Protocol of the Session on November 13, 2019

Nationale Schutzgebiete sind, wie aus zahlreichen wissenschaftlichen Studien bekannt, nicht nur gut für die Natur, sondern auch für die Wertschöpfung vor Ort, etwa - Sie haben es gerade angesprochen beim Thema Tourismus. In einer ansonsten eher strukturschwachen Region wie dem Herzogtum Lauenburg ist dieses eine Chance, die endlich ergriffen werden sollte.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Biosphärenreservat auf der östlichen Seite des Schaalsees hat es vorgemacht. Kollege Burkhard Peters, wir erinnern uns noch gut, dass wir in der letzten Legislaturperiode viele Runden im Herzogtum Lauenburg gedreht haben, auch mit Unterstützung von Kolleginnen und Kollegen aus anderen Fraktionen dieses Hauses. Wir waren leider noch nicht nachhaltig erfolgreich, aber so ist es manchmal. Dennoch freue ich mich über diesen Antrag und über den Entschluss, den wir heute fassen wollen, einen weiteren Versuch zu machen.

Nationales Naturmonument, meine Damen und Herren, das klingt bombastisch - man denkt zunächst vielleicht an den Grand Canyon, an Serengeti oder an das Great Barrier Reef, muss aber nicht sein. Es geht auch eine Nummer kleiner. Wir brauchen im Gegensatz zu Nationalparks keine weiträumigen Flächen. Wir brauchen aber eine Verständigung darüber - und da wird es interessant -, dass dieser Raum besonders schützens- und erhaltenswert ist. Das Bundesnaturschutzgesetz sieht dafür ausdrücklich das Benehmen mit anderen Interessen, wie zum Beispiel Verkehr und digitale Infrastruktur, vor.

Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass in Naturschutzgebieten selbstverständlich auch landwirtschaftliche oder forstwirtschaftliche Nutzung gang und gäbe ist. Das ist in allen Naturschutzgebieten, die wir im Land haben, unabhängig davon, wo sie sind, auch der Fall. Das wird auch nicht geändert werden; auch Brücken werden nicht zurückgebaut.

Sollten wir uns gesamtgesellschaftlich nicht dazu entschließen, das Grüne Band dauerhaft zu erhalten und damit die Erinnerung an Kriegsschuld und daran anschließendes unmenschliches Grenzregime mahnend wachzuhalten, werden wir eines Tages auch keine Erinnerung mehr daran haben, wie vielfältig und unterschiedlich weitgehend unberührte Natur in Deutschland sein kann. Um beides wäre es mehr als schade. Beides zu verlieren heißt, ein Stück Identität, einen Teil von uns zu verlieren.

Deshalb bin ich sehr dafür, dass wir den Dialog mit der Region wieder aufnehmen und dass die Landesregierung hier gefordert wird, einen Prozess in Gang zu setzen, sich mit dem Bund ins Benehmen zu setzen, um die Fördermittel, die möglich sind, auch nach Schleswig-Holstein zu holen. Wir wissen, dass dies ein dickes Brett ist. Aber wir sind ja schließlich dazu da, dieses zu bohren. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Für die FDP-Fraktion hat nun der Abgeordnete Dennys Bornhöft das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Grüne Band soll eine Lebenslinie für Flora und Fauna werden. Dieser ehemalige Todesstreifen wird somit zur Lebensader. Aus naturschutzfachlicher Sicht ist dieser zusammenhängende Biotopverbund mit über 1.400 km Länge eine ausgezeichnete Idee.

Flüsse, Seen, Gebirgszüge auf der einen Seite, mehrspurige Autobahnen oder Kanalbauten auf der anderen Seite sind Barrieren für Tierpopulationen. Das Grüne Band kann als große Wildtierbrücke wirken, wird hier doch die Möglichkeit geschaffen, dass sich Tiere und Pflanzen beinahe ungestört ausbreiten können und sich somit auch der Genpool leichter mischen kann. Auch wenn dieser Streifen in der Regel nur zwischen 200 und 500 m breit ist, kann er als geschützter Transitraum für wandernde Arten fungieren und das von der Ostsee bis ins Vogtland.

