Wir haben gesehen, dass sich Schülerinnen und Schüler manchmal unter tragischen Voraussetzungen politisieren. Es ist genau ein Jahr her, dass in Parkland, Florida, 17 Menschen durch einen Amokschützen ums Leben gekommen sind. Es mangelte unmittelbar danach nicht an Beileidsbekundungen und Krokodilstränen. Wir haben aber auch gesehen, wie kurz danach, als sich von den überlebenden Schülerinnen und Schülern viele zusammengeschlossen und gesagt haben: „Jetzt reicht es uns mit diesen dämlichen Waffengesetzen in den USA,
jetzt wollen wir gerade in Florida, wo es besonders lax ist, eine Verschärfung herbeiführen“, plötzlich Schluss mit der Empathie war. Da haben sich Abgeordnete, Bürgermeister und NRA-Funktionäre zusammengetan und gesagt: Na ja, das überblickt ihr in der ganzen Konsequenz noch gar nicht; lasst das mal die Großen regeln. - Glücklicherweise hat diese
Bei der Kampagne Fridays for Future geht es um etwas noch Fundamentaleres als Waffenkontrolle, nämlich unser aller Lebensgrundlagen. Der Klimawandel ist für jeden von uns Bestandteil seines Lebens und wird es auch in Zukunft sein. Dabei leben wir noch in einer zum Glück begünstigten Klimazone und brauchen zumindest kurzfristig nicht mit ganz dramatischen Konsequenzen zu rechnen, die woanders auf der Welt zu vergegenwärtigen sind. Ob das mittelfristig so bleibt, kann niemand garantieren.
Wenn es so ist, dass der Klimawandel zumindest zu einem erheblichen Teil durch menschliches Handeln ausgelöst wird, hat niemand ein größeres Recht, sich dazu zu äußern und eine Veränderung zu fordern, als diejenigen, die auf diesem Planeten noch die nächsten 80 Jahre aushalten müssen.
Frau Strehlau hat es geschrieben. Laut Weltklimarat ist ein wirksames Handeln gegen den Klimawandel in den nächsten zwölf Jahren noch möglich. Man muss sich das einmal vorstellen: In zwölf Jahren sind die Leute, die heute draußen stehen, immer noch unter 30, haben also noch relativ viel Leben vor sich und deswegen alles Recht der Welt.
Es bleibt nicht bei einem einmaligen Aktionstag FridaysForFuture. So konnte nicht ausbleiben, dass die Schulen ein naserümpfendes Schreiben der Bildungsministerin erhielten, wonach die „Teilnahme an den Demonstrationen ein unentschuldigtes Fehlen und damit ein konkret schuldbezogenes Fehlverhalten“ darstellt. Im Wiederholungsfalle sollten Maßnahmen nach § 25 Absatz 1 Schulgesetz ergriffen werden. Vorgesehen sind unter anderem „die Förderung erwünschten Verhaltens, das erzieherische Gespräch, die Ermahnung, die mündliche oder schriftliche Missbilligung, die Beauftragung mit Aufgaben, die geeignet sind, die Schülerin oder den Schüler Fehler im Verhalten erkennen zu lassen, das Nachholen schuldhaft versäumten Unterrichts nach vorheriger Benachrichtigung der Eltern und die zeitweise Wegnahme von Gegenständen“.
Meine Warnung an den jungen Mann vor dem Landtag draußen lautet: Halt dein Eisbärkostüm gut fest! Sonst nehmen sie es dir weg, wenn du wieder in die Schule kommst.
Es ist merkwürdig, zunächst das Jahr der politischen Bildung auszurufen und sich dann als schwierig zu zeigen, wenn es politisches Engagement gibt.
Politische Bildung besteht eben nicht nur darin, sich kurz vor einer Wahl eine Podiumsdiskussion anzuhören, bei der 500 Menschen in die Mensa geführt werden und fünf Kandidaten ihre Texte aufsagen. Es besteht auch nicht nur darin, Wahlprogramme zu vergleichen. Es besteht vielmehr auch darin, für sich selbst gesellschaftliche Prioritäten zu setzen. Das hat heute Vormittag vor der Tür des Landtags stattgefunden.
