Protocol of the Session on July 4, 2018

Frau Eickhoff-Weber, Sie tun so, als sei die SPD die Bauernpartei schlechthin. Wir erinnern uns noch sehr gut an die Kampagne von Bundesumweltministerin Barbara Hendricks mit den sogenannten Bauernregeln. Das war unmöglich und unter aller Kanone. Jetzt stellen Sie sich hierhin und tun so, als seien Sie die große Bauernversteherin.

(Beifall FDP und CDU)

Herr Kollege Kumbartzky, gestatten Sie eine Zwischenfrage oder eine Bemerkung der Kollegin Eickhoff-Weber?

Ich habe damit gerechnet und nehme die Frage gern an.

Herr Kollege Kumbartzky, wir sind uns vor dem Hintergrund der Abläufe damals im Zusammenhang mit der Kampagne von Barbara Hendricks und der Position, die wir dazu eingenommen haben, einig, dass der Vergleich und Ihre Replik einigermaßen überflüssig waren?

- Nein, da sind wir uns nicht einig.

Meine Damen und Herren, anders, als es diese Kampagne damals darstellte, sind Landwirte nämlich keine Giftmischer oder Umweltzerstörer. Frau Eickhoff-Weber, da haben Sie recht, das hat in diesem Haus auch niemand behauptet. Aber woanders wird das leider immer wieder behauptet, auch von bestimmten Verbänden. Wir als Politiker müssen doch zusehen, dass wir mit guter Politik solchen Behauptungen und solchen Eindrücken entgegenstehen. Landwirte kultivieren die Natur zum Wohl der Gemeinschaft. Landwirte sind Menschen mit Familien, die Planungssicherheit brauchen. Wir sind dafür, eine Politik ohne Aktionismus und frei von Ideologie zu machen. Frau Eickhoff-Weber, das ist auch das Credo der Jamaika-Koalition, auch wenn Sie das nicht hören wollen. Wir vereinen Ökologie und Ökonomie wirklich hervorragend.

(Beifall FDP und CDU)

Deswegen begrüßen wir den Ansatz, zu dem Minister Habeck eben berichtet hat. Wir haben reale Probleme bei der Artenvielfalt und der Belastung der Ökosysteme. Die Artenvielfalt schrumpft, die Belastung der Gewässer ist ein Problem, wenngleich die Probleme nicht so groß sind, wie sie manchmal dargestellt werden. Natürlich aber sind Probleme vorhanden, und natürlich müssen wir für diese Probleme Lösungen finden.

Bei der Lösungsfindung müssen wir einige Grundsätze beachten, damit wir eben nicht kontraproduktiv handeln. Gut gemeinte Lösungen sind nämlich oftmals nicht gut gemacht, und eine gute Lösung muss das Problem angehen, ohne ein neues Problem zu schaffen, und die Lösung darf nicht gegen die Menschen gewählt werden. Meine Damen und Herren, deshalb brauchen wir eine Strategie, die die Probleme wissenschaftlich belegbar beschreibt, Maßnahmen zur Lösung der Probleme durchdenkt und diese auf das Problem an sich bezieht.

(Zuruf Sandra Redmann [SPD])

- Frau Redmann, ich rede über die Strategie, über die Minister Habeck gerade gesprochen hat.

(Zurufe SPD)

- Ich erkläre Ihnen das nachher noch einmal. Durch eine kohärente Strategie können wir sicherstellen, durch wohlmeinende Politik keine neuen Sorgen zu erzeugen.

(Beifall FDP - Zuruf Sandra Redmann [SPD])

- Frau Redmann, ich kann ja gut verstehen, dass es Sie nervt, dass wir hier ordentlich etwas voranbringen. Ich weiß, dass Sie das wurmt. Wir haben im Ausschuss gesehen, wie Sie sich immer ärgern, wenn wir gute Sachen voranbringen, aber wir machen das einfach, Frau Redmann.

