Protocol of the Session on May 15, 2019

Die SPD-Landtagsfraktion unterstützt nach wie vor das Reformkonzept, die Grundsteuer wie bisher nach dem Wert des Bodens und der Gebäude zu bemessen, weil dies für eine sozial gerechte Besteuerung sorgt. Der Vorschlag, für die Wertermittlung grundsätzlich an die Nettokaltmiete anzuknüpfen, ermöglicht nach unserer Einschätzung eine faire Steuerbemessung anhand realistischer Grundstückswerte in Abhängigkeit von Lage und Mietniveau.

Das Steueraufkommen insgesamt soll gleichbleiben. Für einzelne Steuerzahler dürfte es aber Veränderungen geben, weil die Grundstückswerte in den vergangenen Jahren deutlich zugelegt haben, vor allem in den begehrten Lagen.

Finanzministerin Monika Heinold hat das wunderbar formuliert. Mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident, zitiere ich:

„… in der Regel sind diejenigen leistungsfähiger, die sich in einer guten Lage ein Häuschen gebaut haben, als andere, die in einfacher Lage eine Wohnung mieten.“

(Zuruf Annabell Krämer [FDP])

Besser kann man das Prinzip der Leistungsabhängigkeit nicht beschreiben, finde ich.

(Vereinzelter Beifall SPD)

Umso überraschter war ich, Frau Finanzministerin, dass Sie jetzt öffentlich signalisieren, möglicherweise einer Öffnungsklausel zustimmen zu wollen. Was wären denn die Folgen? - Die Bundesländer würden in einen unfairen Steuerwettbewerb über die Bewertung von Grundstücken eintreten. Sagen Sie nicht, das komme nicht vor. Beispiele wie Norderfriedrichskoog oder Monheim beweisen doch das Gegenteil. Auf EU-Ebene kämpfen wir gegen Steuerdumping und gegen Steueroasen - nichts anderes würde aber eine Länderöffnungsklausel bei der Grundsteuer bedeuten. Wir brauchen eine bundeseinheitliche Regelung für die Grundsteuer, denn einheitliches Recht hält die Bürokratie und den Verwaltungsaufwand in Grenzen.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: So ist es!)

Diese Einschätzung teilt übrigens auch der Deutsche Städtetag.

Meine Damen und Herren, was die Kommunen definitiv nicht brauchen, ist der Vorschlag der AfD, die Grundsteuer abzuschaffen.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Niemand braucht die!)

Der Vorschlag zur Gegenfinanzierung taugt nicht und wäre für die Kommunen auch nur ein schwacher Trost. Aus Ihrer Rede, Herr Nobis, habe ich entnommen, dass Sie nicht einmal selber wissen, was Sie fordern. Denn ein Anteil an den Gemeinschaftsteuern ist schon etwas anderes als ein Zuschlag auf die Einkommensteuer. Das sind zwei grundsätzlich verschiedene Modelle.

(Zuruf Jörg Nobis [AfD])

- Sie wissen gar nicht, worüber Sie reden. Sie können nicht darum herumreden. Das ist keine Lösung für die Kommunen. Die Grundsteuer ist weniger konjunkturanfällig und für Städte und Gemeinden eine feste Grundlage. Was bliebe vom kommunalen Hebesatzrecht denn noch? - Die Gewerbesteuer alle, die länger dabei sind, wissen, dass es nur noch die Gewerbeertragsteuer ist -, die Vergnügungssteuer und die Hundesteuer. Die Pferdesteuer geht ja in Schleswig-Holstein nicht mehr.

Ihr Vorschlag, meine Damen von der AfD - das ist das generische Femininum -,

(Vereinzelter Beifall SPD und FDP)

ist ein Angriff auf die kommunale Selbstverwaltungsgarantie nach Artikel 28 Grundgesetz. Schon allein deshalb lehnen wir Ihren Antrag ab.

(Beate Raudies)

Wer die Reform der Grundsteuer grundsätzlich gefährdet oder gar ihre Abschaffung fordert, bringt das öffentliche Finanzierungssystem insgesamt ins Wanken und gefährdet die Lebensfähigkeit in unseren Städten und Gemeinden. - Vielen Dank.

