Protocol of the Session on April 26, 2018

Wenn ich - wie es hier der Kollege Richert getan hat - 9 Millionen € nenne, die die Landesregierung bereit sei, dafür bereitzustellen, warum sollten die Verkehrsunternehmen dann auf einmal weniger als 9 Millionen € fordern? - Natürlich wird dann mehr gefordert. Deswegen ist es verhandlungstaktisch absolut ungeschickt, hier in dieser Art und Weise mit Summen zu agieren.

Du warst dir aber bewusst - und die anderen Kollegen ebenfalls, die in der Küstenkoalition dabei gewesen sind -, dass es Geld gekostet hätte. Die Verhandlungen dauern zweieinhalb Jahre.

(Zuruf CDU)

Herr Kilian, davon auszugehen, Sie seien diejenigen, die die Verhandlungen in Gang gebracht haben: Da müssen Sie nur einmal gucken, wann Sie Ihren Koalitionsvertrag unterschrieben haben. Der ist noch keine zweieinhalb Jahre alt. Ich muss sagen: Da haben Sie sehr schlecht recherchiert.

(Beifall SPD und SSW)

Ob Ihr Antrag uns auch nur einen Schritt näher zum Semesterticket bringt, wage ich zu bezweifeln. Ich sehe das so, dass es überhaupt nicht der Fall ist. Das ist der Grund, dass wir diesem Antrag nicht zustimmen werden.

(Zuruf Werner Kalinka [CDU])

Noch einmal: Sie wollen, dass die Landesregierung eine Konzeption auf den Weg bringt. Die LandesASten tun das gemeinsam mit den Verkehrsunternehmen und der NAH.SH. Es ist ein totaler Tritt gegen das Schienbein, weil sie diese Konzeption bereits erarbeiten. Jetzt sagen Sie: Nee, nee, die Landesregierung wird dies tun.

(Volker Schnurrbusch [AfD]: Gemeinsam!)

Das ist definitiv nicht wertschätzend.

(Zuruf Werner Kalinka [CDU])

Wir sehen ja auch immer beim Berliner Flughafen oder anderen Projekten: Ob es hilfreich ist, Fristen zu nennen und damit gegebenenfalls die Verhan

(Lukas Kilian)

delnden, die auf einem guten Wege sind - und das müsste Ihnen ja mitgeteilt worden sein -, unter Druck zu setzen, ist fraglich. Die Beteiligung von den Studierenden und Verkehrsunternehmen müssen Sie nicht einfordern, die verhandeln schon miteinander. Insofern tut es mir ganz ehrlich leid: Dieser Antrag ist totaler Magerquark, man kann auch sagen: Quatsch. - Vielen Dank.

(Beifall SPD und SSW)

Das Wort zu einem Dreiminutenbeitrag hat nun der Herr Abgeordnete Dr. Tietze von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Vogel, ich verstehe diesen Beitrag, den Sie gerade geleistet haben, weder im Ton noch in der Sache. Es ist richtig: Auch in der Küstenkoalition haben wir das Semesterticket besprochen. Wir wussten aber immer, dass Studenten ein knappes Budget haben. Es ist schon einmal eine Abstimmung über ein Semesterticket gescheitert, weil das, was verhandelt worden war, zu teuer war. Die 53.000 Studenten, die dort alle beteiligt werden, haben ein sehr gutes Gespür dafür, was das Semesterticket kostet.

Ich sehe es bei meinen eigenen Kindern: Studenten haben eben nicht so viel wirtschaftliche Kraft. Sie müssen rechnen.

(Serpil Midyatli [SPD]: Geiziger Vater!)

10 € oder 20 € die Woche - das macht einen Unterschied. Ich möchte daher an dieser Stelle einfach sagen: Das ist der Unterschied zwischen Küstenkoalition und Jamaika-Koalition. Die Küstenkoalition hat gesagt: Wir wollen so wenig wie möglich - am besten gar kein - Geld dazugeben. - Wir waren also in dem Interessenkonflikt auch Interessenpartei. Das kann man natürlich wollen.

Man kann aber auch sagen: Wenn man es erfolgreich einführen will, verzichten wir als Land auf diesen Interessen-Move und sagen in der Black Box: Wir sind für einen begrenzten Zeitraum bereit, eine Anschubfinanzierung und damit eine finanzielle Verantwortung zu übernehmen. - Das ist tatsächlich neu und auch von der Landes-Asten-Konferenz so gespiegelt worden. Dieser neue Aspekt hilft uns. Das hilft, in den Verhandlungen nach vorne zu

kommen und ein leistungsstarkes Ticket zu bekommen.

