Protocol of the Session on June 29, 2017

Genau das ist Ihre Verantwortung, Herr Dr. Stegner.

(Tobias Koch)

Für den Erfolg von Jamaika werden aber bei all diesen positiven Faktoren und Rahmenbedingungen am Ende die Inhalte entscheidend sein. Nur, wenn sich alle drei Partner in der Regierungspolitik wiederfinden, werden wir am Ende mit dieser Koalition zufrieden sein. Nur, wenn es gelingt, die im Koalitionsvertrag vereinbarten Vorhaben auch tatsächlich zu realisieren, werden wir uns berechtigt um eine Fortsetzung des Regierungsauftrags bemühen können.

(Martin Habersaat [SPD]: Also wird ge- prüft!)

Für die CDU-Fraktion will ich mich deshalb darauf konzentrieren, vor allem die Aspekte aus der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten zu unterstreichen, die für uns als CDU besonders wichtig sind. Ich gehe davon aus, dass meine Kollegen von Grünen und FDP das genauso handhaben werden.

(Christopher Vogt [FDP]: Mal gucken!)

Ganz bewusst will ich dabei mit dem Punkt beginnen, den Monika Heinold vollkommen zu Recht als Herzstück von Jamaika bezeichnet hat, nämlich den Kita-Bereich, also die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Finanziell gesehen handelt es sich dabei mit einem Volumen von 170 Millionen € um das größte Einzelvorhaben im gesamten Koalitionsvertrag.

Wir werden die Platzkapazitäten in den Kindertageseinrichtungen weiter ausbauen. Wir wollen familienfreundliche Öffnungszeiten mit Ganztagsangeboten, Übernachtungsmöglichkeiten und Betreuung während der Schulferien. Wir wollen die Qualität der frühkindlichen Bildung verbessern, indem wir den Personalschlüssel bei den Erziehern anheben. Wir werden die Finanzierung von Kitas und Krippen grundlegend neu regeln, um für geringere Elternbeiträge zu sorgen und die Kommunen durch eine Erhöhung des Landeszuschusses zu den Betriebskosten finanziell zu entlasten.

(Beifall Katja Rathje-Hoffmann [CDU])

Das alles war jetzt kein Auszug aus dem Koalitionsvertrag, sondern es handelte sich um Forderungen aus dem CDU-Wahlprogramm. Genau diese Ziele sind jetzt aber Bestandteil des vereinbarten Koalitionsvertrages. Deshalb sage ich: Das Herzstück von Jamaika, nämlich der Kita-Bereich, ist ein CDU-Projekt. Das Schöne daran ist aber, dass es genauso ein Projekt von Grünen und FDP ist, weil wir hier von Anfang an die größte Schnittmenge von allen inhaltlichen Fragen hatten.

Zur Wahrheit gehört jedoch hinzu, dass wir die einzige Partei waren, die auch schon im Wahlkampf den Mut hatte, den Wählerinnen und Wählern klar zu sagen, dass bei einer solchen Neuordnung der Kita-Finanzierung das gerade neu eingeführte 100-€-Kita-Geld zwangsweise wieder abgeschafft wird, weil es ein absoluter Fremdkörper in der KitaFinanzierung ist. Auch das haben wir jetzt gemeinsam im Koalitionsvertrag von Jamaika so vereinbart.

Wenn es dann Sozialminister Dr. Heiner Garg gemeinsam mit Kommunen, Trägern und Eltern gelingt, die Neuordnung der Kita-Finanzierung so zu gestalten, dass die Eltern landesweit für die gleiche Leistung den gleichen Preis bezahlen müssen, dann ist das gut für die Eltern in Schleswig-Holstein. Viel Erfolg dabei.

(Beifall CDU und vereinzelt FDP)

Im Bereich der Verkehrsinfrastruktur ist die Kommentarlage im Land eindeutig: Hier hätten sich CDU und FDP im Koalitionsvertrag durchgesetzt, heißt es. Tatsächlich finden sich all unsere Forderungen aus dem Wahlprogramm in diesem Kapitel des Koalitionsvertrags wieder. Wir werden den Abbau des Sanierungsstaus beschleunigen, die Investitionen erhöhen und dabei die Mittel zur Sanierung der Landesstraßen auf 90 Millionen € steigern. Genau diese Zahl stand im CDU-Wahlprogramm und steht jetzt im Koalitionsvertrag. Zur Sanierung der Kommunalstraßen werden ab dem Jahr 2018 wieder 65 % der GVFG-Mittel beziehungsweise der Entflechtungsmittel eingesetzt und zukünftig sogar mit jährlich 2 % dynamisiert.

Sämtliche Maßnahmen des Bundesverkehrswegeplanes werden in Schleswig-Holstein umgesetzt. Das beinhaltet den vierspurigen Ausbau der B 404 zur A 21 und den Ausbau der B 5 sowohl zwischen Itzehoe und Brunsbüttel als auch im weiteren Verlauf an der Westküste.

