Damit sind primär menschliche Kolleginnen und Kollegen gemeint. Die Debatte über den Einsatz von technischer Unterstützung ist natürlich sehr sensibel. Niemand will, dass die menschliche und somit auch die fürsorgliche Komponente durch wie auch immer geartete Roboter oder künstliche Intelligenz ersetzt wird.
Das ist in Deutschland noch weite Zukunftsmusik. Ich spreche dieses Thema an, weil die Roboterdebatte häufig von vielem ablenkt. Es gibt deutlich kleinere Schritte der Digitalisierung, die wir umgehend umsetzen können. Ich nenne beispielsweise die Spracherkennung bei der Dokumentation, Hausnotrufsysteme sowie die Hinzunahme eines ärztlichen Rats über Fernbehandlung. Das kann deutlich schneller gemacht werden und nicht erst in vielen Jahren, weil es noch Entwicklung braucht. Dieser Debatte müssen wir uns aber öffnen.
Ein weiterer Punkt, bei dem ich meine, dass die eine oder andere Person bereits Gespräche darüber geführt hat, ist die Flexibilisierung der formalen Ausbildungsbedingungen. Ich selbst hatte schon einige Gespräche mit jungen und auch mit etwas älteren Menschen, die gern eine Pflegeausbildung machen würden, die ihnen jedoch versagt ist, weil es ihnen an dem formalen Schulabschluss fehlt. Ich denke, es sollte wichtiger sein, wie hier der allgemeine Mindset ist: Wie stehe ich selbst als Person zur Pflege und zur Arbeit am Menschen, mit dem Menschen? Das sollte hier prinzipiell Vorrang haben.
Um eine Vielzahl an Lebensmodellen berücksichtigen zu können, ist das Angebot einer Teilzeitausbildung eine richtig gute Sache. Hierüber werden wir den Personenkreis potenzieller neuer Pflegekräfte auch ausweiten können. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Jamaika-Fraktionen legen heute einen Antrag vor mit dem Ziel, die Arbeitsbedingungen in den Pflegeberufen zu verbessern. Erreicht werden soll dies mit Werbung für eine Befragung, mit der Erprobung neuer Arbeitshilfen, mit der Einleitung beschleunigter Verfahren zur Anerkennung ausländischer Abschlüsse und mit der Entwicklung von Maßnahmen für Berufsrückkehrer. Das klingt für mich im Gegensatz zu den Aussagen meiner Vorredner nicht nach Sofortprogramm, sondern das klingt für mich nach Planung, Planung, Planung, eben nach Jamaika oder nach Mañana.
Keiner der Antragsinhalte spricht von sofortigen Maßnahmen. Dabei haben wir in der Pflege, das ist allerdings angeklungen, längst keine Zeit mehr. Es ist fünf nach zwölf und nicht mehr fünf vor zwölf.
Letzte Woche musste das Haus Diana bei Bad Segeberg wegen Personalmangel schließen. 30 Bewohner haben ihren Pflegeplatz verloren. Dabei sind gleichzeitig nur drei Viertel aller Pflegeausbildungsplätze in unserem Land besetzt. In Niedersachsen nehmen ambulante Pflegedienste keine neuen Fälle mehr an. Bundesweit verhängte jede fünfte Einrichtung laut einer aktuellen Befragung des DIP in den letzten drei Monaten einen Aufnahmestopp.
Sehr geehrte Jamaika-Fraktionen, konkrete Vorschläge gibt es dazu bereits, sogar in Ihrem eigenen Koalitionsvertrag, und zwar auf Seite 35 „Entrümpelung der Bürokratie“. - Gut so, machen Sie das! Denn von acht Pflegern pflegen tatsächlich nur sieben, während einer zuschaut und schreibt. 13 % der Arbeitszeit in der Pflege gehen für Dokumentationen drauf.
Sie wollen eine landesweite Imagekampagne durchführen, um der erwähnten drastischen Unterbesetzung der Ausbildungsplätze in Höhe von 25 % zu begegnen. Gut so, machen Sie das, aber bitte nicht erst, wie angekündigt in der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Kollegin Pauls, Ende 2019. Sie fordern konsequent, den Arbeitsschutz für Pflegekräfte umzusetzen, weil Arbeitsschutz sehr, sehr viel mit den Arbeitsbedingungen zu tun hat. Zum dritten Mal: Machen Sie das so. Beantragen Sie das, was Sie im Koalitionsvertrag versprochen haben. Erhöhen Sie zum Beispiel das Personal in den Heimaufsichten, in denen gerade einmal 14,9 Fachkräfte für knapp 700 stationäre Einrichtungen und rund 34.000 Pflegebedürftige im Land vorhanden sind. Ergänzen Sie die Kontrollen der Heimaufsicht und
des MDK umgehend um die vorhandene Arbeitsschutzbehörde, und Sie werden reihenweise Verstöße feststellen, vor allem in puncto Arbeitszeitgesetzgebung.
