- Ich will jetzt nicht wissen, was redaktionell älter war, es ist aber auch gut, wenn es dort ähnliche Schnittpunkte gegeben hat.
Um wieder zur Sache zurückzukommen, liebe SPD-Fraktion. Wir brauchen einen Dreiklang in der Altersvorsorge, bestehend zum einen natürlich aus der gesetzlichen Rentenversicherung, die auch weiterhin ein wichtiges Instrument ist und bleiben soll. Daneben stehen aber auch die Betriebsrente und die private Altersvorsorge. Denn die eigene Altersvorsorge ist eine Investition, eine Investition in die eigene Zukunft. Bei einer Investition ist es in der Regel vorteilhafter, wenn man sich breiter aufstellt und nicht alles auf eine Karte setzt.
- Je nachdem. Bei der gesetzlichen Rentenversicherung weniger als bei der privaten Rentenversicherung, Herr Dolgner.
Aber, ich glaube, wir beide sind uns einig, dass es derzeit eine sozialpolitische Ohrfeige ist, wenn Sie tatsächlich eine Wette auf ein langes Leben abschließen und Sie dann - warum auch immer - in die Grundsicherung fallen, dass Sie dann davon nichts mehr haben, obwohl Sie noch ein paar Jahre leben. Das ist doch schade. Das ist etwas, das wir meines Erachtens alle angehen sollten. Denn derje
nige, der aus seinem eigenen Nettoeinkommen Anstrengungen bestreitet und privat vorsorgt, soll dann auch bitte definitiv mehr haben als diejenigen, die sich nicht um ihre eigene Altersversorgung bemühen.
Deswegen möchten wir mit diesem Antrag die bisherige Praxis der Verrechnung von Eigenleistungen für die Altersvorsorge mit der Grundsicherung aufbrechen.
Ein weiterer wesentlicher Aspekt, der schon länger an der Lebenswirklichkeit der Menschen vorbeigeht, ist die starre Altersgrenze, erst recht wenn sie pauschal erhöht wird. Warum soll nicht jemand mit 70 noch weiter arbeiten, beispielsweise eine Bürokauffrau oder ein Bürokaufmann, wenn sie oder er es selber möchte? Warum sollte man auf der anderen Seite einem Tiefbauer Steine in den Weg legen, wenn er früher in die Rente gehen will? Wir müssen uns mehr auf den einzelnen Menschen fokussieren und nicht alles wie ein Mantra vor uns hertragen.
Ich sehe gerade, meine Redezeit läuft ab. Wir möchten mit diesem Antrag ein Signal nach Berlin senden, dass es mit dem Denken von gestern in der Altersvorsorge vorbei sein muss. Wir müssen nach vorne gehen, wir müssen neue Ideen einbringen, und ich freue mich auf die weitere Beratung im Sozialausschuss. - Vielen Dank.
Sehr verehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gäste! Altersarmut dürfte es eigentlich gar nicht geben. Umso wichtiger ist es, dass die Jamaika-Koalition diesen Antrag eingebracht hat. Vielen Dank dafür.
Es sind nicht nur die Bilder von Pfandflaschen sammelnden Rentnern, sondern immer mehr Menschen reicht auch schon ein Blick auf die Rentenbescheinigung, damit sie verunsichert werden, um es einmal gelinde auszudrücken.
Die Angst vor Altersarmut in Deutschland ist so groß, aber nicht einmal die Hälfte der Bundesbürger legt etwas für die Altersvorsorge zurück. Woran liegt das eigentlich, und wie kann Politik hier gegensteuern? - Ein Lösungsansatz dazu lautet, dass wir den Menschen wieder mehr Sicherheit geben müssen. Sicherheit nicht nur bei der kurz- und mittelfristigen Lebensplanung, sondern vor allem auch im Hinblick auf ihr Arbeitsleben insgesamt und auf die Zeit, die sich daran anschließt.
Es war die Zinspolitik und die vollkommen wahnwitzige Geldmarktpolitik der EZB in den letzten Jahren, die dazu geführt haben, dass man auf Erspartes keine Rendite mehr bekommt. Ganz im Gegenteil. Beispiel: Bei der Lebensversicherung beträgt der Garantiezins mittlerweile unter 1 % bei einer Inflation von über 1 %. Das bezeichnet man als Geldvernichtung.
