Protocol of the Session on June 19, 2019

Die werden über alle Ebenen im öffentlichen Bereich ausgeschrieben. Das Vergabegesetz galt für alle Ebenen verpflichtend. Das haben Sie abgeändert. Sie hatten die Chance gehabt, mit einem Zusatz in diesem Gesetz den Klimaschutz bei der Vergabe zu berücksichtigen. Das haben Sie nicht getan.

Insofern muss man feststellen: Klimaschutzpolitik bei Jamaika ist wie ein Soufflé.

(Zuruf Christopher Vogt [FDP])

Herr Abgeordneter, kommen Sie bitte zum Schluss.

Wenn man die Ofentür aufmacht und da reinpiekt, ist es eine wabbelige Masse ohne Konsistenz und ohne Inhalt. - Danke schön.

(Beifall SPD und SSW - Unruhe)

Nach dem eingangs beschriebenen Verfahren bitte ich a) um Ruhe und erteile b) für die Landesregierung dem Minister für Inneres, ländliche Räume und Integration, Hans-Joachim Grote, das Wort.

(Unruhe)

Diesen Verfahrenshinweis hat mir der Landtagspräsident mitgegeben, es sei eine Teilung vereinbart worden. - Ich erteile Ihnen jetzt das Wort.

(Flemming Meyer)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wer auf kommunaler Ebene Veränderungen will, muss insbesondere an die Möglichkeiten der Städtebauförderung denken und diese weiterentwickeln. Das ist ein sehr positives Instrument, denn es ist nicht nur Sache des Bundes, sondern die Ausgestaltung liegt an uns. Quartiersentwicklung, sozialräumliche Strukturen, Nachbarschaft, Zusammenleben, Arbeiten, Wohnen, Mobilität, Freiräume, Plätze, Lebensqualität, Entwicklungspotenziale - all das sind zentrale Elemente und zentrale Räume einer Stadt, einer Gemeinde, die über Förder- und Entwicklungsbausteine gerade auch der Städtebauförderung nachhaltig beeinflusst werden.

Für die Kommunen, für potenzielle Investorinnen und Investoren, für Eigentümerinnen und Eigentümer und insbesondere auch für die in einer Stadt lebenden Menschen sind die klassische Städtebauförderung und ihre Instrumente zentrale Gestaltungs- und Veränderungsbausteine. Klimacity, Klimaquartiere, soziale Stadt, nachhaltige Stadt - wer das Thema Klimaschutz noch stärker herausstellen will, handelt zukunftsgerichtet und spricht sich für eine Fortentwicklung der Städtebauförderung und unserer eigenen KfW-Förderung aus.

(Vereinzelter Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gerade die Städte und Gemeinden in SchleswigHolstein stehen vor großen Herausforderungen, heute mehr denn je - wir haben es diskutiert -: Klima- und Umweltschutz, demografischer Wandel, soziale und ökonomische Anpassungsprozesse, digitaler Wandel, aber auch die Frage des weiteren Wachstums der Neuerschließung von Gemeindeflächen und insbesondere das Thema Nachverdichtung in den Wohn- und Gewerbequartieren oder die Sicherung und Erweiterung vorhandener Infrastruktur und die Schaffung neuer, zukunftsgerichteter Infrastruktur. All das prägt den Aufgabenumfang unserer 1.106 Städte und Gemeinden in Schleswig-Holstein.

Das können die 1.106 Städte und Gemeinden nicht allein schaffen. Deshalb unterstützen auf der einen Seite der Bund und auf der anderen Seite insbesondere wir sie dabei, nachhaltige, zukunftsfähige städtebauliche Strukturen zu schaffen, und zwar mit den Programmen der Städtebauförderung.

Das sind allein in Schleswig-Holstein momentan 110 Förderprogramme. In 110 Städten Schleswig

Holsteins gestalten wir maßgeblich deren Zukunft mit. Derzeit sind 13 Maßnahmen in der Pipeline, die in Kürze bewilligt werden. Das zeigt das Volumen und die Hebelwirkung, die wir mit dem Thema Klima und Klimaschutz im Rahmen der Städtebauförderung und der KfW-Förderung in Händen haben. Das sind nicht allgemeine, in die Zukunft gerichtete Aussagen, sondern konkrete Maßnahmen, die wir vor Ort gestalten können.

