- Herr Kollege Dolgner, Sie unterschlagen einen Unterschied: Es gab Gespräche 2013, und man hat festgestellt, dass es nicht passt. Und es gab auch Gespräche zu einer Jamaika-Koalition, wo die FDP für uns alle festgestellt hat, dass es scheinbar nicht klappt.
(Beifall FDP, Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Lasse Petersdotter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Aber das ist ein Unterschied dazu, von vornherein auszuschließen, solche Gespräche zu führen. Das ist ein großer Unterschied. Man kann natürlich in Gesprächen immer feststellen, dass es nicht möglich ist, gemeinsam eine Regierung zu bilden. Wer bin ich, als dass ich das kritisieren würde? Aber
Lieber Kollege Andresen, ich möchte eine Feststellung treffen, die für das Selbstverständnis des SSW sehr wichtig ist. Der SSW hat vor der Landtagswahl eine Koalitionsaussage gemacht und sich nach der Landtagswahl an diese Koalitionsaussage gebunden gefühlt.
- Liebe Kollegin von Kalben, meinetwegen auch dumm gelaufen. Es ist unser Selbstverständnis, dass wir, wenn wir den Wählerinnen und Wählern vor einer Wahl das Wort geben, uns nach der Wahl daran halten. Deswegen nehmen wir uns in den nächsten Jahren trotzdem heraus, Dinge anzusprechen, die uns in diesem Parlament passen oder nicht passen. Das ist die Aufgabe dieses Parlaments, und zwar jedes einzelnen Abgeordneten.
Herr Kollege, es stimmt, das ist Ihre Aufgabe, und das ist Ihr gutes Recht. Ich weise Sie lediglich darauf hin, dass man mit Verratsvorwürfen, wie Sie das in der Zeitung der dänischen Minderheit in den letzten Wochen gegenüber unserer Partei gemacht haben, vielleicht etwas zurückhaltender sein sollte, weil wir uns für einen anderen Weg entschieden haben als Sie. Nur darauf habe ich hingewiesen, und dazu stehe ich auch. Es ist Ihr gutes Recht, aus der Opposition heraus Gesetze zu kritisieren und Vorschläge zu machen. Aber Sie haben letztes Jahr eine Chance vertan; Sie hätten Koalitionen mitverhandeln können, Sie hätten Einfluss nehmen können. Sie haben das nicht getan. Darauf habe ich lediglich hingewiesen.
Ich wundere mich darüber, dass das hier so ein großer Punkt ist, weil das ja eigentlich gar nicht so viel mit dem Vergabegesetz zu tun hat. Dazu möchte ich jetzt gern kommen.
Aus unserer Sicht geht es dort vor allem um drei zentrale Punkte. Der eine ist das Thema soziale und ökologische Standards. Richtig ist, dass die konkrete Anwendung von sozialen und ökologischen Standards bei der Auftragsvergabe von Kommunen zukünftig selbst entschieden werden soll und es da keine Verpflichtung mehr gibt. Das ist ein Punkt, den wir Grüne sicherlich nicht mittragen würden, wenn wir nicht in einer Koalition wären, in der wir uns bei diesem Punkt nicht durchsetzen konnten.
Falsch ist aber zu behaupten, dass das zu einem Kahlschlag führen wird und muss, denn es gibt immer noch die Möglichkeit, dass das vor Ort kommunale Mehrheiten tun. Ich weiß von unseren grünen Kommunalpolitikern, dass sie das Thema sehr ernst nehmen und sehr stark daran arbeiten, aus den Kommunen heraus soziale und ökologische Standards nach vorn zu stellen. Ich würde mir wünschen, dass die Parteien, die das hier so lautstark kritisieren, unsere grünen Kommunalpolitiker - es sind ja seit der letzten Kommunalwahl nicht weniger geworden - bei diesem Anliegen unterstützen.
