Protocol of the Session on September 25, 2019

Wir brauchen deshalb nicht nur für den Straßenbau, sondern auch für die Bahnstrecken und die Stromtrassen ein effizienteres Planungsrecht. Ich sage ganz ausdrücklich, dass dies nicht zulasten von Anwohnern oder Umwelt gehen darf und auch nicht gehen sollte.

Das bringt mich zum Windkraftausbau, bei dem wir immer betont haben, dass wir eine tragfähige Planung und mehr Akzeptanz bei den Anwohnern brauchen. Die größeren Abstände zwischen Anlagen und Wohngebieten bei neuen Flächen sind uns sehr wichtig. Ich fand es interessant, Herr Dr. Stegner, dass die SPD Robert Habeck jetzt vorwirft, dass er das hier mitgemacht und auf Bundesebene kritisiert hat. Das kann man ja machen. Ich sage Ihnen nur, Herr Dr. Stegner: Sie haben das hier immer verteufelt und tragen es selbst auf Bundesebene mit, dass es größere Abstände gibt. Das ist schon interessant.

(Vereinzelter Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Einen letzten Satz möchte ich dazu sagen: Es schafft nur diese Bundesregierung, zu sagen, wir erhöhen bundesgesetzlich die Abstände auf 1.000 m und geben denen Geld, die darunter bleiben. Das ist wirklich GroKo-Logik, die man sich erst einmal erschließen muss.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Stegner?

Ich bin sehr dankbar, Herr Kollege Vogt, dass ich noch einmal Gelegenheit habe, das zu erläutern, was Sie nicht verstanden haben. Wir haben hier kritisiert, dass Herr Günther und andere bezüglich der Abstände Versprechungen gemacht hat, die man nicht einhalten kann. Wir haben solche Versprechungen nicht gemacht, weil wir die Energieziele verfolgen und erreichen müssen.

Was den Bund angeht, so haben wir dem in der Koalition nur mit dem Hinweis zugestimmt, dass man davon abweichen darf und Kommunen sogar Geld dafür kriegen, wenn sie das tun, weil wir es für sinnvoll halten, das zu tun. Was ich kritisiert habe, ist, dass Herr Habeck im Bund wahrheitswidrig behauptet hat, dass das, was er kritisiert, in Schleswig-Holstein nicht stattfindet. Er hat aber einen Koalitionsvertrag unterschrieben, in dem das drinsteht, was ja inzwischen herausgekommen ist; denn solche Dinge werden im Internet ja veröffentlicht. Das ist der Punkt, um den es geht. Insofern rede und handele ich an allen Stellen gleichermaßen und sage nicht an der einen Stelle das eine und an der anderen Stelle das andere.

(Beifall SPD)

- Herr Dr. Stegner, vielen Dank für den Beitrag. Sie haben noch einmal unterstrichen, wie widersinnig es ist. Warum erhöhen Sie die Abstände bundesweit denn, wenn Sie den Menschen Geld dafür geben wollen, dass sie drunter bleiben? Das ist schon eine interessante politische Maßnahme.

Ich sage Ihnen noch eines: Wir haben es mit Herrn Habeck gemeinsam hinbekommen, dass bei neuen Flächen - da ist es ja sinnvoll - die Abstände auf

(Christopher Vogt)

1.000 m erhöht werden, und halten trotzdem die Energieziele ein.

(Zurufe SPD)

- Entspannen Sie sich. Das ist der erste Punkt.

Herr Dr. Stegner, Sie haben jetzt 10 H in Bayern akzeptiert, was auch interessant ist. Insofern: Richtig konsistent ist die Haltung der Nord-SPD an der Stelle nicht. Sie haben uns hier dafür verteufelt, Sie haben sogar behauptet, dass die größeren Abstände Ursache dafür sind, dass in der Windkraftbranche Arbeitsplätze abgebaut werden müssen. Sie sehen die Entwicklung des EEG seit 2017 gar nicht. Sie sehen die bundesweite Entwicklung nicht. Sie erzählen an der Stelle schon Märchen. Ehrlich gesagt, ich glaube, Sie sollten sich das noch einmal genauer angucken; denn die SPD-Logik ist an der Stelle wirklich widersinnig.

(Beifall FDP)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Stegner?

Weil es gerade so nett ist.

Ich will gern auf die Frage antworten, die Sie gestellt haben. Sie haben gefragt, warum wir das im Bund mitmachen. Ich will Ihnen sagen, warum wir der Lösung zugestimmt und deswegen gesagt haben, wir müssen eine Öffnungsklausel haben, damit die Kommunen motiviert werden: Das Ziel der Union war etwas ganz anderes. Sie wollte das, was Bayern macht, zum bundesweiten Standard machen. Das wäre der Tod der Windenergie gewesen, kann ich Ihnen nur sagen. Deswegen konnte man sich mit der Union nur verabreden, indem man sagte: Dann schafft wenigstens eine Öffnungsklausel für die Kommunen. Die Bayern denken immer, der Strom komme aus der Steckdose, und man müsse nichts dafür tun. Deshalb kann man die bayerische Lösung, das, was die CSU will, nicht mittragen. Das haben wir verhindert. Schlimm genug, dass es Bayern nicht anders macht.