(Beifall SPD und SSW)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Das Wort hat für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der Abgeordnete Lasse Petersdotter.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Gleich zwei Veröffentlichungen haben gestern wahrscheinlich zu besonderem Interesse bei kommunalen Finanzpolitikerinnen und Finanzpolitikern geführt, auf der einen Seite die Steuerschätzung, die bis 2023 rund 879 Millionen € weniger Einnahmen bei den Kommunen sieht, und auf der anderen Seite das Gutachten zum kommunalen Finanzausgleich, das auf fast 300 Seiten sehr gut darstellt, wie eng der finanzielle Rahmen und groß die finanziellen Bedarfe der Kommunen vor Ort sind.

Nehmen wir das beides als Grundlage für die heutige Debatte, ist besonders interessant, was die AfD heute beantragt. Sie beantragt nämlich nichts anderes, als die Grundsteuer, eine der wichtigsten Einnahmequellen der Kommunen, Kreise und Gemeinden, schlichtweg zu streichen. Zugegeben, die Debatte um die Grundsteuer ist zurzeit angespannt, schwierig. Dennoch ist die Frage, wo die AfD eigentlich steht. Man muss keine Sorge haben: Ich habe den Antrag bis zum Ende gelesen. Sie wollen die wegfallenden 14 Milliarden € irgendwie über die Einkommensteuer regeln und kompensieren. Darauf, wie das genau in der Einnahmehöhe passieren soll, bleiben Sie die Antwort schuldig nach dem Motto: Weil das bei der Einigung mit der Grundsteuer gerade so prima funktioniert, machen wir eine extra Runde und klären das mit der Einkommensteuer und dem Gemeindefinanzierungsreformgesetz; das wird ja wohl nicht komplizierter sein als das Verfahren, das wir bereits haben.

Der Vorschlag ist nicht einmal neu. Wo kämen wir auch hin, wenn die selbst ernannte Protestpartei gegen das Establishment eigene Konzepte hätte?

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, SPD, FDP und SSW)

Einen der Urheber haben Sie selbst genannt, Paul Kirchhof, der vor Jahren eine Idee in die gleiche

Richtung und eine Reform ins Gespräch gebracht und gesagt hat, wir sollten das über die Einkommensteuer regeln. Er ist ein Steuerrechtler, der ein bisschen weitergehende Konzepte vorgestellt hat, allerdings eingebettet in eine grundsätzliche Steuerreform, also auch in eine Reform der Einkommensteuer, der Mehrwertsteuer und so weiter. Sie picken sich jetzt eine Steuer heraus. Das zeigt, wo Sie stehen. Wir stehen in der Debatte mittlerweile an einer ganz anderen Stelle.

(Zuruf Jörg Nobis [AfD])

Es braucht jetzt eine zügige Einigung für eine gerechte und vor allen Dingen verfassungskonforme Lösung, die den Kommunen Sicherheit gibt. Apropos gerecht: Ich verstehe nicht, dass Sie auf der einen Seite sagen, die Grundsteuer sei keine Gerechtigkeitssteuer, auf der anderen Seite aber immer wieder argumentieren, dass über die Einkommensteuer viel mehr Gerechtigkeit generiert würde, denn so würden die Reichen tatsächlich zur Kasse gebeten. Man kann infrage stellen, ob die Einkommensteuer das Modell ist, mit dem die Reichen zur Kasse gebeten werden. Wer Vermögen ernsthaft nur am Einkommen bemisst, läuft am Leben vorbei. Vermögen geht weit über das Einkommen hinaus.

So jedenfalls würden wir keine Verteilungsgerechtigkeit erreichen. Sie werfen weitere Nebelkerzen, um darum herumzukommen, dass es eine Grundsteuer und eine Besteuerung gibt. Am Ende haben Sie die Hoffnung, dass es wie bei der Vermögensteuer verläuft, nämlich dass die Steuer ersatzlos wegfällt.

