minister der CDU oder der FDP.

Da Sie uns aber im letzten Jahr erklärt haben, dass die G-Länder im Moment auf Bundesebene so wichtig seien, muss ich Ihnen gestehen: Von einem grünen Umweltminister habe ich so einen Beschluss nicht erwartet.

(Beifall SPD - Zuruf Oliver Kumbartzky [FDP])

Ich hoffe sehr - das ist auch Bestandteil unseres Antrages -, dass der Landtag heute beschließt, dass der Minister sich dafür einsetzen soll, dass dieser Punkt wieder wegkommt, weil er für die Munitionsaltlasten überhaupt keine Auswirkung hat. Wenn man es nötig hat, im Naturschutzfachbereich Gelder zu sammeln, um Munitionsaltlasten zu bergen, sieht es wirklich ziemlich traurig aus. - Danke.

(Beifall SPD)

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat die Abgeordnete Marlies Fritzen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In der Tat haben wir heute nicht zum ersten Mal dieses Thema hier im Landtag auf der Tagesordnung. Es ist schon gesagt worden, dass hier über viele Jahrzehnte eine sehr gefährliche Realitätsverweigerung in Bezug auf dieses Thema bestanden hat und wir dringenden Handlungsbedarf haben.

Munitionsaltlasten sind ein Wiedergänger. Wir wissen mittlerweile, dass hochexplosive Sprengstoffe und giftige Kampfmittel allein in deutschen Meeresgewässern in umfangreichem Maß vorhanden sind. Die Zahlen sind genannt worden.

Es ist auch nicht zum ersten Mal gesagt worden, dass das Land hierbei nicht allein zurechtkommen wird. Das ist in dieser Legislaturperiode so wie in vorigen Legislaturperioden gefordert worden.

Vor zehn Jahren ist eine Arbeitsgruppe gebildet worden, die unter der Federführung SchleswigHolsteins große Fortschritte gemacht hat, wenn man sich anguckt, von wo wir gestartet sind - kleine Fortschritte, wenn man sich überlegt, wo wir hin

(Sandra Redmann)

müssen beziehungsweise welch großes Problem dort am Meeresgrund lagert.

Insofern ist es gut und wichtig, dass wir heute noch einmal darüber reden. Es ist gut und wichtig, nicht nur der Arbeitsgruppe zu danken, sondern auch engagierten Meeresbiologen wie Dr. Stefan Nehring, der, bevor diese Arbeitsgruppe anfing zu arbeiten, über viele Jahre als Meeresbiologe aus eigenem Antrieb darauf aufmerksam gemacht hat, dass wir es hier mit einer tickenden Zeitbombe zu tun haben.

(Beifall SPD, FDP und vereinzelt CDU)

Wir wissen mittlerweile durch zahlreiche Studien, dass dieser Sprengstoff sehr gefährlich ist. Viele hatten den Eindruck: aus den Augen, aus dem Sinn. Der Sprengstoff, so die Annahme, würde sich schon irgendwie in Nichts auflösen.

(Werner Kalinka [CDU]: Das hat doch nie- mand behauptet!)

Wir wissen, dass ähnliche Verbindungen in der ganzen Ostsee und wahrscheinlich auch in der Nordsee zu finden sind. Wir wissen, dass sie sich in Meerestieren anreichern und damit unsere Nahrungskette erreichen. Wir wissen, dass dieser Sprengstoff sich nicht einfach auflöst, sondern mit den Jahren immer instabiler und schlagempfindlicher wird und damit explosionsgefährdeter ist.

All das wissen wir, und wir wissen auch, dass wir nicht mehr allzu lange Zeit haben. Experten schätzen, dass wir noch 30 Jahre Zeit haben, bevor diese Munition weitgehend von Rost zerfressen sein und der Sprengstoff damit endgültig das Meer verseuchen wird. Es geht also aus unserer Sicht gar nicht mehr um die Frage, ob die Munition aus dem Meer geholt werden muss, sondern wie dies geschehen kann.

Da komme ich jetzt zum Antrag der SPD-Fraktion. Finanzielle Mittel für die Bergung von Munitionsresten muss der Bund bereitstellen. - Nicht nur der Bund, wir denken im Übrigen auch, dass man in der EU Gespräche dazu führen muss, wenn man beispielsweise an die Ostsee-Anrainerstaaten denkt.

Kartierungsarbeiten fördern wir auch schon seit Langem. Dafür fehlen bislang die notwendigen Mittel. Diesen Punkt Ihres Antrages lese ich als identisch zu unserem Antrag.

Ausstehende Untersuchungen sollen durchgeführt werden. - Wenn ich es richtig weiß, gibt es aktuell keine ausstehenden Untersuchungen. Es gibt sicherlich viele Dinge, die man weiterhin untersuchen kann. Die letzte Untersuchung, die zum Beispiel

über die Frage der Toxizität gemacht wurde, steht kurz vor der Veröffentlichung. Insofern haben wir in diesem Punkt schon Erfolg.

Notwendige Sprengungen sollen unter Blasenschleier erfolgen. - Auch das ist im Grunde mittlerweile Stand der Wissenschaft, leider nicht der Technik. Der entsprechende Punkt Ihres Antrages enthält aber den Fehler, dass der Roboter, der entwickelt wurde, bislang als Forschungsroboter existiert und nicht dafür da ist, unter Wasser zu sprengen. Ich sagte es gerade schon: Gesprengt werden sollte nach Möglichkeit überhaupt nicht, weil dann der Sprengstoff im Wasser bleibt und sich damit in den Tieren anreichert. Er sollte also geborgen werden. Dafür ist dieser Roboter da, nicht für die Sprengung. Insofern ist dieser Spiegelstrich in Ihrem Antrag missverständlich.