Der Dank gilt auch den Kolleginnen und Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und dem SSW für vertrauensvolle und gute Zusammenarbeit in den vergangenen Jahren. Monika Heinold, Eka von Kalben, Anke Spoorendonk und Lars Harms möchte ich stellvertretend nennen. Was wir in den vergangenen fünf Jahren gemeinsam geschafft haben, das steht für sich, und das bleibt, auch wenn sich unsere Wege trennen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Ergebnis der Landtagswahl hat sich wohl kaum jemand in diesem Haus so gewünscht. Im Wahlkampf traten SPD, Grüne und SSW für die Fortsetzung der Küstenkoalition an, CDU und FDP wollten einen Politikwechsel mit schwarz-gelber Landesregierung. Laut amtlichem Endergebnis liegen die Parteien der Küstenkoalition rund 500 Stimmen vor Schwarz-Gelb. Eine Mehrheit erhielt aber keine der Wunschkoalitionen. Neuwahlen kamen für die SPD niemals in Betracht.
Nur weil ein Ergebnis schwierig ist, darf man den Auftrag nicht an die Wählerinnen und Wähler zurückgeben, das wäre geradezu ein Konjunkturprogramm für Rechtspopulisten.
Regierungsauftrag für die schwarze Ampel gab es trotz gegenteiliger interessengeleiteter Behauptungen in Politik und Medien ausdrücklich nicht. Gerne hätten wir trotz der großen Enttäuschung über unser eigenes Ergebnis mit Grünen und FDP ein Ampelbündnis zumindest sondiert, so wie das zwischen CDU, Grünen und FDP selbstverständlich erfolgt ist. Wir hatten Grüne und FDP deshalb zu Gesprächen über ein progressives Bündnis für sozialen Fortschritt und gesellschaftliche Modernisierung eingeladen. Eine Ampel für den Zusammenhalt und den Schutz unserer offenen Gesellschaft, die im Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern neue Lösungen entwickelt - darüber hätte man zumindest reden können, aber es bleibt festzustellen - auch das sage ich ausdrücklich ohne jede Larmoyanz -: Ein solches Ampelbündnis war offenkundig von der FDP und Teilen der grünen Führung politisch nicht gewollt.
Hatte sich die FDP vor der Wahl noch zu solchen Gesprächen ausdrücklich bekannt, lehnte sie diese wenige Tage nach der Wahl rigoros ab. Einer, der seinen besonderen Respekt für dieses Haus dadurch zum Ausdruck bringt, dass er parallel für ein anderes Parlament kandidiert und im Herbst nach Berlin wechseln will, entschied, und andere folgten ihm.
(Wolfgang Kubicki [FDP]: Sind Sie jetzt traurig? - Heiterkeit - Birgit Herdejürgen [SPD]: Wir wissen es noch nicht ganz ge- nau!)
Auch die GRÜNEN bestanden nicht etwa auf einem einzigen Dreiergespräch, sondern sie folgten willig der viertstärksten Kraft in diesem Haus, der FDP. Grüne Eigenständigkeit ade! Verstehen Sie mich nicht falsch, und - keine Sorge - damit schließe ich auch den kurzen Rückblick ab:
Diese Entscheidung der einzelnen Parteien ist zu respektieren. Glauben Sie mir: Ich verstehe Machtpolitik, wenn ich sie sehe. Aber tun Sie bitte nicht so, Herr Kollege, Herr Minister Habeck, mit all Ihrer telegenen Zerknirschtheit, als sei diese schwarze Ampel die einzige Möglichkeit gewesen.
Da redet Robert Habeck allen Ernstes von einer Staatskrise, die Schleswig-Holstein gedroht hätte, wenn ihm seine Parteibasis nicht gefolgt wäre. Herr Kubicki sagt zu dpa: Ohne mich gäbe es diese Koalition nicht.
So wichtig sollte sich keine Partei und keine Person nehmen. Da denkt man doch glatt an Goethes Faust:
nach den Flitterwochen auf Jamaika kann man sehen, dass es keineswegs nur eine Sonneninsel mit Siesta und Rum ist, sondern vielmehr ein sozial tief gespaltenes Land. Aus purer Rücksicht wollen wir also Ihre Koalition einstweilen schwarze Ampel nennen. Darunter versteht man gemeinhin eine Lichtzeichenanlage, bei der die Orientierungsfunktion defekt ist, weil sie weder grün noch gelb und schon gar nicht rot leuchtet.
Was ist von dieser Koalition zu halten? - Die Koalitionäre selbst haben ja das Motiv eines Schmetterlings gewählt - mit kannibalistischen Raupen, wie der Herr Umweltminister erläutert hat. Sie haben sich verpuppt, und jetzt ist aus CDU, Grünen und FDP etwas Neues geworden. Aber was ist denn da geschlüpft? Was flattert da durchs Land? An Ihren Schmetterlingskoalitionsvertrag stellen sich grundsätzliche Fragen: Welche gemeinsame Grundlage, welche Grundwerte, welches Politikverständnis verbinden eigentlich CDU, Grüne und FDP? Wo ist die große Zukunftsidee, die alle drei Regierungsparteien gemeinsam für Schleswig-Holstein haben? Was sind die zentralen Zukunftsfragen, und wie sollen sie gelöst werden? - Ein bisschen mehr Abschiebung mit Humanitätsrhetorik garniert? Rasend schnell ausgebaute Straßen von Radwegen umsäumt? Und dann - danke Robert - Kornkreise überall in Schleswig-Holstein? - Diese Antworten müsste man doch eigentlich im Koalitionsvertrag oder in der Regierungserklärung des Herrn Ministerpräsidenten finden.