Wie glaubwürdig wäre es denn, wenn wir den Jugendlichen sagen: „Okay, ihr habt demonstriert; wir haben es verstanden. Wir regeln das jetzt“? - So ist es ja nicht. Weder im Landtag noch im Bundestag noch sonst wo - so habe ich es wahrgenommen – kommt es jetzt zu einer Lawine an Handlungen.
Ich mir sicher, dass Frau Prien den Titel „Gouvernante des Jahres“ verdient hat. Aber dann hat sich noch Frau Klahn geäußert; sie hat vorgeschlagen, dass man die Eltern der demonstrierenden Kinder mit Bußgeldern belegen und die Aktion in „Saturdays for Future“ umbenennen könnte.
Das war nicht frei von Humor. Stellen Sie sich eine machtvolle Kundgebung der Schülerinnen und Schüler morgen um diese Zeit hier vor; Wahnsinn, was dann dabei herauskommt!
Meine Empfehlung, Kollege Vogt, lautet: Machen Sie sich auch Gedanken um den Ort der Demonstration. Am meisten sind die Wälder vom Klimawandel betroffen. Vielleicht könnten die Schülerinnen und Schüler am Samstagnachmittag um 16 Uhr im Wald demonstrieren, zum Beispiel im Sachsenwald; dann stören sie niemanden, Frau Klahn.
Der Vollständigkeit halber will ich zwei weitere Beiträge nicht verschweigen, die auch im Rennen waren, den Titel zu erhalten: Die Junge Union hat im „Pinneberger Tageblatt“ spürbare Konsequenzen für Schulschwänzer gefordert. Der CDU-Generalsekretär war sich nicht zu schade, der 16-jährigen Greta Thunberg pure Ideologie vorzuwerfen, weil
sie die Aspekte Arbeitsplätze, Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit bei ihren Forderungen nicht mitdenke. - Armer Paul!
Erst wenn der letzte Gletscher geschmolzen ist, wirst du merken, wie peinlich es ist, als Bundestagsabgeordneter eine Debatte gegen eine 16-Jährige zu verlieren, die nicht einmal mitbekommen hat, dass ihr darüber diskutiert habt.
In aller Demut müssen wir uns klar darüber sein: Der Kampf gegen den Klimawandel wird nicht allein im Schleswig-Holsteinischen Landtag entschieden. Aber jedes Parlament, jedes Land, jede Gesellschaft trägt ihren Teil der Verantwortung. Dazu müssen wir auch stehen. In diesem Sinne reiht sich die Kampagne FridaysForFuture in eine lange Reihe von Demonstrationen in der Geschichte der Republik ein.
Dem anderen Antrag können wir auch zustimmen, aber seine Begründung, Frau von Kalben, ist reichlich flach. Sie haben Ihre Rede glücklicherweise ein wenig weniger flach formuliert als Ihren Antrag. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Bevor wir mit der Rednerliste fortfahren, begrüßen Sie bitte gemeinsam mit mir auf unserer Besuchertribüne Schülerinnen und Schüler der Baltic-Schule Lübeck und des Gymnasiums Altenholz. - Seien Sie uns herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!
Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, wir können uns - teilweise ist das bereits angeklungen – gar nicht genug Engagement für den Klimaschutz wünschen. Wir müssen gemeinsam alles dafür tun - es ist wichtig, das zu benennen -, dass die Ziele der UN-Klimakonferenz in Paris aus 2015 erreicht werden. Das 2-Grad-Ziel ist
existenziell für den Fortbestand unseres Planeten, zumindest so, wie wir ihn heute kennen. Wir stehen kurz davor, dass die Klimapolitik die Mutter aller unserer Probleme wird. Darum müssen wir uns kümmern. Es ist mir wichtig, dass wir das voranbringen.
