Protocol of the Session on November 14, 2019

Mir ist wichtig, noch einmal zwei Dinge anzusprechen. Erstens. Heute wurde nicht nur der menschengemachte Klimawandel von den Kollegen der AfD infrage gestellt, sondern auch die Sinnhaftigkeit des Küstenschutzes. Herr Nobis, wenn ich Sie richtig verstanden habe, haben Sie vorhin über die Klimadeiche hergezogen und die Frage gestellt, ob wir noch in Klimadeiche investieren sollen. Das muss man als einen Angriff auf die Lebenssicherheit der Bürgerinnen und Bürger in unserem Land verstehen. Das kann tatsächlich nicht sein.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Zweitens. Jetzt rede ich als wirtschaftspolitischer Sprecher: Sich hinzustellen und zu behaupten, die Energiewende und das Ziel einer möglichst emissionsfreien Industrie in Deutschland stünden unserer Industriekraft entgegen, ist so etwas von gestrig und rückwärtsgewandt. Auch damit gefährdet man die Zukunft des Wirtschaftsstandorts Deutschland und des Wirtschaftsstandorts Schleswig-Holstein. Das kann nicht sein.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Unsere Landesregierung orientiert sich seit Jahren an der Zukunftsfähigkeit unseres Landes und unserer Industrie, damit wir auch in Zukunft Steuereinnahmen im Land haben, damit wir auch in Zukunft als Standort Deutschland noch das haben, was uns ausmacht, die Technologieführerschaft, die Innovationsfähigkeit, damit wir weiter exportieren können, womit wir Geld machen und Arbeitsplätze schaffen.

(Volker Schnurrbusch [AfD]: Mit Solar- und Windenergie?)

Das dürfen wir nicht infrage stellen, das muss der Kern unserer wirtschaftspolitischen Arbeit im Land sein.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, FDP und vereinzelt SPD)

Kollege Hölck, am Ende noch eine Anmerkung zu Ihnen, zur Frage der Vergleichbarkeit der Klimafolgenabschätzung mit dem Vergaberecht. Ich finde, das passt nicht zusammen. Sie können gern kritisieren, dass wir das Vergaberecht angepasst haben, dazu haben Sie jedes Recht. Sich deswegen allerdings kritisch über die Klimafolgenabschätzung bei Kabinettsbeschlüssen zu äußern, macht keinen Sinn. Es

(Thomas Hölck)

ist ein richtiger und wichtiger Schritt, dass wir über die Vergabe hinaus bei allem, was wir als Landesregierung in Zukunft machen, eine Klimafolgenabschätzung vornehmen. Das ist ein richtig wichtiger, richtig guter und richtig starker Schritt, über den ich sehr froh bin. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Das Wort zu einem weiteren Kurzbeitrag hat der Abgeordnete Bernd Voß.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vorweg eine kleine Anmerkung zum Geblubber der AfD, was die Frage der Regelungswut bei uns anbelangt. Wir leben zum Glück in einem gut organisierten, demokratischen Staat, aber bei der Düngeverordnung muss ich feststellen: Alle Länder um uns herum - Polen, Dänemark, Frankreich oder Holland - haben das in den letzten 30 Jahren umgesetzt, und bei uns ist das auf der Strecke geblieben. Also verbreiten Sie da bitte nicht immer solch eine Mär!

(Zuruf Volker Schnurrbusch [AfD])

Zur SPD und zu den Fragen rund um das Erdöl aus dem Nationalpark! Wir als Grüne haben uns bereits in der letzten Regierung - um uns noch einmal ganz klar zu positionieren - dafür eingesetzt, dass wir den maximal möglichen Förderzins erheben. Daran muss man erinnern. Wir hatten da einen Wirtschaftsminister, der gut mit dem Fuß auf den Boden stampfen konnte. Minister Habeck hat damals durchgesetzt, dass es nicht zu Explorationsbohrungen für weitere Ölfelder gekommen ist.

(Zurufe SPD)

Sie kennen alle das unsägliche Bergrecht.

