Protocol of the Session on March 23, 2018

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich heute trotzdem noch mal auf die Wichtigkeit der Fehmarnbelt-Querung hinweisen und darauf, dass es nicht allein um die drei Monate geht. Die werden wir bei dem Projekt überstehen; da mache ich mir überhaupt keine Sorgen. Die Firmen stehen bereit.

Wenn dann die Klagen vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig so schnell wie möglich verhandelt werden - darauf haben wir keinen Einfluss; hoffen wir mal, dass die Richter dort mal zu Potte kommen, falls die Kläger, womit leider zu rechnen ist, dort hingehen -, muss man trotz alledem sagen: Für Schleswig-Holstein, für die Wirtschaft Schleswig-Holsteins, ist das ein großes Potenzial. Alle warten darauf, nicht nur die Firma Böge, sondern auch sehr viele Firmen in ganz Ostholstein. Meine Damen und Herren, ich weiß, dass die lieber heute

als morgen loslegen würden. Sie erhoffen sich eine Menge Wertschöpfung.

Es wird die größte Wasserbaustelle in Europa werden - wahrscheinlich weltweit - mit mehr als 7.000 Beschäftigten sowohl auf dänischer als auch auf deutscher Seite. Es wird natürlich Europa zusammenführen, auch das muss man mal positiv sehen: Malmö-Kopenhagen mit Hamburg und Lübeck.

(Zuruf Beate Raudies [SPD])

Die Nordregion wird entstehen.

(Zurufe Beate Raudies [SPD] und Marlies Fritzen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Die Fehmarnbelt-Querung ist für das transeuropäische Netz von großer Bedeutung. Der 18 km lange Wassertunnel ist der längste Wassertunnel der Welt. Er ist 365 Tage befahrbar, schnell, wetterfest, hat keine Wartezeiten, und man braucht auch keine Buchungen. Die Strecke zwischen Hamburg und Kopenhagen wird auch unter drei Stunden benötigen. - Das Thema HanseBelt, das in der Region von großer Bedeutung ist, hat dann auch für uns ungeheure positive Auswirkungen. Man fährt nicht mehr 45 Min mit der Fähre, sondern man ist in 10 Min durch den Tunnel. Die Investitionen von rund 7 Milliarden €

(Sandra Redmann [SPD]: Wahrscheinlich ins Wasser gefallen! werden auch bei uns Steuereinnahmen generieren, und es werden am Tag nicht 5.000 Fahrzeuge fah- ren, sondern 10.000 Fahrzeuge und 65 Güterzüge. Das heißt: Verkehre, Wertschöpfung. Menschen und Regionen, die heute noch getrennt sind, werden miteinander verbunden. - Wer weiß? Die umsatz- stärkste und wirtschaftsstärkste Region war einmal der Öresund. Allein der Bau der Große-Belt-Que- rung dort hat Regionen zusammengeführt und Kul- turen zueinander gebracht. Meine Damen und Herren und Herr Dr. Stegner, mit Ihrem Antrag machen Sie aus einer Mücke einen Elefanten. Sie hätten es positiv sehen und sa- gen müssen: Wir freuen uns auf das Jahresende, dass dann endlich die Planfeststellung fertig wäre. Das wäre eine Aufgabe von staatstragender Bedeu- tung. Sie, die Sie auch gerne noch staatstragende Partei sein wollen, haben sich davon verabschiedet. Nicht mal eine starke Opposition sind Sie noch. (Beate Raudies [SPD]: Pure Verzweiflung! Pure Verzweiflung!)

(Hans-Jörn Arp)

Also von daher, meine Damen und Herren, lassen Sie uns zu dem ernsten Thema zurückkommen und es auch ernst nehmen. Ich erinnere noch einmal daran: Alles, was wir machen, wird in Dänemark genau beobachtet. Wir freuen uns auf die Dänen. Wir entschuldigen uns dafür, dass es mit unserem Baurecht hier bei uns so lange dauert. Das können wir hier im Landeshaus leider nicht ändern, aber wir sagen den Dänen zu -

(Zuruf Lars Harms [SSW])

- Ja, lieber Lars Harms, wenn wir es ändern können, dann werden wir es machen. Machen wir es gemeinsam.

