Protocol of the Session on July 20, 2017

(Beifall SPD und SSW)

Sie von der Koalition können gern weiter mitklatschen. Ich nehme zur Kenntnis, dass Ihr Verhalten in der vergangenen Legislaturperiode wirklich nur Oppositionsgebaren war. Im Herzen haben Sie unsere Kita-Politik für gut empfunden. Das stelle ich hiermit fest.

Das Kita-Geld soll zwar abgeschafft werden; die Eltern sollen trotzdem weiter entlastet werden. Ganz ehrlich, wir hängen nicht an dem Instrument Kita-Geld.

(Beifall CDU und FDP - Tobias Koch [CDU]: Bravo! Warum nicht gleich so?)

- Das haben wir hier immer gesagt.

(Lachen CDU)

Es gab für uns damals keine andere Möglichkeit. Wir wollten unbedingt in die Elternentlastung einsteigen. Ich bin froh, dass das auch von meiner Kollegin Eka von Kalben deutlich gesagt worden ist.

Ich möchte noch etwas feststellen - Sie werden mir zustimmen, wenn Sie ganz ehrlich sind -: Wenn die SPD-Fraktion nicht die Beitragsfreiheit hier im Plenum zur Debatte gestellt hätte und unsere damalige Sozialministerin, Kristin Alheit, nicht einen Weg aufgezeigt hätte, dann hätten Sie weder in Ihrem Regierungsprogramm noch in Ihrem Koalitionsvertrag die Beitragsfreiheit festgeschrieben.

(Beifall SPD und SSW - Lachen CDU und FDP)

Gehen Sie einmal ganz tief in sich! Wir haben die Beitragsfreiheit auf die Agenda gesetzt, und Sie ziehen jetzt nach. - Ich lasse keine Zwischenfragen zu.

(Zurufe CDU und FDP: Aha!)

- Sie können sich gern zu einem Dreiminutenbeitrag melden.

(Zurufe)

Ganz ehrlich: Ich kenne die Diskussion auch untereinander. Ich möchte hier jetzt keine internen Dinge

ausplaudern; dazu werden wir untereinander noch genügend Gelegenheit haben.

Aber es soll ja weitergehen. So soll es auch zusätzliche Mittel für die Qualitätssteigerung, wie zum Beispiel die duale Ausbildung, was ich auch begrüße, geben. Da bin ich auf das Konzept gespannt. Es sollen auch Vor- und Nachbereitungszeiten weiter verbessert werden. Auch das finde ich sehr gut.

Ich möchte nur eine einzige kleine Zahl nennen, Herr Minister Garg. Wenn Sie bei der Kita-Betreuung von den 1,5 Stellen auf 1,6 Stellen gehen würden - das ist eine Steigerung des Betreuungsschlüssels um 0,1 Prozentpunkte -, dann kostet allein das zwischen 23 Millionen und 26 Millionen €. Dies nur als kleiner Hinweis darauf, was in diesem Bereich alles auf Sie zukommen wird.

Mit dem Letter of Intent - das hat meine Kollegin hier bereits gesagt - haben Sie eine super Absichtserklärung der Kommunen für eine transparente Kita-Finanzierung, die auch wir selbstverständlich schon vorher angekündigt haben. Auch wir wollten dies machen, weil das wirklich das A und O ist, wenn man eine transparente Kita-Finanzierung in allen Bereichen erreichen will.

Auf diesem Wege steht Ihnen sozusagen nichts mehr im Wege, Herr Minister Heiner Garg. Sie können nun tatkräftig Ihre Arbeit aufnehmen. Sie haben dazugelernt; Sie haben gelernt, dass man in den zu führenden Dialog auch die Eltern, die Kommunen, aber auch die Träger einbeziehen muss.

Vielleicht noch eine kleine Anregung von meiner Seite: Ich würde an Ihrer Stelle auch noch die Unternehmensverbände mit ins Boot holen; denn gerade was die Beitragsfreiheit angeht, sind das Partner an unserer Seite.

