Protocol of the Session on September 26, 2018

(Zuruf Birte Pauls [SPD])

Ich persönlich würde das nicht wollen. Aber man muss sich immer die Situation anschauen.

Noch einen Punkt. Ich weigere mich nach wie vor, über bestimmte Gespräche der alten Koalition zu sprechen. Hier zu unterstellen, wir hätten nicht darüber gesprochen, ist einfach falsch. Lars Harms nickt. Er kann es bestätigen.

(Serpil Midyatli [SPD]: Das, was Sie dazu gesagt haben!)

Auch andere aus der SPD saßen am Tisch. Es gab einen ganz klaren Plan. Das Innenministerium hat auch auf die Pläne von Herrn Studt gesetzt. Es gab die Frage, wie wir mit Gefährdern umgehen und wo wir sie einsperren wollen, wenn wir sie nicht in andere Gefängnisse bringen.

(Serpil Midyatli [SPD]: Gefährder! Das ist etwas anderes!)

- Es ging immer um Gefährder und diese Problematik. Deswegen haben wir auch über ein Abschiebegefängnis gesprochen. Jeder, der das heute abstreitet, sagt etwas Falsches.

Ist die Frage beantwortet?

Ich glaube, er wollte noch etwas fragen.

Wir wollten das ein bisschen kurz halten, wenn irgend möglich. - Eine weitere Zwischenfrage?

Ich habe nicht zu anderen als gefragten Themen geantwortet. Ich sehe einen Widerspruch zwischen dem, was Herr Peters eben gesagt hat, nämlich es wäre verlogen, die Politik weiterzuführen, keine Abschiebungshaftanstalt in SchleswigHolstein zu haben, und -

(Burkhard Peters [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Nein! - Wiederspruch BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

- Natürlich. Wir können das gern im Protokoll nachlesen. Das hat er mir gerade bestätigt.

(Zuruf Burkhard Peters [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Mit anderen Worten: Sie hätten es für richtig befunden, die Politik der Küstenkoalition weiterzuführen, keine Abschiebungshaftanstalt einzurichten. Das beißt sich mit der von Herrn Peters eben gerade argumentierten Notwendigkeit einer Abschiebungshaft nicht aus dem Koalitionsvertrag heraus, sondern aus gesetzlichen Grundlagen des Bundes gepaart mit der Fragestellung, was man mit den 48 Personen macht. Das ist ein Unterschied. Deshalb sind wir -

(Zuruf)

- Das ist keine Rabulistik, Frau Kollegin, das ist Logik. Wir werden das sicherlich noch im Ausschuss klären. Ich werde mir alle Redebeiträge, Ihren und den des Kollegen Peters, zu Gemüte führen, nebeneinanderlegen und versuchen, diese spezielle Dialektik zu verstehen.

Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage -

Darf ich erst darauf antworten?

Ich dachte, das war ein Statement.

Ich möchte trotzdem darauf erwidern.

(Dr. Kai Dolgner [SPD] unterhält sich)

- Lieber Herr Dr. Dolgner!

(Dr. Kai Dolgner [SPD]: Ihre Fraktion war kommunikationsbedürftig!)

- Ich stehe hier vorne. Es wäre nett, wenn Sie sich mit mir unterhielten und nicht immer gleichzeitig mit fünf anderen sprächen. Dann komme ich hier auch einmal zu Wort.

(Eka von Kalben)

Ich habe Herrn Peters so verstanden - diese Position teile ich -, dass durch die Bundesgesetzgebung eine Situation entstanden ist, in der wir leider sehr viele Anordnungen von Abschiebungshaft haben, die in Schleswig-Holstein nicht erfüllt werden können. Das war eine Replik auf Herrn Harms, der gesagt hat, es gebe keinen Bedarf, und deswegen hätten wir uns logischerweise dagegen entschieden. Es war mitnichten ein Bekenntnis für eine Abschiebungshaftanstalt. Er hat in seinem ersten Satz eine Position vertreten, die ich teile und bei der ich davon ausgehe, dass die Mehrheit meiner Fraktion diese Position teilt.

Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Abgeordneten Claussen?

Herr Clausen.

Da wir gerade darüber spekulieren, wie sich welche Koalitionen verhalten, frage ich Sie, welche Koalition das Abschiebungshaftvollzugsgesetz vom 10. April 2018 in Hamburg beschlossen hat. Ich glaube, das ist eine Koalition, die Sie und Herrn Dolgner sehr viel näher zusammenbringt, als das der Kollege Dolgner eben getan hat.

