Protocol of the Session on September 5, 2018

(Beifall CDU, FDP, vereinzelt SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Diese Wahrnehmung kann als Eigenbetrieb oder durch die Vergabe an Dritte erfolgen. Bei der Beauftragung von Dritten mit der operativen Aufga

(Minister Dr. Heiner Garg)

benerfüllung des Rettungsdienstes hat dies insbesondere unter der Beachtung des Vergaberechts zu erfolgen. Der Rettungsdienst ist kein Teil des Katastrophenschutzes. Insofern ist die Bereichsausnahme auch kritisch zu sehen. Hier stehen wir zu der Rechtsauffassung der Vorgängerregierung. Herr Heinemann, daran werden wir auch festhalten. Das ist hier heute auch Meinung des Hauses, der Hausspitze, gewesen. Dem schließen wir uns an.

Der Versuch, Katastrophenschutz und Rettungsdienst so eng miteinander zu verknüpfen, ist leichtsinnig und birgt die Gefahr, dass Leistungen des Rettungsdienstes plötzlich als katastrophenschutzähnlich eingeschätzt werden könnten. Folge: Die Krankenkassen übernehmen diese Kosten nicht. Es geht vor Gericht. Es dauert wieder lange, bevor hierzu ein Urteil fällt. Die Kreise bleiben bis dahin erst einmal auf ihren Kosten sitzen, müssen die Kosten vorstrecken. Deshalb lehnen wir diese Forderung ab.

Nach heutigem Verständnis ist Rettungsdienst Notfallrettung, Intensivtransport und Krankentransport, auch im Rahmen von Großschadensereignissen. Notfallrettung ist die präklinische medizinische Versorgung bei Notfallpatientinnen und -patienten. Dies korrespondiert mit dem Anspruch der Versicherten auf rettungsdienstliche Leistungen gemäß SGB V.

Sollte man davon unabhängig dennoch den normalen Rettungsdienst als Teilaufgabe oder Voraussetzung von Katastrophen- und Zivilschutz verstehen, dürfte das zu deutlichen Fragen zur Finanzierung des Rettungsdienstes führen. Hier brauchen wir Rechtssicherheit, auch im Sinne der Träger.

Bereits heute ist zwischen Krankenkassen und Rettungsdienst in Schleswig-Holstein die Frage der Kosten der Notfall-Sanitäterausbildung strittig. Dazu gibt es Rechtsstreitigkeiten, auch mit den Kassen, die immer wieder vor Gericht landen. Deshalb wird klarstellend in § 6 Absatz 2 Rettungsdienstgesetz - neu - zu den Kosten wie folgt ausgeführt:

„Zu den Kosten des Rettungsdienstes und der Luftrettung gehören alle nach den geltenden haushaltsrechtlichen Rege-lungen der Aufgabenwahrnehmung nach §§ 4 und 19 Absatz 2 zurechenbaren und wirtschaftlichen Kosten.“

Dies sind auch Vorhaltekosten. Insofern bitte ich Sie um Zustimmung zu dem vom Vorsitzenden des Sozialausschusses erwähnten Vorschlag und um Ablehnung des Änderungsantrags der SPD. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU und FDP)

Bevor ich dem Abgeordneten Bernd Heinemann von der SPD-Fraktion das Wort erteile, begrüßen Sie bitte mit mir auf der Tribüne des Landtags Gabriele Kötschau, unsere ehemalige Kollegin und Vizepräsidentin hier im Landtag!

(Beifall)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute ist der Welttag des Kopfschmerzes.

(Zuruf FDP: Echt? - Katja Rathje-Hoffmann [CDU]: Brauchst du eine Tablette?)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie haben in Ihren beiden Reden bisher deutlich gemacht, dass der Katastrophenschutz unter diesem Kopfschmerz leiden muss. Mit diesem Gesetz wird nämlich der Rahmen dafür geschaffen.