Jetzt wird es tatsächlich ernst, und alle sind ernsthaft bemüht, es zum Wintersemester einzuführen. Das ist das erste Punkt.

Lassen Sie mich noch einen zweiten Punkt zu Flemming Meyer sagen. Lieber Flemming Meyer, natürlich muss man auch einmal schauen, wie es im Bereich Flensburg-Sonderburg ist. Es ist ja angesprochen worden. Wir haben ganz bewusst gesagt: Wir gehen nicht an diese regionalen Tickets heran. Das aufzulösen, hieße, dass wir eine Diskussion bekämen, die möglicherweise noch zwei bis fünf Jahre dauert. In anderen Bundesländern gibt es interessanterweise diesen Weg, dass man sich sowohl für ein leistungsstarkes landesweites Ticket wie für ein regionales Ticket entscheiden kann. Gleichmäßigkeit ist da. Das heißt aber nicht, dass man in Zukunft nicht darüber nachdenken darf, im Tarifsystem in Schleswig-Holstein besser zu werden.

Wir sind dran, das alles einmal auf den Prüfstand zu stellen, weil wir merken: Der Schleswig-Holstein-Tarif ist nicht mehr zukunftsfähig. Wir erleben es in Steinburg und jetzt in Lübeck. Wir stellen uns dieser Aufgabe. Es ist keine leichte Aufgabe. Das geht nicht im Schnellverfahren. Man kann das eine tun, ohne das andere zu lassen. Wir machen einen vernünftigen, klaren und pragmatischen Vorschlag, der jetzt endlich dazu führt, dass die Studentinnen und Studenten ein Semesterticket bekommen. Reihen Sie sich ein, lieber Kai Vogel und liebe SPD, und sagen Sie, dass Sie auch einen Anteil daran haben! Aber hören Sie auf, mit andauerndem Rühren immer ein Haar in der Suppe finden zu wollen, das es leider nicht gibt! Das wäre Größe. Dazu würde ich Sie gerne auffordern.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Ich erteile nun dem Herrn Minister für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus, Dr. Bernd Buchholz, das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Uns eint zumindest eines. Wir alle sagen: Ein Semesterticket ist eine gute Sache, sowohl in ökologischer Hinsicht - mehr Studierende sind dann tatsächlich auf der Schiene unterwegs - als auch für

(Kai Vogel)

junge Studierende in unseren Studienorten in Schleswig-Holstein, die vielleicht nicht unbedingt im Zentrum der Städte eine Wohnung finden, sondern pendeln müssen. Das anzustreben, anzupacken und auf die Reise zu bringen, ist doch den Schweiß aller Beteiligten wert.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Dr. Tietze, ich verstehe vor diesem Hintergrund sowohl den Duktus als auch die Art und Weise des Abgeordneten Vogel vollständig. Daraus wird der Frust deutlich,

(Beifall FDP, CDU und Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

dass es ihm nicht gelungen ist hinzubekommen, was eigentlich alle erreichen wollen. Dieser Frust spiegelt sich darin wider, dass man sagt: Menschenskinder, wir haben ja auch verhandelt und haben es angeschoben, sind aber leider nicht zum Erfolg gekommen. - Dass der Frust des Herrn Vogel sich nun dergestalt niederschlägt, dass Sie uns sagen, unsere Verhandlungsführung sei komisch, ist, ehrlich gesagt, von einer Seite ein Rat, den wir nicht brauchen.

(Beifall FDP, CDU und Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

In der Sache geht es doch einfach um Folgendes: Die Vorgängerlandesregierung hatte auch ein Semesterticket einführen wollen. Sie hat sich aber nicht dazu durchringen können, das zu tun, was wir jetzt tun, wenn wir sagen: Ja, wir sind auch bereit, dafür Geld in die Hand zu nehmen und ein bisschen etwas an Anschubfinanzierung zu machen. - Wer dazu bereit ist, darf dann bitte schön, Herr Vogel, aber auch gegenüber den ASten und den Verkehrsunternehmen sagen: Freunde, wir sind bereit, euch in euren Verhandlungen zu unterstützen. Wir können uns dabei ein gewisses Modell vorstellen. Abschließend seid ihr diejenigen, die es zu verhandeln haben.

Das ist ja vollkommen berechtigt, und man muss es ausdrücklich sagen: Ob es zum Schluss zustande kommt, hängt davon ab, ob Verkehrsunternehmen und ASten sich tatsächlich einigen.

