Was nun die unterschiedlichen Bundesratsinitiativen angeht: Kai, es gibt überall sonne und solche. Da muss man differenzieren. Was diese Initiative angeht, so stimme ich dir zu. Aber bei anderen Initiativen sollte man zuvor durchaus seine Waffen schärfen, bevor man sie auf den Weg schickt. Im anderen Fall war das so gewesen. - Danke, das soll reichen.
§ 5 Absatz 2 des Waffengesetzes bestimmt, wann eine Person in der Regel als waffenrechtlich unzuverlässig gilt. Neben der Verurteilung aufgrund bestimmter Straftaten oder der Mitgliedschaft in verbotenen Vereinen oder Parteien sind dabei insbesondere verfassungsfeindliche Bestrebungen einer Person beurteilungsrelevant. - Das haben wir also schon.
Bis 2017 - auch darauf wurde schon hingewiesen mussten die Behörden den Nachweis - den strengen Nachweis - führen, dass die betreffende Person derartige Bestrebungen tatsächlich verfolgt oder unterstützt. Seit dem Inkrafttreten des neuen Waffengesetzes im Jahr 2017 reichen diesbezüglich bereits Zweifel an der Zuverlässigkeit aus. Damit ist es für
Anhaltspunkte, die im Verdachtsgehalt vage bleiben und nicht auf Tatsachen gegründet sind, genügen allerdings nicht. - Insofern ist völlig richtig, was Kai Dolgner gerade dazu gesagt hat: Es müssen auf Tatsachen gegründete Zweifel gegeben sein. An dieser Vorgabe sollten wir unbedingt festhalten. Das sind wir unserem rechtsstaatlichen Verständnis schuldig.
Wo also liegt der Hase im Pfeffer? Die Kernfrage ist: Wie gelangt das beim Verfassungsschutz vorhandene Wissen über verfassungsfeindliche Bestrebungen bei registrierten Personen zuverlässig an die kommunalen Waffenbehörden? Den Informationsfluss zwischen Meldebehörden, Polizei und Waffenbehörden haben wir mit dem sogenannten Reichsbürgererlass - lieber Herr Minister Grote - in diesem speziellen Phänomenbereich seit 2017 auf Landesebene eigentlich schon sehr ordentlich geregelt. Das ist also ganz schön.
Sollte eine Waffenbehörde darüber hinaus vor einer Erlaubniserteilung regelmäßig beim Verfassungsschutz anfragen, ob die betreffende Person dort generell als unmittelbare Zielperson, also als Beobachtungsobjekt, registriert ist? Das ist die große Frage, und da sage ich eindeutig Ja. Das ist bislang gesetzlich nicht der Fall. Die Pflichterkundigungen gelten nur in Bezug auf staatsanwaltschaftliche Verfahrensregister sowie auf Bundeszentralregisterebene. Sie gelten aber auch dann, wenn beispielsweise die örtlichen Polizeidienststellen bezüglich bestimmter Personen in der Vergangenheit mehrfach präventive Ingewahrsamnahmen verfügt hatten. Das sind diese drei Sonderfälle.
Ziel einer Bundesratsinitiative muss also konkret sein, auch eine verpflichtende Anfrage der Waffenbehörde bei den Landesverfassungsschutzbehörden zu normieren. Genau das stellt der Antrag dar.
- Ja, das weiß ich. Aber es ist auch noch ein weiterer Fall zu klären, nämlich die Frage der Radikalisierung einer Person nach Erteilung einer Waffenerlaubnis. Auch das kann ja passieren. Da hat jemand mal einen Waffenschein bekommen, und er ist dann erst danach, also später, bequatscht worden, Reichsbürger zu werden. In solchen Fällen muss also auch eine proaktive Informationspflicht des Verfassungsschutzes an die Waffenbehörde erfolgen, also eine nachlaufende Information. Auch das muss geregelt werden.
- Kai, darüber unterhalten wir uns im Innen- und Rechtsausschuss; das brauchen wir jetzt nicht mehr.
Diese Einzelheiten sollten wir im Innen- und Rechtsausschuss noch einmal genauer erwägen. Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! So richtig neu sind die Anträge von SSW und SPD ja nicht - 2012, 2016, nun der Antrag von 2018; immer wieder haben wir also entsprechende Gesetzesinitiativen auf Bundesebene gesehen.
Ganz ehrlich, lieber Lars Harms: Ihr Antrag wäre deutlich klarer und verständlicher gewesen, wenn Sie sich einfach der aktuellen Bundesratsinitiative von Hessen und Niedersachsen angeschlossen hätten. Dann hätten wir wenigstens erkennen können, welche Regelungen Ihnen tatsächlich vorschweben.