Rettungsdienst ist eine der in der Wahrnehmung der Bevölkerung wichtigsten Aufgaben der Daseinssicherung. Jeder Blaulichteinsatz macht deutlich, dass es hier um Leben und Tod gehen kann. Wir alle erwarten zu Recht höchste Kompetenz und Sicherheit, denn wir selbst könnten die Nächsten sein, die darauf angewiesen sind.

Neben dieser Alltagsnot einzelner Menschen kommt es immer häufiger zu Großschadensereignissen wie Schneekatastrophe, Elbehochwasser oder nicht vorhersehbaren Großunfällen auf der Autobahn, auf Bahnstrecken, in Häfen oder gar bei Terrorangriffen. Auch der steigende Meeresspiegel hält sicher noch einige Überraschungen bereit. Kurz: Wir brauchen einen leistungsfähigen Katastrophenschutz, und wir Sozialdemokraten sind dankbar, dass es ASB, DRK, Johanniter und Malteser gibt, die uns Menschen - dann womöglich in großer Zahl - retten. Nur mit vielen qualifizierten Ehrenamtlern können wir dann auf Rettung hoffen. Ihnen allen, den Rettern und den Ehrenamtlern, möchte ich an dieser Stelle Danke sagen.

(Vereinzelter Beifall SPD, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Meine Damen und Herren, wir haben gemeinsam beschlossen, den Rettungsdienst zu reformieren und den Spielraum für die verantwortlichen Kommunen zu erhöhen. Viele Ideen dazu sind von uns Sozialdemokraten mit entwickelt worden. Wie kommt es

(Hans Hinrich Neve)

jetzt trotzdem zu unserem Änderungsantrag? Das will ich Ihnen erläutern.

Die Kommunen können mit Eigenbetrieben und Kooperativen selbst aktiv werden, allerdings sind wir seinerzeit bei einer Ausschreibung von einer einheitlichen Bewertung der Europäischen Union ausgegangen. Dies hat sich inzwischen anders entwickelt - allemal seit 2014.

Bereichsausnahmen sind - wie wir heute wissen nicht nur möglich, sondern für den Katastrophenschutz - über die Definition wird ja noch zu sprechen sein - nach der EU-Richtlinie des Europäischen Parlaments für öffentliche Auftragsvergaben in Artikel 10 h) zugelassen. Andere, ja die meisten Rettungsdienstgesetze, erkennen diese Bereichsausnahmetatbestände übrigens an. Nicht nur Mecklenburg-Vorpommern, sondern viele andere Bundesländer auch haben das bewusst in ihr Rettungsdienstgesetz aufgenommen.

Jetzt kommen Sie uns nicht damit, dass wir das schon früher hätten wissen müssen. Wir haben uns in vielen Punkten - die Wasserrettung als eigenständiges Gesetz oder auch die Luftrettung, beim BabyRTW und so weiter - mit Ihnen wunderbar gemeinsam auf den Weg gemacht und haben auch viele neue Erfahrungen gesammelt.

Vielleicht waren die Katastrophenschützer bei unseren Anhörungen noch zu zögerlich, als es um die Darstellung der Bedeutung der Arbeit der vielen Ehrenamtler ging, die unter realen Bedingungen für den Katastrophenschutz Erfahrungen sammeln sollen. Ich habe jedenfalls von den Katastrophenschützern viel gelernt. Es ist nicht einzusehen, warum sich bei einer Ausschreibung der Kreise diese besonderen Leistungsträger der Rettung in die Reihe der billigsten Privatanbieter einordnen müssen. Das kann ja heiter werden!

Wir werden in Nordrhein-Westfalen, in Bonn, das umgekehrte Modell erleben, dass dann am Schluss dabei herauskommt, dass der private, billige Anbieter vorzuziehen wäre - wenn das so wäre, wie Sie behaupten. Ich behaupte, der Katastrophenschutz hat hier eine Vorrangstellung, und wir sollten das im Gesetz auch berücksichtigen. Der § 5 Rettungsdienstgesetz lässt dies auch zu. Diese Vorrangstellung wäre kein Widerspruch.

