Protocol of the Session on July 5, 2018

(Beifall SSW, CDU, SPD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und FDP)

Das Wort zu einem Kurzbeitrag hat der Abgeordnete Dr. Frank Brodehl.

(Unruhe)

Sehr geehrter Herr Präsident! Ja, das wäre ein schönes Schlusswort gewesen, aber ein, zwei Sachen kann ich dann doch nicht auf mir sitzen lassen.

Erstens. Natürlich habe ich nicht gesagt und auch nicht gemeint, dass Werte durch Noten vermittelt werden. Auch Wissen wird nicht durch Noten vermittelt, und dennoch bewerten wir Mathematik, Deutsch und so weiter mit Ziffernoten. Das ist ein großer Unterschied. Die Note allein macht nichts. Es kommt immer auf die Botschaft an, die hinter einer Note steckt. Was sich bei Mathe, Deutsch und so weiter bewährt hat, weil das eben ein so eindeutiges Feedback ist, sollten wir den Schülern auch für den Bereich der Sekundärtugenden ermöglichen.

Zweitens wurde hier eben von „Pseudoproblemen“ gesprochen. Ich sage Ihnen: Hätten wir heute über die Lehrergesundheit gesprochen und was Lehrer sagen, dann hätten wir heute gehört, was sie sagen, nämlich dass wir selbstverständlich Disziplinprobleme und Probleme mit Lernverhalten haben. Das ist doch nichts, was die AfD erfindet.

(Marlies Fritzen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Das hat doch nichts mit Kopfnoten zu tun!)

- Disziplinprobleme und Lernverhalten - selbstverständlich hat das auch etwas mit Kopfnoten zu tun.

(Beifall AfD - Marlies Fritzen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Quatsch! - Weitere Zu- rufe)

- Selbstverständlich hat es etwas mit Mathematik zu tun.

Drittens - weil ich das auch nicht auf mir sitzen lassen möchte und weil ich darüber eigentlich sogar bestürzt bin, wie Sie -

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Lassen wir den Abgeordneten bitte ausreden. Danke.

Ja, danke. - Sie gehen über den Willen von großen Teilen der Bevölkerung so hinweg: Das ist ja alles gestrig, das ist alles altbacken. - Ein Großteil der Bevölkerung kann sich Kopfnoten vorstellen oder wünscht sich sogar, dass wir die wieder einführen, und Sie sagen: Na ja, okay. Wir wissen es besser. Das ist altbacken. - Ich war oft in der Situation, dass ich auch meine eigenen Schüler ermutigen musste. Wenn ein Kind eine Fünf, eine Sechs oder eine Vier hatte, womit es nicht zufrieden war, habe ich es ermutigt und gesagt: „Okay, aber ich habe gesehen, dass du ganz fleißig warst und dass du sehr ordentlich warst.“ - „Ja, wo steht das denn?“ „Guck mal, das habe ich dir darunter geschrieben“, oder: „Ich habe hier ein Kreuz gemacht.“ - Das war den Schülern nicht genug.

Schüler möchten ein eindeutiges Feedback haben. Die Debatte war heute wirklich billig und ist von einigen von Ihnen missbraucht worden, um AfDBashing zu betreiben. Das war die Debatte wirklich nicht wert.

(Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD])

Wir hätten aber durchaus die Chance gehabt, über die Wertevermittlung an Schulen wieder einzusteigen. Das war die Intention des Antrags. - Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Für die Landesregierung hat die Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur, Karin Prien, das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will gleich an Ihren letzten Satz anschließen, Herr Brodehl. Als ich den Antrag und den ersten Teil der Überschrift das erste Mal sah, der lautet „Wertevermittlung stärken“, dachte ich: Jetzt bin ich echt gespannt, was damit gemeint ist. Denn Sie haben ja recht. Das ist tatsächlich ein Thema, das uns bewegt. Werteerziehung, Demokratieerziehung, so