Nun haben Sie eine große Zustimmung zur Beitragsfreiheit erfahren. Das gefällt uns natürlich ganz gut. Ich möchte dennoch einige Fragen stellen, auf die Sie vielleicht jetzt schon eingehen können, spätestens aber dann, wenn das Eckpunktepapier eintrifft. Wir haben im Koalitionsvertrag gelesen, wie viel Sie für die Qualitätsverbesserung und all das, was ich zuvor aufgezählt habe, und auch für Betriebskostenzuschüsse gerne bereitstellen möchten. Das sind zusammengerechnet 170 Millionen €.

Nur einmal zur Erinnerung: Wir haben die Betriebskostenzuschüsse in den letzten Jahren von 107 Millionen auf 231 Millionen € erhöht. Das ist ein Mehr an Betriebskostenzuschüssen in Höhe von rund 130 Millionen €, die wir an die Kommunen und Träger weitergegeben haben. Auch die Investi

(Serpil Midyatli)

tionskosten des Landes in Höhe von 125 Millionen € sind an die Kommunen und Träger weitergegeben worden. Auch Sie wollen diese Summe auf der Grundlage Ihrer Eckpunkte bereitstellen. Ich frage mich nur, wie Sie auf diese lächerlichen 170 Millionen € gekommen sind, und das in einer gesamten Legislaturperiode.

Der CDU und der FDP mache ich insoweit gar keinen Vorwurf; denn diese haben das auch gar nicht besser wissen können. Aber zumindest die Grünen beziehungsweise die Finanzministerin hätte das wissen müssen. Wenn Sie all die Punkte, die Sie in Ihrem Koalitionsvertrag aufgeschrieben haben, umsetzen wollen, dann mache ich hier die Prognose, dass Sie in dieser Legislaturperiode zwischen 500 Millionen und 600 Millionen € werden investieren müssen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD und SSW)

Das Wort für die CDU-Fraktion hat die Frau Abgeordnete Katja Rathje-Hoffmann.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde, 170 Millionen € sind kein lächerlicher Betrag, sondern das ist ein Haufen Geld.

(Beifall CDU und FDP)

So viel ist auf einen Schlag noch niemals investiert worden. Wir haben dieses Ziel, und Sie werden noch staunen.

Man muss sich zunächst einmal die Lage ansehen. In keinem anderen Bundesland werden die Eltern so belastet wie in Schleswig-Holstein, wenn es um die Höhe der Kindergartenbeiträge geht. Wohl in keinem anderen Bundesland sind auch die Vorschriften so kompliziert wie in Schleswig-Holstein. Zuschüsse an Kitas gibt es nur nach einer komplizierten Antragstellung. Auch insoweit ist Schleswig-Holstein wirklich Spitzenreiter.

(Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD])

- Herr Stegner, jetzt rede ich.

Ich kenne viele Träger, die sagen: „Bitte keine neuen Projekte. Bitte keine neuen Fördermaßnahmen. Wir haben bereits jetzt sehr viel Ärger mit den Abrechnungen und Verwendungsnachweisen. Wir wollen unsere Arbeit machen und wollen die Kin

der gut betreuen. Wir wünschen uns andere Dinge.“ Und darauf gehen wir ein.

Wir finden Elementargruppenbeiträge - dies noch einmal zur Verdeutlichung - und Krippenbeiträge in einer enormen Bandbreite vor. Von 130 € im Monat bis hin zu 600 € im Monat für Krippen ist alles möglich. Das ist eine enorm große Differenz. Die Eltern fragen sich: Warum muss ich fast doppelt so viel für die Betreuung meiner Kinder bezahlen, nur weil ich ein Dorf weiter weg wohne? Das ist ein Zustand, der aus unserer Sicht so nicht akzeptiert werden darf. Das wollen wir grundlegend ändern.

Unsere bisherige Kita-Finanzierung ist geprägt von ebendieser Vielzahl von Förderprogrammen. Ich will diese einmal verlesen; denn man macht sich gar kein Bild darüber, wie viele es eigentlich sind. Es sind Ü-3-Mittel vom Land, Ü-3-Mittel vom Bund, Zusatzmittel vom Land aus Betreuungsgeldmitteln vom Bund, Konnexitätsausgleichsmittel, Förderung von Familienzentren, Förderung der pädagogischen Fachberatung, Förderung von Qualitätsmanagement, Verbesserung des Fachkraft-KindSchlüssels, die Sprachförderung und die Zuschüsse für die Förderung des Hortmittagessens.