Bisher gibt es im Verlauf des im Antrag geforderten Grünen Bandes über 160 Naturschutzgebiete. Einige Bundesländer wie Sachsen haben bereits auf ihrem Gebiet die komplette Fläche unter Naturschutz gestellt, sind also schon sehr vorangegangen. Bundesweit haben wir ähnliche Fragestellungen, da in

(Marlies Fritzen)

mehreren Bundesländern verschiedenste Eigentumsverhältnisse auf diesem Streifen vorliegen und die begehrten Grundstücke entsprechend unterschiedliche Eigentümer haben.

Es ist wichtig, dass man besonders kooperativ mit den Betroffenen, zum Beispiel Landwirten und Waldbesitzern, umgeht und diese einbindet. Gerade wenn es Konflikte bei den Grundstücksverhandlungen gibt, sollte man nicht auf die Idee kommen, zum Beispiel mit staatlichen Enteignungen voranzukommen, vor allem bei den Landwirten. Das wird auch vor allem aufgrund des Umgangs der DDR mit ihren Bürgern und dem staatlichen Eigentumsverständnis sicherlich nicht die sachgerechte Option sein, liebe Frau Raudies.

(Beifall FDP - Zuruf Beate Raudies [SPD])

- Wir reden hier ja über eine gesamte Strecke, Frau Raudies, nicht nur über das, was bei uns vor der Haustür passiert.

(Zurufe)

Die DDR zu erwähnen, ist hier passend, da das Grüne Band nicht nur ein Umweltthema ist, sondern auch ein Thema der Erinnerungskultur.

(Beifall FDP)

Dieses geplante Monument ist insbesondere geschichtlich ein wichtiges Denkmal, eher ein Mahnmal, ein Zeichen dafür, dass es sowohl rechte als auch linke Terrorregime mitten in Europa gegeben hat,

(Beifall FDP und Dr. Frank Brodehl [AfD])

Staatsformen, welche andere Völker, aber auch ihr eigenes Volk unterdrückt haben. Deswegen wäre es falsch, diesen Grünstreifen gänzlich sich selbst zu überlassen, bis sprichwörtlich Gras über die Sache wachsen würde.

(Beifall FDP und Dr. Frank Brodehl [AfD])

Dieses Grüne Band wird geschichtlich ewig der Todesstreifen bleiben, der sogenannte antifaschistische Schutzwall, bei dessen Versuch, diesen zu überschreiten, 327 Menschen kaltblütig durch den Terrorstaat DDR um ihr Leben gebracht worden sind, 140 davon allein an der Berliner Mauer. Mittlerweile ist die Berliner Mauer länger Geschichte, als es sie gegeben hat. Das beweist, dass der Freiheitswille eines Volkes sich nicht einkerkern lässt. Der Freiheitswille lässt sich nicht einmauern, der Freiheitswille lässt sich auch nicht erschießen,

(Beifall FDP und Dr. Frank Brodehl [AfD])

seien Mauern aus Stein, Beton oder in Gedanken geformt. Bundespräsident Steinmeier hat recht: Gleich, ob alt oder neu - diese Mauern werden wieder eingerissen, und sie werden einstürzen.

Um dies zu unterstreichen und niemals zu vergessen, dass sich bis 1990 mitten durch Europa großes Unrecht zog, wäre es eine Idee, entlang des Grünen Bandes, und zwar bundesweit und nicht nur in Schleswig-Holstein, 327 Gedenk- und Erinnerungsorte zu schaffen, je einen Gedenkort für jede Frau, je einen für jeden Mann, welchen beim Versuch, der DDR den Rücken zu kehren, feige in den Rücken geschossen wurde.

