Protocol of the Session on July 21, 2017

- Darf ich meine Antwort geben? - Dieses Problem -

Lassen wir bitte jetzt den Abgeordneten Dr. Stegner antworten!

Dieses Problem haben Sie als Privatversicherter nicht, weil es völlig schnurz ist, zu welchem Datum Sie zum Arzt oder zur Ärztin gehen. Sie bekommen jederzeit das, was erforderlich ist. Das ist in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht an jeder Stelle so. Sie wissen es selbst. Es kommen auch noch andere Faktoren hinzu. Ich war beim Thema Markt; damit habe ich mich auseinandergesetzt.

(Dr. Marret Bohn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN] begibt sich zu ihrem Platz)

- Das ist immer noch die Antwort auf Ihre Frage, Frau Kollegin.

Es hat mit dem Thema Markt etwas zu tun, dass wir zum Beispiel bei neuen, besonders wirksamen Krebsmedikamenten Phantompreise haben, dass wir Schwierigkeiten haben, vor allem mit der Pharmaindustrie - auch das ist Teil des Problems. Ich habe mich nur mit dem Marktargument auseinandergesetzt. Dieses Marktargument ist für Privatversicherte kein Problem. Das ist der Punkt, auf den ich hinauswollte. Das habe ich gesagt, nicht mehr und nicht weniger.

(Beifall SPD)

Deshalb wollen wir die Bürgerversicherung.

(Beifall SPD)

Ich bitte darum, mich nicht für falsche Dinge in Anspruch zu nehmen.

Herr Abgeordneter Dr. Stegner, gestatten Sie noch eine Zwischenbemerkung der Abgeordneten Klahn?

Das will ich gern tun.

Sehr geehrter Herr Dr. Stegner, würden Sie bitte zur Kenntnis nehmen, dass ich mich dagegen verwahre, dass Sie hier mit den Ängsten der Menschen spielen zur Unterstützung der Argumentation für Ihre eigene politische Ideologie? Niemand, wirklich niemand in Schleswig-Holstein bekommt nicht die medizinische Versorgung, die er braucht. Ich kenne keinen Fall. Wenn Sie mir Fälle vorlegen und nachweisen können, in denen ein Mensch nicht das erhalten hat, was ihm zusteht, dann tun Sie das bitte jetzt und hier.

(Beifall FDP und CDU)

- Wenn Sie erlauben, beantworte ich auch gern Ihre Frage; die Höflichkeit gebietet das irgendwie.

(Zurufe CDU und FDP)

- Wenn ich eine Frage gestellt bekomme, beantworte ich sie.

Jetzt lassen wir bitte den Abgeordneten Dr. Stegner antworten, und die Abgeordnete Frau Klahn steht am Mikrofon und hört zu. Das ist alles geregelt.

Ich glaube sehr wohl, dass man empirisch belegen kann - im Übrigen kommen auch Menschen in die eigene Bürgersprechstunde, die einem das ja sagen -, dass Menschen, die privat versichert sind, bessere Möglichkeiten haben als solche, die in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind. Das steht ja ohne Zweifel fest.

Ich will auch für mein erstes Beispiel noch einmal werben, weil es die Frau Kollegin Dr. Bohn kritisiert hat. Der Gesundheitsbereich ist der einzige Bereich, den ich kenne, in dem das, was man dem, der eine Leistung erbringt, bezahlen muss, abhängig ist von demjenigen, der die Leistung bestellt, nicht aber davon, was repariert wird. Es ist so: Für einen Privatpatienten kann der Arzt mehr abrechnen als für einen gesetzlich Versicherten.

Dann frage ich Sie: Woher kommt eigentlich die Motivation? - Die Motivation kommt doch sicherlich daher, dass der Arzt Interesse daran hat, mehr Privatpatienten als gesetzlich versicherte Patienten zu haben.

Es gibt inzwischen Ärzte - ich sage es noch einmal -, die ihre Kassenzulassung zurückgeben und nur noch Privatversicherte behandeln. Warum tun sie das wohl?

(Beifall SPD)

Das ist doch ein Punkt, den man schlichtweg nicht ignorieren kann.

Herr Abgeordneter Dr. Stegner, ich nehme an, die Beantwortung der Frage ist vorbei. - Jetzt möchte Ihnen der Abgeordnete Göttsch gern eine Frage stellen.

