Protocol of the Session on September 28, 2018

Ab nächster Woche werden in Workshops mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Anstalten das ist mir ganz wichtig - alle Aufgaben in allen Anstalten aufgelistet. Bis Ende März 2019 erfolgt die Erhebung der Ist-Situation. Dann wird untersucht, wie viel Zeit man für die jeweiligen Aufgaben benötigt. Anschließend wird man sich natürlich fragen, ob neue Aufgaben hinzukommen, die den Bedarf verändern können. Die Berechnung des Personalbedarfs soll bis Ende 2019 abgeschlossen sein. Diese Zeit ist erforderlich, da alle Bediensteten sozusagen als Justizvollzugsexperten in den Prozess der Personalbedarfsanalyse einbezogen werden.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Parallel dazu wird an der Evaluation und der Überarbeitung des Landesstrafvollzugsgesetzes gearbeitet. Die Zeitpläne beider Vorhaben sind soweit abgestimmt, dass die Ergebnisse des Gesetzgebungsvorhabens bei der Berechnung des künftigen Personalbedarfs berücksichtigt werden können. Letztlich gilt es, den Personalbedarf solide zu berechnen. Hier gilt - das sage ich auch in Richtung AfD - der alte Grundsatz: Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit.

Dies bedeutet aber nicht, meine Damen und Herren, dass in der Zwischenzeit für aktuelle Bedarfe keine zusätzlichen Stellen eingeworben wurden. Der Vollzugsdienst wurde in den letzten Jahren personell um 43 Stellen aufgestockt. Weitere fünf Stellen kommen wahrscheinlich 2019 hinzu. Ab 2021 erfolgt eine personelle Entlastung aufgrund der Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit in Höhe von 63 neuen Stellen. Bereits zugewiesen wurden dafür die Anwärterstellen, damit wir diese Stellen dann auch mit Fachkräften schnell besetzen können.

Derzeit sind in den Justizvollzugsanstalten unseres Landes 903 Vollzugsbedienstete tätig. Jetzt nenne ich eine ganz wichtige Zahl: Im Allgemeinen Vollzugsdienst sind derzeit 97,5 % aller Stellen besetzt.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Natürlich streben wir eine hundertprozentige Besetzung an. Ja, wir wollen die Arbeit im Justizvollzug weiter verbessern. Dafür wurde unter anderem für den Haushalt 2017 das Eingangsamt für den Laufbahnzweig „Allgemeiner Vollzugsdienst“ und „Werkdienst für den Justizvollzug“ von A 7 nach A 8 angehoben. Weitere Hebungen stehen bevor.

Wir werden die wöchentliche Arbeitszeit der im Nacht- und Wechseldienst eingesetzten Mitarbeite

(Claus Schaffer)

rinnen und Mitarbeiter reduzieren. Wer zehn Jahre so gearbeitet hat, soll ab Januar 2022 „nur noch“ 38 Stunden wöchentlich arbeiten. Wer 20 Jahre so gearbeitet hat, hat dann künftig nur noch eine wöchentliche Arbeitszeit von 36 Stunden.

Neben diesen Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität der Berufe entwickelt unser Haus auch direkte Maßnahmen zur Nachwuchskräftegewinnung. So ist der Justizvollzug an einem Werbefilm der Staatskanzlei beteiligt, und die JVA Lübeck wirbt auf ihrer Webseite und über YouTube mit einem Imagefilm. Auch an der Beschriftung der Dienstfahrzeuge nimmt der Justizvollzug teil. Sie können demnächst lesen „Dein Beruf. Justizvollzug. Jetzt bewerben!“. - Ob das für Sie auch gilt, weiß ich nicht, aber es wird dort so stehen.

Auch ist der Justizvollzug regelmäßig auf Berufsmessen vertreten, um Interessenten direkt anzusprechen. All diese Aktivitäten werden wir ausbauen und zu einer Strategie für die Anwerbung von Personal für den Landesjustizvollzug weiterentwickeln.

Schon lange werden die sozialtherapeutischen und sportlichen Angebote in den JVAen weiterentwickelt. Hier haben wir in den letzten Jahren sehr viel erreicht. Für die ambulante Versorgung von psychiatrisch erkrankten Gefangenen stehen Konsiliarärzte innerhalb der Anstalten bereit. Sollte eine ambulante Versorgung nicht ausreichen, können erkrankte Gefangene seit Oktober 2016 auf der psychiatrischen Abteilung der JVA Neumünster teilstationär aufgenommen und therapiert werden. Bisher wurden dort 92 Gefangene behandelt.

