Nicht nur die Sozialversicherungssysteme sind unterschiedlich, sondern auch die Kommunikationsformen. Dabei meine ich jetzt nicht nur die Sprache - das ist eine Sache -, sondern auch die in Dänemark viel weiter vorangeschrittene Digitalisierung in der Verwaltung. Seit 2015 findet die Kommunikation zwischen Bürgern und öffentlichen Behörden fast ausschließlich digital statt. Es gibt digitale Postfächer, gepaart mit einer digitalen Signatur und der sogenannten „Nem ID“ eines Identifikationspasswortes.
Es ist politischer Wille, die öffentliche Verwaltung zu digitalisieren und zeitgleich den persönlichen Service abzubauen. Da die Zugangsberechtigungen klar geregelt sind, fällt die relativ kleine Anzahl von Pendlern oft durchs Netz. Anträge und Formulare kommen zu spät an, können nicht rechtzeitig zugestellt und damit nicht bearbeitet werden. Diesen wichtigen Punkt sprechen Sie in Ihrem Antrag leider nicht an. Alles, was hilft, die Sozialversicherungssysteme zum Wohl der Grenzpendler besser zu koordinieren, ist gut. Deshalb zielt Ihr Antrag auch in die richtige Richtung; er ist mir bloß ein bisschen zu unkonkret.
„Wir wollen … den grenzüberschreitenden Arbeitsmarkt fördern und das Beratungsangebot zumindest erhalten …“
Wenn Ihnen das jetzt alles so plötzlich am Herzen liegt, dann frage ich mich, warum Sie diesen Punkt nicht im Vorfeld in den Beratungen zum Haushalt berücksichtigt haben; denn die Beratung könnte man ja zusätzlich mit Landesmitteln fördern.
Zum Abbau der Hürden gibt es bereits konkrete Handlungsempfehlungen des Infocenters. Ich empfehle, sich diese genauer anzuschauen.
Einige Forderungen hören sich vielleicht etwas anmaßend an. Aber Dänemark hat starkes Interesse an einer einfachen und schnellen Kommunikation. Denn jährlich leisten Grenzpendler mit 3,3 Milliar
Was aber das Wichtigste ist - und das vermissen wir in Ihrem Antrag auch -: Wenn wir möchten, dass möglichst viele Barrieren auf dem grenzüberschreitenden Arbeitsmarkt abgebaut werden; wenn wir möchten, dass die Menschen, die Pendler, die Vorzüge eines offenen Europas, des europäischen Binnenmarktes auch direkt in ihrem Alltag erleben, dann gehört zuallererst der Wegfall der permanenten Grenzkontrollen dazu.
Das ist die erste Bedingung für eine Weiterentwicklung des grenzüberschreitenden Arbeitsmarktes. Dafür sollten wir uns gegenüber der dänischen Regierung einsetzen.
Gleichermaßen ist natürlich auch die Errichtung neuer Zäune zu kritisieren, und sei es nur gegen Wildschweine. Der europäische Gedanke ist Verbindung, ist Kooperation, nicht Abschottung. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die EU wird nur dann eine gute Zukunft haben, wenn soziale Teilhabe für alle gewährleistet wird. In den kommenden Wochen werden wir über die großen sozialen Themen in der Europäischen Union noch viel diskutieren.
Das Anliegen unserer Koalition ist es, bei grenzüberschreitenden Themen in Bezug auf den Arbeitsmarkt zu schauen, was für uns vor Ort auch konkret relevant ist; denn in der Grenzregion wird die Bedeutung der EU in sozialen Fragen konkret. Das gilt auch für unser Grenzland. Viele gute Ansätze sind schon Teil der Debatte gewesen, zum Beispiel das Projekt StaRForCE, in dem es um die grenzüberschreitende Berufsausbildung geht. Es hat auch in der INTERREG-Debatte vor ungefähr einem Monat eine große Rolle gespielt.
Circa 13.800 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus Schleswig-Holstein pendeln täglich nach Dänemark. Umgekehrt sind es wesentlich weniger: Circa 651 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus dem
Nachbarland sind bei uns in Arbeit. Unsere beiden Länder haben sehr unterschiedliche Sozial- und Steuersysteme. Da kommt es immer wieder zu Komplikationen; das ist nicht verwunderlich.