(Beifall FDP, CDU und vereinzelt BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN - Zurufe Beate Rau- dies [SPD] und Sandra Redmann [SPD])

Meine Damen und Herren, ich mache das noch einmal anschaulich, gerade auch für Sie, Frau Kollegin Redmann. Jede Auflage, die wir aus der Politik heraus an die Landwirte geben, erzeugt für die Landwirte Zusatzkosten, und jede Auflage, auch jede gut gemeinte Auflage, macht es für einen Landwirt mit einem kleineren Betrieb schwerer, sich über Wasser zu halten. Deswegen müssen wir uns Gedanken darüber machen, wie wir die Ansprüche, die wir an eine moderne Landwirtschaft stellen, miteinander vereinbaren. Wir müssen Zielkonflikte vermeiden,

(Oliver Kumbartzky)

und in der Landesdüngeverordnung ist uns das gelungen. Wir sind das erste Bundesland, das so eine Verordnung - gerade gestern - auf den Weg gebracht hat. Wir freuen uns darüber, dass der Minister eben in seinem Bericht über die Förderung von alternativen Verfahren geredet hat. Für uns gilt der Grundsatz, konventionelle Mittel in der Landwirtschaft nicht zu verbieten, wenn nicht eine effiziente Alternative zur Verfügung steht. Eine effiziente Alternative muss zum Einsatz bereitstehen. Deshalb sind wir natürlich für Innovation und Fortschritt auch und gerade in der Landwirtschaft.

Wir sollten auch den größeren Kontext nicht aus den Augen verlieren. Es gibt einen enormen Rückstau bei der Genehmigung von neuen, besseren Pflanzenschutzmitteln. Die Bürokratie zementiert hier oftmals den Status quo. Wir müssen auch auf Bundesebene und natürlich auch auf europäischer Ebene die Rahmenbedingungen für eine zukunftsfähige Landwirtschaft schaffen. Während moderne Pflanzenschutzmittel im Zulassungsstau stehen, müssen wir hier im Land doch sehen, wie wir das Beste aus der Lage machen können, auch für die Landwirte. Die Alternative, die mechanische Bodenbearbeitung, wird zu Recht in der angekündigten Strategie eine große Rolle spielen, denn nur so können wir den Einsatz von glyphosathaltigen Herbiziden effektiv mindern.

(Zuruf Wolfgang Baasch [SPD])

Meine Damen und Herren, wir machen in der Jamaika-Koalition das Beste aus den teilweise schwierigen Rahmenbedingungen, die uns die EU und eben auch die Bundesregierung auferlegen, so auch in Bezug auf die Düngeverordnung. Wie ich schon sagte: Wir sind das erste Bundesland, das so eine Landesdüngeverordnung aufgelegt hat, und es ist unstrittig, dass die Nitratwerte in einigen Landesteilen sinken müssen, um die Gewässer zu schützen. Das ist klar, aber Schleswig-Holstein geht mit den in der Landesdüngeverordnung gewählten Maßnahmen einen sehr guten Weg. Wir werden natürlich abwarten und evaluieren, welche Wirkung die Maßnahmen zeigen. Wir sind nun einmal, anders als Sie, Frau Redmann und Genossen, für eine wissenschaftsbasierte Agrarpolitik.

(Beifall FDP und vereinzelt CDU)

Aber auch das, was ich eben beschrieben habe, ist Jamaika-Politik. Ich bitte Sie daher, über Ihren Schatten zu springen und unserer Beschlussempfehlung aus den Ausschüssen zuzustimmen. Ich glaube, das wird Ihnen gut zu Gesicht stehen. Dann sind Sie auch Teil des Erfolgs.

(Beifall FDP, CDU und vereinzelt BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat für die AfD-Fraktion der Abgeordnete Volker Schnurrbusch.

Sehr geehrtes Präsidium! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr verehrte Gäste!

(Unruhe)

Entschuldigen Sie! - Kolleginnen und Kolleginnen, das Wort hat nun der Abgeordnete Schnurrbusch. Er steht hier vorn am Rednerpult und möchte gern mit seiner Rede beginnen.

