Protocol of the Session on January 24, 2019

(Beifall SPD und SSW)

Meine Damen und Herren, mit der Schleifung des Tariftreue- und Vergabegesetztes schaffen Sie das heute ab.

Herr Kilian, ich möchte zum Schluss noch schnell auf Ihr Kriterium für Kinderarbeit zu sprechen kommen: Sie tun so, als ob uns das in SchleswigHolstein nichts anginge. Die Polizeiuniformen man soll ja von den Dingen sprechen, von denen

man etwas versteht - werden vom Logistikzentrum Nord vertrieben. Hergestellt werden sie von 20 verschiedenen Unternehmen in Europa, Afrika und Asien. Mir ist es total wichtig, dass meine Kolleginnen und Kollegen in Uniformen über die Straße gehen können, die nicht unter schlimmsten Bedingungen von Kindern in Afrika gefertigt wurden. Ich finde, das ist eine Frage der Fairness.

(Beifall SPD und SSW)

Wir tragen an genau dieser Stelle auf Landesebene ganz konkret Verantwortung für den Rest der Welt. Dieser Verantwortung, meine Damen und Herren, finde ich, sollten wir alle gerecht werden. In diesem Sinne können die Veränderungen, die Sie heute anstreben, nicht sein.

Auch ich habe mich mit mittelständischen Unternehmern aus meiner Region unterhalten. Deren Problem war nicht, dass faire Kriterien angelegt werden.

Frau Abgeordnete, kommen Sie bitte zum letzten Satz.

In der Tat haben alle Unternehmer gesagt: „Wir möchten, dass das, was im Gesetz festgelegt ist, besser kontrolliert wird.“ Damit wären auch alle einverstanden. Das hätte uns an dieser Stelle vorangebracht - nicht freiwillige Kriterien, die am Ende niemandem mehr nützen.

(Beifall SPD und SSW)

Das Wort zu einem weiteren Kurzbeitrag hat der Abgeordnete Lars Harms.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Worum geht es hier eigentlich? Eigentlich geht es hier darum, dass Menschen im Rahmen der freien Wirtschaft für den Staat Arbeiten verrichten sollen. Deswegen schreiben wir Aufträge aus.

Für das bisherige Gesetz galt eigentlich Folgendes: Man sollte Aufträge nicht nach außen vergeben, um am eigenen Personal zu sparen. Es wird ein niedriges Tarifniveau vereinbart, und dann sagt der Staat: „Selbst dieses Tarifniveau ist mir noch zu hoch. Lieber stelle ich niemanden mehr in den öffentlichen Dienst ein und vergebe den Auftrag nach außen.“ Genau das sollte das Gesetz verhindern.

(Beifall SSW und vereinzelt SPD)

Deswegen haben wir immer gesagt: Der Mindestlohn muss sich am untersten Niveau des Lohns im öffentlichen Dienst orientieren, damit genau dieser Effekt nicht eintritt. Das ist der Effekt des Mindestlohns. Das hat nicht sehr viel mit Lohndumping zu tun.

Der zweite Punkt ist: Bei Vergaben sollte die Tarifbindung gelten, sofern es im jeweiligen Bereich Tarife gibt. Das betrifft insbesondere die mittelständischen Unternehmen; diese haben unter anderem auch landesspezifische Tarife, die echt nicht schlecht sind; die bieten ordentlich. Wenn wir nicht festschreiben, dass diese Tarife gelten, dann kann es passieren, dass Großunternehmen bei Auftragsvergaben die mittelständischen Unternehmen unterbieten. Die Großunternehmen haben eine Logistik, dass die Heide wackelt. Möglicherweise haben die mittelständischen Unternehmen dann keine Chance. Auch das wollten wir mit dem Gesetz verhindern; das hat auch geklappt.

(Beifall SSW und SPD - Christopher Vogt [FDP]: Das Gegenteil ist der Fall!)

Dritter Punkt: Die Tarifbindung führt dazu, meine Damen und Herren, dass diejenigen, die für uns, den Staat, tätig sind, von diesem Lohn leben, ihre Familie ernähren, ihr kleines Häuschen bauen können und die Sicherheit haben, dass sie am Ende eine vernünftige Rente erhalten. Auch diesen Effekt hat das Tariftreue- und Vergabegesetz gänzlich erfüllt, meine Damen und Herren.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenbemerkung des Abgeordneten Richert?