Als schleswig-holsteinische Politik haben wir für unsere Grenzpendlerinnen und Grenzpendler eine besondere Verantwortung. Wir wollen sicherstellen, dass Grenzpendlerinnen und Grenzpendler keinen Nachteil gegenüber Menschen haben, die im selben Land arbeiten und leben. Darum geht es in dem Antrag, den wir heute vorgelegt haben.
Seit 2004 berät das Infocenter Grenze in Padborg sehr erfolgreich und kompetent Grenzpendlerinnen und Grenzpendler; das wollen wir hier feststellen. Für die allermeisten Menschen funktioniert das sehr gut und es gibt keine Probleme. Die Zahlen auf dem grenzüberschreitenden Arbeitsmarkt sind konstant. Uns wird aber auch gesagt, dass die Probleme immer komplizierter werden. Das sollte uns zu denken geben. Deshalb ist es wichtig, die Arbeit des Centers sicherzustellen und die Beratungsstrukturen auszubauen.
Frau Pauls, dass wir es in der Begründung ein bisschen anders formuliert haben als im Antragstext liegt einfach daran, dass wir gerade nicht wissen, wie es weitergeht. Wir sagen: Es muss zumindest sichergestellt sein, dass es weitergeht. Aber wir wollen die Beratungsstrukturen - darüber herrscht zwischen uns sicherlich Konsens - gern auch ausbauen. Im Ausschuss sollte es darum gehen, wie wir das gemeinsam erreichen können.
Wir glauben aber, dass es nicht ausreicht, gute Beratungsstrukturen zu haben, sondern dass wir uns auch die Gesetzgebung noch einmal konkret anschauen müssen. Denn keine Gesetzgebung, und sei sie noch so gut, ist fehlerfrei und lückenlos. Wenn solche Lücken Menschen in Armut treibt, dann sollte uns das hier beschäftigen und zu denken geben. Menschen, die mit Anfang 50 erwerbsunfähig werden und aufgrund unterschiedlicher Regelungen zur Erwerbsunfähigkeit in beiden Ländern einen großen finanziellen Nachteil erleiden, vielleicht sogar in Armut rutschen, muss möglichst unbürokratisch und schnell geholfen werden.
In der Theorie - das wird man feststellen - gibt es oftmals Regelungen. In der Praxis treten aber Fälle auf, in denen es trotzdem nicht funktioniert. Sich das näher anzuschauen und mit unterschiedlichen Menschen aus den Beratungseinrichtungen darüber zu sprechen - das ist Ziel unseres Antrags. Denn einer der Grundwerte der Europäischen Union ist die Freizügigkeit, und das nicht nur für Waren, sondern
auch für Menschen. Es muss gesichert sein, dass zu dieser Freizügigkeit auch soziale Sicherheit gehört.
Das können wir nicht in Schleswig-Holstein bewältigen. Wir können hier kein Gesetz verabschieden, das eindeutige Regelungen trifft; das ist uns bewusst. Aber wir können - wie bereits in der Vergangenheit bei anderen Fragen der deutsch-dänischen Zusammenarbeit - Motor sein für Entwicklungen.
Wir können die Themen beispielsweise mit unseren Kollegen aus dem dänischen Folketing, aus dem dänischen Sozialausschuss besprechen. Wir können mit unseren Kollegen aus dem Deutschen Bundestag darüber in den Dialog treten. Wir können auch den Kontakt zu den Sozialversicherungen suchen, die hier auch eine wichtige und entscheidende Rolle spielen. Wir wollen das gemeinsam mit dem demokratischen Teil der Opposition tun. Ich sehe Ihren Antrag als sinnvolle Ergänzung.
Natürlich hatten Sie recht: Die Grenzkontrollen sind unsinnig. Natürlich müssen die Grenzkontrollen wegfallen. Natürlich bringt es nichts, dass an unserer Grenze am Montag ein symbolischer Wildschweinzaun gebaut wird. Das haben wir bereits mehrfach gemeinsam festgestellt; das noch einmal festzustellen, schadet nicht. Da haben wir eine große Gemeinsamkeit.
