Protocol of the Session on June 20, 2019

Dänemark ist für Schleswig-Holstein der wichtigste Partner in Skandinavien und im Ostseeraum. Die Ostseeregion ist eine der am meisten prosperierenden Wirtschaftsregionen, was häufig vergessen wird. Wenn man den Blick auf die Anrainerstaaten legt, ist es die Region mit Potenzial und Perspektive. Sie wird aber immer wieder als solche sträflich unterschätzt. Das ist die Chance für unsere Kinder. Wir müssen ihnen die Möglichkeiten bieten und Grundlagen schaffen, diese Chance in ihrem späteren Leben zu nutzen.

Durch das Erlernen der Nachbarsprache erwecken wir das Kennenlernen der dänischen Kultur und Mentalität. Eine Sprache mehr bildet eine gute Grundlage auch für das Erlernen anderer skandinavischer Sprachen. Daher finden wir es gut, wenn an den Grundschulen in Schleswig-Holstein ein Interessenbekundungsverfahren für das Fach Dänisch erfolgt. Für uns beschränkt sich die Grenzregion nicht auf den Schleswiger Raum. Wir setzen uns dafür ein, dass weitere Stellen an bis zu zehn Projektschulen geschaffen werden.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Sprache ist immer der Schlüssel zum gegenseitigen Verständnis. Kommunikation verhindert nicht nur Konflikte und ist nicht nur für das Miteinander emi

nent wichtig, sondern eröffnet auch Chancen im Arbeitsleben. Damit muss sie auch Inhalt von Bildung und Ausbildung sein. Kinder lernen Sprache zunächst spielerisch, später durch Pauken. In Grenzregionen die Nachbarsprache frühzeitig zu lernen, bietet die größte Möglichkeit für persönliche Kontakte sowie für Begegnungen von Schulklassen und Sportvereinen. Später eröffnet sie Beschäftigungsmöglichkeiten auf dem dänischen Arbeitsmarkt.

In unserem Antrag begrüßen wir die bereits getroffenen Maßnahmen der Landesregierung, die dänische Sprache in Schleswig-Holstein zu fördern. Auch die Möglichkeit, das Fach Dänisch im Studium des Grundschullehramts zu wählen, ist in Schleswig-Holstein mehr als nur eine Option. Neben der dänischen Sprache sind aber auch Friesisch und Niederdeutsch bedeutsam für die Sprachenvielfalt in Schleswig-Holstein.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Niederdeutsch - oder Plattdeutsch - ist bei uns eine stark ausgeprägte Sprache, oftmals gelebt in den vielen Gilden oder plattdeutschen Theatern, aber auch an Schulen, zum Beispiel in Vorlesewettbewerben. Sogar die Lehrpläne schaffen die Möglichkeit, „op Platt to verklausuleren“, zu unterrichten.

(Beifall CDU und SSW)

Im Koalitionsvertrag haben wir vereinbart, allen Menschen in Schleswig-Holstein durch beste Bildung und individuelle Förderung größtmögliche Chancen und beste Entwicklungsperspektiven zu eröffnen. Die in unserem Land vorhandenen Minderheiten- und Regionalsprachen bereichern unsere Kultur. Wir wollen sie schützen und fördern. Insbesondere wollen wir die erfolgreiche gemeinsame Kulturarbeit mit der friesischen Volksgruppe sowie der friesischen und der dänischen Minderheit fortsetzen. Wir wollen uns für den Erhalt und die Pflege der niederdeutschen Sprache und des Kulturgutes als Teil unserer schleswig-holsteinischen Identität einsetzen.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Alle Minderheiten und Volksgruppen in SchleswigHolstein verdienen unsere Unterstützung in ihrem Bemühen, ihre Identität zu wahren und zu leben. Ich denke, mit dem Alternativantrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP begeben wir uns auf den richtigen Weg. - Vielen Dank.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Bevor wir mit der Rednerliste fortfahren, möchte ich aus gegebenem Anlass noch einmal darauf hinweisen, dass die Nachmittagssitzung um 15 Uhr fortgesetzt wird. Mittlerweile scheint ja mehr als die Hälfte der Abgeordneten ihre Plätze tatsächlich gefunden zu haben. Bitte richten Sie das gern noch einmal aus.