Für mich als Kommunalminister, aber auch als Bauminister hat die kommunale Planungshoheit, die dabei berührt ist, eine sehr hohe Bedeutung. Ich kann und will unseren Städten und Gemeinden nicht vorschreiben, was sie im Einzelnen zu tun haben. Wichtig ist, Möglichkeiten aufzuzeigen, neue Denkanstöße zu geben und Denkstrukturen zu unterstützen, zu motivieren, neu zu denken, neue Anreize zu setzen.

(Beifall CDU, FDP und vereinzelt BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb ist der Ansatz im vorliegenden Antrag genau richtig. Es geht darum, die Anreize für noch mehr Klima- und Umweltschutz in den Quartieren unserer Städte und Gemeinden zu erhöhen und diese Ziele in kleinen Schritten anzugehen. Deshalb ist es so wichtig, jetzt Impulse zu setzen. Gerade arbeiten Bund und Länder intensiv an der Weiterentwicklung und Neustrukturierung der Städtebauförderung ab 2020. Da müssen wir mit am Tisch sitzen und unsere Wünsche einbringen. Es geht um die Frage einer flexibleren Verwendung von Fördergeldern - und nicht auf der Grundlage klarer, fest vorgeschriebener Strukturen -, um sich dem gesellschaftlichen Wandel und dem Wandel im Miteinander zu öffnen und vor Ort Fördermöglichkeiten zu ermöglichen, die es bislang nicht gab. Es geht um neue Planungsansätze, es geht um veränderte Denk-, Bau- und Planungsstrukturen. Sowohl die Kommunen als auch die Investoren sollen motiviert werden, neue Wege zu gehen.

Mit dem bestehenden KfW-Programm „Energetische Stadtsanierung“ arbeiten wir schon in quartiersbezogenen Projekten. Wenn wir hier künftig einen anderen, verbesserten Schwerpunkt setzen, helfen wir unseren Kommunen, die vor uns liegende Gesamtaufgabe in kleine Teile aufzuteilen. Wir alle werden Nutznießer sein.

Meine Damen und Herren, ich wünsche mir, dass wir die Themen energetische Stadtsanierung, Umweltstadt, Umweltcity, soziale Stadt, Klimacity nicht als Worthülsen betrachten, sondern sie wirklich mit Leben füllen.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Daher werbe ich: Helfen wir unseren Kommunen, auch der kleinsten Gemeinde des Landes, sich diesen Herausforderungen zu öffnen, mitzuwirken und nicht nur auf große Globallösungen zu setzen, sondern vor Ort zu handeln. - Ich danke Ihnen.

(Beifall CDU und FDP)

Die Redezeit des Ministers betrug 6 Minuten. Diese Zeit steht jetzt allen Fraktionen zur Verfügung. Ich habe gesehen, dass sowohl die SPD-Fraktion als auch die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN als auch die AfD-Fraktion davon Gebrauch machen wollen. Ich beginne für die SPD-Fraktion mit der Abgeordneten Özlem Ünsal.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Gäste! Sie werden sich nicht wundern, wenn ich sage: erfreulich, dass sich Jamaika neuerdings auch um dieses Thema kümmern will, nämlich Umweltschutz im Städtebau, und sich das groß auf die Fahnen schreibt.

(Widerspruch BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich muss aber auch dazu sagen: Das ist keine große Neuerfindung, denn auch hier haben wir vorhin schon hören können, dass wir in Schleswig-Holstein die energetische Stadtsanierung schon seit 2012 fördern. Damit ist das für uns sicherlich kein neuer und kein großer Wurf.

Aber unabhängig davon lautet unsere Devise im Städtebau schon länger: sozialverträglich, bezahlbar und selbstverständlich auch gerne ökologischer Zugang zu Wohnraum, Wärme, Strom und Mobilität im Quartier.

Wenn ich noch einmal zum Abwägen von Ökonomie und Ökologie zurückkommen darf: Das ist ja alles schön und gut, aber wenn Sie die Bezahlbarkeit und die Sozialverträglichkeit außen vor lassen, funktioniert es dort auch nicht.

Deshalb diskutieren wir das gerne mit Ihnen aus. Sie müssen sich dazu auch noch einige Fragen von mir anhören, nämlich zum Beispiel, wie es dazu passt, dass Sie gebetsmühlenartig immer wieder die Floskel verwenden, dass es Bürokratieabbau, die Absenkung von Standards und ein investitionsfreundliches Klima braucht, um den Wohnungsbau zu fördern. Wie verträgt sich das? Wie passt dies al

les zu einer immer noch nicht erkennbaren Gesamtkonzeption für bezahlbaren Wohnungsbau und Städtebau, der insbesondere die vier genannten Kriterien aufgreift?