Wenn man sich das vergegenwärtigt, und genau das geschieht immer häufiger, dann verwundert es auch nicht, dass laut ERGO-Risikoreport 2018 50 % der Deutschen davon ausgehen, dass sich eine Finanzkrise wie 2008 innerhalb der nächsten zehn Jahre wiederholen wird. Wie reagieren die Menschen in Sachen Geldanlage, wenn sie unsicher sind? - Sie investieren ihr Geld natürlich nicht in Lebens- oder Rentenversicherungen, auch nicht in Sparpläne oder in Aktienfonds und auch nicht mehr in Gold. Nein, sie fliehen in vermeintlich sichere Anlagen, sie fliehen ins Betongold. Eine wirkliche Lösung ist das aber gesamtgesellschaftlich gesehen nicht, allenfalls für diejenigen, die sich ein Häusle leisten können.
Die angesprochene ERGO-Studie zeigt aber noch etwas. Trotz der Ängste legt nur knapp die Hälfte aller Bundesbürger mehr als 50 € pro Monat für die Altersvorsorge zurück. Jeder fünfte Bundesbürger sorgt sogar gar nicht fürs Alter vor. Nochmals die Frage: Warum ist es so, dass die Menschen trotz ihrer doch weitreichenden Ängste nicht ausreichend Vorsorge betreiben? - Sie misstrauen, egal ob dem Euro, den Banken, den Versicherungen oder auch der gesetzlichen Rentenversicherung. Anders ist es nicht zu erklären, warum knapp 70 % der Befragten erwarten, dass das Rentenniveau in den nächsten zehn Jahren weiter sinken wird.
Auch wenn die GroKo in Berlin in ihrem Koalitionspapier eine Garantie der gesetzlichen Rente von 48 % zusichert, die übrigens nur bis zum Jahr 2025 gilt, werden die Menschen auch weiterhin misstrauisch bleiben, weil die Antwort auf die Fragen „Wie geht es weiter? Was kommt danach?“ wieder einmal nur unzureichend, nein, sogar eigentlich über
haupt nicht beantwortet worden ist. Und wenn man dann nicht mehr weiterweiß, werden fehlende Visionen und Planlosigkeit häufig durch die Bildung von Arbeitsgruppen und Kommissionen ersetzt. Und genau das ist ja auch schon eingeleitet worden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Probleme sind seit vielen Jahren bekannt. Passiert ist zwar viel, aber nichts, was den Bürgern wirklich wieder Sicherheit gebracht hätte. Die nach der jüngsten Insa-Umfrage bundesweit zweitstärkste Partei - Sie wissen es - wird in Berlin die Herausforderung anpacken. Gott sei Dank. Drei Ansatzpunkte werden sein: Senkung der Steuer- und Abgabenlast. Denn nur wer vom Brutto mehr Netto übrig hat, dem bleibt mehr Spielraum für die private Altersvorsorge.
Zweitens. Ungerechtigkeiten werden aufgehoben. Wer jahrzehntelang sozialversicherungspflichtig beschäftigt war, muss am Ende selbstverständlich mehr haben, als der derjenige, der nicht eingezahlt hat.
Drittens. Sicherheiten schaffen. Wer einen sicheren Arbeitsplatz hat und nicht prekär beschäftigt ist, investiert auch in seine Zukunft. Und ganz nebenbei: Er gründet auch eine Familie, und das ist auch ein nicht ganz unwesentlicher Faktor in der Rentenfrage.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ja, das debattierte Thema ist komplex. Ich habe es trotzdem einfach dargestellt. Wenn wir uns wirklich um die dauerhafte Vermeidung von Altersarmut kümmern wollen, müssen wir auch über die Auswirkungen von Kurzarbeit, Mindestlohn, Werkverträgen, gebrochenen Erwerbsbiografien sprechen.
Hier im Haus hat es vor knapp anderthalb Jahren eine entsprechende Initiative für eine zukunftssichere Altersvorsorge gegeben. Ich meine, dies kam damals von der FDP. Aber heute ist es noch nicht zu spät, damit anzufangen; denn niemand hier im Haus will sich mit Altersarmut abfinden. Auch wir nicht. Deshalb freue ich mich auf die Beratung in den Ausschüssen. - Vielen Dank.