Jede einzelne Fördermaßnahme wird auf die Kreise und kreisfreien Städte aufgeteilt und von Kreis zu Kreis in unterschiedlichen Gewichtungen und unterschiedlichen Systemen an die Kommunen weiterverteilt. So ist es fast unmöglich, bereits von vornherein eine Vergleichbarkeit der einzelnen Kitas mit den jeweiligen Kosten vorzunehmen.

Auch bei den Qualitätsstandards gibt es eine große Bandbreite. Wer viel mehr hat, kann auch viel mehr investieren. Das ist zwar in Ordnung, aber ich glaube, wir sollten auf einheitliche Qualitätsstandards setzen. Wir brauchen hier mehr Verbindlichkeit.

Ferner gibt es eine unterschiedliche Herangehensweise der Kommunen an die Elternbeiträge. Einige verlangen von den Eltern eine Beteiligung von 20 % der anrechenbaren Kosten, und andere gehen auf 45 %. Auch das verstehen nicht alle Eltern. Und ehrlich gesagt: Ich verstehe das auch nicht.

Das ist im Übrigen der Hauptgrund für die hohen Kosten bei den Kitas in Schleswig-Holstein, verglichen mit dem Bundesdurchschnitt. Das wollen wir ändern.

Zusätzlich zur Neuordnung des alten Kita-Finanzsystems, das geprägt ist von dieser eben von mir genannten Vielzahl von Förderprogrammen und Einzelmaßnahmen, die ihrerseits auch einen enor

(Serpil Midyatli)

men Verwaltungsaufwand nach sich ziehen, wollen wir mehr Geld in das künftige System geben.

Wir wollen zusätzlich 70 Millionen € für eine bessere Betreuungsqualität ins System einbringen, also mehr Erzieherinnen und Erzieher für unsere Kinder. Zudem werden wir mindestens 50 Millionen € zur Entlastung der Eltern bereitstellen. In diesem Zusammenhang auch von mir aus der Hinweis: Ich finde es schön, dass auch Elternvertreter der Debatte hier zuhören.

Wir wollen auch vergleichbare Kindergartenbeiträge. Ich glaube, dies trägt mit dazu bei, dass man weiß, wo wir sind. Wir wollen diese Beiträge auch deckeln, weil es diese Auswüchse zwischen 130 € und 600 € nicht mehr geben darf.

Als Folge dieser Deckelung streben wir auch Verhandlungen mit den Kreisen und kreisfreien Städten an; denn wir wollen uns auch an das brisante Thema „Vereinheitlichung der Sozialstaffel“ heranwagen. Wir müssen gemeinsam mit den Akteuren, den Beteiligten dafür sorgen, dass wir einigermaßen homogene Verhältnisse haben. Es kann nicht sein, dass die Erstattung von Kindergartenbeiträgen für sozial schwache Familien davon abhängt, wo man wohnt und welche Postleitzahl man hat. Auch dies wollen wir ändern.

Ihre Sorge in Bezug auf das Kita-Geld ist im Übrigen unberechtigt; denn wir werden das Kita-Geld so lange weiterzahlen, bis wir eine neue Ausrichtung haben und eine neue Finanzierung auf die Beine gestellt haben.

Zudem werden wir die Kommunen mit zusätzlichen 50 Millionen € bezuschussen und entlasten. Die Neuregelung der gesamten Kita-Finanzierung in Schleswig-Holstein bedeutet einen Kraftakt für alle Beteiligten. Das, meine Damen und Herren, braucht Zeit. Wir, die Jamaika-Koalition, haben davor keine Scheu. Das machen wir gründlich und transparent.

Seit Langem mahnen alle Beteiligten, wie die kommunalen Landesverbände, die Landes-Arbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtsverbände, die freien Träger und natürlich auch die Eltern, eine solche Veränderung an. Wir werden das sorgfältig anpassen. Deswegen bitten wir die Landesregierung schon in der dritten Tagung, also nach knapp drei Wochen, ein Eckpunktepapier dazu zu entwickeln, damit uns dieses bereits im April 2018 vorgestellt werden kann.

Ich weiß, das ist ganz schön sportlich. Wer weiß, welche verschiedenen Fördermaßnahmen angewendet werden, der weiß auch, welcher Kraftakt das ist.