(Zurufe Dr. Kai Dolgner [SPD] und Birte Pauls [SPD])

Das ist wohl war. Ich möchte aber ungern für alle Taten aller rot-grünen Landesregierungen verhaftet werden.

(Beifall SPD)

Herr Claussen, Sie haben völlig recht, dass man an dieser Stelle nicht überheblich sein sollte. Das ist mein Punkt. Ich bin nicht so pütscherig wie ihr bei irgendwelchen Sätzen, die gesagt worden sind. Ich glaube nicht, dass Serpil Midyatli in irgendeiner Form Gerichtsbashing oder so etwas machen wollte, auch wenn man das, liest man das Protokoll nach, daraus vielleicht herleiten könnte. Genauso wenig habe ich Herrn Habersaat verstanden, wie er aus den Sätzen von Frau Prien Inklusionsfeindlich

keit herleiten kann. Vielleicht können wir einfach einmal versuchen, miteinander zu reden, und versuchen, uns zu verstehen, anstatt jedes Wort im Mund umzudrehen.

Es ist völlig klar: Die grüne Fraktion und alle, die wir hier sind, sind der Meinung, dass Abschiebungshaft falsch ist, dass es dafür keine bundesgesetzlichen Regelungen geben sollte, dass es besser wäre, wir hätten hier keine Anstalt. Wir wollen aber auch keine Politik nach Sankt Florian machen, sondern stehen dazu, dass wir das hier machen. Wir werden ein gutes Gesetz machen und für Geflüchtete die bestmöglichen Regelungen in dieser schwierigen Situation schaffen. Ich wäre sehr dankbar, wenn wir - obwohl das ein schwieriges Thema ist im Innenministerium konstruktiv an Verbesserungen arbeiten,

(Zuruf Dr. Kai Dolgner [SPD])

denn da können wir eure Unterstützung wirklich gut gebrauchen. - Danke.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für einen weiteren Kurzbeitrag hat der Abgeordnete Wolfgang Baasch das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will auf einen Punkt, der mich in der Diskussion ganz besonders berührt hat, noch einmal eingehen, weil ich bis jetzt in diesem Haus und auch, nachdem wir Runde Tische zum Thema Heimerziehung durchgeführt haben, den Eindruck hatte, dass wir uns eigentlich immer einig waren: Geschlossene Unterbringung von Kindern und Jugendlichen lehnen wir ab.

(Beifall SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Wir halten die geschlossene Unterbringung von Kindern und Jugendlichen für eine Fehlentwicklung. Wir wissen auch - das hat nicht zuletzt der Friesenhof-Skandal, der uns gezwungen hat, uns wirklich sehr intensiv mit diesen Themen zu beschäftigen, noch einmal deutlich gemacht -, dass Institutionen in dieser Form Macht ausüben. Wo Macht ausgeübt wird, ist Machtmissbrauch möglich. Wir haben gerade bei Kindern und Jugendlichen gesehen, wie schnell dieser Machtmissbrauch zu unerträglichen Situationen führen kann, wie dann sehr schnell Skandale entstehen, die aufgear

(Eka von Kalben)

beitet werden müssen. Was ich aber viel schlimmer finde, ist das Leid, das den Kindern und Jugendlichen damit zugefügt wird.

Es kann doch nicht in unserem Interesse und im Interesse unserer Gesellschaft sein, Kinder und Jugendliche in irgendeiner Form einzusperren beziehungsweise ihrer Freiheitsrechte zu berauben und in eine Situation zu bringen, in der sie nicht ihren individuellen Interessen, Fähigkeiten und Entwicklungsmöglichkeiten entsprechend betreut werden. Die Abschiebesituationen, die da geschaffen werden, entsprechen nicht individuellen Interessen, sondern sind ausschließlich kollektiv und gesellschaftlich bedingt. Sie haben nichts mit den Bedürfnissen von Kindern und Jugendlichen gemein, und deswegen finde ich es total verkehrt, auch nur ansatzweise darüber nachzudenken, Kinder und Jugendliche in eine Abschiebungshaftsituation zu bringen, so wie sie hier, in diesem Gesetzentwurf, vorgeschlagen wird. Das sollte auf jeden Fall überarbeitet werden. Kinder und Jugendliche haben da nichts zu suchen.

(Beifall SPD)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe somit die Beratung.

Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf, Drucksache 19/939, dem Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. Die Gegenprobe! Stimmenthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich unterbreche die Sitzung bis 15 Uhr.