Wollen Sie in diesem Zusammenhang die Einkommensteuer erhöhen, müssen Sie das den Menschen kommunizieren. Würde die Einkommensteuer dafür verwendet, ist letztlich die Frage, welche Leistungen, die durch die jetzigen Einnahmen finanziert werden, gestrichen würden. Welche Teile der jetzigen Verwendung der Einkommensteuer würden Sie wegnehmen?

Es gibt also viele Fragezeichen. Grundlage der Debatte um die Grundsteuer ist allerdings: Die Zeit der Fragezeichen ist längst vorbei. Es ist an der Zeit, Punkte zu machen. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, SPD, FDP und SSW)

Das Wort hat für die FDP-Fraktion die Frau Abgeordnete Annabell Krämer.

(Beate Raudies)

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kollegen! Liebe Kolleginnen! Seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts im April 2018 steht fest, dass bis Dezember 2019 eine verfassungskonforme Neuordnung der Grundsteuer zu treffen ist. Doch bis heute liegt kein Gesetzentwurf der heillos zerstrittenen Bundesregierung vor. Eine Koalition, die nicht in der Lage ist, konstruktiv an einer Lösung der politischen Probleme zu arbeiten - ein Armutszeugnis.

(Beifall Kay Richert [FDP])

Die Grundsteuer ist zweifellos ein politisches Problem, das bundesweit Tausende von Kommunen ebenso betrifft wie Millionen von Eigentümern und Mietern. Bisher wurden lediglich Eckpunkte eines Modellentwurfs veröffentlicht. So sieht Bundesfinanzminister Scholz ein modifiziertes Ertragswertverfahren vor. Während für den Grund und Boden der Ertragswert aus den Bodenrichtwerten abgeleitet wird, soll für das aufstehende Gebäude eine sogenannte Listenmiete herangezogen werden.

Wir Freie Demokraten waren schon immer skeptisch gegenüber einem solchen wertabhängigen Modell.

(Beifall FDP)

Erstens wollen wir die steigenden Wohnkosten in unseren Ballungsgebieten nicht noch zusätzlich anheizen. Frau Raudies, das nämlich würden Listenmieten, berücksichtigten wir sie, machen.

Zweitens droht den Bürgern mit einer Hauptfeststellung eine automatische Steuererhöhung.

Drittens macht eine Wertkomponente die Grundsteuer bürokratischer und streitanfälliger.

Wir halten insbesondere die inkludierte Gebäudebewertung für hochproblematisch und somit auch rechtsunsicher. Dies gilt nicht nur für Individualmieten, sondern auch für die Berücksichtigung von vereinfachten Listenmieten. Deutlich wird dies durch den Plan, die Listenmieten in teuren Lagen in Großstädten ab 600.000 Personen pauschal um 10 % zu erhöhen. Mit dieser Behelfslösung soll der Tatsache unterschiedlicher Mietniveaus innerhalb einer Stadt Rechnung getragen werden.

Überlegen wir einmal: Was wird mit einer solchen Regelung tatsächlich erreicht? - Der Boden in einer ohnehin schon teuren Lage würde noch stärker mit der Grundsteuer belastet.

(Kay Richert [FDP]: So ist es!)

Das kann ebenso wenig auf unsere Zustimmung stoßen wie der Plan, Immobilien des sozialen Wohnungsbaus oder gemeinnütziger Wohnungsbaugesellschaften durch einen Abschlag auf die Messzahl zu privilegieren. Zur Förderung des sozialen Wohnungsbaus gibt es definitiv sinnvollere Instrumente.

(Beifall FDP und SSW)

Ein Abschlag auf die Messzahlen bedeutet nämlich im Umkehrschluss nichts anderes als eine zusätzliche Belastung von privaten Eigentümern. Wie soll sonst sichergestellt werden, dass das Gesamtaufkommen insgesamt stabil bleibt?

Es sind jedoch gerade private Kleinvermieter, die ein hohes Maß an sozialer Verantwortung zeigen und im Interesse eines intakten Mietverhältnisses oft jahrelang auf eine Erhöhung des Mietzinses verzichten.