Protocol of the Session on July 5, 2018

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP, Drucksache 19/815. Auch hier ist beantragt worden, den Antrag dem Wirtschaftsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Damit ist der Antrag mehrheitlich nicht in Ausschuss überwiesen.

Wir kommen zur Abstimmung in der Sache. Wer dem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen! - Die Gegenprobe! - Wer enthält sich? - Damit ist der Antrag mit den Stimmen der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und der Abgeordneten des SSW gegen die Stimmen der AfD bei Enthaltung der SPD angenommen worden.

Es ist beantragt worden, den Bericht der Landesregierung Drucksache 19/818 dem Wirtschaftsausschuss zu überweisen. Wer dieser Ausschussüberweisung zustimmen möchte, bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Das ist nicht der Fall. Dann ist der Bericht zur weiteren Beratung dem Wirtschaftsausschuss überwiesen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 18 und 22 -

(Zurufe)

Die Parlamentarischen Geschäftsführer haben überlegt, blitzschnell dem Präsidium vorzuschlagen, schon jetzt in die Mittagspause einzutreten, wenn ich das richtig verstanden habe.

(Beifall Kay Richert [FDP])

Dann wird das Präsidium diesem Vorschlag blitzschnell folgen. Ich unterbreche die Sitzung bis 15 Uhr.

(Unterbrechung 12:43 Uhr bis 15:04 Uhr)

Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Ich möchte mit Ihnen auf der Besuchertribüne des SchleswigHolsteinischen Landtags Vertreter und Vertreterinnen des Ortsvereins der Arbeiterwohlfahrt aus Kellenhusen begrüßen. - Herzlich willkommen hier im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

(Beifall)

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 20 und 28 auf:

Gemeinsame Beratung

a) Einführung einer generalistischen Gesundheitsund Pflegeassistenzausbildung in Schleswig-Holstein

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 19/816

b) Pflege braucht ausreichend Zeit! Verbesserungen von Arbeitsbedingungen in den Pflegeberufen

Antrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP Drucksache 19/833

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann erteile ich das Wort der Abgeordneten Birte Pauls von der SPD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin sehr froh, dass das Thema Pflege endlich die gesellschaftliche, politische und auch die mediale Aufmerksamkeit bekommt, die es verdient. Lange Zeit belächelt, als Randthema in der Gesundheitsversorgung irgendwie mitbehandelt - wir Pflegepolitiker wissen, was es bedeutet, dicke Bretter zu bohren.

(Beifall SPD und Dr. Marret Bohn [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN])

Jetzt - schon mittendrin in der Versorgungslücke, dem chronischen Fachkräftemangel, einer verständlichen frühen Flucht aus dem Beruf, der zum großen Teil unter einem gewinnorientierten Markt leidet - ist mittlerweile allen klar: Ein „Weiter so“ kann und darf es nicht geben. Unser Anspruch ist eine humane, qualifizierte Pflege und Betreuung, die statt des Gewinns den Menschen in den Mittelpunkt stellt. Deshalb sind alle Maßnahmen, die die Pflegeberufe stärken, gut. Vieles haben wir - auch gemeinsam in der Küstenkoalition - auf den Weg

gebracht, und ich freue mich, dass die regierungstragenden Parteien da jetzt anknüpfen und Maßnahmen formulieren, die CDU und FDP bislang strikt abgelehnt haben, zum Beispiel unseren ehemaligen Antrag „Mehr Zeit für Pflege“.

Wir haben die Altenpflegeausbildung gebührenfrei gestellt, das Studium eingeführt, die Dokumentation entbürokratisiert, die Pflegeberufekammer sowie die gesetzlichen Personalbemessungsschlüssel auf den Weg gebracht. Wir wollen eine bessere Bezahlung und Rahmenbedingungen, die es möglich machen, dass viele den Beruf ergreifen und ihn vor allem psychisch und physisch auch dauerhaft ausüben können.

(Beifall SPD und SSW)

Mit dem heutigen Antrag konzentrieren wir uns auf die Ausbildung.

Verehrte Kollegen, an den folgenden Zahlen können Sie erkennen, wie wichtig und gut es ist, dass die Pflegeberufekammer endlich ihre Arbeit aufgenommen hat. Knapp 40 % der bislang 21.444 in der Pflegeberufekammer registrierten Pflegefachkräfte sind älter als 50 Jahre. Sie werden in den nächsten 15 Jahren den Beruf verlassen. Zusätzlich haben wir eine steigende Anzahl von pflegebedürftigen Menschen und damit einen Mehrbedarf an Fachkräften. Unter Einberechnung eines steigenden Personalschlüssels werden laut Pflegeberufekammer also bis zu 30.000 Stellen nachbesetzt werden müssen. Nicht einberechnet sind dabei die Pflegehelfer.

Die Zahlen zur Fachkräftesituation liegen also vor und fordern zu sofortigem Handeln auf. Keine Sonntagsreden mehr, keine homöopathischen Dosierungen aus Rücksicht gegenüber den meist privaten Anbietern sind jetzt notwendig, sondern endlich radikales Handeln auf allen Ebenen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Dazu begrüße ich die aktuelle Pflegekampagne der Bundesregierung, an der gleich drei Ministerien beteiligt sind, und natürlich hoffe ich da auf schnelle Ergebnisse.