- Ich kannte es bisher eigentlich so, dass die Leute vom Saalmikrofon aus Fragen stellen, aber vielen Dank für die Antwort. - Daniel Günther sagt, das stimmt nicht. Aber mir ist auch relativ egal, wer das in der GroKo verhandelt hat. Ergebnis ist, Herr Dr.

Stegner, dass es niemanden so richtig voranbringt, erst höhere Standards zu setzen und den Menschen dann Geld dafür zu geben, dass sie darunter bleiben. Das ist schwer zu erklären. Das muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen.

Zur Windenergie kommen wir in diesem Tagungsabschnitt noch einmal. Vielleicht kommen wir ja irgendwann einmal gemeinsam zu der Erkenntnis, dass es Sinn ergibt, auf die berechtigten Interessen der Anwohner mehr Rücksicht zu nehmen. Dabei geht es darum, was lebenswert ist, es geht um das Vermögen, darum, was die Häuser wert sind. Die Menschen vertrauen darauf, dass sie sie im Zweifel weiterverkaufen können.

(Zuruf Marlies Fritzen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Frau Fritzen, das sind berechtigte Interessen, auf die wir Rücksicht nehmen wollen. Darum haben wir in Schleswig-Holstein diesen klugen Kompromiss gefunden und uns entschieden, diesen Weg weiterzugehen. Das war ja unser Jamaika-Kompromiss. Insofern freuen wir uns über die zusätzlichen Mittel, die wir dank der SPD aus Berlin bekommen. Wir werden sie entsprechend nutzen.

Die wirtschaftliche Entwicklung und deren Bedeutung für den Staatshaushalt habe ich bereits kurz angesprochen. Aber in Schleswig-Holstein besteht ein strukturelles Problem, mit dem wir uns beschäftigen müssen. Schleswig-Holstein hat eine sehr stark mittelständisch geprägte Wirtschaftsstruktur. Deshalb ist es für uns von besonderer Bedeutung, eine sehr mittelstandsfreundliche Politik zu machen, also unnötige Bürokratie zu vermeiden, die Ausbildung zu stärken und die Infrastruktur zu verbessern.

Ich bin fest davon überzeugt, dass die Wirtschaftsstruktur in Schleswig-Holstein besonders anpassungsfähig und krisenfest ist. Das haben wir in der letzten Wirtschaftskrise erlebt. Aber es gibt zweifellos zunehmende Herausforderungen für die kleinen Betriebe in Schleswig-Holstein. So ist die Unternehmensnachfolge beziehungsweise -übernahme eine existenzielle Frage für unser Handwerk geworden. Wir sind uns dieser Herausforderung bewusst und möchten Meisterinnen und Meistern, die ein Unternehmen gründen oder übernehmen wollen, unter die Arme greifen. Seit Beginn des Jahres kann die Meistergründungsprämie beantragt werden. Bereits die ersten Monate bestätigen uns in unserem Handeln. Nahezu täglich flattern neue Anträge ins Haus. Daher ist es richtig, dass wir die zur Verfü

(Christopher Vogt)

gung stehenden Mittel für das kommende Jahr mehr als verdoppeln.

(Beifall FDP und vereinzelt CDU)

Das Handwerk weiß uns hierbei an seiner Seite. Das ist aber nur einer der vielen Bausteine, um den Fachkräftemangel zu bekämpfen, der mittlerweile eines der Hauptprobleme bei der wirtschaftlichen Entwicklung geworden ist. Dieses Problem wird in den nächsten Jahren noch deutlich größer werden.

Schleswig-Holsteins Wirtschaft ist zuletzt zum ersten Halbjahr 2019 deutlich stärker gewachsen als der Bundesdurchschnitt. Wir sind jetzt immerhin mit Bayern auf Augenhöhe. Das ist schon eine Nachricht an sich. Herr Stegner, auch das haben Sie wieder relativiert. Ich kann mich noch daran erinnern, wie Sie sich in den letzten Jahren gefeiert haben, wenn Sie beim Wirtschaftswachstum einmal nicht die rote Laterne hatten. Das lag dann meistens daran, dass gegenüber gerade ein U-Boot ausgeliefert wurde.

(Zuruf Beate Raudies [SPD])

- Frau Kollegin, insofern ist es merkwürdig, wenn Sie sagen, dies sei alles zufällig und habe keine Aussagekraft.

(Beifall FDP)

Insbesondere die Cluster im Land strahlen über die Landesgrenzen hinaus. Dennoch wollen wir beim Standortmarketing und beim Tourismusmarketing deutlich mehr tun, damit unsere Attraktivität bundesweit und auch international besser zur Geltung kommt. Wir wollen unseren Wirtschaftsstandort zudem mit einer besseren Ansiedlungsstrategie weiter voranbringen, werden uns bei der Gründungsförderung nicht ausruhen und zeitnah eine neue Industriestrategie vorlegen. Wir müssen auch den Technologie- und Wissenstransfer weiter verbessern, wenn wir dauerhaft zu den erfolgreicheren Regionen aufschließen wollen.

