Protocol of the Session on April 25, 2018

Nur haben wir im Wahlprogramm nicht solche konkreten Versprechungen gemacht, wie Sie sie gemacht haben. Wir haben das den Demonstranten nicht versprochen. Sie haben das versprochen und tun das Gegenteil. Das ist der Unterschied zwischen Ihnen und uns.

- Herr Kollege Stegner, Sie sollten sich noch einmal angucken, was wir versprochen haben. Sie behaupten immer irgendetwas, was nicht der Fall ist. Noch einmal - für Sie zum Mitschreiben -: Wir haben, anders als andere Parteien, keine festen Energie- und Flächenziele definiert. Dazu stehen wir. Das ist richtig. Wir haben gesagt, wir wollen die Abstände moderat - auf 1.000 m, auf 500 m - vergrößern.

(Beifall FDP)

Das eine haben wir bei neuen Flächen erreicht. Wir haben nie gesagt, wir wollten die Flächen- und Energieziele und gleichzeitig größere Abstände. Das haben wir nie gesagt. Das mögen andere gesagt haben. Ich weiß es nicht. Ich lese andere Programme manchmal. Ihres lese ich ganz besonders gern. Herr Kollege Dr. Stegner, ich muss ganz ehrlich sagen: Dass Sie hier so tun, als hätten wir den Leuten etwas vorgegaukelt, was nicht der Fall ist, ist definitiv falsch. Sie sollten Ihre Fake News für sich behalten.

(Christopher Vogt)

(Beifall FDP und CDU)

Herr Abgeordneter Vogt, gestatten Sie eine weitere Bemerkung des Herrn Abgeordneten Dr. Stegner?

Es kann ja nur nach vorne gehen.

Sie haben mich eingeladen, noch etwas zu dem Thema Wirtschaft zu sagen. Es ist doch bemerkenswert, dass ausgerechnet in dem Moment, in dem die FDP in die Regierung eintritt und den Wirtschaftsminister stellt, eine der ganz wesentlichen Branchen in Schleswig-Holstein von der Landesregierung dermaßen schlecht behandelt wird. Ich finde bemerkenswert, dass das so ist.

- Auch das ist kompletter Unfug. Ich erinnere Sie an Ihr Moratorium. Wir haben das Moratorium jetzt verlängert. Wir sollten zum einen die Interessen der Anwohner berücksichtigen - das tun wir jetzt - und zum anderen für eine rechtssichere Planung sorgen, damit die Wirtschaft Planungssicherheit hat.

(Beifall FDP und CDU)

Es macht mich schon ein bisschen betroffen, dass der Oppositionsführer dieses Landes weder das eine noch das andere verstanden hat. Das ist wirklich eine Leistung.

Meine Damen und Herren, die Windkraft ist selbstverständlich ein Wirtschaftsfaktor für SchleswigHolstein. Viele warten zu Recht darauf, dass wir endlich zu einer rechtssicheren Planung kommen. Das ist ein Punkt, über den wir sprechen müssen. Das Moratorium ist eben nicht beliebig oft verlängerbar. Die Überarbeitung der Kriterien war deshalb nicht nur in fachlicher, sondern auch in zeitlicher Hinsicht eine besondere Herausforderung. Durch die in der letzten Plenartagung behandelte Änderung des Landesplanungsgesetzes sorgen wir für eine zeitliche Straffung des Verfahrens, indem wir die elektronische Versendung der Anhörungsmaterialien im Planungsverfahren ermöglicht haben. Das bedeutet allerdings nicht weniger Arbeit für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landesplanung, die einen schwierigen Job haben. Das ist, glaube ich, unstrittig.

(Beifall Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Insbesondere beim anstehenden Anhörungsverfahren ist nicht damit zu rechnen, dass es weniger anspruchsvoll wird als das letzte. Herr Schlick, Sie haben da viel zu tun; das erkennen wir an. Wir haben stets angemahnt, die Akzeptanz bei den Bürgerinnen und Bürgern mehr zu beachten. Damit sind wir dem einen oder anderen Koalitionspartner möglicherweise auch einmal auf die Nerven gegangen. Wir haben uns aber nie unserer Verantwortung entzogen, sondern in Diskussionen stets zwischen den verschiedenen Interessen abgewogen.

Deswegen müssen wir auch sagen, dass der von der Volksinitiative vorgelegte Gesetzentwurf zu den Abständen mit dem von uns geforderten Ziel eines Ausbaus der Windenergie mit Augenmaß nicht vereinbar wäre. Das sage ich ganz deutlich. Zehnmal H würde die Windenergie quasi komplett beerdigen. Das ließe der Windenergie kaum noch Raum. Deswegen ist das nicht das, was wir wollen, was wir angekündigt haben. Deswegen mag es niemanden verwundern, dass wir das nicht mittragen können.

Auf die rechtlichen Bedenken zur Volksinitiative „Für die Durchsetzung des Bürgerwillens bei der Regionalplanung Wind“ haben wir schon früh hingewiesen. Die Einschätzung wurde durch den Wissenschaftlichen Dienst des Landtages bestätigt. Die Mindestanzahl an zulässigen Unterschriften wurde hier ja, wenn auch knapp, verfehlt. Wir haben einen anderen Weg beschritten, haben die Kriterien angefasst, die zu größeren Abständen führen. Wir haben einen Kompromiss, mit dem wir leben können.

Die Ausschöpfung von möglichen Spielräumen hängt im Übrigen nicht allein vom Land ab, sondern wird gerade bei den harten Tabukriterien ganz maßgeblich auch vom Bund bestimmt. Die Planungen sind noch nicht abgeschlossen. Wir haben großes Vertrauen, dass das sehr schnell gelingt, dass es eine rechtssichere Planung geben wird. Wir treiben die Energiewende mit Sinn und Verstand voran. Das ist richtig für Schleswig-Holstein. Deswegen wird diese Koalition das erfolgreich umsetzen. - Ich danke ganz herzlich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall FDP und CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, bitte begrüßen Sie mit mir gemeinsam Schülerinnen und Schüler der Gemeinschaftsschule Handewitt. Herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

(Christopher Vogt)

Das Wort für die Fraktion der AfD hat der Fraktionsvorsitzende, der Abgeordnete Jörg Nobis.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Gäste! Sehr geehrte Vertreter der Volksinitiative! Es vergeht kaum eine Tagung in diesem Hause, ohne dass wir über die Windkraft reden. Die Beiträge zur Debatte des heutigen Tages zeigen aber doch, dass der Energiewende nach alter Fasson so langsam die Luft ausgeht. Auch die Räume für Windkraftanlagen und der Charme der sogenannten Energiewende scheinen im selben Maße abzunehmen. Wer die Anlagendichte der Vereinigten Staaten von Amerika mit derjenigen von Deutschland vergleicht, erkennt sofort, wie krankhaft hoch die Dichte hierzulande ist. Obwohl Deutschlands Fläche kaum 4 % der Fläche der USA umfasst, verdichten wir unsere Räume auf eine Weise, als hätten wir eine vergleichsweise zehnmal so große Staatsfläche.

(Lukas Kilian [CDU]: Wandern Sie aus!)

Fast 30.000 Windkrafträder übersäen Deutschland in diesem Moment. Mit der Verringerung von Abständen werden die Räume dichter, und Landschaften verschwinden. Die Flächen werden versiegelt, die Ästhetik ist dahin.

Meine Damen und Herren, Landschaft ist auch Umwelt und wird von ihrer Ästhetik geprägt. Ein Umweltfrevel ist es auch dann, liebe Grüne, wenn man die Landschaft verschandelt. Wenn ich zu wählen hätte, ob wir eine Landschaft ohne Windkrafträder oder Windkrafträder ohne Landschaft haben sollten, zöge ich jederzeit das Erste vor. Ein Ausbaustopp von Onshore-Windkraftanlagen ist in diesem Sinne gelebter Umweltschutz.

Zugegeben, in Schleswig-Holstein gibt es Gegenden ohne Windparks. Die Windkraftanlagen verteilen sich im Land höchst unterschiedlich. Es gibt aber auch Gegenden, da verliert man vor lauter Spargeln den Blick auf die Landschaft. Vorbei sind die Zeiten, als Schleswig-Holstein noch das Land der Horizonte war. Auf den Bauernmärkten in Schleswig-Holstein mögen die Zeichen derzeit auf Spargel stehen. In der Energiediskussion neigen sich die spargelähnlichen Windkrafträder aber dem Ende zu. Nichts anderes bedeutet die Demonstration, die heute vor den Stufen des Landtags stattfand.

(Beifall Doris Fürstin von Sayn-Wittgenstein [AfD])

Herr Abgeordneter Nobis, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Petersdotter?

Ja, selbstverständlich.

Vielen Dank. - Herr Kollege Nobis, Sie sprechen gerade von Verspargelung und Ästhetik. Welche ästhetische Form der Energiegewinnung fällt Ihnen denn mit Blick auf den Klimawandel ein, um die Krise aufzuhalten? Denken Sie da an den Hambacher Forst, den Hambacher Tagebau? Was stellen Sie sich denn da so an ästhetischer Energiegewinnung vor?

- Ich denke da zum Beispiel, dass der Ausstieg aus der Kernenergie völlig überhastet war, unnötig, den Steuerzahler durch hohe Vertragsstrafen oder Schadensersatzforderungen von Vattenfall und ähnlichen Konzernen belastet. Wir hier in SchleswigHolstein - das müssen wir auch ganz klar sagen werden das Klima nicht retten. Da können wir das ganze Land zuspargeln. Deswegen wird das Weltklima hier nicht gerettet. In Indien oder in China gehen wöchentlich neue Kohlekraftwerke ans Netz.

(Beifall AfD - Wolfgang Baasch [SPD]: Die Sahara reicht nicht aus für den Kopf in den Sand!)

Monatelang hat sich eine Volksinitiative engagiert, um den Wahn nach immer mehr Windkraftanlagen einzudämmen. An dieser Stelle unseren herzlichen Glückwunsch an die engagierten Basisdemokraten. Wir begrüßen die Volksinitiative auch deswegen, weil Demokratie Schaden nimmt, wenn sich nur Berufspolitiker am Willensbildungsprozess beteiligen. Nach Max Frisch sollen sich die Leute in ihre eigenen Angelegenheiten einmischen. Wenn sie das tun, nennt Max Frisch das zutreffend Demokratie, meine Damen und Herren.

In demselben Maß, wie die CDU auf Bundes- und Landesebene Volksentscheide ablehnt, begrüßt die AfD die aktuellen Volkinitiativen. Mit Vorliegen der positiven Stimmberechtigungsprüfung hält die AfD die Zulässigkeit des Gesetzentwurfs der Volksinitiative für gegeben.

(Beifall Dr. Frank Brodehl [AfD] und Doris Fürstin von Sayn-Wittgenstein [AfD])

(Präsident Klaus Schlie)

Wir freuen uns auf eine sachliche, inhaltliche Debatte zum Gesetzentwurf innerhalb der nächsten Monate.

Es ist tragisch, dass der zweiten Volksinitiative wohl nur wenige valide Stimmen fehlen, um heute ebenfalls diskutiert zu werden. Sollte diese Volksinitiative im weiteren Verlauf abgelehnt werden, werden wir als parlamentarische Kraft den demokratischen Prozess der Volksinitiative und einen etwaigen Volksentscheid unterstützen.

Aber zurück zu den Abständen: Wenn an Land schon weitere Windräder gebaut werden, dann kann die Lebensqualität der betroffenen Bürger nur mit der 10-H-Regelung sichergestellt werden. Analog zum Bundesland Bayern, dem Land der verlockenden Landschaften, bemisst sich dabei der Mindestabstand zu Windkraftanlagen an der zehnfachen Anlagenhöhe. Noch vor ganz kurzer Zeit gingen die Planer von einer durchschnittlichen Anlagenhöhe von 150 m aus. Der Herr Minister hatte das gesagt. Der Mindestabstand würde bei 10 H dann gerade einmal 1.500 m betragen. Heute werden aber Anlagen mit rund 200 m Anlagenhöhe geplant. Das ist nicht so selten. Kurz vor der Landtagswahl versprachen Sie, liebe CDU-Mitglieder, den Bürgern einen Mindestabstand von 1.200 m. Die CDU sprach nicht etwa von Plänen wie die FDP, sondern versprach den Bürgerinnen im Wahlkampf vollmundig - ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten -:

„Der Abstand … zum Innenbereich sowie zu Siedlungsbereichen mit Wohn- und Erholungsfunktion wird im Regelfall 1.200 m betragen.“

Nun, kaum zwölf Monate später, sollen es nur noch 1.000 m oder gar 800 m sein. Herr Ministerpräsident, Sie haben sich über den grünen Tisch ziehen lassen.

(Beifall AfD)

Das gleiche Bild bietet sich auch bei Einzelhäusern und Splittersiedlungen im Außenbereich. Vollmundig versprach die CDU, der Abstand werde 500 m betragen. Im Koalitionsvertrag stehen sogar noch 600 m. Nun sollen es vielleicht nur noch 400 m sein.

Nein, meine Damen und Herren, die Geschichte der Windkraft in Schleswig-Holstein lehrt uns, dass derjenige, der sich auf die CDU verlässt, verraten und verkauft ist. Kaum im Amt, präsentiert die ehemals konservative CDU einen ökologischen Fehlschuss nach dem anderen.

Mit den neuesten Plänen senkt Jamaika die erwarteten und versprochenen Mindestabstände um bis zu 400 m. Es sind 400 m weniger im Innenbereich und 200 wichtige Meter im Außenbereich. 400 m bedeuten 400 m weniger Lebensqualität für alle betroffenen Bürger. Natürlich beobachten wir genau, wie die CDU ihr Versprechen auf Druck ihres grünen Partners relativiert. Die Jamaikanisierung ereilt Sie, liebe CDU und FDP, wahrhaft mit einer atemberaubend grünen Kraft. Nehmen Sie nur Ihre neuen und alten Abstandsideen: Repowering-Anlagen sollen nur dem Faktor 3 H unterliegen. Bei einer durchaus gängigen Anlagenhöhe neuer Anlagen von 200 m würde der Mindestabstand lächerliche 600 m betragen. Mit ihren neuesten grünen Eskapaden gefährdet die CDU nicht nur die eigenen Ausbaupläne, sondern hat sich von den ideologischen Grünen kräftig über den Tisch ziehen lassen.

(Christopher Vogt [FDP]: Wo ist denn Ihr Antrag?)

Und so kommen heute profillose Mitte-Links-Regierungen oder Parteibündnisse zustande, Bündnisse, in denen die jamaikanischen Rastafaris der Windenergie ihr Energiewendemantra herunterbeten.

Meine Damen und Herren, zur notwendigen Kurskorrektur fand gerade eine Demonstration vor dem Landtag statt. Ein weiterer Mechanismus wäre der Ausbaustopp von Onshore-Windkraftanlagen. Wie gesagt, dieser Schritt wäre gelebter Umweltschutz. Warum? - Einmal hätte der Ausbau von OffshoreAnlagen einen überraschenden Charme: Weil sich auf See kaum jemand von Windkraftanlagen gestört fühlt, wird auch kaum jemand klagen. Weniger Klagen bedeuten eine verkürzte Projektzeit und obendrein eine saftige Kostenersparnis. In Ruhe könnte der Rotmilan an Land seine Runden drehen, ohne durch Rotorblätter geschreddert zu werden. Dass Windkraftanlagen auch an Land Seevögel wie Fischadler töten, zeigte unlängst ein Fall am Selenter See.

In der Regel werden Windkraftanlagen als störend empfunden. Die riesigen Anlagen sind hässlich, und die optischen Auswirkungen wie der Stroboskopeffekt und Schattenschlag sind mindestens störend. Unmittelbar profitieren Investoren und Bauern, die ihre Flächen hochprofitabel verpachten können. Diese Gruppen nehmen aus nachvollziehbaren monetären Gründen die offensichtlichen Nachteile der Windenergie in Kauf. Alle anderen betroffenen Bürger haben von diesem Teil der Energiewende vor allem Nachteile - vor ihrer Haustür und vor allem auch auf ihrer Stromrechnung.

(Jörg Nobis)