Die A 20 kommt, und es wird überall dort, wo Planungen für eine Trasse rechtskräftig werden, umgehend mit dem Bau begonnen werden.

(Beifall CDU)

Der Bau der festen Fehmarnbelt-Querung wird nicht infrage gestellt, sondern wir werden die neuen Möglichkeiten, die sich aus diesem europäischen Verkehrsprojekt für unser Bundesland ergeben, nutzen und dabei gleichzeitig die negativen Auswirkungen aus der Hinterlandanbindung so gering wie möglich halten. Aus eigener Erfahrung bin ich mir sicher, dass der tägliche Arbeitsweg des Verkehrs

(Tobias Koch)

ministers Dr. Bernd Buchholz von Ahrensburg nach Kiel auf der B 404 mit kilometerlangen Baustellen, die nur im Schneckentempo vorankommen, die beste Motivation sein wird, um diese Verkehrsprojekte anzugehen.

(Beifall CDU - Zuruf CDU: Sehr gut!)

Der Koalitionsvertrag ist aber dank der Grünen nicht nur auf den Straßenverkehr begrenzt. Angefangen bei der Ausweitung von Fahrradschnellwegen über die Förderung der Elektromobilität und dem HVV-Beitritt des Kreises Steinburg

(Beifall Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

werden wir auch mehr Mittel für den Schienenpersonennahverkehr bereitstellen, indem wir das Sondervermögen MOIN.SH um jährlich 10 Millionen € aufstocken.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt CDU)

Darüber hinaus werden wir den Ausbau der AKNLinie A 1 zur S 21 und den Bau der S 4 nach Ahrensburg vorantreiben. All das sind keine Zugeständnisse an die Grünen, sondern wirkliche Verbesserungen des Koalitionsvertrages, für deren überwiegende Einbringung ich den Grünen sehr dankbar bin.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Zu einer modernen und in die Zukunft gerichteten Verkehrsinfrastruktur gehören all diese Bausteine ganz unbedingt mit dazu. Nicht zuletzt gilt: Je besser Fahrradwege und ÖPNV ausgebaut sind, desto weniger Staus und desto weniger Verkehrschaos auf den Straßen.

Im Schulbereich haben wir als CDU im Wahlkampf „Mehr Zeit für Bildung“ plakatiert. Wir haben uns als einzige Partei für eine flächendeckende Rückkehr zu G 9 ausgesprochen. Gerade diese Position hat uns im Wahlkampf viel Zuspruch in der Bevölkerung eingebracht. Deswegen findet sie sich jetzt auch genauso im Koalitionsvertrag wieder.

(Martin Habersaat [SPD]: Genauso?)

Ab dem Schuljahr 2019/2020 werden alle Gymnasien flächendeckend zu G 9 zurückkehren und, beginnend mit den Jahrgängen 5 und 6, die Umstellung vornehmen. Die Hürden für einen Verbleib bei G 8 sind bei einer erforderlichen Dreiviertelmehrheit in der Schulkonferenz so hoch gelegt, dass al

lein ein Votum der Schüler zugunsten von G 9 ausreicht, um dies zu bekommen.

(Martin Habersaat [SPD]: Das haben Sie ge- nauso gesagt!)

Wenn sich einzelne Schulen dennoch für G 8 entscheiden, dann vermutlich am ehesten in den Städten oder in den Regionen, in denen in erreichbarer Entfernung mehrere Gymnasien zur Auswahl stehen. In diesen Fällen macht ein paralleles G-8-Angebot auch wirklich Sinn.

Das Bildungskapitel ist aber nicht nur wegen G 9, sondern insgesamt für die CDU sehr zufriedenstellend ausgefallen. Bildungsministerin Karin Prien darf in den nächsten Jahren eine ganze Reihe von originären CDU-Forderungen umsetzen. Gemeinsam werden wir als Koalition für 100 % Unterrichtsversorgung an den Schulen sorgen und dafür mehr Lehrerinnen und Lehrer an den Schulen einsetzen, als dies nach der bisherigen Planung der Fall war. An den Grundschulen wird es ab der 3. Klasse wieder standartmäßig Notenzeugnisse geben, die um ein Kompetenzraster ergänzt werden. Grundschüler werden wieder verpflichtend eine Schreibschrift erlernen. Wir kehren zurück zur schriftlichen Schulartempfehlung für den Übergang von der Grundschule zur weiterführenden Schule. Klassenwiederholungen werden als pädagogische Maßnahme wieder möglich. Und: An der CAU werden zukünftig wieder Gymnasiallehrer ausgebildet.

Zur Stärkung der inneren Sicherheit haben wir uns darauf verständigt, bis zum Ende der Legislaturperiode 500 zusätzliche Stellen für die Polizei zu schaffen. Um dieses Ziel zu erreichen, werden wir die Ausbildungskapazitäten entsprechend erhöhen.