(Lars Harms [SSW]: Ich habe gestern gerade einen Antrag eingebracht!)

- Sehr schön. Dann werden wir es auch machen. Alles, was wir von den Dänen in dieser Sache lernen können, werden wir gern übernehmen. Aber sagen wir den Dänen auch: Machen Sie sich keine Sorgen, wir als CDU stehen uneingeschränkt, von Anfang an zu dem Projekt und die meisten hier im Haus auch. - Das wäre das Signal, das heute von hier aus gehen sollte. - Vielen Dank.

(Beifall CDU und FDP)

Das Wort für Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat der Abgeordnete Dr. Andreas Tietze.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich die ganze Zeit gefragt: Führen wir hier eine Fachdebatte,

(Zuruf: Ja, das hat sich jeder hier gefragt!)

oder ist es im Grunde die Frage einer Attacke? Herr Dr. Stegner, Sie sind nicht so häufig hier im Hause in Verkehrsdebatten aufgetreten, also gehe ich mal davon aus: Es geht eher um die Abteilung Attacke. Deshalb will ich gern noch mal aus der Fachlichkeit heraus sagen, wie sich das aus meiner Sicht und der Sicht meiner Fraktion darstellt.

Wir Grünen waren und sind bisher immer sehr vorsichtig und auch zurückhaltend gewesen, wenn es darum ging - gerade bei Großprojekten -, über Planfeststellungsbeschlüsse feste Zusagen zu machen. Denn wir wissen: Das ist in Deutschland komplex und kompliziert, und alle diejenigen, die mit Terminen arbeiten, leben zumindest in der Gefahr, dass

sie durch unvorhersehbare Änderungen auf der europäischen Ebene - Rechtskonstellationen, die wir überhaupt gar nicht kennen können, bevor diese Zusagen gemacht werden - am Ende doch beim Zeitplan nachbessern müssen. Das war bei Stuttgart 21 so, das war beim Berliner Flughafen so, das ist nun mal die Ausgangslage hier in Deutschland.

Wenn man jetzt Herrn Minister Buchholz, wie Sie das machen, Herr Dr. Stegner, das Ganze vorwirft, muss ich an der Stelle über das Thema Fairness reden.

(Zuruf)

Es ist nicht Herr Minister Dr. Buchholz, der dafür verantwortlich, dass die Gesellschaft Femern A/S die Unterlagen, die für Oktober 2017 zugesagt waren, erst im März 2018 geliefert hat. Wenn man sich diesen Zeitraum ansieht, dann sind das genau sechs Monate. Das heißt, die Nichteinreichung oder die unsachgemäße Einreichung der Unterlagen hat natürlich zu einer Verzögerung geführt.

Wenn man jetzt Ursache und Wirkung nicht verwechselt, dann muss man sagen -: Herr Dr. Stegner, Sie haben gesagt, Sie wussten das gar nicht, schauen Sie -: Seit etwa 14 Tagen gibt es in Dänemark eine lebendige Debatte über Whistleblower und über Anträge und Unterlagen aus dem Aufsichtsrat von Femern A/S von einer dänischen Rechtsanwältin, wobei Sie in der dänischen Presse sehr genau nachlesen können, dass auch und gerade in der dänischen Politik etwas Blauäugigkeit, Sorglosigkeit, vor allem aber fehlende Transparenz in dieser Frage der Fehmarnbelt-Querung zu beobachten war. In einem demokratischen Land geht das Bürgerinnen und Bürgern natürlich auf den Keks, und diese sagen: Wir erwarten, dass unsere Regierung uns reinen Wein einschenkt.

