Protocol of the Session on March 23, 2018

(Beifall FDP, CDU und vereinzelt BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Herr Minister hat die vereinbarte Redezeit um 2 Minuten 50 Sekunden überzogen. Diese Redezeit steht jetzt selbstverständlich zusätzlich allen Fraktionen zur Verfügung.

(Minister Dr. Bernd Buchholz)

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort für die SPDFraktion hat deren Fraktionsvorsitzender, der Herr Oppositionsführer Dr. Ralf Stegner.

(Zurufe Hans-Jörn Arp [CDU] und Lars Harms [SSW])

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister Buchholz, wir haben uns gestern schon richtig Sorgen um Sie gemacht. Normalerweise war Ihnen in den letzten Monaten doch wirklich kein Thema zu klein, dass Sie es nicht öffentlichkeitswirksam aufgeblasen hätten. Als erfahrener Dompteur machen Sie regelmäßig und zielsicher aus jeder Mücke einen Elefanten.

(Christopher Vogt [FDP]: Oh! - Kay Richert [FDP]: Der pure Neid! - Zuruf FDP: Sie sind doch nur neidisch!)

Es gibt keine Lindenpflanzung, die nicht auch ein schnittiges YouTube-Video am Wegesrand mit sich gebracht hätte.

(Beifall FDP und vereinzelt CDU)

Da muss man sich als fürsorgliche Sozialdemokratie schon Sorgen machen, dass wir über Verzögerungen beim Planfeststellungsverfahren bei der Fehmarnbelt-Querung nicht von Ihnen, sondern über drei Ecken erfahren. Herr Minister, das kennen wir sonst gar nicht von Ihnen. Ich habe dann auch noch gehört, es sei Ihnen noch nicht einmal recht gewesen. Aber keine Sorge, wir passen auf, dass das nicht durchrutscht, und wir helfen Ihnen natürlich gerne und haben deswegen postwendend diesen Dringlichkeitsantrag gestellt.

(Christopher Vogt [FDP]: Sehr gut!)

Ich muss sagen: Es wäre wirklich schade, wenn so wichtige Neuigkeiten in der Osterpause verhallen würden, wie Sie das ursprünglich geplant hatten mit einer Presseverlautbarung am Gründonnerstag, dann kommt Karfreitag und so weiter.

(Beifall SPD)

So machen Sie das sonst gar nicht. Wir nehmen auch in Kauf, wenn uns die grünen Kollegen oder andere sagen, ach, das mit der Dringlichkeit sei doch irgendwie gar nicht so. Ich muss Ihnen ehrlich sagen: Die Opposition ist ja nun für vieles zuständig, aber nicht für planbare Abläufe in der Parlamentstagung zugunsten der Regierung. Das ist nicht unser primärer Auftrag. Den wollen wir auch nicht erfüllen.

(Beifall SPD)

Aber man hat gesehen, dass der Antrag gestern genau zur richtigen Zeit kam; denn kaum gab es den Antrag, schon lief die übliche Buchholz-Maschinerie wieder an: Pressemitteilung 15:10 Uhr, knappe zwei Stunden später das Facebook-Video und der obligatorische Blog-Beitrag auf der Seite Ihres Wirtschaftsministeriums.

(Beifall CDU, FDP und vereinzelt SPD)

Fazit: Wenn Buchholz persönlich für Beschleunigung sorgt, dauern die Dinge ein bisschen länger. Genau das ist das Fazit.

(Dennys Bornhöft [FDP]: Man kann davon lernen!)

Wenn Buchholz persönlich beschleunigt, dauert es ein bisschen länger. Das ist die Konsequenz, die man aus dem Video ziehen konnte. Ich muss ehrlich sagen: Das ist schon eine spannende Sache, wenn man sich das bei Ihnen betrachtet.

Aber ich glaube, was die Übereinstimmung angeht, endet dann auch die Gemeinsamkeit bei der Dringlichkeit. Sie haben gestern und heute wieder von läppischen drei Monaten gesprochen. Sie begründen das auf Ihrer Seite ein bisschen verdruckst mit der Anzahl der Einwendungen. Da frage ich mich: War eigentlich dem Herrn Ministerpräsidenten die große Anzahl von 12.600 Einwendungen Ende September 2017 noch nicht bekannt, als er dem dänischen Verkehrsminister versicherte - ich zitiere den „Norddeutschen Rundfunk“ -, die Landesregierung werde Mitte 2018 einen Planfeststellungsbeschluss vorlegen? - Mitte 2018, nachdem die ganzen Einwendungen schon vorlagen. Sie haben sie wieder als Argument vorgetragen. Das passt nicht wirklich zusammen. Entweder reden Sie nicht miteinander, oder Herr Günther hat das nicht verstanden. Aber da ich ihn intellektuell sehr schätze, muss der Grund woanders liegen.

Zweitens frage ich mich, wie Sie aus der Mitte des Jahres 2018 - da brauchen wir gar keinen kalendarischen Sommer - und dem Ende des Jahres drei Monate machen. Ich glaube, das Jahr hat zwölf Monate. Zwischen Mitte und Ende liegen mindestens sechs Monate. Wenn ich Ihnen helfen kann im Zahlenraum zwischen eins und zwölf -

(Christopher Vogt [FDP]: Höchstens sechs!)

- Höchstens sechs, Herr Kollege Vogt, gut, dass Sie mitgedacht haben, aber jedenfalls nicht drei. So viel steht fest.