Vielen Dank, Herr Vizepräsident. - Die Agrarstruktur Schleswig-Holsteins baut zu rund zwei Dritteln auf den drei Kulturpflanzen Mais, Raps und Weizen auf. Bis vor Kurzem dienten lediglich die ersten beiden der Energieproduktion. Mit dem Export von 80.000 t lokalem Weizen nach Großbritannien vor wenigen Wochen reiht sich nun auch unser schönes Brotgetreide in die Reihe der Energiepflanzen ein.

Wie konnten die Ackerböden im Land zwischen den Meeren zu reinen Energielieferanten werden? So, wie dem Raps über die Energiepflanzenprämien der EU zur Geltung verholfen wurde, so war es auch beim Mais die gigantische Förderung durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz. Die Maisanbaufläche verdoppelte sich dadurch, und da Mais - wie andere Kulturpflanzen auch - Herbizide benötigt, stieg damit der Eintrag von Pestiziden.

Die volle Wahrheit über die Energiewende ist eben auch, dass sie die Bedeutung von Pestiziden erst verstärkt hat - eine Energiewende, die es trotz aller Einschnitte in Wirtschaft, Verkehr, Raumordnung und Bebauung auf gerade einmal 6 % gebracht hat. Bis heute stillen alle erneuerbaren Energien zusammen nicht mehr als 6 % des gesamten Energiebedarfs in Deutschland.

Pestizide neuerer Machart - darum geht es heute haften oft besser an den Pflanzen und können durch optimierte Spritztechniken gezielter eingesetzt werden. Das Problem ist nur, dass seit Jahren die Toxizitäten steigen, obwohl die Mengen der eingesetzten Stoffe in etwa gleich geblieben sind. Die Toxi

(Oliver Kumbartzky)

zität des Herbizids Glyphosat wiederum ist bei guter fachlicher Anwendung gleichbleibend niedrig, was Herbizide generell von anderen Pestiziden abgrenzt.

Bezüglich der Grenzwerte der EU und der Diskussion um Toxizitäten muss eines einmal klargestellt werden: Die chemische Analytik kann jedes Jahr über immer genauere Apparaturen verfügen. Diese Maschinen sind Spitzentechnik pur. So kostet zum Beispiel eine einzige - Vorsicht! - HPLC-MS-Apparatur schlanke 400.000 €; das ist ein Hochleistungsflüssigkeitschromatograph mit Massenspektrometrie-Kopplung. Man kann sich vorstellen, was so ein Messgerät zu leisten imstande ist. Apparaten dieser Qualität folgt jedoch nicht nur eine genaue Analyse, sondern auch eine strengere Gesetzgebung auf dem Fuße.

Dass die Grenzwerte von Pestiziden und anderen chemischen Stoffen - wie dem aus der Dieseldebatte hinlänglich bekannten Stickstoffdioxid - ständig nach unten geregelt werden, liegt also auch an den immer neueren Nachweis- und Bestimmungsgrenzen einer besseren Analytik. Doch was bringt es uns, wenn diese Technik ein Nanogramm, also ein Milliardstel Gramm - für die Mathematiker: 10-9 in einem Liter Wasser oder - bildlich gesprochen ein Stück Würfelzucker in einem großen Stausee aufzuspüren vermag? Lassen Sie uns bei solchen Diskussionen über chemische Grenzwerte immer die Kirche im Dorf lassen und die tatsächlichen Auswirkungen von Einzelfällen betrachten, denn in der Tat gelangen nur ganz wenige Pestizide überhaupt ins Grundwasser.

