Protocol of the Session on September 25, 2019

(Tobias Koch)

die Arme zu greifen. Wir haben also Haushaltsüberschüsse verwendet, um einmalig Förderprogramme für Schultoiletten, Schulbausanierung, Sportstätten, Kita-Baumaßnahmen und - ganz aktuell - Barrierefreiheit aufzulegen.

Mit der bedarfsgerechten Weiterentwicklung des kommunalen Finanzausgleichs sorgen wir jetzt dafür, dass die Finanzausstattung der Kommunen dauerhaft verbessert wird. Auch wenn im ersten Anlauf noch keine Einigung mit den Kommunen gelungen ist, so ist doch eines bereits jetzt klargeworden: Die Landesregierung ist bereit, den Kommunen im Finanzausgleich mit einem signifikanten Millionenbetrag unter die Arme zu greifen. Das ist die positive Nachricht, und sie ist im Übrigen nicht das Ergebnis der Verfassungsklage der Kommunen, sondern resultiert ausschließlich aus der Klage der Oppositionsfraktionen in der letzten Legislaturperiode.

Die Aufstockung des kommunalen Finanzausgleichs wird den Landeshaushalt genauso strukturell belasten, wie es beim Besoldungspaket, bei A 13 für Grundschullehrer, 2.000 Lehrerstellen über Plan und der Kita-Reform der Fall ist. Den Kommunen 186 Millionen € jährlich zusätzlich zu versprechen, gleichzeitig beitragsfreie Kitas zu fordern und das Weihnachtsgeld wiedereinzuführen, das alles zusammen schafft nur die SPD

(Birte Pauls [SPD]: Ja!)

aber übrigens auch nur dann, wenn sie in der Opposition ist und das nicht umsetzen muss.

(Beifall CDU, FDP und Ines Strehlau [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Dass die Landesregierung weiterhin in guten Gesprächen mit den Kommunen ist, zeigt die jetzt erreichte Einigung zum Digitalpakt. Bei dem Eigenanteil der Schulträger werden finanzstarke Kommunen finanzschwache Kommunen unterstützen. Herzlichen Glückwünsch dafür, dass diese Einigung gelungen ist.

(Beifall CDU und vereinzelt FDP)

Jamaika betreibt eine sehr seriöse Haushaltspolitik. Das unterscheidet uns von der Opposition. Auch wir haben Verständnis für die Wünsche von Kommunen, unseren Beschäftigten, Schülern und KitaEltern. Wir können aber bei strukturellen Belastungen, die sich mit oder ohne Schuldenbremse nicht durch Kredite finanzieren lassen, keineswegs über unsere Verhältnisse leben. Alles andere würde unseren Staat langfristig ruinieren und ist deshalb keine Lösung.

Das gilt umso mehr, als wir neben den beschriebenen Aufgaben noch weitere Herausforderungen zu meistern haben. Selbstverständlich halten wir an dem Ziel fest, zum Ende der Legislaturperiode 500 Polizistinnen und Polizisten zusätzlich auf der Straße zu haben; daran müssen die Gewerkschaften uns nicht erinnern. Wir schaffen mit dem Haushalt 2020 erneut zusätzliche Anwärterstellen, um Jahr für Jahr die maximale Ausbildungskapazität von 400 Plätzen an unserer Polizeischule auszuschöpfen. Für diejenigen Anwärter, die mit ihrer Ausbildung fertig sind, schaffen wir 200 neue, dauerhafte Planstellen bei der Polizei.

Am Ende dieser Entwicklung wird dann auch eine zweite Einsatzhundertschaft stehen, wie wir es im Jamaika-Koalitionsvertrag vereinbart haben. Zunächst einmal aber haben die Präsenz in der Fläche, der Aufbau der Kriminaldauerdienste und die Wiederaufstockung der Wasserschutzpolizei Vorrang.

(Vereinzelter Beifall FDP und Beifall Tim Brockmann [CDU])

Auch hier wird mit dem dritten Jamaika-Haushalt deutlich, dass wir unserer Polizei konsequent den Rücken stärken. Wir setzen das um, was wir uns vorgenommen haben. Das gilt im Übrigen nicht nur für die Polizei, sondern genauso auch für die Justiz. Dazu werden im Rahmen des Pakts für den Rechtsstaat neue Stellen für die Staatsanwaltschaften und ebenso für Richterinnen und Richter geschaffen.