Wir sind aber nun in der Lage, mit dem Modell, das da quasi im Hintergrund schwebt, zu fragen: Leute, was könnte das für ein Modell sein?

Das ist so, weil wir Geld in die Hand genommen haben und zeigen, wie es austariert sein könnte. Da sagen die ASten ja nicht: Um Gottes Willen, wir

sind ein bisschen überrascht. - Sie sagten stattdessen im letzten Gespräch: Menschenskinder, das ist dankenswert und hilft, die stockenden Beratungen in Schwung zu bringen.

Herr Kollege Vogel, was dabei herauskommen könnte, ist zum Schluss ein Semesterticket mit einem Preis von 149 € pro Semester für die Nutzung des gesamten Gebietes von NAH.SH und des gesamten HVV. Das ist ein Sensationsangebot, meine Damen und Herren, das ist ein Sensationspreis!

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Studierenden in Hamburg zahlen einen Semesterbeitrag von 173 € - und zwar nur für die Nutzung des HVV. Die Studierenden in NordrheinWestfalen zahlen zum Teil über 200 € Semesterbeitrag, um ein solches Ticket zu haben. Wir bieten die Chance, jetzt dazuzukommen: sowohl Hamburg als auch Schleswig-Holstein, die ganze Region, mit einem einmaligen Semesterbeitrag, der allerdings von allen Studierenden in der Größenordnung von wahrscheinlich rund 150 € entrichtet wird.

Wie wir dahin kommen und wie wir es anschubfinanzieren, werden wir sehen. Dass es ein Fehler gegenüber den Verkehrsunternehmen sein soll, Herr Vogel, zu verhandeln, sehe ich ganz und gar nicht. Die Beteiligten haben, glaube ich, gesehen, dass die Größenordnung, die wir hier in Form eines Risikoausgleichs dafür, was sich real entwickelt, anbieten, für sie eine ganz seriöse und vernünftige ist. Deshalb bin ich sehr guter Hoffnung, dass jetzt gelingt, was Sie vielleicht gewollt, aber nicht erreicht haben, und dass wir hinbekommen, was als Semesterticket für dieses Land notwendig ist.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Kollege Harms, lassen Sie mich auf das Thema Azubi-Ticket und auf Ihre Wortwahl gegenüber den Studierenden kommen, die ich - ich sage es einmal so - so von Ihnen nicht gewohnt bin.

(Birgit Herdejürgen [SPD]: Er hat doch gar nicht geredet!)

- Entschuldigung, Herr Kollege Meyer natürlich. Diese Wortwahl bin ich vom SSW nicht gewohnt. Sie haben gesagt, dass das hier eine Klientelpolitik zugunsten von Studierenden sei. Dabei ist es doch so: Alle Studierenden bezahlen über den Studienbeitrag selbstfinanzierend ein solches Ticket, allerdings entscheiden sie in diesem Fall, dass sie das als Solidargemeinschaft stemmen wollen. Das ist der entscheidende Unterschied zu allen Formen des

(Minister Dr. Bernd Buchholz)

Azubi-Tickets, die denkbar sind. Wie wollen Sie denn bei den Azubis eine entsprechende Solidargemeinschaft der Auszubildenden des Landes herstellen, in der alle etwas gemeinsam einzahlen? Das ist der entscheidende Unterschied. Wenn Sie ein Azubi-Ticket in derselben Art und Weise, quasi aber ohne Mitfinanzierung durch die Auszubildenden selbst, wollen, dann ist das ein Subventionsloch staatlicher Art, das wir sicherlich in dieser Größenordnung nicht stopfen könnten.

Wir überlegen aber auch dort. Und aus meiner Sicht ist es sinnvoller, ein Jobticket zu schaffen, durch das auch die Azubis in Schleswig-Holstein einen ganz besonderen Vorteil haben, der fast in der Größenordnung liegt, wie wir das auch beim Studententicket erleben werden. Eine Zwangssolidargemeinschaft bei Azubis kann ich mir allerdings nicht vorstellen. Deshalb werden wir da andere Formen des Tarifs denken müssen. Aber auch diesen jungen Auszubildenden bemühen wir uns, etwas anbieten zu können. Denn uns ist die Feststellung wichtig, dass eine Ausbildung genauso viel wert ist wie ein Studium; weil wir auch deutlich zeigen wollen, dass der Master den gleichen Stellenwert hat wie der Meister. Wir werden auch dort dieselbe Chance ermöglichen.