(Zuruf Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Liebe Kollegin von Kalben, aus diesem Grund habe ich extra zwei Redner abgewartet. Davor hätte es noch keinen Sinn gehabt; die Multiplikation hätte wahrscheinlich noch nicht so stattgefunden. Jetzt habe ich volles Vertrauen, dass es multipliziert wird.

(Christopher Vogt [FDP]: Keine Kritik an der Präsidentin, Frau von Kalben!)

Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Martin Habersaat das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! - Meine Damen und Herren!

(Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] unterhält sich auf der Regie- rungsbank mit Minister Jan Philipp Albrecht)

- Die Lage ist so ernst, dass Kollege Tietze sogar schon alles tut, um die Regierungsbank aufzufüllen.

(Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So bin ich! - Christopher Vogt [FDP]: Nur kein Neid, Herr Kollege!)

Kære Jette, hvad skal du have? - Bevor wir zustimmen, noch ein paar Überlegungen zu dem Thema: Eine der schönsten Schriften von Mark Twain ist sein Essay „The Awful German Language“, in dem er empfiehlt, das Deutsche wegen seiner schrecklichen Kompliziertheit zu den toten Sprachen zu legen, da nur die Toten Zeit genug hätten, sich mit den Feinheiten zu befassen. Was ich nicht weiß, ist, ob Mark Twain je nach Dänemark gekommen ist. Ich glaube nicht; sonst gäbe es wahrscheinlich einen zweiten Essay - über die Hürden der Aussprache im Dänischen.

Eigentlich sollte es etwas völlig Normales sein, dass man in der Schule die Sprache des unmittelba

ren Nachbarlandes lernt. Ist es aber nicht! In Nordrhein-Westfalen liegt die Zahl der Schülerinnen und Schüler, die Niederländisch lernen, bei ungefähr 20.000; Nordrhein-Westfalen hat insgesamt über 2,5 Millionen Schüler. Niedersachsen hat ungefähr 1,1 Millionen Schüler; aber Niederländisch lernen nur 5.000. Es ist umgekehrt übrigens genauso: Die Zahl der niederländischen Schüler, die Deutsch wählen, ist rückläufig. Etwas besser sieht es im Osten der Republik aus: In Brandenburg lernen rund 2.700 Schülerinnen und Schüler Polnisch; das sind immerhin 1 % aller Schülerinnen und Schüler, und die Tendenz dort ist steigend. Die Polen sind hier viel eifriger, vermutlich in erster Linie wegen des Arbeitsmarktes in Deutschland. Allein in Westpommern lernen 80.000 Schülerinnen und Schüler Deutsch.

Daran gemessen sind wir in Schleswig-Holstein schon heute gar nicht so schlecht davor. Über 10.000 Schülerinnen und Schüler von insgesamt knapp 400.000 lernen Dänisch. Die ganz genauen Daten erhalten wir Jahr für Jahr durch die Anfragen der Kollegin Waldinger-Thiering. Das erleichtert eine aktuelle Zahlenrecherche, was in den anderen Bundesländern nicht ganz so einfach ist.

Dänisch ist aber nicht nur in der Grenzregion Schleswig von Interesse, in der die wechselseitigen Minderheiten leben. Die Entscheidung, die Verkehrsanbindung zwischen den Ländern über Fehmarn neu und schneller zu gestalten, soll einen wirtschaftlichen Impuls geben. Es muss ja nicht zwingend so sein, dass man sich dann nur auf Englisch miteinander unterhält, gegenseitige Sprachkenntnisse sollen ja viele Dinge erleichtern.

Frau Kollegin Redmann, nur Dänisch lernen schadet ja auch nicht.

(Lars Harms [SSW]: Genau!)

Man braucht sich dazu nur die Erfahrungen aus Nord- und aus Südschleswig anzusehen. Die IHK Flensburg hat kürzlich einen Bericht über junge Verkäuferinnen und Verkäufer vorgelegt, die zweisprachig auftreten können.

Der Antrag des SSW geht deshalb in die richtige Richtung, weil er hervorhebt, dass das Dänische anders als das Polnische und das Niederländische für uns zweierlei Bedeutung hat: als Sprache der größten Minderheit in unserem Lande und als Sprache unseres Nachbarlandes.

