Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! In dieser Diskussion ist ein Aspekt noch zu kurz gekommen, er wurde nur kurz angerissen; deswegen greife ich ihn jetzt auf.
Gewalt gegen Polizeibeamte ist in Schleswig-Holstein ein ernsthaftes Problem, und das wird jedes Jahr größer. 2017 mussten wir in unserem Land 1.307 Gewalttaten gegen die Polizei verzeichnen, 306 Beamte wurden verletzt, sechs davon schwer. Die Hansestadt Lübeck liegt mit rund 300 Gewalttaten gegen Polizeibeamte jährlich an der Spitze in Schleswig-Holstein.
Auch im Landtag haben wir dieses Thema behandelt. Fraktionsübergreifend wurde Gewaltprävention als gesamtgesellschaftliche Aufgabe betrachtet; Respekt und Anerkennung gegenüber Aufgaben und Arbeit der Polizei seien der Schlüssel zum Erfolg der Prävention.
Nun erleben wir hier im Haus eine ganz eigene Idee, letztlich auch eine eigene Idee der Landesregierung, wie diese Prävention umgesetzt und Werte vermittelt werden. Den Schülern werden die aus dem linksextremen Milieu stammenden Protagonisten einer Band im Rahmen schulischer Bildung vorgesetzt, die beispielsweise folgende Texte über Polizisten veröffentlichen - ich erspare Ihnen den Text nicht noch einmal -:
„Wir stellen unseren eigenen Trupp zusammen Und schicken den Mob dann auf euch rauf Die Bullenhelme - sie sollen fliegen Eure Knüppel kriegt ihr in die Fresse rein Und danach schicken wir euch nach Bayern Denn die Ostsee soll frei von Bullen sein.“
Auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion erklärte die Landesregierung, sie kenne die Gewaltaufrufe dieser Band gegen die Polizei, aber sie bewerte die Texte von Gruppen aus anderen Ländern grundsätzlich nicht.
Sehr geehrte Damen und Herren der Landesregierung, das sollten Sie aber, zumindest wenn Sie es mit der Prävention gegen Gewalt gegen Polizeibeamte ernst meinen.
Ich schließe mit der Veröffentlichung der Deutschen Polizeigewerkschaft Schleswig-Holstein über die SchulKino-Veranstaltung in Lübeck:
„Polizei schützt Filmvorführung über eine Band, die in ihren Liedtexten zu Gewalt gegen Polizisten aufruft. Machen wir auch noch nebenbei. Dank an die eingesetzten Kollegen.“
Der Titel dieses Beitrags lautet: „Rechtsstaat skurril“. - Dem ist nichts hinzuzufügen. - Vielen Dank.
Ich will es kurz machen. Erstens ist, was Sie dazu vorgetragen haben, was an dem Film zu kritisieren ist, vielleicht sogar alles richtig.
Die wesentliche Frage ist doch: Gehört das in den Unterricht? Der Beutelsbacher Konsens - das haben wir dargelegt - besagt: Ja, selbstverständlich gehört die politische Kontroverse in den Unterricht. - Das ist das, was Sie nicht verstehen. Sie können sich an dem Film abarbeiten, wie Sie wollen; aber, wenn Sie den Beutelsbacher Konsens ernst nehmen, gehört das in den Unterricht. Es ist Meinungsvielfalt, Pluralismus und Demokratie, wenn es möglich ist, darüber eine Kontroverse zu führen.
(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW - Zuruf Jörg Nobis [AfD]: Die Kontroverse kommt nicht vor!)
- Das stimmt nicht. Im Rahmen der SchulKinoWoche ist vorgesehen, dass das im Unterricht, bevor die Kinder dort hingehen, behandelt und auch nachbereitet wird.
Es gab auch eine Diskussionsveranstaltung, die, insbesondere als die Ministerin daran teilgenommen hat, sehr kontrovers war. Das hat stattgefunden.
Zweitens. Herr Brodehl, Sie haben den Anlass des Antrags erwähnt. Wir haben diesen Brief - ich habe Zitate daraus vorgelesen - entsprechend an die Schule gerichtet. Danach empfinde ich es als einen Skandal, dass der Antrag gestellt wurde, weil Sie weder im Antrag noch in Ihrer Rede im Landtag sagen, dass solche Drohungen an Schulen nicht in Ordnung sind, und das nicht kritisieren. Das kritisiere ich hier noch einmal.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schulpolitisch bin ich hier noch nicht aufgetreten.
Ich habe als Vater Erwartungen an das, was in der Schule gelehrt wird. Dazu gehört auch politische Bildung. Ich möchte, dass meinen Kindern vermittelt wird, sich mit unterschiedlichen politischen Strömungen und Positionen auseinanderzusetzen.
Die Kritik, die Sie an diesem Film und an dieser Filmveranstaltung äußern, finde ich ungeheuerlich. Es ist überhaupt kein Problem, sich mit solchen Filmen und den Inhalten kritisch auseinanderzusetzen und unseren Schülern beizubringen, wie man sich kritisch mit solchen Filmen auseinandersetzt. Sie blenden völlig aus, dass das zum Leben unserer Kinder gehört.
Die Band, die Gegenstand dieses Films ist, wird von unseren Kindern gehört. Auch noch andere Musik wird gehört. Es ist doch vernünftig, wenn unsere Kinder in der Schule darauf vorbereitet werden, wie sie mit solchen Inhalten und Botschaften, die dort vermittelt werden, umgehen. Das kann doch von Ihnen nicht ernsthaft in Abrede gestellt werden.
(Dr. Frank Brodehl [AfD]: Ach, das hört man raus! - Claus Schaffer [AfD]: Meinen Sie, ich finde das gut?)
Sie ziehen Gewalt gegen die Polizei heran. Sie ziehen hier Beispiele heran und stellen sie in einen Zusammenhang, der in dieser Form nicht besteht.
Kein Schüler wird sich zur Gewalt gegen die Polizei bereit erklären, weil er diesen Film eingebettet in einen aufklärenden Unterricht über die Problematik geguckt hat, die in diesem Film zum Ausdruck kommt. Das ist einfach so, und da haben wir einen Bildungsauftrag.