(Jette Waldinger-Thiering)

ziale Kompetenz sind Dinge, die Schule heute vermitteln muss. Es ist völlig unbestritten so, dass viele Lehrkräfte damit auch wirklich zu tun haben. Ich persönlich - darin sind wir uns hier im Hause offensichtlich nicht alle einig - halte Höflichkeit und wertschätzendes Verhalten zum Beispiel für wichtige Tugenden. Ich halte die Kategorisierung auch nicht für unbedingt zielführend. Zivilität im Umgang - das ist schon etwas, was unsere Gesellschaft auszeichnet. Fleiß und die Fähigkeit zur Selbstorganisation sind auch wichtige Eigenschaften, die Schule, Erziehung und natürlich auch die Elternhäuser vermitteln sollen. Sie sind auch wichtig im schulischen Kontext. Aber, meine Damen und Herren, nach welchen fachlichen Kriterien wollen Sie sie benoten? Es ist doch ein großer Unterschied, ob Sie Deutsch oder Mathe oder Englisch bewerten. Dort gibt es Fachanforderungen und Bildungsstandards, und nach diesen bewerten wir.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Herr Kollege Loose hat es angesprochen: Was wollen Sie eigentlich bewerten? Die Erziehungsleistung der Eltern? - Das ist schwierig. Ich denke, wir haben wirklich große Probleme damit. Wir müssten es ja objektivieren. Sonst können wir es nicht bewerten. Ich glaube, dass das kaum möglich ist.

Ich will aber versuchen, noch eine andere Begründung dafür zu finden, warum ich Kopfnoten und gerade die von Ihnen gewünschten Kopfnoten für falsch halte.

Wir haben in Deutschland in den letzten 70 Jahren eine Veränderung der Erziehungsstile beobachten können. Es gibt gerade eine sehr spannende neue Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung genau zu diesem Thema. Wenn Sie die letzten Jahrzehnte einmal nachvollziehen, dann können Sie feststellen: Noch in den 50er-Jahren war ein eher autoritäres Erziehungsverhalten gerade bei den Eltern Standard. Dieses Erziehungsverhalten ist in den letzten Jahrzehnten durch eher demokratische Erziehungsstile abgelöst worden. Diese prägen heute das Verhältnis zwischen Eltern und Kindern. Mit diesen eher demokratischen Erziehungsstilen sind die Kopfnoten, die Sie hier vorschlagen, aus meiner Sicht nicht vereinbar. Wir können nicht einfach dahin zurück. Ich will auch nicht dahin zurück.

Wir haben auch die antiautoritäre Phase hinter uns gebracht. Auch das ist heute, jedenfalls bei der Mehrheit der Eltern, nicht der verbreitete Erziehungsstil, sondern dies ist - das ist das Ergebnis der

Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung - eher der autoritative Erziehungsstil.

Was ist damit gemeint? - Es geht darum, eine Eltern-Kind-Beziehungskompetenz zu entwickeln und die Autonomieentwicklung des einzelnen Kindes in den Mittelpunkt zu stellen. Dies prägt inzwischen auch den Erziehungsstil an unseren Schulen.

Meine feste Überzeugung ist, dass Schule auch gesellschaftliche Entwicklungen mit abbilden muss. Sie muss auch die Entwicklung von Erziehungsstilen nachvollziehen, die die Eltern für maßgeblich halten. Das tut übrigens unser Schulgesetz ebenfalls, in dem wir eine ähnliche Definition von Erziehung wiederfinden können. Dies ist von einigen Vorrednern zitiert worden.

Übrigens beziehen wir auch Eltern viel stärker als früher in die Frage der Entwicklung der sozialen Kompetenz an den Schulen mit ein. Lernentwicklungsgespräche spielen eine viel größere Rolle als früher. Auch das ist eine deutliche Veränderung.