Deswegen müssen wir also an zwei Punkten nachsteuern, nämlich dabei, dass der Katastrophenschutz hier durchaus berührt ist - das ist der erste Absatz unseres Änderungsantrags. Der zweite bezieht sich dann konkret auf die entsprechenden Anbieter.

Wie gesagt, es ist in Ordnung, wenn die Kreise ihre Verantwortung selbst wahrnehmen. Wenn sie dies aber nicht wollen, werden wir jedenfalls einem Rettungsdienstgesetz nicht zustimmen, das hoch qualifizierte Katastrophenschützer auf eine Stufe mit billigsten beliebigen Privaten stellt. Das werden wir nicht zulassen.

Meine Damen und Herren, ich appelliere an Sie: Lassen Sie ASB, DRK, Malteser und Johanniter nicht im Regen stehen, stärken Sie das Ehrenamt, und lassen Sie Bereichsausnahmen zu! Stimmen Sie unserem Änderungsantrag zu! - Ich danke Ihnen.

(Beifall SPD und SSW)

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, bitte begrüßen Sie mit mir auf der Tribüne des Landtags auch noch unseren ehemaligen Kollegen Jürgen Feddersen. Herzlich willkommen!

(Beifall)

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich der Abgeordneten Eka von Kalben.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich dachte eigentlich, es sei nach dem Beitrag des Ministers alles gesagt, und hatte schon überlegt, ob ich meine Redezeit vor dem Mittag deutlich verkürzen kann. Aber, lieber Herr Heinemann, ich finde es doch noch einmal wichtig, dass wir darstellen, warum wie an dieser Stelle Ihrem Änderungsantrag nicht zustimmen können.

Es ist mitnichten so, dass wir vorhaben, die gemeinnützigen Rettungsdienste im Regen stehen zu lassen. Diese Koalition steht ganz massiv und genauso wie die SPD hinter all denjenigen, die Tag und Nacht diesen wichtigen Dienst für uns tun. Insofern ist meiner Meinung nach unser Gesetzesvorschlag eher die Rückenstärkung, die sie brauchen. Ihr Änderungsantrag könnte für sie dagegen zu einem Bärendienst werden, und zwar genau deshalb wie es Herr Dr. Garg dargestellt hat -, weil seine Umsetzung mit sehr großer Wahrscheinlichkeit ein rechtliches Problem aufwerfen würde.

Wir sind uns, glaube ich, in der Sache völlig einig. Wir wollen auf keinen Fall, dass das Rettungswesen privatisiert wird. Das Rettungswesen ist auch

(Bernd Heinemann)

aus unserer Sicht so etwas wie eine Daseinsvorsorge. Auf die ganzen Ehrenamtler, die dort tätig sind, können wir überhaupt nicht verzichten. Das erleben wir, wenn eine Katastrophe oder eine besondere Herausforderung eintritt und wir dann natürlich auf das Ehrenamt in besonderer Weise angewiesen sind. Insofern ist das Ziel gar nicht verkehrt, sondern der Weg einfach ein unterschiedlicher. Ihr Weg ist: Wir schreiben das ins Gesetz, schauen, wie das EU-Verfahren ausgeht, und nehmen ein Risiko in Kauf. - Wir sagen: Wir schreiben es jetzt nicht ins Gesetz. Wenn das EU-Gerichtsverfahren so ausgegangen ist, wie wir uns das nicht erhoffen, können wir es aufnehmen. - Es ist im Grunde genommen nicht eine ideologische Frage, so wie Sie das darstellen - Privatisierung oder keine Privatisierung -, sondern die Frage ist, wie man damit umgeht.

Das ist genau das, was wir in der Küstenkoalition schon gemacht haben. Aus genau den gleichen Gründen haben wir es in der Küstenkoalition so gemacht. Deswegen ist das schon ein bisschen merkwürdig; es war ja ein SPD-Haus, das das so vorgeschlagen hat.