Die Ziele der Anträge von SPD und SSW - Extremisten entwaffnen - unterstützen wir vorbehaltlos; da gibt es überhaupt gar keine Frage. Extremisten, die sich gegen unsere freiheitliche, rechtsstaatliche und demokratische Ordnung stellen, dürfen keine Waffen besitzen. Es ist auch nicht akzeptabel, wenn wir feststellen müssen, dass Reichsbürger und sonstige Extremisten legal Waffen besitzen können.
Niemand will, dass Menschen, die erklärtermaßen unseren Rechtsstaat infrage stellen und diesen bekämpfen wollen, mit Schusswaffen ausgerüstet durch unser Land laufen.
Die Tatsache, dass diese Menschen sogar behördenbekannt und trotzdem legal bewaffnet sein können, ist schwer erträglich. Hier besteht Handlungsbedarf.
Der Lösungsansatz des SSW überzeugt aber nicht. Es ist rechtsstaatlich schwierig, wenn es zukünftig ausreichen soll, dass ein Bürger als potenzieller Extremist bei einer Behörde erfasst ist. Es bedarf einer rechtsstaatlichen Überprüfung, ob eine solche Erfassung tatsächlich richtig und nachprüfbar gewesen ist. Daran fehlt es aber an dieser Stelle. Im Extremfall kann das dazu führen, dass die Einstufung als Extremist bestehen bleibt, obgleich die dafür erforderlichen Tatsachen nicht offenbart werden müssen, weil entsprechende Auskunftspflichten durch spezialgesetzliche Vorschriften ausgeschlossen worden sind. Das halten wir für rechtsstaatlich fragwürdig. Deswegen können wir Ihrem Antrag nicht folgen.
Dass wir mit unserer Einschätzung nicht ganz alleine dastehen, hat Herr Dolgner hier gerade eben deutlich gemacht. So haben wir auch den Alternativantrag der SPD verstanden. Lediglich die Erfassung als Extremist durch irgendeine Sicherheitsbehörde kann allein eben nicht ausreichend sein, um die Unzuverlässigkeit im Sinne des Waffengesetzes festzustellen.
Aber auch der Antrag der SPD springt unseres Erachtens etwas zu kurz - darauf hat der Kollege Burkhard Peters hingewiesen -: Es wird unseres Erachtens übersehen, dass die Auskunftspflicht die Arbeit der Verfassungsschutzbehörden und der anderen Sicherheitsbehörden durchaus behindern kann, weshalb ja auch die einschlägigen Gesetze wie das Bundesverfassungsschutzgesetz die Auskunftspflicht beschränken. Hier befinde ich mich in demselben Dilemma, das ich eben gerade beim SSW-Antrag aufgezeigt habe: Als Waffenbehörde habe ich Informationen nicht zur Verfügung und auch in einem entsprechenden behördlichen und verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht, sodass die Rechtsstaatlichkeit nicht umfassend gewahrt ist.
Herr Kollege Rossa, da Sie vorhin den Hinweis gegeben haben, man solle sich der gemeinsamen Initiative von Niedersachsen und Hessen anschließen, frage ich: Können Sie mir erläutern, worin der Unterschied zwischen dem Antrag der SPD und der Initiative von Niedersachsen und Hessen besteht?
- Nein, ich habe etwas anderes gesagt. Ich habe gesagt: Es wäre mir leichter gefallen, mich mit dem SSW-Antrag auseinanderzusetzen, wenn er sich schlichtweg dieser Bundesratsinitiative angeschlossen hätte, die ja aus zwei Teilen besteht. Im ersten Teil steht eine Ergänzung - so wie der SSW das eben hier beschrieben hat -, dass nämlich allein die Tatsache, dass jemand als Extremist bei einer Behörde registriert ist, ausreichen soll, um die Unzuverlässigkeit bescheiden beziehungsweise feststellen zu können. Der zweite Teil, diese Auskunftspflicht oder die Verpflichtung der Waffenbehörde, Auskunft zu verlangen - das ist ja ein großer Unterschied -,
entspricht in der Tat Ihrem Antrag. Aber ich habe nicht gesagt, dass wir uns diesem Antrag anschließen wollen; denn wir halten den ersten Teil für außerordentlich fragwürdig. Auch beim zweiten Teil empfehlen wir - damit folgen wir letztlich dem Vorschlag von Burkhard Peters und meines Kollegen Claussen -, darüber im Innen- und Rechtsausschuss noch einmal zu diskutieren, weil wir ermitteln müssen, welche Informationen gewährt werden müssen. Müssen wir zum Beispiel an das Bundesverfassungsschutzgesetz heran, um in Bezug auf die Frage der Zuverlässigkeit bei der Erteilung eines Waffenscheins die Frage klären zu können, welche Erkenntnisse der Verfassungsschutz hat? Wir müssen dann möglicherweise an Erkenntnisse ran, die nach heutiger Rechtslage zurückgehalten werden dürfen. Deswegen entspricht diese Bundesratsinitiative nicht unserem Lösungsansatz, und deswegen sehen wir durchaus noch Gesprächsbedarf.