Bei schweren Krankheitsbildern, die eine 24-stündige psychiatrisch medizinische Präsenz erforderlich machen, hält das HELIOS-Klinikum in Schleswig seit April 2017 einen räumlich abgeschlossenen Bereich für die stationäre Behandlung vor. Dort können bis zu fünf männliche Gefangene und zwei weibliche Gefangene behandelt werden. Ein weiteres auf die Bedürfnisse der Inhaftierten ausgerichtetes Betreuungs- und Behandlungsangebot wird durch die bereits vorhandenen und die weiter in Planung befindlichen sozialtherapeutischen Abteilungen umgesetzt. Derzeit gibt es zwei solche Einrichtungen. Die im Jahr 2003 eröffnete Sozialtherapie in Lübeck hält 39 Haftplätze für männliche erwachsene Strafgefangene bereit. Hier werden zurzeit schwerpunktmäßig Sexualstraftäter behandelt. Weitere 30 Behandlungsplätze für männliche Jugendliche sind seit 2011 in der sozialtherapeutischen Abteilung der Jugendanstalt in Schleswig geschaffen worden.

Zusätzlich zu den bestehenden Behandlungsplätzen wird in der Justizvollzugsanstalt Neumünster bis Ende 2021 eine sozialtherapeutische Abteilung mit weiteren 20 Haftplätzen explizit für Gewaltstraftäter errichtet. Zudem ist in Lübeck eine Erweiterung der sozialtherapeutischen Abteilung um 20 Behandlungsplätze geplant. Schon jetzt werden mit Blick aufs Personal neue Lehrgänge für die Zusatzausbildung Sozialtherapie ausgeschrieben und vorbereitet. Natürlich hält der Vollzug in allen Anstalten eine Vielzahl von Sportangeboten bereit. Wir haben es eben schon gehört: 500.000 € gibt es noch einmal aus IMPULS.

Sie erkennen also aus dem von mir Vorgestellten, dass der Weg zu einem guten und fortschrittlichen Landesjustizvollzug schon lange beschritten worden ist. Die große Verantwortung für unsere Beamtinnen und Beamten im Vollzugsdienst ist uns dabei sehr wohl bewusst. Wir gehen sehr sorgsam damit um. Auch im Hinblick auf die fordernde Aufgabe der Resozialisierung der Gefangenen; denn, meine Damen und Herren, alle Gefangenen werden das Tor der JVA irgendwann in Richtung Freiheit wieder durchschreiten. Darauf müssen wir sie und auch unsere Bevölkerung vorbereiten.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Wir werden im Vollzug bei Personal und Aufgabenverteilung nachjustieren, wo es erforderlich ist. Das liegt in unser aller Interesse. - Vielen Dank.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Frau Ministerin hat die vorgesehene Redezeit um 3,5 Minuten erweitert. Diese stünde jetzt allen anderen Fraktionen auch noch zur Verfügung. Ich sehe jedoch nicht, dass davon Gebrauch gemacht wird. Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe somit die Beratung.

Es ist beantragt worden, über die Anträge in der Sache abzustimmen. Ich lasse zunächst über den Antrag der Fraktion der AfD, Drucksache 19/962, abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenenthaltungen? - Damit ist der Antrag mit den Stimmen von CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und der Abgeordneten des SSW gegen die Stimmen der AfD abgelehnt.

Ich lasse dann über den Alternativantrag der Fraktionen von CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ

(Ministerin Dr. Sabine Sütterlin-Waack)

NEN und FDP, Drucksache 19/978 (neu), abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag bei Enthaltung der Abgeordneten des SSW angenommen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 26 auf:

Demokratiebildung stärken

Antrag der Fraktionen von CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und der Abgeordneten des SSW Drucksache 19/966 (neu)

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall.

Ich eröffne somit die Aussprache. Das Wort für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Tobias Loose.

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Demokratiebildung stärken“ lautet die Überschrift des Antrags, der von einer Mehrheit des Hauses eingebracht wird. Am 23. Mai 1949 wurde das Grundgesetz durch den damaligen Parlamentarischen Rat ausgefertigt und verkündet. Ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten aus der Präambel:

„Im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen,“

- wie ich finde, ein guter Anfang

(Vereinzelter Beifall)

„von dem Willen beseelt, als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen, hat sich das Deutsche Volk kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses Grundgesetz gegeben.“

Das ist der Anfang einer Erfolgsgeschichte der Demokratie in Deutschland. In den Jahrzehnten davor haben wir viel Schatten und sogar die tiefste denkbarste Finsternis erlebt. Heute dient unser Grundgesetz vielen anderen Staaten in der Verfassungsgebung als Beispiel. Wir können stolz auf dieses Grundgesetz sein.