Zur Stärkung der Pflegeberufe gehört für die SPD aber auch eine Ausbildungsstrategie, die darauf angelegt ist, möglichst vielen jungen, aber auch sehr gern erfahrenen Menschen den Zugang zu den Pflegeberufen zu ermöglichen, und die ineinandergreift. Die bundesweite generalistische Ausbildung ist auf den Weg gebracht. Im Sozialausschuss hat der Minister dankenswerterweise über die Umsetzung berichtet. Uns fehlte dabei der Blick aufs Ganze

deshalb unser heutiger Antrag, denn die Assistenzausbildungen sind Landessache.

Wir fordern parallel zur dreijährigen Fachausbildung eine eigenständige generalistische, gern zweijährige Ausbildung zur Pflegeassistenz mit einem eigenständigen Berufsbild. Die jetzt sogenannten Altenpflegehelferinnen sind im System Gold wert. Sie übernehmen grundpflegerische Aufgaben, und auch dafür muss man qualifiziert sein. Bedauerlicherweise kommt nur ein kleiner Teil der schulisch ausgebildeten Pflegeassistenten in der Pflege an, aber wir brauchen sie alle händeringend.

Bei unserem Vorschlag für die generalistische Assistenzausbildung gilt natürlich die gleiche Begründung wie bei der dreijährigen Fachausbildung: Die Multimorbidität im Alter erfordert eine Kompetenzbündelung der medizinisch ausgerichteten Krankenpflege und der Sozialkompetenz der Altenpflege. Beides ist für Pflege und Betreuung alter, multimorbider Menschen gleichermaßen wichtig. Die zweijährige Ausbildung kann auch ein Angebot für diejenigen sein, die die notwendigen schulischen Voraussetzungen für die Fachausbildung nicht mitbringen. Dadurch wird aber ein qualifizierter Einstieg in den Pflegeberuf ermöglicht. Eine Durchlässigkeit der Ausbildungen bis hin zum Studium muss sichergestellt sein.

Um angemessen über alles, was heute auf dem Tisch liegt - auch über den Antrag der Koalition -, diskutieren zu können, beantrage ich, beide Anträge in den Sozialausschuss zu überweisen, denn ich würde mich zum Beispiel gern sehr intensiv über das Thema Roboter in der Pflege oder auch über die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse unterhalten. Deswegen nochmals: Ich beantrage die Überweisung beider Anträge in den Sozialausschuss. - Vielen Dank.

(Beifall SPD, Dr. Marret Bohn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Jette Waldinger- Thiering [SSW])

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, bevor ich jetzt der Abgeordneten Katja Rathje-Hoffmann von der CDU-Fraktion das Wort erteile, möchte ich Sie bitten, mit mir ganz herzlich auf der Besuchertribüne unseren ehemaligen Landtagskollegen Peter Eichstädt zu begrüßen.

(Beifall)

Liebe Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Peter, schön, dass du da bist. - Er war unser Sozialausschussvorsitzender der letzten Wahlperiode. Schön, dass wir uns heute wiedersehen.

Fangen wir an. Peter, es hat sich nichts geändert. Es ist immer noch das Thema Pflege.

(Heiterkeit)

Es ist dringender und brennender als je zuvor, und wir versuchen, die Sache irgendwie in den Griff zu bekommen. Denn wir stellen fest: Der Wettbewerb um die Pflegefachkräfte ist mittlerweile allgegenwärtig, und von überall hören wir Alarmsignale.

Ich finde es hervorragend, dass die Medien dieses Thema aufgegriffen haben, der NDR im Fernsehen und im Radio, auch die Zeitungen, die „Kieler Nachrichten“, haben mitgemacht. Das ist eine gute konzertierte Aktion gewesen, die mit unserer Debatte vielleicht ein gutes „Weiter so“ finden wird.

In dem Zeitungsbericht der „Kieler Nachrichten“ aus der vergangenen Woche heißt es, dass die Zeitarbeit in der Pflege ein Dauerbrenner geworden ist. Warum ist das so? Die Zeitarbeitsfirmen bieten genau das, was die Beschäftigten in der Pflege vermissen: flexible Arbeitszeiten, selbstbestimmte Dienstpläne und gute Verdienstmöglichkeiten. Das führt dazu, dass immer mehr Fachkräfte in dieses Arbeitsverhältnis wechseln.

Zeitarbeitskräfte springen nicht mehr nur bei plötzlichen Personalengpässen ein, sondern immer häufiger ermöglichen sie den normalen, geregelten Dienst auf der Station oder in der Einrichtung.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

- Hallo! Sie haben mich erschreckt.

(Heiterkeit - Thomas Hölck [SPD]: Nicht nur Sie!)

Hoffentlich die Herren dort drüben auch.

Bitte nicht noch einmal!

Diese Entwicklung löst das grundlegende Problem aber nicht. Es ist nur ein weiterer Beleg dafür, dass eine massive Schieflage diese Branche erreicht hat. Irgendwann ist das auch einmal überschritten, und dann liegt die Pflege am Boden. Das wollen wir

(Birte Pauls)