Herr Minister Garg, Sie haben alle nötigen Instrumente in der Hand. Setzen Sie diese bitte auch ein.
Meine Damen und Herren, leider betont der vorgelegte Antrag nur die Pflegeberufe in der Alten- und Krankenpflege. Wenn aber von 90.000 Pflegebedürftigen im Land 40 % zu Hause versorgt werden, und zwar allein durch Angehörige, also gänzlich ohne Unterstützung durch ambulante Pflegedienste, dann können wir diese pflegenden Angehörigen bitte nicht einfach vergessen. Es tut mir leid, es ist mir aber wichtig, dass wir, wenn wir über Pflegekräfte sprechen, auch immer diejenigen mit einbeziehen, die das zu Hause machen. Erste Ansätze dazu finden sich im gerade vorgelegten Sofortprogramm „Kranken- und Altenpflege“. Diese Ansätze genügen aber der großen Aufgabe nicht. Hier muss mehr kommen, hier muss nachgelegt werden.
Meine Damen und Herren, die AfD stellt fest: Der vorgelegte Antrag ist uns zu einseitig, weil er sich nur auf die Pflegeberufe beschränkt und den hohen Anteil der allein pflegenden Angehörigen nicht ausreichend einbezieht.
Ich stelle vor allen Dingen fest, dass der vorgelegte Antrag danebengreift, weil er zu langatmig ist. Wir brauchen viel mehr sofort wirksame Maßnahmen.
Kurz zum SPD-Antrag und zu den Pflegehelfern: Weder aus Ihrem Antrag noch durch das, was Sie gerade gesagt haben, ist mir klar geworden, wen Sie eigentlich meinen. Was ist mit der Formulierung „Personen, die die Voraussetzungen nicht erfüllen“ gemeint? - Ich bin mir sicher, dass Sie das im Ausschuss noch näher erläutern werden.
Insgesamt habe ich zwar Kritik geäußert am Antrag aus Jamaika, aber ganz klar: Er ist auf dem richtigen Weg. Deshalb werden wir dem Antrag zustimmen. Ich möchte Ihnen allerdings ganz altbacken ins Stammbuch schreiben: Um Beschleunigung wird gebeten. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Lieber Peter! Über die Rahmenbedingungen für unsere Pflegefachkräfte haben wir an dieser Stelle schon oft diskutiert. Ich denke, wir sind uns alle darin einig, dass es hier noch deutlich Luft nach oben gibt. Trotz steigender Aufmerksamkeit, auch in den Medien, ist aus meiner Sicht die Wertschätzung für die sozialen Berufe insgesamt immer noch zu gering. Das wird am Beispiel der Pflege besonders deutlich. Niedrige Löhne, eine hohe Arbeitsbelastung und eine schlechte Vereinbarkeit von Beruf und Familie gehören leider für viel zu viele noch zum Alltag.
Nicht wenige Pflegende verlieren durch diese Arbeitsbedingungen die Lust oder den Mut, überhaupt noch weiterzumachen. Dabei können wir uns eine solche Entwicklung überhaupt nicht leisten. Im Pflegebereich wird Tag für Tag unheimlich wichtige Arbeit geleistet. Egal, ob es um die Arbeit mit Kindern, Kranken oder alten Menschen geht: In allen Bereichen fördern die Pflegekräfte die Selbstständigkeit und das Wohlbefinden der pflegebedürftigen Menschen.
Ihr Einsatz bedeutet also ganz konkret ein Plus an Lebensqualität für die Betroffenen. Diese Tatsache sollten wir uns alle immer wieder klarmachen.