Ebenso wird es im Bereich der Justizministerin Dr. Sabine Sütterlin-Waack mehr zusätzliche Stellen geben, denn für innere Sicherheit sind Polizei, Gerichte und Staatsanwaltschaften gleichermaßen von Bedeutung.

Um die Arbeit von Justiz und Polizei attraktiver zu gestalten, werden wir ein verlässliches Beförderungssystem etablieren, die Besoldungsstrukturen überarbeiten und die Erschwerniszulage für Dienste zu ungünstigen Zeiten schrittweise erhöhen. Darüber hinaus werden wir die Ausstattung der Sicherheitsbehörden verbessern. Der geplante Einsatz von Body-Cams bei der Polizei wird fortgesetzt. Die Landespolizei wird flächendeckend mit digitalen mobilen Endgeräten ausgestattet. All dies trägt die klare Handschrift der CDU im Koalitionsvertrag.

(Tobias Koch)

Für leistungsfähige und selbstständige Kommunen steht Innenminister Hans-Joachim Grote in Person. Die durch die Verfassungsklage von CDU, FDP und PIRATEN erzwungene Neuordnung des kommunalen Finanzausgleichs werden wir in dieser Wahlperiode umsetzen. Wir werden Städte, Kreise und Gemeinden bedarfsgerecht finanziell ausstatten, damit sie ihren Aufgaben beim kommunalen Straßenbau, bei Kinderbetreuung und Schulsanierung nachkommen können. Zwangsfusionen von Gemeinden wird es mit uns hingegen nicht geben, ebenso wenig wie ein Kommunalwahlrecht für Nicht-EU-Bürger.

Für die Bewertung eines Koalitionsvertrags kommt es eben auch darauf an, was sich als Text nicht im Koalitionsvertrag wiederfindet. Das gilt auch für den Umwelt- und Agrarbereich. Auch hier bemisst sich unser Verhandlungserfolg nicht unwesentlich an den Punkten, die keinen Eingang in den Koalitionsvertrag gefunden haben.

Die Landwirtschaft ist die tragende Säule im ländlichen Raum. CDU, Grüne und FDP bekennen sich deshalb ausdrücklich zum landwirtschaftlichen Gunststandort Schleswig-Holstein. Wir wissen, welche wichtige Aufgabe und Verantwortung die Landwirte in unserem Land übernehmen. Sie müssen für sich und ihre Familien den Lebensunterhalt erwirtschaften, die Ernährung der wachsenden Weltbevölkerung sicherstellen und gleichzeitig zunehmend ökologischen Aspekten gerecht werden. Genau aus diesem Grund haben wir uns darauf verständigt, den Arten- und Gewässerschutz auf freiwilliger Basis zu fördern, anstatt gesetzliche Maßnahmen vorzuschreiben. Wenn Landwirte bereit sind, die Bewirtschaftung ihrer Flächen auf spezifische Maßnahmen des Natur- und Gewässerschutzes auszurichten, dann werden sie dafür einen ausreichenden finanziellen Ausgleich erhalten.

Wir wollen Landwirte aber auch von Bürokratie entlasten, indem wir Kontrollen und Dokumentationen vereinfachen, vereinheitlichen und effizienter gestalten. Damit haben wir im Agrar- und Umweltbereich eine Politik mit Augenmaß vereinbart, die wir gemeinsam mit Minister Dr. Robert Habeck so umsetzen werden.

Zu guter Letzt zeigt gerade die Einigung bei den Abständen zu den Windkraftanlagen, wie aus Gemeinsamkeiten, aber auch aus unterschiedlichen Positionen heraus Lösungen entstehen können, die das Land voranbringen und in denen sich alle Koalitionspartner wiederfinden können. Unser gemeinsames Ziel ist es, die Energiewende voranzu

treiben. Dabei werden wir noch mehr Rücksicht auf die Belange der Bürgerinnen und Bürger nehmen.

Auf Basis der Stellungnahme von Kommunen, Trägern öffentlicher Belange und Öffentlichkeit werden wir die Regionalplanung Wind grundsätzlich überarbeiten. Dort, wo viel Wind weht und wo die Akzeptanz der Bevölkerung für Windenergie am größten ist, werden wir zusätzliche RepoweringFlächen ausweisen.

(Beifall CDU und FDP)

Damit schaffen wir landesweit die Spielräume für größere Abstände von Windkraftanlagen zu Siedlungen.

(Werner Kalinka [CDU]: Sehr gut!)

Unabhängig von dieser Prüfung sorgen wir mit der Einführung eines zusätzlichen Kriteriums der fünffachen Höhe dafür, dass große Anlagen nur noch mit mindestens 1.000 m Abstand zu Siedlungen errichtet werden können. Allein mit dieser Änderung haben wir mit Jamaika mehr für die Menschen im Land erreicht, als die alte Landesregierung mit ihrem starren Festhalten an Abständen von 400 m beziehungsweise 800 m jemals bereit war, zuzugestehen.

(Beifall CDU - Widerspruch SPD)