Freie Theater im Land unterstützen - Förderstrukturen modernisieren Antrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP Drucksache 19/1540
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Gäste! Mit dem Auslaufen der Richtlinie für die institutionelle Landesförderung der privaten und freien Theater in Schleswig-Holstein zum Ende des laufenden Jahres steht nun eine Verlängerung der Richtlinie an, die dann eine Laufzeit von vier Jahren umfasst.
Wir haben in Schleswig-Holstein neben unserem Landestheater und den großen Häusern in Kiel und Lübeck eine bunte und vielfältige Theaterlandschaft. Nicht nur in Lübeck bereichern die kleinen Häuser wie das Theater Combinale, das Figurentheater, das Marionettentheater, die Taschenoper und viele andere mehr das kulturelle Angebot.
Im ganzen Land verteilt finden wir große und kleine Theaterangebote, Niederdeutsche Bühnen, sowie Improvisations- und Amateurtheater, die nicht nur für Unterhaltung sorgen, sondern ganz erheblich zur kreativen und kulturellen Bildung im schulischen und außerschulischen Bereich beitragen. Für viele von ihnen steht in den nächsten Jahren ein Generationenwechsel an, und es ist heute bereits erkennbar, dass es schwer geworden ist, die Nachfolge zu sichern. Bevorzugt zieht es junge Theatermacher nach Berlin oder in andere große Städte. Ein Grund dafür ist die bestehende Förderstruktur in Schleswig-Holstein.
Der Anspruch der CDU ist und bleibt es, das kulturelle Angebot der freien Theater zu erhalten. Es geht uns bei der Verlängerung der Förderrichtlinie also zum einen um die Stärkung der bereits etablierten freien beziehungsweise privaten Theater, zum anderen aber um die Förderung der Kinder- und Jugendkultur im Sinne einer kulturellen Bildung. Und es geht auch um die Möglichkeit der Förderung unkonventioneller Konzepte, Projekte und um alternative Bühnenkunst. Letztere kommen in der derzeit geltenden Förderrichtlinie zu kurz.
Wir wollen die freien Theater im Zuge des Generationswechsels unterstützen und Anreize dafür schaffen, dass sich auch junge und innovative Grup
Ihnen wollen wir eine Aufnahme in die Förderung ermöglichen, damit diese sich zumindest zu Beginn ihrer Arbeit bzw. nach der Neuausrichtung auf eine stabile Grundlage stellen können, ohne dass es zu finanziellen Engpässen kommt.
Dis bisherige Förderlogik setzte zu sehr auf die Förderung von Spielstätten und Infrastruktur. Dies allein wird neuen, jungen und innovativen Bühnen und Gruppen nicht mehr gerecht. Wir bitten mit unserem Antrag die Landesregierung daher, die Förderkriterien um folgende Punkte zu ergänzen:
Erstens. Gefördert werden sollen auch neue und junge Bühnen und Gruppen für einen kurzen Zeitraum, damit sich diese mit ihren neuen Konzepten vorstellen und etablieren können.
Drittens. Es soll eine Aufführungsförderung geben, damit einzelne Aufführungen gezielt gefördert werden können und auch in anderen Teilen des Landes gezeigt werden.
Theater ist und bleibt wesentlicher Bestandteil unseres kulturellen Angebotes und bereichert unser aller Leben. Theater führt zusammen und leistet einen wesentlichen Beitrag für den kulturellen Zusammenhalt. Theater bringt uns zum Lachen oder zum Weinen, macht uns nachdenklich oder stellt uns Fragen. Theater spricht seine ganz eigene Sprache. Wir sind stolz auf dieses Angebot und jedes Mal neugierig, wenn wir ins Theater gehen. Darauf wollen wir auch in Zukunft nicht verzichten. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag.
„In den letzten Jahrzehnten ist das Interesse an Hungerkünstlern sehr zurückgegangen. Während es sich früher gut lohnte, große derartige Vorführungen in eigener Regie zu veranstalten, ist dies heute völlig unmöglich. Es waren andere Zeiten.“
Schauspielerinnen und Schauspieler davon nicht weit entfernt, vor allem, wenn sie nicht auf den großen Bühnen oder in Kino-Blockbustern, sondern an freien Theatern auftreten. Wir haben in den letzten Tagen den Rücktritt des Lübecker Theaterdirektors Christian Schwandt mit großem Bedauern zur Kenntnis nehmen müssen. Wenn aber schon die hoch subventionierten Bühnen auf Landesebene geltend machen, dass das bisherige Finanzierungsmodell über den kommunalen Finanzausgleich und über örtliche Zuschüsse hinten und vorne nicht ausreicht, um den Betrieb zu gewährleisten, kann man sich unschwer vorstellen, wie die Situation der Theater in freier Trägerschaft ist.