Deshalb darf uns die Arbeit noch deutlich mehr wert sein. Wenn es um die Zukunft der Pflege geht, spielt die Reform der Ausbildung natürlich eine wichtige Rolle. Aus Sicht des SSW muss hier trotz unterschiedlicher Interessen immer die Qualität im Vordergrund stehen. Dabei ist allen klar, dass auch die Zusammenführung der Ausbildungen nicht schlagartig alles verbessern wird. Ich persönlich kann auch so manche Kritik oder Befürchtung nachvollziehen, aber den Ansatz der SPD, diese Reform auf Bundesebene dann auch als Chance für die Pflegeassistenzausbildung bei uns im Land zu nutzen, halten wir für absolut richtig. Denn auch Pflegeassistenten haben selbstverständlich ein Recht auf eine fundierte Ausbildung und einen angemessenen Lohn.
Machen wir uns nichts vor: Eine wirklich menschenwürdige Pflege zu organisieren, ist und bleibt eine enorme Herausforderung. Die Bevölkerung wird bekanntlich immer älter. Damit steigt auch die
Zahl derjenigen, die auf Pflege angewiesen ist. Wir brauchen also nicht nur heute, sondern langfristig mehr Menschen, die sich für den Pflegeberuf interessieren und sich hier engagieren wollen. Deshalb müssen wir dringend auch durch bessere Arbeitsbedingungen dafür sorgen, dass sie dauerhaft in ihrem Beruf bleiben. Natürlich spielt hier die Frage der Vergütung eine wichtige Rolle.
Aber auch viele der Punkte, die die Jamaika-Koalition in ihrem Antrag nennt, sind hier wirklich zielführend. Uns ist bei all dem sehr wichtig, dass Pflegekräfte gut von ihrer Arbeit leben können. Wir wollen, dass sie echte berufliche Perspektiven und vor allem eine Ausbildung bekommen, die ihnen Sicherheit in ihrer Berufsausübung gibt.
So groß die Herausforderungen in der Pflege auch sind, an einem Punkt müssen wir aufpassen: Die Frage einer menschenwürdigen Pflege darf nicht auf quantitative Kriterien verkürzt werden. Ich halte es für sehr gefährlich, wenn man nur danach fragt, wie viele Pflegebedürftige zu erwarten sind und wie viele Pflegekräfte wir für ihre Versorgung brauchen. Das ist als Basis eine durchaus wichtige Frage. Aber das reicht eben nicht, wenn Pflege menschlich sein und menschlich bleiben soll. Diesem Anspruch werden wir nur gerecht, wenn wir deutlich mehr als nur die Versorgung der körperlichen Grundbedürfnisse im Blick haben. Eine menschenwürdige Pflege ist mit Akkordarbeit nicht möglich.
Sie braucht Zeit und Platz für Zwischenmenschlichkeit und Zuwendung. Den Raum hierfür zu schaffen und dauerhaft zu sichern, ist unsere eigentliche Kernaufgabe. Das ist ganz sicher nicht einfach. Aber hierzu gibt es meiner Meinung nach keine Alternative. Die vorliegenden Anträge verfolgen unter anderem auch dieses Ziel. Ich sehe hier wichtige Schritte zur Entlastung der Pflegenden. Und auch wenn nachhaltige Verbesserungen ein wirklich dickes Brett sind, das gebohrt werden muss, bewegen wir uns mit diesen Anträgen in die richtige Richtung. Deshalb können wir beide Anträge unterstützen, obwohl ich gegen eine Diskussion im Ausschuss auch nichts hätte. - Jo tak.
Lieber Peter Eichstädt, als du noch Vorsitzender des Sozialausschusses warst, hat dieser Sozialausschuss noch richtig viel zu tun gehabt. Jetzt muss ich dir leider erzählen, dass ganz, ganz viele Anträge im Vorfeld abgestimmt werden und gar nicht die Fachdebatte in den Ausschüssen erleben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von Jamaika, Sie lassen sich überall, in allen möglichen Veranstaltungen feiern: Ach, Jamaika ist ja so schick und neu, neuer Dialogstil und so weiter.
Und dann sitzen Sie hier bei einem so wichtigen Thema und lehnen die Fachdiskussion im Ausschuss ab. Wissen Sie was? - Das ist kein neuer Politikstil, das ist unterirdisch.
Sie scheuen und schieben Anhörungen - wahrscheinlich deshalb, weil dann deutlich werden würde, wie unterschiedlich Sie im Grunde argumentieren.
Weil unser Antrag nun abgewürgt werden soll, möchte ich dann doch noch einmal auf Ihren Antrag eingehen; denn darauf habe ich in meiner Rede vorhin verzichtet.
Frau Abgeordnete Pauls, gestatten Sie zuvor eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Christopher Vogt?