(Beifall FDP, Dr. Frank Brodehl [AfD] und Volker Schnurrbusch [AfD])

Das wäre zwar eine hohe Anzahl an Gedenkorten. Aber ich meine, aufgrund der einschneidenden Erlebnisse, der Situation und des Leids der Familien östlich und westlich der Grenze ist das sicherlich angemessen.

Voraussichtlich werden sich alle Bundesländer für das Grüne Band als Umwelt- und Erinnerungsmonument aussprechen. Das ist auch gut so. Auch Schleswig-Holstein wird das tun. Wir müssen hierbei aber auch andere öffentliche Belange beachten und berücksichtigen. So sollte im Hinblick auf zum Beispiel länderübergreifende Infrastrukturprojekte, wie Schienenverkehr oder Leitungsbau, darauf geachtet werden, dass hierfür eine Hintertür offengelassen wird. Im Landesnaturschutzgesetz wäre derzeit hierzu kein einschlägiger Passus, sodass gegebenenfalls anderweitig landesrechtliche Anpassungen erforderlich sind, um weiterhin Infrastrukturmaßnahmen in die Tat umsetzen zu können. Unsere Planungsbehörden brauchen hier Sicherheit.

Mit diesen Maßgaben findet dieses Ansinnen die Unterstützung der FDP-Fraktion. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall FDP - Zuruf Beate Raudies [SPD])

Für die AfD-Fraktion hat der Abgeordnete Volker Schnurrbusch das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Gäste! Dort, wo die ehemalige innerdeutsche Grenze verlief, schlängelt sich heute zum Glück ein Grünes Band. Der ehemalige Todesstreifen soll zum Grünstreifen, Biotop

(Dennys Bornhöft)

verbund, Wanderweg und Erinnerungsort erhoben werden. Das ist gut so.

In diesem Streifen hat sich eine große Artenvielfalt entwickelt. Seltene bedrohte Tier- und Pflanzenarten haben sich hier einen Lebensraum erobert. Deswegen sind auch heute schon große Teile dieses Streifens bereits unter Schutz gestellt, auch in Schleswig-Holstein. Der Bereich Schaalsee wurden schon genannt.

Nun soll die gesamte ehemalige Grenze unter Schutz gestellt werden, obwohl es noch Lücken gibt, Lücken, die nicht den strengen Biotopvorgaben entsprechen und somit eigentlich auch nicht die Schutzvoraussetzungen erfüllen, zum Beispiel landwirtschaftlich genutzte Flächen. Diese Flächen würden unseren Landwirten verloren gehen. Aber auch landwirtschaftlich genutzte Flächen bieten einen Lebensraum für Tiere und Pflanzen, zum Beispiel Kulturvölkern, die ohne diese Flächen gar nicht existieren können.

In Thüringen wurde deutlich, wie Landwirte im Namen des Grünen Bandes sehr unsensibel enteignet werden sollten. Hier hat das links regierte Land offenbar nichts aus der Geschichte gelernt und hat angeordnet, dass die Flächen des ehemaligen Kolonnenweges in Gemeindeeigentum zu überführen seien.

Doch das Bundesverwaltungsgericht hat klargestellt, dass die Pläne für das Grüne Band samt Wander- und Radwegen keine Anordnung zur Flurbereinigung rechtfertigen. Diese Interessenlage muss berücksichtigt werden, wenn wir über das Grüne Band sprechen. Eine Unterschutzstellung von Flächen entlang des Grünen Bandes käme einer leisen Enteignung gleich, weil Landwirte dort keine intensive Landwirtschaft mehr betreiben könnten. Was gestern noch eine territoriale Sperrzone war, dürfte dann für viele Landeigentümer und Landwirte zur neuen Sperrzone werden.