Gerade der Einzelplan des Innenministeriums ist nach wie vor von hohen Ausgaben für Integrationsund Flüchtlingsarbeit gekennzeichnet. Auch wenn die Ansätze im kommenden Jahr aufgrund der reduzierten Bundesmittel leicht sinken, leistet unser Bundesland mit 282 Millionen € über alle Einzelpläne hinweg nach wie vor Gewaltiges, um seiner humanitären Verantwortung gerecht zu werden und für eine gute Integration zu sorgen.

(Vereinzelter Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zusätzlich zu all diesen Vorhaben könnte es uns tatsächlich gelingen, mit der Entlastung bei der Grunderwerbsteuer noch einen weiteren Punkt aus dem Koalitionsvertrag umzusetzen und damit Wohnungsbau in Schleswig-Holstein zu erleichtern.

(Zuruf Jörg Nobis [AfD])

Wenn die Kollegen im Bundestag den vorliegenden Gesetzentwurf beschließen, mit dem das Steuerschlupfloch Share Deals bei der Grunderwerbsteuer geschlossen wird, dann haben wir in Jamaika eine

(Tobias Koch)

zeit- und wirkungsgleiche Entlastung für den Wohnungsbau in Schleswig-Holstein vereinbart.

Bereits zum 1. Januar 2020 könnten so entweder der Grunderwerbsteuersatz sinken oder - noch besser - eine Eigenheimzulage für die selbst genutzte Immobilie eingeführt werden.

(Vereinzelter Beifall CDU, Beifall Kay Ri- chert [FDP] und Lasse Petersdotter [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN])

Unser Vorschlag zur Einführung eines Freibetrages hat im Bundesrat zwar keine Mehrheit gefunden; dennoch gilt auch an dieser Stelle: Wir setzen nachhaltig das um, was wir uns gemeinsam vorgenommen haben.

All das gelingt uns, ohne dass wir dafür Schulden machen müssen, wie es in früheren Jahrzehnten gang und gäbe war. Gleichzeitig sorgen wir mit hohen Beträgen für mehr Investitionen, eine Kita-Reform, bessere Bildung, eine kommunalfreundliche Politik und eine attraktive Besoldung. Wir können stolz darauf sein, dass es uns Jamaikanern gelingt, all diese Ziele gleichzeitig umzusetzen und Schleswig-Holstein damit nachhaltig voranzubringen.

Natürlich gibt es immer noch weitere Ideen und Projekte, für die es wünschenswert wäre, wenn mehr Mittel oder überhaupt ein Ansatz im Landeshaushalt vorhanden wären. Aus Sicht der CDULandtagsfraktion würde ich mir nach dem erfolgreichen Auftakt unseres Waldgipfels wünschen, dass sich eine nennenswerte Summe für Aufforstungsmaßnahmen im Haushalt verankern ließe. Vielleicht gelingt es uns ja, das in den bevorstehenden Haushaltsberatungen noch in den Entwurf hineinzuverhandeln.

(Beifall CDU - Zuruf Marlies Fritzen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

In der Jamaika-Koalition haben wir es jedenfalls bislang immer ausgesprochen gut hinbekommen, klare politische Schwerpunkte zu setzen und gleichzeitig die verschiedenen Anliegen miteinander auszubalancieren. Wenn wir so weitermachen, wie wir es bisher hinbekommen haben, ist mir für die zweite Hälfte der Legislaturperiode nicht bange.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Mein Dank gilt unserer Landesregierung und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die an diesem Haushaltsentwurf mitgewirkt haben. - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Für die SPD-Fraktion hat der Herr Oppositionsführer, der Abgeordnete Dr. Ralf Stegner, das Wort.