Es ist uns sehr wichtig, diese Anträge als Arbeitsauftrag dem Europaausschuss zu überweisen. Wir wollen nicht nur einen gemeinsamen Antrag formulieren, sondern wir wollen das Problem auch lösen. Deswegen sollten wir vielleicht in der nächsten oder übernächsten Sitzung des Europaausschusses und in den Gesprächen mit den verschiedenen Akteuren - versuchen, konkreter zu werden. Das Wichtigste ist nicht, den vorliegenden Antrag zu verabschieden, sondern die Fragen zu beantworten. Das können wir im Ausschuss, glaube ich, am besten gemeinsam tun. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegen! Das vereinte Europa ist gelebte Freiheit. Für die Bürger der EU ist es ganz selbstverständlich, in dem einen Land leben und in dem anderen Land arbeiten zu können. Menschen, die in den Grenzgebieten leben, nutzen diese Möglichkeiten auf vielfältige Weise. Sie leben beispielsweise in Flensburg und shoppen und arbeiten in Dänemark oder umgekehrt. Eigentlich sollte das die normalste Sache auf der Welt sein, zumindest in einem vereinten Europa.
Dennoch hat jedes europäische Land bereits vor der Gründung der EU erkannt, wie wichtig die soziale Absicherung der Menschen ist. Krankenversicherung und Altersvorsorge sind zwei der wichtigsten Säulen, die dazu beitragen, dass Menschen in allen Lebenslagen sicher und würdig leben können.
Jedes Land in Europa hat unterschiedliche Sozialversicherungssysteme - und findet diese übrigens auch gut und Vorteile in ihnen. Waren soziale Sicherungssysteme Ausdruck unterschiedlicher Historie, unterschiedlicher gesellschaftlicher Schwerpunkte, eines unterschiedlichen Staatsverständnisses, schlicht unterschiedlicher Bedürfnisse, sind sie leider auch Ausdruck unterschiedlicher Bürokratien.
Für soziale Sicherungssysteme, wie übrigens auch Steuersysteme, gilt das Territorialprinzip. Das macht es für einen Grenzgänger nicht einfach; denn wenn er in dem einen Land lebt und in dem anderen Land arbeitet, macht es die Anwendung des Territorialprinzips schwierig und wirft für den Einzelnen in der konkreten Lebenssituation eine Vielzahl von Fragen auf.
Dabei gibt es tatsächlich gute Informationen und Beratungsangebote auf beiden Seiten der Grenze. Abhängig von der individuellen Situation kann es aber, wie wir wissen, sehr schnell sehr komplex werden. Einerseits wollen wir insbesondere Doppelbelastungen vermeiden, andererseits wollen wir auch sicherstellen, dass sich bei der Vielfalt unterschiedlicher Leistungen nicht doch plötzlich ungeplante Lücken im Netz der sozialen Sicherung auftun.
Genau an dieser Stelle setzt der Antrag der Jamaika-Koalition an. Wir wollen im Sinne der Grenzpendler einerseits einen genauen Blick auf die Beratungsangebote werfen, schauen, wo es vielleicht nötig ist, diese noch passgenauer, noch präziser,
noch abgestimmter zu organisieren; wir wollen andererseits auch die großen Erfahrungen der Beratungsstelle nutzen, um zu schauen, wo es vielleicht tatsächlich Lücken in der Sozialgesetzgebung oder in deren Umsetzung gibt und diese gezielt schließen.
Ich sehe zwischen dem Antrag der Koalitionsfraktionen und dem Antrag der SPD-Fraktion keinen spürbaren inhaltlichen Unterschied. Die Anträge gehen in die gleiche Richtung. Die Anträge haben die gleiche Zielsetzung. Wir wollen es für die Menschen auf beiden Seiten der Grenze einfacher machen.
In diesem Sinne freut es mich, dass wir hier zunächst keinen inhaltlichen Dissens haben. Genau das ist die beste Basis dafür, im Europaausschuss auf Grundlage des Antrags der Jamaika-Koalition und der SPD-Fraktion eine Initiative für Pendler auf beiden Seiten der Grenze zu schaffen - unabhängig davon, ob es einen Wildschweinzaun gibt oder nicht. Wir wollen das Leben für die Menschen besser machen. - Vielen Dank.