Das im Maisanbau eingesetzte Herbizid Bentazon wurde im Rahmen der Dreijahresprüfung 2015 bis 2017 vom Landesamt für Umwelt in nur drei von 236 Proben gefunden; das entspricht gerade einmal 1,4 % aller Proben. Selbst das LLUR spricht davon, dass wir im Kontext Wasser mit Pestiziden und relevanten Metaboliten kein massives, flächendeckendes Problem haben. Genauso wie bei Nitraten gilt es zu beachten, dass eine punktuelle Belastung nicht bedeutet, dass das Trinkwasser in dieser Gegend schlecht ist. Ganz im Gegenteil: Die Wasseraufbereitungsprozesse sind so professionell, dass sich die Bürger in Schleswig-Holstein weiterhin auf eine gute Trinkwasserqualität verlassen können.

Augenmaß wollen wir auch bei dem Einsatz von Glyphosat walten lassen. Ein vielversprechendes Ergebnis der Expertenbefragung im Rahmen der Ausschussberatung war die Aussicht auf erfolgreiche pflanzenbauliche Substitution durch ein mehrgliedriges Vorgehen: kein Verbot von Glyphosat,

die weitere Anwendung im Kampf gegen Übeltäter wie Quecke und Ackerfuchsschwanz und Reduktionsanreize wie staatliche Effizienzbeiträge zu schaffen. Im Klartext: Wer kein Glyphosat verwendet, wird belohnt. Das gilt übrigens auch für Phosphate.

Wir danken dem Herrn Minister für seinen Bericht. Wir haben im Umwelt- und Agrarausschuss bereits für die Jamaika-Anträge und gegen die SPD-Anträge zu diesen Punkten, Glyphosat und Düngeverordnung, gestimmt. In der Agrarpolitik wünschen wir uns eine Abkehr von einer Kontroll-, Verbots- und Misstrauensmentalität hin zu Anreizen und praktikablen Alternativen für unsere Landwirtschaft. Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Für die Abgeordneten des SSW hat der Abgeordnete Flemming Meyer das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Im April haben wir über den Antrag der SPD zur Düngeverordnung im Landtag debattiert, und für uns als SSW war klar, dass die Düngeverordnung des Bundes ein schwer errungener politischer Kompromiss war. Dabei war allen bewusst: Es muss etwas geschehen, denn über Jahrzehnte hat Deutschland es versäumt, die Nährstoffüberschüsse ausreichend zu reduzieren. Seinerzeit war auch ein EU-Vertragsverletzungsverfahren wegen Nichteinhaltung der EU-Nitratrichtlinie anhängig. Mittlerweile gibt es hierzu ein EuGH-Urteil, das sich auf die Rechtslage von 2014 bezieht und nicht auf die aktuelle Düngeverordnung. Gleichwohl hat dieses Urteil die politische Diskussion über die Düngeverordnung neu entfacht.

Die Frage, inwieweit die Düngeverordnung wirklich ausreicht, um unsere Gewässer und andere Ökosysteme vor Nährstoffeinträgen und -belastungen zu schützen, ist damit wieder im politischen Raum.

Wir als SSW sahen uns mit der aktuellen Düngeverordnung und der entsprechenden Umsetzung in einer Landesverordnung seinerzeit auf einem guten Weg, um die verfolgten Ziele der Nährstoffreduzierung zu erreichen. Doch ich gebe zu: Ich habe meine Sicht auf die Düngeverordnung überdacht. Die erneute Diskussion seit dem EuGH-Urteil und insbesondere die Stellungnahmen der Organisationen

(Volker Schnurrbusch)

und Verbände zum Entwurf der Landesdüngeverordnung, die uns im Ausschuss zur Verfügung gestellt wurden, waren ausschlaggebend dafür, dass ich meine Auffassung in dem Punkt revidiert habe. Im Ausschuss kann man eben vieles lernen, nicht?

(Volker Schnurrbusch [AfD]: Jawohl!)

Überwiegend kritisch fallen die Stellungnahmen hinsichtlich der zu erwartenden Erfolge aus. Es wird bezweifelt, dass die vom Land angestrebten Maßnahmen in der Düngeverordnung überhaupt geeignet sind, unsere Gewässer zu schützen. Demnach muss ganz anders Butter bei die Fische, wenn wir etwas erreichen wollen.