Der Koalitionsvertrag liegt vor, und der Ministerpräsident hat seine erste Regierungserklärung eben vor diesem Hohen Haus abgegeben - eine Regierungserklärung, die ich eher während einer ganz normalen Haushaltsdebatte erwartet hätte. Was wissen wir denn jetzt über die Zukunft des Landes Schleswig-Holstein? - Enttäuschend wenig. Der
Schmetterling scheint immer noch verpuppt, und wir erhaschen nur selten Blicke, die uns mehr über das unbekannte Wesen verraten. Erfreulich ist: Sie wollen an viele Erfolge der Küstenkoalition anknüpfen, denn manches - so steht es im Koalitionsvertrag - wird trotz gegenteiliger Aussagen vor der Wahl nicht zurückgenommen, sondern fortgesetzt.
Auf den angekündigten Politikwechsel wird hier zugunsten von Kontinuität verzichtet. Ich nenne beispielhaft die Inklusion, die Erhöhung der Grundfinanzierung unserer Hochschulen, die Kulturpolitik, die Industriepolitik oder das Landesnaturschutzgesetz. CDU und FDP hatten unser Handeln auf all diesen Feldern noch vor wenigen Wochen scharf kritisiert. - Heute setzen Sie es fort. Vielen Dank für Ihre Einsicht nach der Wahl, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Herr Günther und Herr Dr. Garg, da sind Sie in Ihren Koalitionsverhandlungen nach dem schönen Motto von Groucho Marx verfahren: „Ich habe eiserne Prinzipien. Wenn sie Ihnen nicht gefallen, habe ich auch noch andere.“ - Das ist das, was Sie gemacht haben. Aber ich will Ihnen trotzdem sagen, auch wenn es humorvoll klingt: Vom Ergebnis her können Sie sich da auf unsere volle Unterstützung verlassen. Da, wo Sie das Sinnvolle fortsetzen, was wir gemacht haben, sind wir fest an Ihrer Seite. Was wir gestern richtig fanden, finden wir auch heute noch richtig.
Leider muss ich aber feststellen, dass Sie sich in anderen Bereichen mit einer einfachen Rolle rückwärts begnügen.
Unser breiter Bildungsdialog hatte das Schulgesetz auf viele Füße gestellt und einen Schulfrieden ermöglicht: endlich Ruhe an den Schulen, um Schülerinnen und Schülern, Lehrkräften und Eltern Zeit für guten Unterricht zu geben. Ohne jeden Dialog werden jetzt wichtige Grundlagen für die Zukunft unserer Kinder und Enkel zurückgedreht: Schulnotenzwang, Sitzenbleiben, weniger Unterstützung für die Gemeinschaftsschulen. Der Konsens wird aufgekündigt, das war es dann wohl mit der Dialogkultur. - Wir finden das falsch. Wir finden, dass es weiterhin richtig ist, unsere Bürgerinnen und Bürger zu beteiligen.
Herr Ministerpräsident, von den vielen vollmundigen Versprechungen des CDU-Spitzenkandidaten Daniel Günther im Wahlkampf ist wenig übrig geblieben. Ein paar Beispiele gefällig? - Daniel Günther versprach eine Unterrichtsgarantie. Im Koalitionsvertrag Fehlanzeige. Der sieht zu 100 % die Umsetzung des SPD-Programms vor, nämlich 100 % Unterrichtsversorgung. Das steht da drin.
Daniel Günther versprach den Grundschullehrerinnen und Grundschullehrern eine Besoldung ab A 13. Im Koalitionsvertrag Fehlanzeige. Sie hatten unsere Position kritisiert; nun wird das eigene Versprechen gegenüber den Lehrkräften schon vor Regierungsantritt gebrochen. Das ist der Unterschied.
Daniel Günther versprach flächendeckend größere Abstände zwischen Wohnhäusern und Windrädern. Im Koalitionsvertrag Fehlanzeige, nur Prüfaufträge, deren Scheitern der Energiewendeminister bereits im NDR-Fernsehen angekündigt hat. Viele Menschen fühlen sich getäuscht, fürchten gar Verschlechterungen - zu Recht, meine sehr verehrten Damen und Herren. Worte das eine, Taten das andere.
Daniel Günther versprach mehr Polizei. Im Koalitionsvertrag Fehlanzeige. Es bleibt zu 100 % bei den Personalplanungen der Küstenkoalition - nicht ein Polizist mehr.
Daniel Günther versprach vor allem, dass die A 20 am Ende dieser Legislaturperiode fertig sein werde. Wollen wir wetten? Selbst wenn Sie bis 2022 durchhalten, können Sie dieses Versprechen knicken, hundertpro, das wird niemals etwas werden; alle im Hause wissen das.
„Versprochen, gehalten“ war das Leitmotiv der Küstenkoalition. Bei Ihnen gilt das offenkundig nicht. Ich frage noch einmal: Was treibt die schwarze Ampel eigentlich an?
Ist es vielleicht der gemeinsame Wille zum „Anpacken“? Dieses Wort von Ihren Plakaten taucht im Koalitionsvertrag gar nicht auf. Da steht stattdessen vor allem etwas von „fortschreiben“, „weiterentwickeln“ und „prüfen“. Sage und schreibe weit über 100 Prüfaufträge sind im Koalitionsvertrag festgehalten. Dafür brauchen Sie keine Landesre