Lassen Sie den Nutzungsstreit in Schleswig-Holstein nicht aufkommen. Hiesige Landwirtschaftsflächen sollen auch in Zukunft noch bestellt werden können. Die Umwidmung zum Naturdenkmal würde dieses gefährden. Daher lehnen wir den Antrag der SPD ab. Der Alternativantrag setzt dagegen auf Dialog. Er hat aus der jüngsten Geschichte gelernt; denn in Sachsen-Anhalt war das ein sehr umstrittenes Thema innerhalb der Kenia-Koalition. Daher setzt der neue Antrag, der heute erst eingereicht worden ist - soviel ich weiß - auf Dialog, und dem können wir zustimmen. - Danke.

(Beifall AfD)

Für die Abgeordneten des SSW hat der Abgeordnete Flemming Meyer das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Jahrestage geben immer wieder einen Anlass, um sich bestimmte historische Ereignisse zu vergegenwärtigen und sich der Geschichte zu stellen. So auch jüngst die 30. Jahresfeier des Mauerfalls vom November 1998. Überall in Deutschland wurde dieser Jahrestag begangen, und gerade die Stadt Berlin steht mit der Berliner Mauer im Zentrum dieses Jahrestages. Wie kein anderes Symbol ist die Mauer ein Zeichen der Teilung Berlins, der Teilung Deutschlands und ein Mahnmal des Kalten Krieges. So, wie die Mauer Berlin geteilt hat, zog sich durch ganz Deutschland eine Grenze, die ein Teil des Eisernen Vorhangs war. Von der Ostsee bis nach Hof im Dreiländereck verlief diese innerdeutsche Grenze vier Jahrzehnte lang auf rund 1.400 km. Was einst mit Stacheldraht, hohen Mauern und Wachtürmen strengstens bewacht wurde, ist heute zu dem sogenannten Grünen Band geworden. Das heißt, der innerdeutsche Grenzweg hat aus naturschutzfachlichen Gründen einen ganz eigenen und besonderen Wert erlangt.

Im Laufe der Jahrzehnte der Trennung konnte sich dort entlang der Grenze eine langgestreckte Kette von seltenen Lebensräumen ungestört entwickeln, die es heute durchaus zu schützen gilt. Insgesamt wurden dort mittlerweile 1.200 gefährdete Tier- und Pflanzenarten gezählt. Damit hat sich dieser Grenzweg zu dem wohl größten Biotopverbundsystem in Deutschland entwickelt. Viele der Bereiche sind daher bereits geschützt. Aber das gilt eben nicht für die gesamte Strecke. Daher wird gerade von Naturschutzorganisationen gefordert, diese Lücken endlich zu schließen und dieses Grüne Band einheitlich unter Schutz zu stellen, um das als Rückzugsgebiet und Wanderkorridor für bedrohte Tiere und Pflanzen zu erhalten.

Thüringen hat vor rund einem Jahr seinen Teil dieses Grenzverlaufes unter Schutz gestellt. Eine Strecke von gut 763 km ist in Thüringen seit einem Jahr als nationales Naturmonument ausgewiesen und somit einheitlich geschützt. In diese Richtung geht auch der vorliegende Antrag der SPD, und ich bin der Meinung, diese Forderung ist durchaus berechtigt.

(Beifall SSW und SPD)

(Volker Schnurrbusch)

Das Grüne Band sollte lückenlos durch Ausweisung unter Schutz gestellt werden, um somit das längste Biotopverbundsystem Mitteleuropas zu sichern. Ich sehe aber auch, dass dies nicht allein den Ländern oder der kommunalen Ebene überlassen werden kann, weil es sich nach Auffassung des SSW hierbei insbesondere um eine nationale Aufgabe handelt, bei der die Länder und Kommunen nicht alleingelassen werden dürfen. Es muss auch weitergedacht werden. Daher bedarf es einer Koordination der naturschutzfachlichen, historischen und touristischen Aspekte bei der Gestaltung und Entwicklung des Grünen Bandes.

Aus Sicht des SSW ist gerade der historische Aspekt dieses Grenzweges von großer Bedeutung. Die dort vorhandenen Sehenswürdigkeiten wie Mahnmale und Grenzmuseen sind Zeitzeugen, die nicht dem Verfall preisgegeben werden dürfen.