(Zuruf Bernd Heinemann [SPD])

Das ist die Regelung des ehemaligen SPD-Ministeriums. Deswegen verstehe ich überhaupt nicht, wie Sie uns einen Vorwurf daraus machen können, dass wir es nicht anders machen.

(Wolfgang Baasch [SPD]: Hätten wir auch!)

Meine Damen und Herren, entscheidend ist meiner Meinung nach, dass wir das Rettungs- und das Katastrophenwesen so aufstellen müssen - und zwar zu Land, zu Luft und zu Wasser -, dass es eben nicht so kompliziert ist und gut tätig sein kann. Offensichtlich wird hier häufiger darüber diskutiert, wie die geschäftlichen Bedingungen sind, wie die Finanzierung ist, als dass geguckt wird, wie man es so regeln kann, dass die Leute vor Ort wirklich arbeiten können.

Ich habe letztes Jahr eine „Blaulichttour“ gemacht, bei der ich bei der Wasserrettung, der Luftrettung und auch auf dem Land unterwegs war. Es gibt so viele kleine Dinge - obwohl natürlich auch schon vieles gut funktioniert -, die man ändern könnte, die aber fast immer mit den Fragen zusammenhängen: „Wann zahlen die Krankenkassen nicht mehr? Wann ist die Kommune zuständig? Wann ist das Land zuständig?“, und nicht etwa mit der Frage: „Wie lösen wir das Problem, wie Rettungshubschrauberpiloten freigestellt werden können, um eine Ausbildung zu machen?“ - Dies nur mal als ein

Beispiel, das mir begegnet ist. Insofern wünschte ich mir sehr, dass wir bei allen Problemlagen als Erstes danach guckten, wie die Aufgabe wahrgenommen werden kann, und dann erst im zweiten Gang fragen: Wird das jetzt von dieser oder von jener Kasse gezahlt werden? - Das ist mir in der Debatte noch ein bisschen zu wenig vorgekommen. Im Zweifel ist es nämlich den Menschen egal, wer es zahlt, wenn sie denn gerettet werden konnten oder ihre Arbeit wahrnehmen können.

Meine Damen und Herren, ich danke dem Ministerium für diesen Gesetzentwurf. Wir freuen uns insbesondere sehr, dass es mit der Aufnahme des Baby-Rettungswagens geklappt hat. Es ist offensichtlich, dass man im Rettungswagen ein kleines, fragiles Baby nicht genauso behandeln kann wie andere Menschen. Insbesondere dafür gilt insofern mein herzlicher Dank. Wir werden diesem Gesetz zustimmen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Für die FDP-Fraktion hat der Abgeordnete Dennys Bornhöft das Wort.

Sehr geehrte Präsidenten! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Rettungsdienstwesen ist mit bundesweit rund 50.000 Dienstleistern ein wesentlicher Faktor in der Gesundheitsversorgung und somit auch innerhalb der politischen Diskussion immer weit oben angesiedelt. Das ist auch der Grund, weswegen wir in dem Bereich wiederkehrend Novellierungsbedarf haben. Denn das Gesetz - hier wurde Februar 2017 erwähnt; ich habe hier März 2017 stehen - ist gerade einmal eineinhalb Jahre alt, und wir mussten da jetzt wieder ran.

Es gab dazu natürlich auch eine Anhörung der Verbände. Auch auf Bitten der kommunalen Landesverbände wurde beispielsweise eine Abrechnungserleichterung und somit auch eine Entbürokratisierung vorgenommen, um kreisübergreifende Rettungsdiensteinsätze zu vereinfachen. Wir schließen außerdem eine rechtliche Lücke, die es bisher den heimischen Rettungsdienstanbietern schwer gemacht hatte, mit den Rettungsdiensten aus Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen oder auch Dänemark kooperieren zu können. Dies wird nun ausdrücklich erlaubt.