Davon abgesehen - der Minister hat darauf hingewiesen - gibt es Bundesrecht, gibt es EU-Recht, gibt es Bestimmungen zum Thema Vergabe aus den letzten Jahren. Da ist die Entwicklung weitergegangen. Wenn man sich das einmal konkret anguckt, wird man nicht nur feststellen, dass EU- und Bundesrecht für uns in Schleswig-Holstein gilt, sondern man wird auch feststellen können, was dort ziemlich konkret drinsteht, beispielsweise in § 2 Absatz 3 der neuen Unterschwellenvergabeordnung des Bundes, die am 1. Februar 2017 in Kraft getreten ist:
„Bei der Vergabe werden Aspekte der Qualität und der Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte nach Maßgabe dieser Verfahrensordnung berücksichtigt.“
Das steht ausdrücklich darin. Es gibt eine ganze Reihe weiterer verbindlicher rechtlicher Bestimmungen auf anderen Ebenen, die nicht ihre Gültigkeit verlieren, nur weil wir in Schleswig-Holstein das Vergabegesetz ändern. Auch das ist wichtig, und auch das gehört für mich zur Ehrlichkeit in dieser Debatte dazu.
Das Problem ist aus unserer Sicht nicht der gesetzliche Rahmen, sondern vor allem die Kontrolle und die manchmal vielleicht auch unzureichende Beratung und Unterstützung von Unternehmen bei der Einhaltung. Da muss man ehrlicherweise sagen, dass das vorliegende Gesetz noch ein Stück besser werden könnte. Ich nehme bisher aber nicht wahr, dass zum Thema Kontrolle aus Reihen der Opposition konstruktive Vorschläge gekommen sind. Das haben Sie in ihren Reden zwar manchmal gestreift, aber beim Riesenthema der Kontrolle sind wir alle gemeinsam noch in einem Lernprozess und auf der Suche. Ich biete ernst gemeint an - weil wir alle ein Interesse daran haben müssen, dass Recht eingehalten wird -, dass wir uns im Ausschuss verständigen und das zu einem Thema in der Anhörung machen.
Wir glauben, dass eine Vorbildfunktion dort gegeben ist, wo sich das Land konkret mit Beschaffung auseinandersetzt.
Ich möchte ein paar Dinge erwähnen, die in der öffentlichen Debatte meistens nicht so im Fokus stehen, die aber sehr wichtig sind, weil das Land da vorbildlich vorangeht. Das hat das Land unter der letzten Koalition gemacht, und das hat sich seitdem nicht geändert. Beispielsweise ist unter Monika Heinold inzwischen 95 % des Papiers in der Landesverwaltung auf Recycling umgestellt worden. Es wird auf PVC-Artikel bei Büroartikeln in der Landesverwaltung inzwischen komplett verzichtet. Das sind konkrete Maßnahmen, wo wir als Land etwas für nachhaltige Beschaffung tun und nicht nur darüber reden.
Wir glauben aber auch, dass das Thema Vergabemindestlohn weiter ein wichtiger Punkt ist. Wir haben in diesem Haus schon viel darüber geredet, deswegen will ich das hier jetzt nur kurz machen. Dank uns Grünen bleibt er bei 9,99 €. Dank uns Grünen bleibt der Vergabemindestlohn deutlich höher als in den allermeisten Bundesländern.
Wir sorgen dafür, dass beispielsweise Pförtner oder Reinigungskräfte konkret davon profitieren. Wenn Lukas Kilian sagte, wir könnten darüber noch einmal reden, wenn der Bundesmindestlohn irgendwann so hoch ist, bin ich beruhigt und kann hier sagen: Dank uns Grünen werden wir noch sehr lange einen höheren Vergabemindestlohn haben als den Bundesmindestlohn, der ja jetzt im ersten Schritt
In Richtung DGB will ich gern folgenden Satz sagen: Es ist schon ein bisschen doppelmoralisch, Manuela Schwesig gestern in einer Pressemitteilung für einen Vergabemindestlohn von 9,80 € abzufeiern, während man uns für 9,99 € in Grund und Boden kritisiert. Das sage ich jetzt auch einmal als Gewerkschaftsmitglied.