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Es gab lange Jahre, in denen Schleswig-Holstein finanziell bedeutend schlechter dastand, als es heute der Fall ist. Daran erinnere ich mich sehr gut. Ich erinnere mich auch an die zahllosen Debatten hier im Hause über Kürzungslisten, Sanierungsbeiträge und bittere Einschnitte. Dieser Blick zurück hilft bei der Einordnung der Haushaltsplanung in diesem Jahr. Keine Frage: Die Einnahmen steigen weniger stark als ursprünglich gehofft - nicht mehr und nicht weniger. Es ist etwas weniger rosig als in den vergangenen zwei Jahren. Dennoch ist die Finanzlage des Landes sehr ordentlich. Das sind ganz unabhängig vom Parteibuch - gute Nachrichten für Schleswig-Holstein,

(Beifall SPD, SSW und Dennys Bornhöft [FDP])

denn es gibt nach wie vor Spielraum für entscheidende politische Weichenstellungen in unserem Land; aber um diesen Spielraum zu nutzen, müsste die Landesregierung wissen, wohin sie will. Daran haben wir auch im dritten Jahr der Koalition Zweifel, und die Zweifel werden nicht kleiner, sondern immer größer.

(Zuruf Christopher Vogt [FDP])

Kein Monat ohne Schlagzeilen über Zoff in Ihrer Koalition: Polizeigesetz, Abschiebehaft, Burkas an der Uni, Flächenverbrauch, der Wolf, Klimaschutz in der Verfassung, paritätisches Wahlrecht, Cannabis-Legalisierung, Fehmarnbelt-Querung, Grundsteuer. Darauf könnte ich noch ein paar Minuten verwenden; das tue ich gar nicht. Das war übrigens allein die Liste aus dem ersten Halbjahr 2019, die ich Ihnen vorgetragen habe - nur das.

(Birte Pauls [SPD]: Ja!)

Das finde ich schon bemerkenswert. Insofern, Herr Kollege Koch: Ich hatte gehofft - weil Sie gesagt haben, man solle nicht über seine Verhältnisse leben -, dass Sie wenigstens über Ihre Verhältnisse reden würden. Aber ich stelle fest, wenn ich mir anhöre, was Sie zu bieten haben, dass da der alte

(Tobias Koch)

Spruch gilt - da Sie über Waldpolitik gesprochen haben -: Der Wald steht schwarz und schweiget.

(Beifall SPD)

Schon diese wenigen Beispiele zeigen: Die Uneinigkeit in dieser Koalition ist weder interessant noch charmant, wie Sie uns das seit 2017 immer wieder verkaufen wollen. Jeder darf, was er will, und am Ende sind alle glücklich? Das klappt noch nicht einmal bei den Themen richtig, die Sie im Koalitionsvertrag festgeschrieben haben.

(Marlies Fritzen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Das ist halt eine offene Beziehung!)

Bei allem anderen scheitern Sie mit der Strategie vollkommen.

(Marlies Fritzen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: Das muss man trennen!)

- Was hatten Sie sich alles an großen Entwürfen vorgenommen, Frau Kollegin Fritzen? Versöhnung von Ökonomie und Ökologie - auch im dritten Haushalt dieser Regierung warten wir auf den großen Wurf. Wo ist das eigentlich geblieben? Wo versöhnen Sie das eigentlich? In der Windenergiebranche verschwinden die Arbeitsplätze; das passiert. Da ist tote Hose - darauf komme ich noch einmal zurück -, aber von Versöhnung von Ökonomie und Ökologie kann überhaupt keine Rede sein.

Mittelstandfreundlichstes Bundesland heißt übrigens in Ihrer Übersetzung: arbeitnehmerfeindlichstes Bundesland. Wir sind im Westen immer noch der Lohnkeller der Republik. Sie tun alles, um das zu verstärken, indem Sie die Tariftreue beseitigen und vieles anderes mehr.

(Beifall SPD)

Die Uneinigkeit bei Ihnen lähmt die Koalition und das Land. Immer dann, wenn Sie Probleme nicht länger unter Geldbergen begraben können, schieben Sie die Lösung in weite Ferne und hoffen, dass es niemand merkt. Das ist der traurige Zwischenstand zur Jamaika-Halbzeit.

Herr Fraktionsvorsitzender, ich hatte gehofft, man könnte wenigstens ein bisschen etwas auf Ihre Rede entgegnen - deswegen habe ich Ihnen auch den Vortritt gelassen -, aber außer ein paar schlappen Bemerkungen über angebliche Uneinigkeit in der Opposition ist Ihnen nichts eingefallen. Das ist schade, weil Sie doch eigentlich mitgestalten wollen und hier einmal ein paar Beiträge bringen könnten, die etwas mit Zukunft zu tun haben. Aber da herrschte bei Ihnen leider ziemliche Flaute.