Bevor wir fortfahren, begrüßen Sie bitte mit mir zusammen auf der Tribüne unseren Präsidenten der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein, Herrn
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Wer kann schon etwas dagegen haben, Altersarmut zu bekämpfen? Das Problem der Armut im Alter lässt sich nicht leugnen, und schon gar nicht kleinreden. CDU, Grüne und FDP verweisen auf die rund 40.000 Menschen, die laut Statistik auf Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung angewiesen sind. Das muss man sich einmal klarmachen: Allein hier in Schleswig-Holstein sind 40.000 Bürgerinnen und Bürger auf finanzielle Hilfe für ihren Lebensunterhalt angewiesen, weil ihre reguläre Rente nicht zum Leben reicht.
Machen wir uns nichts vor: So manche Person in dieser Gruppe mag zwar Lücken in der Erwerbsbiographie haben, aber viele dieser Menschen haben lange Zeit gearbeitet und in die Rentenkasse eingezahlt. Für sie ist dieser Umstand wirklich mehr als entwürdigend. Doch ganz grundsätzlich ist die Zahl 40.000 einfach zu hoch. Dazu kommt, dass innerhalb dieser viel zu großen Gruppe nicht danach unterschieden wird, ob jemand Rentenansprüche durch seine Arbeit erworben hat oder nicht. Deshalb sage ich ganz klar: Die Tatsache, dass in diesen Fällen die Lebensleistung nicht anerkannt wird, halten auch wir für ungerecht.
Aus diesem Grund kann der SSW den Antrag und die hier angeregte Bundesratsinitiative auch grundsätzlich unterstützen. Natürlich ist es für sich genommen sinnvoll, wenn die gesetzliche, private und betriebliche Altersvorsorge zukünftig nicht mehr in vollem Umfang auf die Grundsicherung angerechnet wird. Die Bürgerbeauftragte hat in ihrem Bericht die entsprechende Lösung durch einen gestaffelten Rentenfreibetrag angeregt. Damit würde jeder, der in irgendeiner Form Vorsorge geleistet hat, auch im Alter etwas davon merken. Im Ergebnis wäre dann zumindest ein Teil der 40.000 Menschen, die auf Unterstützung angewiesen sind, oberhalb des Existenzminimums abgesichert. Mit diesem Schritt wird also eine bestehende Gerechtigkeitslücke kleiner. Das ist natürlich zu begrüßen.
Auch die angeregte Überprüfung der Belastung der Altersvorsorge mit dem vollen Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag ist sinnvoll, genau wie die
Forderung nach mehr Transparenz durch ein digitales individuelles Vorsorgekonto. Aber ganz ehrlich: Ändert das etwas an der Tatsache, dass sich die betroffenen Rentnerinnen und Rentner auf einem sehr niedrigen Niveau bewegen? - Ich habe jedenfalls Zweifel daran, dass wir das Problem der Altersarmut so in den Griff bekommen. Hierfür brauchten wir einen echten Systemwechsel in der Alterssicherung. Das bestehende System ist und bleibt kompliziert und im Kern ungerecht. Die großen Armutsrisiken durch Lücken in der Erwerbsbiografie, durch die mangelhafte Absicherung der Selbstständigen oder durch undurchsichtige private Zusatzangebote werden auch durch diesen Antrag nicht eingedämmt.
Im Klartext bedeutet das natürlich, dass wir für eine verlässliche Alterssicherung eine breitere finanzielle Basis brauchen. Heute bekommen die Rentnerinnen und Rentner letztlich nur eine Rente nach Kassenlage. Sie können ein Leben lang hart gearbeitet haben, am Ende sind sie davon abhängig, was die aktuellen Beitragszahler einzahlen. Langfristig sehe ich deshalb keine Alternative zu einem Modell, das alle Erwerbstätigen und alle Einkommensarten mit einbezieht. So werden die Lasten dann endlich nicht nur auf alle Schultern verteilt, sondern die breiteren Schultern tragen dann auch den entsprechend größeren Anteil. Eine Bürgerversicherung ist damit eine wirklich zukunftssichere Altersvorsorge, die diesen Namen auch verdient.
Aber auf der anderen Seite werde ich natürlich jede Initiative unterstützen, die die Altersarmut kleiner macht. Deshalb freue ich mich auf die Auseinandersetzung mit beiden Anträgen. Ich finde, dass die Ergänzungen des SPD-Antrags unheimlich sinnvoll sind. Ich freue mich auf die Auseinandersetzung darüber im Ausschuss und hoffe, dass wir daraus wirklich etwas Positives für die Betroffenen machen können und dass wir ein Schritt weg von der Altersarmut kommen. - Jo tak.