(Zurufe SPD)

Wenn ich dann daran denke, dass wir als Grüne auf Bundesebene gegen zwei Große Koalitionen, in denen Sie drin waren, ankämpfen mussten und nicht durchsetzen konnten, dass das Bergrecht endlich reformiert wird, ist klar, wo Sie wirklich nacharbeiten sollten.

Ich komme jetzt noch einmal zu Ihrem Ölheizungsantrag; der wird auch dadurch, wie Sie ihn jetzt neu aufgelegt haben, nicht besser. Klar: Es ist eine riesige Herausforderung, die Ziele zu erreichen und einen Anteil von 22 % bei den Erneuerbaren Energi

en im Jahr 2025 im Bereich der Wärme zu schaffen. Das zeigt, wie lange wir hier im Grunde einen falschen Rahmen hatten. Dänemark - vergleichbar in der Struktur - hat bereits einen Anteil von über 60 % erneuerbaren Energien in dem Bereich. Weitere Förderung von Ölheizungen zu fordern, geht einfach in die falsche Richtung.

Wir müssen umsteuern, was den regulatorischen Rahmen anbelangt: CO2-Steuer, dann wieder Klimageld für die Bürgerinnen und Bürger. Wir brauchen neben KfW-Förderungen steuerliche Entlastung. Wir brauchen - da müssen Ihre Anträge wirklich einmal differenzierter werden; Flemming Meyer hat darauf hingewiesen - gerade durch kommunale Mitwirkung im ländlichen Raum zum Beispiel Hybridlösungen, um nur ein Stichwort zum Umsetzen zu nennen.

Die Herausforderungen sind riesig. Das ist uns bekannt, aber da kann man nicht einfach sagen: Wir fördern wieder Erdöl bei einem Anteil von 18 % Erdölheizungen. Wir haben auch noch fossile Energieträger im Bereich Gas; über 50 % der Wärme hängt davon ab. Von daher brauchen Haushalte und Wirtschaft klare Signale. Das klare Signal heißt: Wir müssen da aussteigen. Wir brauchen Daten, ab wann jenseits von Hybridheizungen und nicht fossilen Power-to-X-Ölen nicht mehr fossil geheizt werden sollte. Dafür muss eine Verlässlichkeit her. Damit sollten Sie sich mit auf den Weg machen. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zu einem Kurzbeitrag hat der Abgeordnete Jörg Nobis das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Knuth, Sie haben eben direkt angesprochen, wir wären gegen Küstenschutzmaßnahmen. Das sind wir natürlich nicht. Ich habe in meiner Rede klargemacht, dass wir nicht bereit sind, in den nächsten 30 Jahren über 1.000 Milliarden € dafür auszugeben, vermeintlich das Klima zu schützen, welches wir hier in Deutschland nicht schützen können.

Wenn Sie unseren Antrag richtig gelesen hätten was Sie nicht haben -, hätten Sie festgestellt, dass darin steht, dass wir bereit sind, 10 % der Summe, die Sie ausgeben wollen, zu nehmen und in einen Anpassungsfonds zu stecken, sodass wir uns auf die Ereignisse, die vielleicht auf uns zukommen, vorbe

(Joschka Knuth)

reiten können. Dazu gehört selbstverständlich auch der Küstenschutz. Dazu gehören selbstverständlich auch die Klimaschutzdeiche, wie Sie sie nennen. Wir müssen Deicherhöhungen machen; wir müssen auf das vorbereiten, was da kommt. Dafür müssen wir Geld in die Hand nehmen, aber wir müssen kein Geld in die Hand nehmen, um den Klimawandel vermeintlich aufzuhalten. Wir machen nicht mit bei diesem ganzen System. Dass alles nur vom CO2 abhängt, glauben wir in der Tat nicht.

Dann gehen wir noch einmal kurz auf Ihren Antrag ein - den wirklichen Antrag -, den Sie als pragmatisch gefeiert haben. Wenn ich mir das so angucke, steht da nur drin: Wir müssen eigentlich alles, und zwar sollen sämtliche „Regelungsentwürfe … wie Gesetze, Verordnungen, Vergabe- und Förderrichtlinien“ einer Folgeabschätzung in Bezug auf CO2Reduktion unterworfen werden. Das heißt nichts anderes, als dass alles, was wir irgendwann zukünftig machen, dem Klimadiktat unterworfen wird. Wir werden zukünftig immer gucken: Ist es CO2neutral? Schadet es, tut es gut, oder wo geht die Reise hin?

Das ist wirklich kein Pragmatismus, das ist der erste Schritt hin zu einer Wirtschaftspolitik, in der alles - jede einzelne Entscheidung - zukünftig von vornherein einem Klimadiktat unterstellt wird.

(Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: So ist es! Genau das planen wir!)

Das hat mit Pragmatismus nichts zu tun.

Zu Ihrem Antrag mit den Ölheizungen gebe ich nur zu bedenken: Ich bin einer derjenigen, die davon noch profitieren würden. Ich habe in meinem Haus eine ganz alte Ölheizung aus den 90er-Jahren. Das heißt: Sie wollen mir doch bestimmt nichts Gutes tun, wenn Sie dem jetzt zustimmen. Ich würde mich freuen, dann kann ich mir eine neue Heizung auf Steuerzahlerkosten kaufen, aber an Ihrer Stelle würde ich mir das noch einmal überlegen.

(Zuruf FDP: Oder das Öl abdrehen! - Weitere Zurufe - Beifall AfD)

Das Wort zu einem weiteren Kurzbeitrag hat der Abgeordnete Volker Schnurrbusch.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist eine schöne Debatte geworden, trotz der wahnsinnig irren Anträge, die teilweise auf dem Tisch liegen.

(Sandra Redmann [SPD]: Genau, ihre Anträ- ge!)

- Teilweise irre Anträge. Die sind schon entsprechend kommentiert worden. Ich muss aber auf den Kollegen Knuth eingehen. Sie werden es mir nachsehen; ich bin auch ein Fan der Wirtschaftspolitik und muss da doch einiges klarstellen.

Sie behaupten, dass die Abkehr von fossilen Brennstoffen der Königsweg ist. Für Ihre Partei ist das ja auch bekannt. Dass grüne Energiepolitik die Wirtschaft bereichert, ist nun einmal nachweislich nicht der Fall.

Ich bin deutlich älter als Sie und habe mitbekommen, wie diese tollen Ideen nacheinander weg alle gescheitert sind. Biogas wurde propagiert, dann hieß es plötzlich: Nein, Biogas ist schlecht, weil durch Mais Monokultur entsteht. - Bioethanol wurde propagiert, dann wurde wieder gesagt: Nein, das ist schlecht, weil dann in Brasilien Monokulturen entstehen, die haben Zuckerrohr angepflanzt statt toller Bäume. - Dann ging es um das Palmöl in Indonesien. - Das sind alles grüne Ideen gewesen, die nicht durchdacht worden sind. Das ist heute wieder genau dasselbe.

Sie haben uns schon vor x Jahren versprochen, dass Deutschland von den regenerativen Energien profitieren würde. Die Solarenergiebranche ist im Eimer, die ist bankrott;

(Zuruf)

die ist nach China gewandert. Frau von Kalben, erzählen Sie doch nicht solche Geschichten! Wir haben hier nichts mehr.

(Sandra Redmann [SPD]: Wir haben hier gar nichts mehr! - Lachen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Windenergie ist doch gestoppt worden. Da ist doch auch nichts mehr; da passiert doch nichts mehr.

Ich bin dem Minister - der ist jetzt leider nicht mehr da - wirklich dankbar, dass er sagt: Wir brauchen eben alles. - Darüber, dass wir in Schleswig-Holstein alle Energieformen brauchen, sollten wir uns hier im Haus - überwiegend unter Fachleuten, sage ich jetzt einmal - einig sein.

(Wortmeldung Joschka Knuth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Bevor ich Ihre Wortmeldung gern zulasse -

(Jörg Nobis)