Wie bringt die Koalition dies mit der Landesentwicklungsplanung, vorrangig mit dem Ziel der Nachverdichtung bei gleichzeitiger Erhöhung des wohnbaulichen Entwicklungsraums auf der einen Seite und dem Flächensparziel auf der anderen Seite, zusammen - gerade und vor allen Dingen in Ballungszentren? Das müssen Sie uns bitte auch noch einmal erklären.

Bei aller Sympathie für das Ziel steht nun im Raum, wie sich die Koalition hier positioniert und das Ganze vor allen Dingen auch erfolgreich umsetzen will. Hier muss, finde ich, auch die Landesregierung eigene Konzepte, eigene Ideen vorlegen, anstatt ständig auf den Bund zu zeigen.

Apropos Bund: Von Bundesumweltministerin Schulze liegt längst ein Masterplan zur Stadtnatur vor. Umso bemerkenswerter finde ich, dass er hier noch gar keine Erwähnung gefunden hat, obwohl er zu großen Teilen weit über den Antrag hinausgeht. Hier darf man vor allen Dingen vom Koalitionspartner im Bund, also der CDU, erwarten zu erklären, warum das hier nicht passiert, und von Jamaika insgesamt viel mehr Weitsicht fordern.

Wir brauchen einen ganzheitlichen Ansatz, der Klimaschutzziele integrativ mit den wohnungswirtschaftlichen, demografischen und städtebaulichen Notwendigkeiten in Einklang bringt. Wir brauchen Lösungsansätze für Fragen der allgemeinen Mobilität, der intelligenten Energieversorgung sowie der Wohnraumentwicklung und keine Schnellschüsse, die den Klimaschutz als inflationäre Überschrift verwenden.

Daher bietet der Antrag Potenzial für weitere Beratungen, weshalb wir auch die intensive Debatte in den zuständigen Ausschüssen, also Innenausschuss und Umweltausschuss, fortführen wollen. - Vielen Dank.

(Beifall SPD)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat die Fraktionsvorsitzende und Abgeordnete Eka von Kalben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte noch etwas zu unserem Abstimmungsver

(Minister Hans-Joachim Grote)

halten sagen, weil die Ausschussüberweisung beantragt worden ist. Ich stelle überhaupt nicht infrage, dass es auch schon auf Bundesebene ganz tolle Pläne einzelner Ministerien gibt, etwas für ökologischen Städtebau zu tun. Das ist super, und ich hoffe, dass sie eine Mehrheit in der GroKo bekommen.

Fakt ist für uns im Moment allerdings, dass wir Mittel haben, die wir für Städtebauförderung ausgeben können, die aber nicht den Zweck erfüllen, den wir wie auch viele Kommunen wie Kiel, Lübeck und andere wollen, nämlich vor Ort Konzepte zu entwickeln, wie der Klimaschutz in der Städtebauförderung umgesetzt werden kann.

Das ist ein anderes Thema als Vorschläge, die jetzt gerade im Bund entwickelt werden. Deshalb steht sich beides aus meiner Sicht überhaupt nicht entgegen, sodass man dem nicht zustimmen könnte.

Wir wollen jetzt gerne abstimmen, weil ich den Eindruck habe, dass unser Innenminister in den Startlöchern steht, dazu eine entsprechende Bundesratsinitiative auf den Weg zu bringen und um Mehrheiten zu werben.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Dafür brauchen wir übrigens auch die Unterstützung SPD-regierter Länder, um eine Mehrheit zu bekommen, wie auch von CDU-regierten Ländern, weil es dringlich ist, denn jetzt wollen sich doch die Städte auf den Weg machen. Jetzt gibt es doch gewissermaßen einen Drive, Klimaschutzkonzepte zu machen und zu überlegen, wie man sich für die Zukunft aufstellt.

Deshalb sollten wir nicht darauf warten, bis wir noch irgendetwas gemacht haben. Wir können zusätzlich Anträge stellen und im Ausschuss beraten, was in dem Bereich sonst noch möglich ist. Über diese Bundesratsinitiative aber - das ist meine Bitte - möchte ich gerne heute abstimmen. Ich werbe um Ihre Zustimmung. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Das Wort für die AfD-Fraktion hat der Abgeordnete Jörg Nobis.