Sehr gerne.

Herr Abgeordneter, habe ich Sie eben richtig verstanden, das Tariftreue- und Vergabegesetz habe dazu geführt, dass sich hauptsächlich kleine Unternehmen beteiligt hätten und die großen von den Vergaben de facto ausgeschlossen worden seien?

- Nein, das haben Sie wieder einmal falsch verstanden. Das mag vielleicht Ihrer ideologischen Verblendung geschuldet sein.

(Beifall SSW und SPD)

Lieber Kollege Richert, es geht nicht darum, bestimmte Unternehmen auszuschließen - das wäre

auch nicht rechtens -, sondern es geht darum, faire, gleiche Bedingungen zu schaffen, wo alle auf Qualitätsbasis miteinander konkurrieren und nicht auf der Basis, wer den niedrigsten Lohn zahlt. Denn das führt zu einer Abwärtsspirale, das führt immer dazu, dass unsere Leute den Arbeitsplatz verlieren, dass die Mittelständler nicht mehr überleben können, dass hier keine Steuern gezahlt werden. Das wollen wir verhindern, und all das hat unser Gesetz gut verhindert.

(Beifall SSW und SPD)

Ein dritter Punkt - Flemming Meyer hat das eben angesprochen -: Personalübernahme. Warum haben wir Personalübernahme als Kann-Bestimmung reinformuliert? - Wir haben das gemacht, um zu gucken, ob man davon Gebrauch macht und wie das wirkt.

(Lukas Kilian [CDU]: Ja, ja!)

- Herr Kilian, man sieht, es hat funktioniert. Einige haben es nicht gemacht, in der Tat. Wo es aber gemacht wurde, zum Beispiel bei mir in Nordfriesland, wo es einen breiten Konsens inklusive FDP und CDU gab, genau das bei ÖPNV-Vergaben festzuschreiben, hat es dazu geführt, dass Unternehmen Angebote abgegeben haben, die qualitativ besser waren als das, was wir bisher hatten. Sie wussten, dass sie das mit den Leuten machen können, die dort mit den Bussen fahren. Das war hervorragend: Wir haben genauso viel bezahlt wie vorher, die Leute haben ihren Job behalten, und wir haben mehr Leistung bekommen. Auch das war ein Effekt dieses Gesetzes. Ich glaube, dass das Gesetz ein gutes Gesetz ist - noch gilt es ja - und dass wir es erhalten sollten. Deswegen haben wir unseren Antrag eingebracht.

Der Staat muss mit gutem Beispiel vorangehen, und der Staat hat sich um die Bürgerinnen und Bürger zu kümmern, um die Mittelständler, um die Mitarbeiter und um die Steuereinnahmen dieses Landes. Das hat das Gesetz alles beinhaltet.

(Beifall SSW und SPD)

Das Wort zu einem weiteren Kurzbeitrag hat der Abgeordnete Dr. Andreas Tietze.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich gehöre wie der Kollege Harms und der Ex-Kollege Olaf Schulze zu den Vätern dieses Gesetzes.

(Lars Harms)

Wir erinnern uns: Es gab noch keinen Bundesmindestlohn, als wir dieses Gesetz auf den Weg gebracht haben. Es gab in der Tat Dumping-Löhne, und zu der damaligen Zeit - 2012 - war es richtig und gut, das Gesetz so zu formulieren, wie wir es formuliert haben.

Lieber Lars Harms, man erinnert sich immer an die guten Dinge, und was schiefgelaufen ist, vergisst der Mensch in der Regel sehr schnell. Erstens. Wir haben mit diesem Gesetz darauf vertraut, dass sich der Minister der eigenen Koalitionsregierung an das hält, was politisch gewollt ist, was Sie beschrieben haben, dass der Vergabemindestlohn über 9,90 € hinausgeht. Es gab 2016 Tarifabschlüsse, die genau das festgestellt haben.