Ich will ein Weiteres sagen. Wenn es uns wirklich um Werteerziehung an der Schule geht, wissen Sie, was wir dann brauchen? - Nicht Kopfnoten, sondern Vorbilder. Wir brauchen die Eltern als Vorbilder, aber wir brauchen auch Lehrkräfte, die Vorbilder sind, sowohl was das Sozialverhalten als auch was die Vermittlung von Werten angeht. Ich glaube, wenn wir an dieser Stelle weiterarbeiten, dann helfen wir unseren Kindern und Jugendlichen deutlich mehr. Ich glaube übrigens auch, dass Wertevermittlung etwas ist, was nicht nur in gutem Unterricht stattfindet, sondern auch und gerade an außerschulischen Lernorten. Ich nenne Gedenkstätten, ich nenne Erinnerungsorte, Museen. Kultur spielt auch eine sehr große Rolle bei der Werteerziehung, aber auch der Besuch von Bauernhöfen, wenn es um Erziehung zur Nachhaltigkeit geht. Ich nenne auch Betriebe und Hochschulen.

All das tun wir verstärkt an unseren Schulen in Schleswig-Holstein, und ich glaube, wir sind auf einem guten Weg.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Meine Damen und Herren von der AfD, Ihr Ansatz zu sagen, wir müssen uns Gedanken machen, wie wir die Wertevermittlung an unseren Schulen stärken können - da bin ich bei Ihnen. Ich bin auch der Meinung, dass wir in Sachen Demokratieerziehung mehr tun müssen. Das werden wir in SchleswigHolstein auch tun. Ansonsten gibt unsere Zeugnisverordnung meiner Meinung nach den richtigen

(Ministerin Karin Prien)

Rahmen, um durch entsprechende schriftliche Berichte oder durch Kompetenzraster die sozialen Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern einzuordnen. Es gibt hier eine kontinuierliche Rückmeldung, auch in Gesprächen mit Eltern und Schülern. Das ist der richtige Weg, und diesen Weg werden wir fortsetzen. - Vielen Dank und Ihnen allen schöne Ferien und einen zauberhaften Sommer.

(Beifall)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Es ist beantragt worden, den Antrag, Drucksache 19/812, dem Bildungsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das wollen die Abgeordneten der AfD. - Wer ist dagegen? - Das sind alle anderen Abgeordneten. - Damit ist die Ausschussüberweisung abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung in der Sache. Wer dem Antrag, Drucksache 19/812, zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Abgeordneten der AfD. - Wer ist dagegen? - Das sind alle anderen Abgeordneten. - Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 31 und 32 auf:

Gemeinsame Beratung

a) Tätigkeit des Petitionsausschusses in der Zeit vom 1. Juli 2017 bis 30. September 2017

Bericht des Petitionsausschusses Drucksache 19/797

b) Tätigkeit des Petitionsausschusses in der Zeit vom 1. Oktober 2017 bis 31. Dezember 2017

Bericht des Petitionsausschusses Drucksache 19/798

Ich erteile das Wort der Vorsitzenden des Petitionsausschusses, der Abgeordneten von Sayn-Wittgenstein.

Vielen Dank. - Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Heute möchte ich Ihnen die Tätigkeitsberichte des Petitionsausschusses für das dritte und vierte Quartal 2017 vorstellen.

Im dritten Quartal hat der Petitionsausschuss 73 und im vierten Quartal 82 neue Petitionen erhalten. Es handelt sich um Anliegen aus den unterschiedlichsten Themenbereichen aus allen Teilen des Landes, auch des übrigen Bundesgebiets. Von Petitionen von Flüchtlingen über zum Beispiel Petitionen von JVA-Insassen haben sich Bürger zu Entscheidungen aus allen Bereichen der Verwaltung an den Petitionsausschuss gewandt. Insbesondere haben den Ausschuss auch Anregungen zu Änderungen im Bildungsbereich erreicht. Die ganze Vielfalt wird aus den Einzelbeschlüssen deutlich, die Sie den Berichten entnehmen können.

Von den 76 Petitionen, die der Petitionsausschuss im dritten Quartal abschließend behandelt hat, erledigte er acht Petitionen, also 10,5 %, im Sinne und elf Petitionen, also 14,5 %, teilweise im Sinne der Petenten.