Wenn Experten fragen, dann will ich gern antworten. - Bitte schön.

Genau, Herr Dr. Stegner, da bin ich ein Experte. - Ich bin nicht privat versichert und habe letztes Jahr ein Medikament bekommen, vor dessen Verschreibung der Arzt mir die Frage gestellt hatte: Sind Sie privat versichert? - Ich sagte: Nein. - Er hat mir ganz klar gesagt: Wenn Sie privat versichert gewesen wären, hätten Sie es nicht sofort bekommen. Ich hätte ein Gutachten abwarten müssen.

Das widerlegt eigentlich Ihre These, dass Privatpatienten immer vorgezogen würden. Deswegen: Wenn Sie empirisch nachgewiesene Zahlen finden, dann bringen Sie diese hier auch.

(Beifall CDU und FDP)

Ich beglückwünsche Sie zu dem, was Sie gerade gesagt haben. Ich bin froh für Sie, dass dem so ist.

Ich bezweifle allerdings - ich bezweifle es nachhaltig -, dass die Situation in Deutschland so ist, dass gesetzlich Krankenversicherte, was den Zugang zu sehr teuren Medikamenten angeht, Vorteile gegenüber privat Versicherten haben; ich glaube, es ist umgekehrt. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass es umgekehrt ist. Ich weiß nicht, wie viele Leute zu Ihnen in die Bürgersprechstunde kommen. Zu mir kommen viele, die mir immer wieder solche Fälle schildern.

Lassen Sie mich noch etwas deutlich sagen, weil ich mich hier nicht in Anspruch nehmen lasse für einen Angriff, den ich nicht unternommen habe: Die Ärztinnen und Ärzte tun, was sie können. Diese habe ich in keiner Weise kritisiert. Sie geben sich Mühe. Sie haben den Hippokratischen Eid geleistet. Das will ich in keiner Weise kritisieren.

Fakt ist aber, dass der Zugang zu einer privaten Krankenversicherung etwas ist, was Privilegien für einen Teil der Bevölkerung ermöglicht, die andere Menschen nicht haben. Wir Sozialdemokraten wollen das ändern. Das unterscheidet uns zum Beispiel von Liberalen, die hier den Markt loben.

(Beifall SPD)

Deswegen will ich Ihnen ehrlich sagen: Sie mögen gegen die -

(Zuruf FDP)

- Es ist ja gut, dass hier die Unterschiede herausgearbeitet werden. Darauf legen wir Wert. Dann wissen die Wählerinnen und Wähler, was sie davon zu halten haben.

(Christopher Vogt [FDP]: So billig!)

- Das mögen Sie billig finden; das ist aber ein Stück der Wahrheit, Herr Kollege Vogt.

Solidarität ist etwas, das bei uns nicht nur in Sonntagsreden vorkommt, sondern von dem wir uns wünschen, dass es bei Gesundheit, Pflege, Arbeit und am Ende auch bei Rente umgesetzt wird.

(Zurufe)

Die Menschen sind darauf angewiesen. Ich kann nur sagen: Man sieht in Amerika, wo es hingeht, wenn sie das bisschen, das sie hatten, noch zurückbauen. Wir sind in einer Entwicklung, die immer stärker in Richtung Zweiklassenmedizin führt, wenn wir nicht dafür sorgen, dass alle rein müssen und jeder das bekommt, was medizinisch notwendig ist.

Das ist unsere Position. Dafür streiten wir und lassen uns von Ihnen gern beschimpfen. Das sagen wir den Wählerinnen und Wählern in Deutschland.

(Beifall SPD)

Das Wort zu einem Dreiminutenbeitrag hat der Abgeordnete Werner Kalinka.

(Zurufe - Unruhe)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

(Zurufe - Anhaltende Unruhe)

Entschuldigen Sie, Herr Abgeordneter. - Können wir jetzt bitte dem Redner zuhören? - Danke schön!

Was Herr Dr. Stegner hier gesagt hat, kann so nicht stehen bleiben. - Herr Dr. Stegner, Sie haben ein Zerrbild des deutschen Gesundheitswesens gezeichnet.

(Beifall CDU und FDP)