Ich plädiere dafür, dass wir Ihren Punkt - Ihren Antrag - mit in den Ausschuss hineinnehmen und da genauer gucken, welche Neonics wir in SchleswigHolstein im Einsatz haben, um bei dem Thema einfach weiterzukommen. Das führt weiter, als wenn wir uns hier lange zerlegen.
Ich bitte wirklich darum: Stimmen Sie unserem Antrag zu, auch im Sinne klarer Botschaften an Ihre Bundesregierung, bis morgen nicht mehr zu wackeln - da ist ja schon oft über Nacht gewackelt worden - und eben wirklich durchzusetzen, dass wir endlich unabhängige Gutachten haben. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir hatten Ihnen das Angebot gemacht, beiden Anträgen zuzustimmen. Das wäre eine der Möglichkeiten gewesen. Das ist abgelehnt worden.
Nach dem, wie Herr Voß es eben erläutert hat, sehe ich mich doch noch einmal genötigt, etwas dazu zu sagen. Sie stellen sich hier hin, nachdem wir - Frau Eickhoff-Weber hat das ja ausgeführt - einen Antrag gestellt haben, gucken sich den Antrag an und sagen: „Na ja, so können wir das nicht mitmachen. Das kriegen wir zu dritt nicht hin,“ - das ist ja in Ordnung -, „dann formulieren wir mal einen anderen Antrag“. Und was ist das für ein Antrag? - Genau der, der sowieso beschlossen wird.
Sich hinzustellen und zu sagen: „Na, hoffentlich wackelt die Bundesregierung jetzt nicht“, und: „Es ist ja toll, dass wir jetzt noch mal einen Antrag stellen, um der Bundesregierung zu sagen, dass sie das machen soll, was sie sowieso gerade beschließen will“, ist doch wohl ein Witz. Ich kann mir nicht vorstellen, dass, weil Sie als Koalition jetzt diesen Antrag formuliert haben, dieser dazu beiträgt, dass die Bundesregierung etwas macht, was sie sowieso vorhatte.
hendes. Uns wird ja immer gesagt, wir sollen die Bundesregierung sozusagen ein Stückchen treiben. - Ja, liebe Grüne, jetzt treiben wir die Bundesregierung - und jetzt treiben wir Sie hier.
Stimmen Sie unserem Antrag zu, dann bekommen Sie genau das, was Sie von uns einfordern: nicht immer nur reden, sondern machen.
Das Wort für die Landesregierung hat der Minister für Soziales, Gesundheit, Jugend, Familie und Senioren, Dr. Heiner Garg.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist mir eine große Freude, mich für die Landesregierung auch zu diesem Thema äußern zu können. Wir haben in diesem Landtag über den Rückgang der Artenvielfalt mehrfach in mehreren Legislaturperioden bereits ausführlich diskutiert. Das, was wir alle seit Längerem irgendwie gefühlt haben, ist im Frühjahr nicht nur publiziert, sondern auch wissenschaftlich nachgewiesen worden. In den vergangenen 27 Jahren ist es tatsächlich in Deutschland zu einem ganz dramatischen Insektensterben gekommen. Im Vergleich zu den 80er-Jahren ist heute nur noch etwa ein Viertel der Anzahl der Insekten unterwegs. Davon betroffen sind beispielweise alle Arten von Wildbienen, Wespen, Schmetterlingen, Fliegen, Käfern und im Übrigen im Zuge der Nahrungskette auch Singvögel und weitere Tierarten.
Das Insektensterben hat ganz drastische Auswirkungen auf die in der Nahrungskette beteiligten Tiere, aber natürlich auch auf viele Pflanzenarten, die für ihre Fortpflanzung unbedingt auf Insekten als Bestäuber angewiesen sind. Gemeint sind hier nicht nur Wildkräuter jeglicher Art, sondern auch viele Kulturpflanzen im Obstanbau oder im Ackeranbau, beispielsweise der Raps. Dass es immer weniger Insekten zur Bestäubung gibt, ist auch für die Landwirtschaft - ich glaube, der Kollege Rickers hat es unter anderem sehr deutlich gesagt ein ganz gravierendes Problem. Der ökonomische Beitrag der Insekten wird von Wissenschaftlern und Imkern als äußerst hoch eingestuft.
Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft beziffert die volkswirtschaftliche Leistung in Deutschland auf bis zu 2 Milliarden € jähr
lich. Es ist also allerhöchste Zeit, mehr als dringlich und geboten, dass wir gemeinsam etwas gegen das Insektensterben unternehmen.
Die Ursachen für das Insektensterben sind sicherlich vielfältig. Die heutige Aussprache zeigt deutlich, dass man sich zumindest in einer Sache einig ist, liebe Kollegin Redmann. Eine der Hauptursachen für den Insektenschwund liegt in dem massiven Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft, insbesondere von Insektiziden mit Wirkstoffen der Gruppe der Neonicotinoide. Gemäß der Angabe der Bundesregierung lag die Absatzmenge für die Stoffgruppe der Neonicotinoide im Jahr 2016 bei 173 t. Diese Insektizide sind Nervengifte und bei Insekten bereits in ganz geringen Dosierungen hochwirksam. Werden sie während der Blüte der Kulturpflanzen eingesetzt, sind sie für blütenbesuchende Insekten eine direkte Gefahr. Das hat das durch den neonicotinoiden Wirkstoff Clothianidin verursachende Bienensterben im Jahr 2008 sehr einprägsam gezeigt. - Ich habe jedenfalls versucht, diese Stoffgruppe zu benennen, Herr Voß.
- Freuen Sie sich nicht zu früh. Es kommen noch mehr. - Die daraufhin erfolgten Einsatzbeschränkungen für die drei für Bienen als gefährlich eingestuften neonicotinoiden Wirkstoffe Clothianidin, Imidacloprid und Thiamethoxam
sind bei Weitem nicht ausreichend. Aber auch die als nicht bienengefährlich eingestuften Neonicotinoide sind grundsätzlich problematisch. So wurden im Juni 2016 in Brandenburg Acetamiprid-Rückstände in einer größeren Partie Raps-Honig nachgewiesen.
Daher ist für die Landesregierung eines vollkommen klar: Neonicotinoide müssen aus der Freilandanwendung verschwinden. Dafür setzen wir uns weiter mit allem Nachdruck ein.
Für die aktuelle Agrarministerkonferenz ist Schleswig-Holstein Mitantragsteller für einen Beschlussvorschlag, in dem die Bundesregierung gebeten wird, aufgrund des unersetzlichen ökologischen und auch ökonomischen Wertes von Honigbienen und vielen anderen Bestäubungsinsekten im Sinne des Vorsorgeprinzips und aufgrund des hohen unmittelbaren Risikos für die biologische Vielfalt, die Umwelt und die landwirtschaftliche Ertragssicherheit Maßnahmen zu deren Schutz zu ergreifen, ins
besondere durch ein Verbot von neonicotinoidhaltigen Pflanzenschutzmitteln mit den Wirkstoffen Clothianidin, Imidacloprid und Thiamethoxam - so ähnlich jedenfalls.
Auch vonseiten der EU wird jetzt endlich ein entsprechendes Verbot für diese Wirkstoffe angestrebt, nachdem die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit - also die bereits viel zitierte EFSA im Februar 2018 nochmals bekräftigt hat, dass Freilandanwendungen von Pflanzenschutzmitteln in den drei genannten Wirkstoffen ein Risiko für Wild- und Honigbienen darstellen. Die Bundesregierung will sich nach Aussagen aus dem Agrarund Umweltressort dieser Haltung anschließen.
Es ziehen hier also alle an einem Strang. Frau Kollegin Redmann - das kann ich auch nicht mehr sagen -, also liebe Sandra Redmann, Sie sehen, die Landesregierung macht nicht nur Blabla, sondern handelt ganz konkret. Ich finde im Übrigen - bei allem Engagement und allen Wünschen, die vielleicht darüber hinausgehen -: Das, was hier heute hoffentlich eine große Mehrheit findet, ist ein wichtiger Schritt, auf den wir mit Sicherheit viel zu lange gewartet haben.