(Präsident Klaus Schlie)

(Christopher Vogt [FDP]: Irgendwo zwi- schen drei und sechs!)

Ich weiß, bei Kleinigkeiten sind Sie großzügig. Aber ich muss schon sagen, dass man das immerhin anders hätte betrachten können.

Drittens bin ich wirklich verwundert, wenn es so gute Nachrichten sind, wie Sie es gerade dargestellt haben, dass Sie eigentlich nicht von sich aus ein Interesse daran hatten, diese Nachrichten dem Landtag zu überbringen. Wo war eigentlich Ihr Dringlichkeitsantrag oder Ihr Wunsch, das hier im Landtag zu berichten, wenn es so eine dolle Sache ist, wie Sie das gerade hier dargestellt haben? Das finde ich sehr erstaunlich.

(Beifall SPD und SSW - Christopher Vogt [FDP]: Wir wollten das eigentlich bei Face- book machen!)

Aber was wir feststellen: Schuld ist immer jemand anderes, wenn die großspurigen Ankündigungen der Landesregierung nicht in die Tat umgesetzt werden können. Mal war es die Vorgängerregierung, mal waren es die Verbände, mal war es die Deutsche Bahn, dann sind es die Zwergschwäne, dann ist es die Anzahl der Einwendungen, dann sind es die dänischen Nachbarn, vielleicht war es auch Frau Redmann. Irgendjemand ist es immer gewesen.

(Zuruf)

Ich glaube, in Wirklichkeit ist es so, dass Sie nicht der geschickte Dompteur gewesen sind, Herr Minister Buchholz, sondern eher der sprichwörtliche Elefant im dänischen Porzellanladen. Das ist eher das, was man über Sie sagen kann.

Ich will es eigentlich gar nicht auf die Spitze treiben, aber wie hätte denn die Rhetorik geklungen, wenn wir noch an der Regierung wären und das mitgeteilt hätten? Vielleicht hätte die so geklungen - ich zitiere einmal -: Ich kann gar nicht glauben, dass der Verkehrsminister noch nicht einmal ein halbes Jahr überblicken kann. Ich erwarte vom Verkehrsminister, dass er verbindliche Termine für den Abschluss der Planfeststellungsverfahren festlegt. So der Kollege Arp aus dem August 2015.

(Zurufe SPD: Hört, hört!)

Übrigens war beim Elbtunnel, bei dem auch so komplizierte Verfahren gelten, natürlich Herr Meyer schuld und nicht die komplizierten Rechtsverfahren. Was ist das eigentlich für eine Logik?

(Zuruf Christopher Vogt [FDP])

Ich kann Ihnen nur sagen: Wenn man sich das anschaut - ob es die Windkraftplanung ist, ob es andere Dinge sind -, dann muss man sagen: Die deutsche Politikwissenschaft verdankt Ihnen ein ganz neues Ratingsystem für politische Verantwortung, nicht AAA -

Herr Abgeordneter Dr. Stegner, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Vogt?

Aber mit dem allergrößten Vergnügen. Ich komme trotzdem darauf zurück, darauf können Sie sich verlassen. - Bitte schön.

Herr Dr. Stegner, es war hochinteressant, was Sie gerade ausgeführt haben. Sie haben gerade gesagt, dass es in der Vergangenheit immer so war, dass Herr Meyer dafür nichts konnte. Jetzt frage ich mich: Warum ist bei der ersten Verzögerung bei Herrn Buchholz Herr Buchholz schuld? Das erschließt sich logisch irgendwie nicht.

(Zurufe SPD: Das hat er nicht gesagt!)

- Das habe ich gar nicht gesagt, Herr Kollege Vogt. Das ist eine beliebte Methode: Man behauptet Dinge, die nicht gesagt worden sind, und weist sie dann zurück.

Ich wollte nur sagen: Jemand, der vorher immer gesagt hat, ob es regnet oder schneit, schuld ist der Meyer, und jetzt auf die komplizierten Rechtssysteme verweist, ist nicht besonders glaubwürdig. Das habe ich hier festgestellt, das war alles, Herr Kollege Vogt.

(Beifall SPD und SSW)

Aber das passt sehr gut, wenn ich das sagen darf. Die deutsche Politikwissenschaft verdankt Ihnen ein ganz neues Ratingsystem für politische Verantwortung. Das ist nicht AAA, sondern der Goldstandard ist das „AABB-Rating“, „alle sind schuld außer Bernd Buchholz“. Das ist das neue Rating der Politik.

(Beifall SPD und SSW)

Alle anderen haben schuld. Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Ob das wirklich vor Weihnachten kommt, weiß ja auch kein Mensch. Wer weiß, was die Verzögerung für die Fördergelder bedeutet? Ich hoffe sehr, dass wir zu diesen wichtigen Fragen

(Dr. Ralf Stegner)

noch Antworten bekommen: Gibt es Konventionalstrafen? Können die Verträge eingehalten werden? Was passiert da eigentlich? - All das wissen wir nicht.

Ich ahne aber: Wenn es noch einmal eine klitzekleine Verzögerung gibt, werden Sie uns wieder erklären können: Das war das komplizierte Recht oder Femern A/S oder die Dänen. Einer war es gewiss nicht: Bernd Buchholz. - Es ist doch schön, dass wir das heute öffentlich debattieren konnten. - Vielen herzlichen Dank.

(Beifall SPD und SSW)