Schon heute können wir die Auswirkungen des Klimawandels sehen. Ich hatte Ende Januar die Möglichkeit, mit der Kollegin Metzner in Indien Entwicklungsprojekte von Brot für die Welt zu besuchen. Indien hat 1,2 Milliarden Einwohner. 800 Millionen Menschen leben dort von der Landwirtschaft.
Man kann dort sehen, dass starke Schwankungen von Niederschlag und Temperatur verheerende Auswirkungen haben. Der Monsun, der für viele Menschen fast ein fester Tag im Kalender war - am 15. Juni setzt er ein –, ist mittlerweile unberechenbar geworden und somit keine feste Größe mehr. Naturkatastrophen, Überschwemmungen und Dürren sind die Folge. Darunter leiden neben der Natur selbst unglaublich viele Menschen, da ihre Existenzen, ihr Leben bedroht sind. Darum darf uns auch hier in Europa der Klimawandel nicht egal sein. Auch wir müssen uns darum kümmern.
Man muss ja gar nicht so weit gucken, um auch hier in Schleswig-Holstein die Auswirkungen des Klimawandels zu sehen. Der trockene Sommer hat, glaube ich, viele von uns nachdenklich gemacht. Es ist wahrscheinlich, dass wir noch mehr trockene Sommer erleben werden. Wir haben in dieser Tagung bereits über den Küstenschutz gesprochen; der Meeresspiegel steigt an. Unsere Inseln, Halligen und Küsten müssen wir stärker schützen. Klimawandel ist auch ein schleswig-holsteinisches Problem. Das müssen wir anerkennen.
Gerade deshalb finde ich es sehr gut und wichtig, dass junge Menschen unter dem Banner „Fridays for Future“ lautstark demonstrieren und sich zu diesem Thema bekennen. Wir können uns eigentlich nicht viel mehr wünschen, als dass junge Menschen, aber auch alle anderen aufstehen und sagen: Das ist ein Problem, das unsere Gesellschaft anpacken muss.
Wir von der Jamaika-Koalition wollen den Austausch über die Forderungen von FridaysForFuture. Wir werden uns heute mit den jungen Menschen zusammensetzen. Ich glaube, es ist ein sehr wichtiges Signal, dass wir diejenigen, die vor dem Schleswig-Holsteinischen Landtag demonstrieren, mit ihren Forderungen ernst nehmen.
Schon jetzt ist klar: Wir müssen uns auch in Deutschland stärker um den Klimaschutz kümmern und uns engagieren. Wir wollten im Jahr 2020 - das zeigt der Klimaschutzbericht - 40 % weniger Treibhausgase im Vergleich zu 1990 ausstoßen. Nach dem aktuellen Klimaschutzbericht werden wir nur eine Reduzierung um 32 % erreichen. Das ist eine Entwicklung in die richtige Richtung; wir arbeiten an diesem Thema, und die Reduzierung ist signifikant. Nichtsdestotrotz haben wir unsere eigenen Ziele, die wir uns gemeinsam für 2020 gesetzt haben, nicht erreicht. Das sollte uns aufrütteln; am Ende sollten wir eine intensive Debatte darüber eröffnen. Darüber sollten wir sprechen.
Ich habe darauf geachtet, Herr Habersaat, dass Sie sich in Ihrer Rede 7 Minuten über den Schulstreik, die Konsequenzen, darüber, was die Bildungsministerin dann machen muss, und was Paul Ziemiak für böse Sachen sagt, ausgelassen, aber sehr wenig mit dem eigentlichen Thema beschäftigt haben, nämlich mit dem Klimaschutz. Welche Konsequenzen hat der Klimaschutz? Warum demonstrieren die jungen Menschen vor der Tür des Landtags?
(Beifall CDU und vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Martin Habersaat [SPD]: Darüber reden Sie jetzt 7 Minuten!)
Ich komme nicht darum herum, auch ein paar Worte dazu zu sagen, obwohl es zur politischen Lösung des Themas eigentlich gar nichts beiträgt.