Uns Grünen ist aufgefallen, dass der Mindestlohn nicht angepasst wurde. Herr Kollege Stegner, da ist diese Frage gestellt worden. Ein sozialdemokratischer Wirtschaftsminister hat an dieser Stelle schlicht und ergreifend Arbeitsverweigerung praktiziert, indem er gesagt hat: Diese Erhöhung nehmen wir nicht vor.

(Lars Harms [SSW]: Deshalb muss es ins Gesetz!)

- Entschuldigung, jetzt zu sagen, wir waren die Helden und haben alles toll gemacht, ist es nicht, denn wir haben das an dieser Stelle nicht gemacht. Ich möchte das hier nur noch einmal erwähnen, auch Kollege Andresen hat das erwähnt.

Zweitens zur Personalübernahme. Natürlich ist die Kann-Regelung eingeführt worden, weil wir darauf vertraut haben, dass die Kommunen es machen. Nach meiner Erfahrung haben es nicht alle Kommunen gemacht. Es gab einen Fall in Dithmarschen, den wir alle kennen, der in Dithmarschen zu erheblichem Shitstorm gegenüber Kreispolitikerinnen und Kreispolitikern geführt hat nach dem Motto: Was macht die Politik in Dithmarschen? Das hat eine schockierende Wirkung gehabt. Ich weiß nicht, ob diejenigen, die sich daran noch erinnern, die Zeitungsberichte gelesen haben. Das war kein Ruhmesblatt für die dortige Kreispolitik.

Als der SSW seinen Antrag im Wirtschaftsausschuss gestellt hat - wir haben im Ausschuss eine große Anhörung durchgeführt -, hat die sozialdemokratische Fraktion den SSW-Antrag nicht unterstützt, ganz im Gegenteil; der SSW hat allein für seinen Antrag gestimmt.

(Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD])

- Ich will nur deutlich machen, dass im Ausschuss -

(Dr. Kai Dolgner [SPD]: Im Gegensatz zu anderen lassen wir uns überzeugen!)

- Die Situation im Ausschuss war vollkommen anders: Flemming Meyer war allein im Haus und hat für seinen Antrag keine Mehrheit bekommen. Jetzt so zu tun, als ob Sie schon immer an der Seite des SSW standen - - Herr Kollege Stegner, in Ihrer Regierungsverantwortung wollte Minister Meyer das nicht, er hat sich dagegen gewehrt, dass es eine Reform gibt.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Lars Harms?

Ja, selbstverständlich, bitte schön.

Ich möchte noch einmal auf Dithmarschen zurückkommen. Sie können sich sicherlich daran erinnern, dass der Kreis Dithmarschen seinerzeit eine Ausschreibung machen wollte und gesagt hat: Wir wollen nur den Mindestlohn ausschreiben und keinen Tariflohn. Dass das Gesetz das verhindert, ist logisch. Was würde das jetzt bei Ihrem Gesetzentwurf bedeuten, der nur den festgesetzten Mindestlohn von 9,99 € vorsieht, für die Mitarbeiter in Dithmarschen, die die Busse dort fahren? Die zahlen zwischen 13 und 14 € pro Stunde. Das würde bedeuten, dass sie entweder arbeitslos werden, weil es keine Übernahmemöglichkeit mehr gibt, oder dass sie auf ein Drittel ihres Lohnes zu verzichten haben. Finden Sie das in Ordnung, sollte man das nicht verhindern?

- Herr Kollege Harms, der Vorteil ist, wenn man Vorsitzender eines Ausschusses ist, dass man vier Stunden in der Anhörung aufmerksam zuhört.

(Beifall CDU und vereinzelt FDP)

Die Welt hat sich weitergedreht. Alle Experten haben gesagt, es gebe einen extremen Fachkräftemangel, gerade bei Busfahrerinnen und Busfahrern. Das Thema ist heute nicht mehr, dass ich den öffentlichen Nahverkehr über Billiglöhne mit Fachpersonal gefüllt kriege, sondern ich bin heute gezwungen das haben viele bestätigt -, gute und faire Löhne im ÖPNV zu zahlen; sonst bewirbt sich niemand mehr auf Ausschreibungen. Wir haben durch den Fachkräftemangel die Situation, dass selbst die Kreise sagen: Wir können keinen Dumping-Lohn ausschreiben, weil sich niemand mehr auf solche Aus