(Beifall im ganzen Haus)

Gerade deshalb unterstützen wir von ganzem Herzen und aus voller Überzeugung das Anliegen der Landesregierung und unserer Bildungsministerin, das 70-jährige Jubiläum unseres Grundgesetzes im

nächsten Jahr zum Ausrufen eines Jahres der politischen Bildung zu nutzen. So weit, so gut.

Warum ist das überhaupt notwendig? - Das eine, das wir kennen, ist die geringe Wahlbeteiligung; wir haben das auch bei der Kommunalwahl wieder erlebt. Steigende Wahlergebnisse von populistischen und extremen Parteien. Das kann man gerade in Ostdeutschland beobachten. Offener Antisemitismus; jüdische Restaurants werden angegriffen. Extremismus von links, rechts oder religiös motiviert. Das gibt hoffentlich allen von uns Anlass zur Sorge.

Ursachen dafür gibt es sehr viele. Es ist die Mediengesellschaft mit einer ganz neuen Art der Kommunikation. Es ist die Globalisierung, die nicht allein der Grund für größer werdende Komplexität ist. Und es ist wahrscheinlich die Tatsache, dass es vielen von uns einfach zu gut geht, um am Ende zu sagen: Es lohnt sich, sich für die Gesellschaft, aber auch für sich selbst zu engagieren.

Das sind Schlaglichter; es gibt viel mehr Themen, die die politische Bildung vor Herausforderungen stellen. Dabei geht es übrigens nicht nur um junge Menschen. Aber gerade am Anfang des Lebens ist es besonders wichtig, Werte und Einstellungen, die unsere Gesellschaft zusammenhalten, zu vermitteln. Deshalb wünschen wir uns mehr politische Bildung in der Schule und bitten die Landesregierung mit diesem Antrag, ein Konzept zu erarbeiten, um nachhaltige Demokratiebildung möglich zu machen.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Für mich geht es zum einen darum, in den Unterricht zu gucken: Wo können wir den Politikunterricht stärken? Es ist übrigens etwas, was auch die Landesschülervertretung oder der Junge Rat Kiel, also junge Menschen, selbst einfordern, nämlich dass wir dort besser werden. Hier kann auch der Landesbeauftragte für politische Bildung helfen; er ist in dieser Sache ein guter Ratgeber. Ein Punkt kann auch sein, dass wir im DaZ-Unterricht gucken, wie Wertebildung ergänzt werden kann. Dafür möchten wir uns im Unterricht starkmachen.

Zum anderen geht es darum, Politik aktiv erlebbarer zu machen. Da haben wir in Schleswig-Holstein gute Beispiele, zum Beispiel das Engagement von Schülervertretern durch die Drittelparität, die es nicht überall in der Bundesrepublik gibt. In diesem Raum finden „Jugend im Landtag“ oder „MUNSH“ statt, Politik wird durch Planspiele erlebbar.

(Vizepräsidentin Annabell Krämer)

Besonders wichtig ist mir auch das Engagement in politischen Jugendorganisationen, in denen das parteipolitische Engagement vermittelt und mindestens über Podiumsdiskussionen in die Schulen getragen wird. Bei allem Neutralitätsgebot, das wir uns an vielen Stellen auferlegen, muss es unser Ziel sein, dass sich möglichst viele Menschen nicht nur an Wahlen beteiligen, sondern auch bereit sind, sich in Parteien zu engagieren.

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und AfD)

Hier schließt sich der Kreis zum Grundgesetz, in dem die Beteiligung von Parteien an der politischen Willensbildung des Volkes festgeschrieben ist.

Zum Schluss: Der ehemalige Bundestagspräsident Norbert Lammert hat auf einer Veranstaltung in Kiel gesagt, wir sollten nicht glauben, dass komplexe und globale Probleme mit einfachen und nationalen Antworten gelöst werden können.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Dieser Satz beschreibt für mich die große Herausforderung von politischer Bildung. Das Konzept soll helfen, damit anzufangen. - Danke.