Der laufende Haushalt hat für die Förderung der privaten und freien Theater einen Zuwachs von 285.000 € auf 335.000 € gebracht. Davon entfallen 100.000 € auf Projektförderungen und 235.000 € auf nicht weniger als acht kleine Bühnen. Für diesen nicht sonderlich eindrucksvollen Betrag gibt es eine Förderrichtlinie, die die Förderung an jede Menge Voraussetzungen knüpft und sie zugleich unter Haushaltsvorbehalt stellt. Zur Qualitätssicherung wird vom Ministerium eine Jury eingesetzt. Es ist unstrittig, dass ein verantwortungsvoller Umgang mit Haushaltsmitteln nicht ohne Bürokratie auskommt. Aber die aktuelle Förderrichtlinie läuft darauf hinaus, vorhandene Infrastrukturen zum Maß aller Dinge zu machen und künstlerische Innovation zu verhindern.
Im Unterschied zu den etablierten großen Bühnen muss die Förderung freier, also nicht öffentlich getragener, kultureller Initiativen vielfältigen Organisationsformen Rechnung tragen, die keine umfangreiche Finanzbürokratie unterhalten können. Es ist daher richtig, die Richtlinie, die ohnehin mit Ende 2019 auslaufen wird, grundsätzlich zu überarbeiten. Die starren Grenzen zwischen institutioneller und Projektförderung sollten dabei überwunden werden, und ich bin davon überzeugt, dass die Jury aus Theaterfachleuten dabei eine wichtige Rolle spielen kann.
Es geht nicht nur darum, die vielbeschworene vielfältige Kulturlandschaft in Schleswig-Holstein am Leben zu halten, weil das für die kulturelle Grundversorgung der Bevölkerung so wichtig ist und weil es zugleich einen wichtigen Faktor für den Tourismus und damit für die Wirtschaft darstellt, sondern es geht schlicht und einfach auch um das Prinzip der guten Arbeit. Die von mir genannten Haushaltsbeiträge, die für die freien Theater zur Verfügung stehen, tragen dazu bei, dass an den Theatern - an den öffentlichen, aber ganz besonders auch an den
privaten - Arbeitsbedingungen und Einkommensbeträge vorherrschen, die eine gute Voraussetzung für eine Karriere als Hungerkünstler wären.
Herr Präsident! Einer spielt und einer schaut zu das ist Theater. Einer geht und alle sind überrascht das ist das „unerhörte Ereignis“ der Kündigung des Lübecker Theaterdirektors in dieser Woche. Denn einer muss von seiner Kunst leben. und einer muss sie bezahlen.
Der „Seher“ spielt in der antiken Tragödie eine maßgebliche Rolle. Wer die Kulturszene in Schleswig-Holstein beobachtet, hätte diese „dramatische“ Zuspitzung vielleicht erkennen können. Ist also der Rückstritt des Direktors der Höhepunkt des Dramas, und das tragische Ende steht uns noch bevor? Oder ist er die Wendung der Zustände und der Beginn der Lösung der Probleme?
Ich jedenfalls kann die Reaktion von Christian Schwandt gut verstehen. Die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache: sowohl die zunehmenden Besucherinnen- und Besucherzahlen, die den Erfolg des Theaters Lübeck in den letzten Jahren bemessen, als auch die der Statistik der Kulturausgaben der Bundesländer, in der Schleswig-Holstein seit Jahren den vorletzten Platz einnimmt.
Haushaltskonsolidierung und Schuldenbremse sind im Sinne der Generationengerechtigkeit notwendig. Wenn sie aber dazu führen, dass Strukturen kaputtgespart werden, hat weder die jetzige, noch die zukünftige Generation etwas davon. Als grüne Kulturpolitikerin setze ich mich nachdrücklich für eine bessere Kulturförderung in allen Bereichen ein. Das fängt bei der Soziokultur an und hört bei der Theaterförderung nicht auf. Ich wünsche mir, dass der Aufschrei, der durch den Rücktritt von Christian Schwandt ertönte, nicht ungehört verhallt und wir ein glückliches Ende erleben.