Das passt nicht zusammen. Bei allem Respekt vor den Kollegen: Da muss man schon ehrlich sein und darf nicht nur nach Parteibuch entscheiden, ob der Mindestlohn gut ausgestaltet ist oder nicht.
Ich komme zum Schluss. Beim ganzen ÖPNV-Bereich - der Minister hat es gesagt - wird sich im Wesentlichen nichts ändern. Es ist gut, dass wir das Gesetz in einzelnen Punkten noch besser gemacht haben und auf die Gewerkschaften zugegangen sind. Ich glaube, dass wir uns über die Vorschläge des SSW im Ausschuss unterhalten können. Dazu gibt es unterschiedliche juristische Einschätzungen.
Ich freue mich auf die Beratungen und glaube, dass das Gesetz noch ein bisschen besser werden kann. Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine lieben Damen und Herren! Wir haben - das wurde schon mehrfach gesagt - das bestehende Vergaberecht anhand der Vorschläge der Evaluation geprüft und das Tariftreue- und Vergabegesetz der Küstenkoalition zu einem mittelstandsfreundlichen, modernen, anwenderfreundlichen Vergabegesetz weiterentwickelt, das es insbesondere kleinen Betrieben wieder erlaubt, an öffentlichen Ausschreibungen von Land und Kommunen teilzunehmen. Vergabefremde Kriterien haben wir dafür aus dem Gesetz entfernt.
Die Küstenkoalition hatte die Evaluierung des Vergaberechts in Auftrag gegeben. Wenn man sich die Ergebnisse anschaut, fragt man sich, warum Sie so stolz auf dieses Gesetz sind und warum Sie das so
Herr Hölck, gut, modern, vorbildlich steht nicht darin. Da steht drin: Das TTG ist unpräzise und besonders hinsichtlich sozialer, innovativer, den Umweltschutz und die Energieeffizienz betreffender Aspekte unverständlich formuliert. Das stellt die Evaluation - Ihre Evaluation - fest.
Was bedeutet das? Das schafft Unsicherheit bei den Unternehmen bezüglich der Vergabekriterien und schreckt alle Betriebe ab, die keine eigene Rechtsabteilung haben, und das sind vor allem kleine Betriebe.
Weiter stellt die Evaluation - Ihre Evaluation - fest, dass 95 % der Unternehmen einen immensen bürokratischen Mehraufwand beklagen, der oft überhaupt nicht im Verhältnis zum Umfang der Ausschreibung steht. Einen erkennbaren Einfluss auf soziale Aspekte oder auf Umweltschutz und Energieeffizienz sieht dagegen kaum jemand. Das liegt vielleicht auch daran, dass eine echte Kontrolle der gemachten Vorgaben kaum stattgefunden hat und das haben wir schon mehrfach gehört - auch kaum stattfinden konnte. Schließlich empfiehlt die Evaluation - Ihre Evaluation - auch das Einfrieren des vergaberechtlichen Mindestlohns und den Übergang in den Bundesmindestlohn. Und Sie stellen sich jetzt hier hin und fordern genau das Gegenteil.
- Mit Schlagwörtern kommen Sie hier auch nicht weiter, Herr Kollege. Das Ergebnis zählt doch. Schließlich empfiehlt die Evaluation -
- Ich gestehe Ihnen ja zu, dass das TTG gut gemeint ist, aber in der Realität ist das TTG gescheitert. Es benachteiligt gerade kleine Betriebe und sorgt so für die soziale Schieflage, die Sie doch angeblich bekämpfen wollen.
Das ist nicht modern. Das ist nicht vorbildlich. Das ist auch nicht gut. Wenn ich mir Ihre Argumentationslinie ansehe, stelle ich mir die Frage: Warum sollen eigentlich große Unternehmen gegenüber kleinen Betrieben bevorzugt werden?