Hier leben ja seit Jahren die glücklichsten Deutschen. Aus meiner Sicht dürfen sie nicht nur glücklich, sondern dabei gern auch ein bisschen wohlhabender sein. In der Tat müssen wir daran arbeiten, den Braindrain zu stoppen, unter dem SchleswigHolstein schon seit Jahrzehnten leidet. Wir müssen es also schaffen, dass nicht mehr so viele Menschen dauerhaft den Norden verlassen, sondern dass mehr Menschen hierherziehen.

Wir wurden von Herrn Dr. Stegner belehrt, dank der Jamaika-Koalition hauten die Leute nach Mecklenburg-Vorpommern und Bremen ab. Herr Dr. Steg

ner, das mag in der SPD-Welt so sein. In der Realität sieht es anders aus. Sie gehen eher in den Süden und Westen der Republik, kommen aber zu selten wieder. Aber ich kenne auch viele Menschen gerade in meiner Altersgruppe, die sagen, jetzt, da sie Familie haben, kommen sie gern nach Schleswig-Holstein, weil es ein lebenswertes und familienfreundliches Land ist. Das sollten wir weiter stärken, damit können wir wuchern.

(Beifall FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Mit der neu gegründeten Autobahn GmbH des Bundes stehen im Straßenverkehr große Veränderungen an. Das haben viele noch gar nicht richtig realisiert. Als Freie Demokraten haben wir uns immer gegen diese neue Infrastrukturgesellschaft ausgesprochen, weil wir sie für schwierig halten. Wir haben immer die Sorge gehabt, dass es der Bund nicht besser hinbekommt als die Länder. Aber jetzt arrangieren wir uns mit der Wirklichkeit und machen eben das Beste daraus.

Einige Autobahnen geben wir schon im nächsten Jahr komplett an den Bund ab. Bei vielen Großprojekten haben wir die Planungsgesellschaft DEGES ins Boot geholt, nicht nur, weil hierdurch Kapazitäten im Landesbetrieb frei werden und weil die DEGES bei Großprojekten sehr kompetent ist, sondern auch, weil die DEGES in die Autobahn GmbH überführt wird. Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Die SPD hat uns vorgeworfen, es sei falsch, dies an die DEGES abzugeben. Damit wäre der Übergang in die Autobahngesellschaft komplizierter. Das ist eben nicht der Fall. Herr Vogel, es wird einen reibungslosen Übergang geben. Insofern ist dies doppelt gut, und ich glaube, wir sollte es auch entsprechend unterstützen.

(Beifall FDP und vereinzelt CDU)

Es ist also wichtig, dass Planung und Bauen durch diese Maßnahme nicht unnötig verzögert werden. Dennoch brauchen wir ein effizienteres Planungsrecht. Dieses ist mittlerweile wirklich so absurd, dass in diesem Land bald gar nichts mehr vorangeht. Das sehen wir in allen Bereichen, auch beim Schienenverkehr und bei den Stromtrassen, die wir dringend brauchen.

(Beifall Stephan Holowaty [FDP])

Meine Damen und Herren, die große Reform der frühkindlichen Bildungslandschaft ist nicht nur ein zentrales Projekt für mehr Chancengerechtigkeit, sondern auch ein finanzpolitisches Schwergewicht. In dieser Wahlperiode wird das Land rund 1 Milli

(Christopher Vogt)

arde € mehr für Kindergärten und Krippen ausgeben, wenn man alles einrechnet. Das ist ein echter Kraftakt für unser Bundesland. Wenn ausgerechnet jene Partei, die uns die bundesweit höchsten Kindergartenbeiträge hinterlassen hat, jetzt die sofortige Beitragsfreiheit fordert, so kommt das den Eltern wohl wie blanker Hohn vor.

Herr Dr. Stegner, es ist natürlich Quatsch, was Sie an der Stelle erzählen. Sie sagen, wir seien in Norddeutschland allein. Ich empfehle Ihnen einmal zu schauen, welche finanziellen Voraussetzungen in anderen Ländern bestehen, woher sie kommen und was sie tatsächlich tun. In Mecklenburg-Vorpommern bestehen, soweit ich weiß, Durchschnittsbeiträge von 60 €. Im Hamburger Umland von 750 € auf null zu kommen, ist vielleicht eine größere Aufgabe, als von 60 € auf null zu kommen. In Hamburg ist der Halbtag beitragsfrei, der Nachmittag kostet richtig Knete. In Niedersachsen ist auch nur ein Teil der frühkindlichen Bildung beitragsfrei. Schauen wir uns in den nächsten Jahren, wenn es ein bisschen enger wird, einmal an, wie seriös das finanziert war. Lassen wir also solche unnützen Vergleiche, bauen wir keine Luftschlösser, sondern stellen wir das intransparente und ineffiziente Kita-System, das Sie uns hinterlassen haben, vom Kopf auf die Füße.

(Beifall FDP und CDU)

Herr Abgeordneter Vogt, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Stegner?