Politik ist die Kunst des Möglichen. Politik in einem Konsolidierungsland wie Schleswig-Holstein ist die Kunst, möglichst mehr aus dem Machbaren zu machen - eigentlich eine unmögliche Aufgabe, aber wenn wir die Katastrophe abwenden wollen, müssen wir uns hier anstrengen und kreativ sein. Das gilt übrigens nicht nur für die Landespolitik, sondern in gleichem Maß für die kommunale Ebene. Insbesondere bei der Finanzierung der Stadtund des Landestheaters als jeweils kommunale Häuser sind diese gefragt, denn eine Landesförderung haben wir hier nicht, auch wenn das in Lübeck immer wieder gern suggeriert wird.
Der Paukenschlag aus Lübeck ist aber dennoch eine gute Einführung in unsere heutige Debatte, um eine verbesserte Förderung der freien Theater im Land. Neben den Stadttheatern in Lübeck und Kiel sowie dem Landestheater haben wir eine ganze Reihe freier Theater im Land, die mit rund 1.100 Aufführungen jährlich nahezu 100.000 Zuschauerinnen und Zuschauer erreichen. Zum Vergleich: Das Theater Kiel zählte in der Spielzeit 2016/17 in 907 Aufführungen 240.000 Gäste. Wenn wir schon bei Vergleichen sind: Die freien Theater erhalten mit rund 300.000 € jährlicher Landesförderung gerade mal 1 % der Gelder, die über den Vorwegabzug des kommunalen Finanzausgleichs den öffentlichen Häusern zugewiesen werden. Hinzu kommen die Mittel, die die Kommunen direkt an ihre Theater geben. Mag ja sein, dass Vergleiche hinken. Hier wird aber eine Ungleichbehandlung deutlich, die in dieser Größenordnung schlicht nicht akzeptabel ist.
Aber nicht nur Geld spielt eine Rolle. Auch die Förderstrukturen hinken der Realität hinterher. Die freien Theater stehen vor einem Generationenwechsel. Neue Bühnen haben jedoch kaum Unterstützung, sich hier im Land bekannt zu machen und zu etablieren. Experimente und unkonventionelle neue Formate können kaum probiert und entwickelt werden. Junge Künstlerinnen und Künstler finden bei uns keine Aufführungsmöglichkeiten. Deshalb müssen wir die bisherige Förderlogik, die sehr stark auf Infrastruktur und feste Spielstätten ausgerichtet ist, durch neue, flexiblere Instrumente wie Aufführungshonorare, Projekt- und Produktionsfinanzierung und Unterstützung junger Bühnen ergänzen.
Wir können hier keine vorgezogenen Haushaltsbeschlüsse fassen, das ist klar. Aber wir können uns Gedanken machen, wie wir mehr aus dem Möglichen machen, und damit sollten wir mit diesem Beschluss heute anfangen.
Herr Präsident! Das Thema Theaterförderung hat seit dem Rücktritt von Herrn Schwandt und den damit zusammenhängenden Umständen hohe Wellen geschlagen.
Zunächst möchte ich grundsätzlich etwas über die Theaterszene in Schleswig-Holstein sagen. Ich denke, man kann mit Fug und Recht behaupten, dass wir hier im Norden eine vielfältige und umfassende Theaterszene haben, die sich mit dem ohnehin großen Angebot in Deutschland ohne Frage messen kann. Daher herrscht bei den politisch Verantwortlichen große Einigkeit, dass wir mit dafür verantwortlich sind, dass das auch so bleibt.
Dabei sollte sich aber nicht alles allein um die Frage drehen, wer wie viel Geld zur Förderung erhält. Es muss vielmehr sichergestellt werden, die Förderstrukturen so auszugestalten, dass sie zum einen der modernen Theaterszene Rechnung tragen und zum anderen finanziell abgesichert sind.
Vorweg: Ich weiß um die schwierige finanzielle Situation vor allem der freien Theater, als auch der freien Theaterszene, und ich würde es uneingeschränkt begrüßen, wenn hier mehr getan werden würde. Ich erkenne die Leistung der Theaterleute an, aus geringen Mitteln ein tolles Angebot auf die Beine zu stellen und Saison für Saison für ein kulturelles Angebot zu sorgen.