Ich meine allerdings, dass der Antrag an einer Stelle einen Tick zu kurz greift, dann nämlich, wenn es nur um die Weiterbildung der Dänischlehrkräfte

(Peer Knöfler)

durch das IQSH geht. Das Problem liegt aus unserer Sicht, wenn man Dänischunterricht ausweiten will, nicht nur in der Weiterbildung, sondern vor allem auch in der Ausbildung. Wenn wir kurzfristig flächendeckend Dänischunterricht an unseren Schulen anbieten wollten, würden wir daran scheitern, dass uns viel zu wenige Lehrkräfte zur Verfügung stehen. Wir könnten sie auch nicht alle aus Dänemark importieren, zumal die Dänen inzwischen auch als Bürgermeister in Deutschland arbeiten wollen, nicht nur als Sprachlehrer.

Das wird die Landesregierung bei der Erarbeitung ihres Konzepts natürlich alles berücksichtigen. Dadurch wird jedoch der SSW-Antrag nicht falsch; diesen unterstützen wir gern. Mit der Bitte um Zustimmung schließe ich meine Rede mit den Worten eines berühmten Dänen: „The Rest is Silence!“

(Zuruf SPD: Wer war das denn?)

Oder: „Jo tak“. Dann haben wir zwei berühmte Dänen.

(Heiterkeit, Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich Herrn Abgeordneten Rasmus Andresen das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Kære SSV, kære Jette, tak for jeres gode initiativ. Vi grønne er meget enige med jer. Vi kann og skal gøre mere for at få flere skoler til at tilbyde dansk som skolefag.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Denn sprachliche Vielfalt ist ein kultureller Mehrwert. Während Heiner Dunckel noch das Zitat googelt und mir gleich das Ergebnis liefert,

(Dr. Heiner Dunckel [SPD]: Hamlet! - Hei- terkeit)

- Hamlet? Okay -, glauben auch wir Grüne, dass wir neben der Förderung von Regional- und Minderheitensprachen innerhalb und für die Minderheiten auch mehr dafür tun müssen, dass sich alle Menschen bei uns mit der Nachbarsprache nicht nur auseinandersetzen, sondern auch die Möglichkeit

bekommen, sie zu erlernen. Dazu sind die allgemeinbildenden Schulen unerlässlich.

Wer die Sprache der Nachbarn spricht, wird sie besser verstehen, nicht nur sprachlich, sondern auch kulturell. Dänemark ist unsere engste und beste Nachbarin, wir haben viele gemeinsame Projekte, und über 13.000 Menschen pendeln beruflich täglich über die Grenze. Wir haben darüber anhand unterschiedlicher Baustellen schon oft gesprochen.

Die Sprache unserer Nachbarn und vieler Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner zu können, ist nicht nur kulturell wertvoll, sondern bietet einem auch persönlich viele Möglichkeiten, beispielsweise beruflich.

Immerhin - vielen Dank für die regelmäßigen Anfragen, Frau Kollegin - wird Dänisch an 53 öffentlichen und 7 beruflichen Schulen unterrichtet. Viele dieser Schulen liegen bei uns, im deutsch-dänischen Grenzland, aber es gibt auch Schulen in anderen Teilen des Landes. Zum Beispiel bieten die Grundund Gemeinschaftsschule in Barmstedt und das Gymnasium Brunsbüttel Dänischunterricht an. Auch - das ist bereits erwähnt worden - an unseren Lehramtsuniversitäten kann man Dänisch auf Lehramt studieren. Wir sollten gemeinsam überlegen, wie wir es noch attraktiver machen, Dänisch auf Lehramt zu studieren, sodass sich viele junge Menschen dafür entscheiden, als ein Fach Dänisch zu studieren.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Es geht aber nicht nur um Sprache, sondern auch um unsere gemeinsame Geschichte. Ich freue mich, dass dieser Aspekt im SSW-Antrag eine Rolle spielt. Wir unterstützen, dass wir ein Jahr vor dem Jubiläumsjahr 2020 dieses zum Anlass nehmen, darüber zu sprechen, wie die für unser ganzes Land prägende und existenzielle Bedeutung unserer gemeinsamen Geschichte im Unterricht stärker vermittelt werden kann. Das ist unerlässlich, und wir sollten in dem Bereich mehr tun.

Die Zusammenarbeit zwischen den Hochschulen und Schüleraustausche tragen nicht nur zur Verbesserung der Sprachkompetenz, sondern auch zu einem besseren Verständnis bei. Auch darüber sollten wir im Ausschuss beraten und überlegen, wo man noch besser ansetzen kann.