Können Sie mir dann erklären, warum die von Ihnen getragene Landesregierung im Bundesrat im April 2018 einem Antrag mit exakt dem Wortlaut des Antrags, den die SPD heute vorgelegt hat, zugestimmt hat? Haben die Fraktionen ihre Erkenntnisse der eigenen Landesregierung vorenthalten?
- Ich kann Ihnen nicht erklären, warum sie das gemacht hat. Ich kann Ihnen hier und heute nur sagen: Wenn ich einer Bundesratsinitiative zustimmen soll, dann möchte ich genau diesen Punkt noch einmal
beleuchtet haben. Ansonsten könnten wir uns doch auf den Standpunkt stellen, dass wir Ihren Antrag ablehnen, weil die Landesregierung bereits einer entsprechenden Initiative ihre Zustimmung erteilt hat. Das hat sie aber in dieser Form nicht. Deswegen ist dieser Antrag ja auch gestellt worden. Wenn wir uns aber als Parlament noch einmal damit befassen wollen, Herr Dolgner, dann möchte ich auch diese weiteren Fragen, die ich hier angesprochen haben, im Innen- und Rechtsausschuss erörtert haben. Dann möchten wir eine Bundesratsinitiative starten, die genau diesen Aspekt aufgreift.
Ist Ihnen denn aufgefallen, dass unser Antrag gar keine Bundesratsinitiative enthält, sondern nur die Bekräftigung, dass die Landesregierung sich beim Bund dafür einsetzen soll, die bestehende Bundesratsinitiative zu unterstützen?
- Wir möchten aber genau an der Stelle weitergehen. Wir wollen, dass der Aspekt, den ich eben gerade erläutert habe, aufgenommen wird. Wir wollen, dass wir uns angucken: Was muss im Bundesverfassungsschutzgesetz, aber nicht nur dort, sondern auch im Bundeskriminalamtgesetz möglicherweise geändert werden, damit sensible Daten, die für die Entscheidung, ob ein Waffenschein erteilt werden kann, von Relevanz sind, herangezogen werden können? Darum geht es. Das ist meines Erachtens eine Ergänzung, auch hinsichtlich der Intensität, in der wir uns damit befassen wollen, sodass es sich lohnt, darüber im Innen- und Rechtsausschuss zu diskutieren. Damit widersprechen wir nicht unserer Landesregierung. Das sind einfach Aspekte, über die man hier noch einmal diskutieren kann. Und dann unterstützen wir auch die Bundesratsinitiative - mit der Ergänzung.
Also, wir müssen uns mit den Auskunftspflichten der Sicherheitsbehörden beschäftigen. Ich habe das in der Beantwortung Ihrer Fragen bereits deutlich gemacht. Denn gerade geheime und verdeckte Ermittlungen können erforderlich und auch verhältnismäßig sein, um frühzeitig Gefahren für unseren Staat und unsere Gesellschaft erkennen und wirksam abwehren zu können. Der Lösungsansatz der
SPD wirft daher sofort die Frage auf - das gilt auch für die Bundesratsinitiative -, ob und in welchem Umfang die Sicherheitsbehörden verpflichtet werden sollen oder müssen, Auskünfte zu erteilen.
Eines müssen wir uns dabei stets klarmachen: Die Informationen, die vom Verfassungsschutz an die Waffenbehörde weitergegeben werden, werden nicht nur der Waffenbehörde gegenüber offengelegt, sondern auch gegenüber den Extremisten, die wir hier bekämpfen wollen. Deswegen muss auch insoweit eine Abwägung erfolgen, ob es nicht andere bekannte Tatsachen gibt, die die Unzuverlässigkeit begründen können, ohne dass ich auf vertrauliche Informationen des Verfassungsschutzes zurückgreifen muss. Wir sollten über diese sicherheitspolitischen Aspekte im Innen- und Rechtsausschuss noch einmal gemeinsam diskutieren und versuchen, eine Lösung zu finden, die dem Rechnung trägt.