Unabhängig davon betone ich an dieser Stelle, dass ich ein Freund der Methode bin, sich gemeinsam zusammenzusetzen, auszutauschen und zu einem tragfähigen Konsens zu finden. Beispielhaft dafür ist der von den Verantwortlichen der freien Theaterszene angestoßene offene Dialog.
Die politischen Entscheidungen aus so einem Konsens kann man im Nachgang kritisieren, man kann seinen Unmut äußern und Widerspruch ankündigen. Aber mediale Überbietungswettbewerbe oder öffentlich vorgetragene Hinweise auf etwaige Missstände, können meiner Meinung nach keine Basis einer vertrauensvollen Zusammenarbeit sein.
Kommen wir zurück zu dem Antrag. Ich finde es gut und richtig, sich über die Modernisierung der Theaterförderung Gedanken zu machen. Vorranging sollte darauf geachtet werden, den Zugang zu Fördermitteln so zu gestalten, dass er für jede Form des Theaters zugänglich ist, damit keine der Theaterformen in diesem Land benachteiligt wird.
Das würde man am ehesten über transparente Förderstrukturen mit durchschaubaren und bürokratiearmen Anträgen erreichen, bei denen keine Einschränkungen gemacht werden und somit von vorneherein nicht bestimmte Gruppierungen ausgeschlossen werden.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Gäste! Schleswig-Holstein liegt laut der Erhebung des Statistischen Bundesamtes aus dem Jahr 2015 bei den Kulturausgaben im Vergleich mit den anderen Bundesländern auf dem vorletzten Platz. Oder um es plastisch auszudrücken: Pro Kopf gibt Schleswig-Holstein knapp 69 € aus, während Sachsen 211 € pro Einwohner in Kultur investierte. Tatsächlich, Frau Ministerin Prien, gibt es da nichts zu beschönigen,
Es fehlt nicht an schönen Worten der Politiker, die gern zu Jubiläen erklären, wie sehr sie sich der Bedeutung der kulturellen Bildung bewusst sind. Aber im Haushalt spiegelt sich die verbale Wertschätzung nicht wider. Dabei fordern Sie in Ihrem Koalitionsvertrag 2017 die Stärkung der freien Theater „jenseits der großen Kunst bzw. des Mainstreams“ und versprechen, sich „stärker zu beteiligen“. Allerdings stagnieren im Haushalt die Zuwendungen für die freien Theater. Im Vergleich zum Jahr 2017 sind sie sogar gesunken.
Nun will Jamaika die Förderzusagen auch auf junge Bühnen, neue Gruppen, Projektförderung einzelner Produktionen und eine verbesserte Aufführungsförderung im ländlichen Bereich erweitern und die Förderstruktur überprüfen. Ohne die gleichzeitige Erhöhung der Fördersumme sind diese Forderungen nicht zu stemmen. Mit der Dynamisierung der Mittel für die Theaterförderung werden Sie Ihre im Antrag genannten Ziele nicht realisieren können.
Mit Sorge betrachten wir zudem, dass Sie die „Förderlogik“ durchbrechen wollen, die nach Ihrer Meinung zu sehr auf die etablierten Bühnen setzt. Doch gerade die Figurentheater, die Kinder und Jugendliche an die Kultur heranführen und begeistern, sollten weiterhin im Fokus der Landesregierung bleiben und nicht unter einer neuen Schwerpunktsetzung leiden. Das Gleiche gilt auch für das Polnische Theater in Kiel und Die Komödianten. Sie gehören zu den sogenannten „etablierten“ Spielstätten, weil sie sich durch ihr Theaterspiel einen guten Ruf erworben haben. Dies sollte die Landesregierung nicht bestrafen, sondern honorieren.
Solange bei der kulturellen Förderung künstlerische Qualität, Professionalität im Vordergrund stehen und das Theaterangebot für Kinder- und Jugendliche verbessert wird, werden wir Anträge unterstützen. Den Kommunen kann man nur wünschen, dass das Land sich nicht aus der Verantwortung für reichhaltige Kulturangebote ausklingt und es bei schönen Worten belässt. Land und Kommunen tragen eine gemeinsame Verantwortung, damit das Angebot an Spielstätten und die Qualität gleichbleibt.
Die Diskussion über einen angemessenen Beitrag des Landes zur Kulturförderung, insbesondere der freien Theater, sollten wir im Bildungsausschuss führen. Die AfD beantragt die Überweisung des Antrags in den Bildungsausschuss. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.