(Zurufe SPD)

Zu dem Stichwort: Ursache und Wirkung nicht verwechseln. Die Ursache war, dass die Femern-A/SGesellschaft diese Unterlagen nicht rechtzeitig eingebracht hat. Wir reden über ein Planfeststellungsverfahren.

(Zurufe SPD)

- Regen Sie sich mal nicht auf.

Das sind alles komplexe juristische Fragen. Es geht um Tierschutz. Dieser ist uns Grünen immer wichtig gewesen. Wir haben gerade im Zusammenhang mit dem Aspekt Schweinswalschutz deutlich gemacht, wie komplex diese Debatte auch im Fehmarnbelt ist. Es geht um Gewässerschutz, es geht

(Hans-Jörn Arp)

um Sedimentverdichtung, und es geht um komplexe europäische Richtlinien.

Also, meine Damen und Herren, ich will noch einmal sagen: Bei diesem Verfahren ist es von keiner Seite in irgendeiner Weise verlässlich, Planfeststellungsbeschlüsse zuzusagen. Man bemüht sich. Herr Minister, ich finde die Aussage richtig: Gründlichkeit und Schnelligkeit. Sie haben das gesagt. Das ist eine neue Konstruktion jetzt auch im Ministerium selbst. Der Minister hat es ausgeführt, die Planfeststellungsbehörde ist neu aufgestellt worden. Insofern ist das alles im Verfahren.

Ich darf auch auf etwas Besonderes und Neues hinweisen: Sie haben sich juristische Unterstützung von außen geholt. Professor Nebendahl, den ich persönlich sehr schätze, überwacht diesen Prozess der Planfeststellungsbehörde. Das heißt, hier gibt es noch einmal ein Monitoring, und ich finde, hier haben Sie alles richtig gemacht.

Ich will noch einmal benennen, was in Dänemark im Moment eigentlich passiert und was ich auch sehr bedenklich finde. Sie wissen, dass ich bei diesem Projekt immer skeptisch war und auch noch skeptisch bin. Wir haben einen Koalitionsvertrag, zu dem stehen wir. Da beißt die Maus keinen Faden ab. Dann hört man aber, wie diese Erwartungen in Dänemark tatsächlich schöngerechnet werden. Man stellt fest, dass einfach einmal eine Bilanz geschönt wird: Es wird gesagt, durch die Verzögerung kommen drei Jahre später irgendwie 250.000 Fahrzeuge mehr daher, die man einfach benennt. Man sagt, diese 250.000 Fahrzeuge würden ungefähr 1 Milliarde € an Umsatz neu schaffen. Man weiß aber überhaupt nicht, ob diese 250.000 Fahrzeuge in der Tat auch neue Nutzer sind. Wir reden vom Jahr 2027.

Dann stellt man fest, dass die eigentlichen Zahlen bei der Storebælt-Brücke zurückgehen. Also auch in Dänemark gibt es rückläufige Benutzerzahlen durch Fahrzeuge bei bestehenden Bauwerken. Da fragt sich der dänische Bürger natürlich: Was passiert da eigentlich? Ihr habt uns immer steigende Verkehrszahlen vorausgesagt, aber sie treten gar nicht ein. Das ist übrigens eine alte Forderung der Grünen: Macht euch endlich einmal ehrlich, gebt endlich einmal die Prognosen heraus, damit es hier eine verlässliche Debatte geben kann!

Auch das geschieht jetzt in Dänemark. In Dänemark nimmt die Debatte Fahrt auf. Deshalb ist das vom Zeitpunkt her sehr kritisch. Wir müssen hier sehr sensibel sein, damit wir nicht unnötigerweise internationale Konflikte hervorrufen, denn es ist tat

sächlich so: Es gibt einen Staatsvertrag zwischen Deutschland und Dänemark. Der ist die Grundlage für dieses ganze Fehmarnbelt-Projekt, und ich denke, wir sollten hier die Kirche im Dorf lassen und uns nicht in außenpolitischen Fragen eine Kompetenz zu eigen machen, die wir gar nicht haben.