Ich bedanke mich bei Ihnen für Ihre Geduld und für die Nachsicht, dass ich mich zumindest bei diesen chemischen Stoffgruppen nicht ganz zu Hause befinde. Meine Welt sind die pharmazeutischen Wirkstoffe und nicht die Insektizide. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Der Minister hat seine Redezeit nur unwesentlich überschritten. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe hiermit die Beratungen und bitte um etwas Unterstützung: Ist es richtig so: Über den SPD-Antrag wird in der Sache abgestimmt, und für den Alternativantrag ist Ausschussüberweisung beantragt?
Wir stimmen zunächst über den SPD-Antrag ab. Es ist beantragt worden, den Antrag Drucksache 19/ 674 in der Sache abzustimmen. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Ge
genprobe! - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag mit den Stimmen der SPD und des SSW gegen die Stimmen der regierungstragenden Fraktionen und der AfD-Fraktion abgelehnt.
Ich lasse nun über den Alternativantrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP, Drucksache 19/705, abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um sein Handzeichen. Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag mit den Stimmen der Fraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP, CDU und AfD bei Enthaltung der Stimmen der SPD-Fraktion und der Abgeordneten des SSW angenommen.
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort für die SPD-Fraktion hat Frau Abgeordnete Kirstin Eickhoff-Weber.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen! Sehr geehrte Herren! Auf einer Fachtagung im Vorfeld des Weltwassertages 2018 in Kiel stellte Minister Habeck fest: Es wird schlichtweg zu viel gedüngt, das hat dramatische Folgen für unser Grundwasser. Das ist so, dem muss man leider zustimmen. Auch nach jahrelangen Diskussionen, nach vielen Runden Tischen und Fördermaßnahmen ist es nicht gelungen, hier wirklich einen Schritt weiterzukommen.
In einem Interview mit den „Kieler Nachrichten“ am 28. März 2018 stellte der Kieler Agrarprofessor Friedhelm Taube, den meisten hier als Schattenumweltminister von Daniel Günther bekannt, die Ergebnisse von Berechnungen seines Instituts zum Gülleaufkommen in Schleswig-Holstein dar. Demnach fallen in unserem Land jährlich 27 Millionen t Gülle an, 9 Millionen t mehr als bisher angenommen. Taube erklärt diese Differenz damit, dass das Statistikamt Nord gezwungen ist, aufgrund von Hochrechnungen Daten zu erheben.
Das Institut der CAU hat eine andere Berechnungsgrundlage, die bestechend einfach ist: Wie viele Tiere gibt es, und was kommt da hinten raus?
Für mich ist erschreckend, dass so viele sich über diese hohen Zahlen und diese Diskrepanz gewundert haben. Wie soll denn da Grundwasserschutz gelingen, wenn wir noch nicht einmal ahnen, dass die gesamte Güllemenge um ein Drittel höher ist als angenommen?
In bestimmten Regionen des Landes ist die Viehdichte zu hoch. Wir plädieren für eine flächengebundene Tierhaltung. Auch über die Großvieheinheiten pro Hektar müssen wir reden, aber aktuell sind die Tiere erst einmal da, und wir müssen jetzt in Verantwortung für Natur, Umwelt und den Schutz unseres Trinkwassers handeln.
Seit 1996 besteht die Düngeverordnung, aber auch die Novellierung im letzten Jahr - das war ein langer und zäher Prozess - hat daraus kein scharfes Schwert gemacht. Im März 2017 hat der Bundesrat die Düngeverordnung beschlossen. In einer Presseerklärung des Ministeriums stellt Minister Habeck fest: Endlich ist der erste Schritt gemacht. Für wirksamen Gewässerschutz kann das aber erst der Anfang sein.
Nun muss man doch die Frage stellen: Welche Initiativen hat der Minister bisher gestartet, um die von ihm konstatierten Mängel der Bundesverordnung zu heilen? Vor allem muss mit Blick auf den vorliegenden Entwurf für eine Landesdüngeverordnung die Frage gestellt werden, warum die Landesregierung hier nur die Minimalvorgaben der bundesweit gültigen Düngeverordnung umsetzen will. Warum agiert das Ministerium hier so mutlos?
Nachhaltige Landwirtschaft erfordert Mut zu Veränderungen. Wir fordern Sie auf: Setzen Sie sich noch einmal dran, und nutzen Sie die Möglichkeiten, die das Düngemittelgesetz Ihnen gibt, um wirklich etwas für den Schutz des schleswig-holsteinischen Trinkwassers zu tun.