Meine Damen und Herren, wenn wir heute das Thema Fehmarnbelt-Querung betrachten, dann sage ich ganz klar: Wenn jetzt mehr Transparenz auch von dänischer Seite kommt, dann ist diese umso wichtiger, wenn es tatsächlich zu einer Verwirklichung des Projekts kommt. Es muss endlich alles auf den Tisch. Auch die Konditionen, die für 2019 durch die dänische Regierung zugesagt worden sind, waren für mich schon damals, als diese im politischen Raum bekannt wurden, blauäugig. Diese Konditionen sind mit 750 Millionen Kronen abgesichert worden. Hier gibt es also eine Absicherung.

Ich habe an dieser Stelle keine Häme und auch kein Mitleid, ich sage aber auch: Wir stehen hier nicht auf der Bremse. Wir gehen davon aus, dass die Fehmarnbelt-Querung die Zeit braucht, die sie braucht, und ich sage Ihnen: Selbst wenn der Planfeststellungsbeschluss am Ende dieses Jahres kommt, dann ist die Tasse Tee noch nicht getrunken. Man wird in Leipzig auch über die diversen Fragen des Umweltschutzes reden.

Ich sage auch immer: Die dänische Regierung hat ja die Wahl gehabt, auch einen Bohrtunnel anzudenken. Das hat sie nicht getan. Sie hat sich auf den komplexen Vorgang eines Absenktunnels konzentriert, und der Absenktunnel hat eben Umwelteinwirkungen, die genau untersucht werden müssen. Deshalb dauert es länger, wenn man sich für eine solche Baumethode entscheidet. Das war aber auch allen Beteiligten vorher bekannt.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Vogel?

Ja, sehr gern.

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. - Sie haben eben die Aussage getroffen, dass, bedingt dadurch, dass man mit dem Königreich zusammenarbeitet, sehr sensibel mit den Aussagen umgegangen werden soll. Wie beurteilen Sie in dem Zusammen

(Dr. Andreas Tietze)

hang Ihre Aussage, dass die Schuld an der Verzögerung jetzt Femern A/S trage?

- Das ist nicht meine Aussage. Ich habe in den letzten 14 Tagen in dänischen Zeitungen gelesen, dass diese Debatte jetzt aufkommt und dass die dänische Bevölkerung nachfragt: Was weiß Femern A/S? Welche Unterlagen hat Femern A/S eingebracht? Wie ist man dort mit Kritikerinnen und Kritikern umgegangen, die in diesem Prozess vor zwei oder drei Jahren auch öffentlich in diesen Rahmen eingebracht worden sind?

Die dänische Bevölkerung fragt sich zu Recht: Was weiß man bei Femern A/S, was wir nicht wissen? Was ist uns verschwiegen worden? Im Übrigen sind auch die Kollegen im Folketing aufgeschreckt. Wir haben selbst hier mit ihnen gesprochen. Es ist so, dass die Parlamentarier jetzt auch fragen: Was hat das Parlament gewusst? Hier gibt es also eine parlamentarische Debatte, übrigens auch in Richtung des dänischen Ministers, der in der dänischen Presse mehrfach gefragt worden ist, was er dem Parlament berichtet habe.

Das sind normale Prozesse in Demokratien, die bei solchen Projekten aufkommen. Wir hätten wahrscheinlich einen Untersuchungsausschuss eingesetzt, wie wir es bei Stuttgart 21 oder bei anderen Fragen gemacht haben. Wir hätten das ausführlich aufgearbeitet. Da ist das dänische Parlament noch nicht so weit. Dass aber ein Parlament hier keine volle Information und Transparenz hat, das kann ich nicht nachvollziehen. Hier muss sich Femern A/ S vor dem dänischen Parlament rechtfertigen.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage?