Da es auf der einen Seite eine rechtliche Norm gibt und auf der anderen Seite eine rechtlich nicht geregelte Option besteht, die wir alle mittragen, bedarf es eines besonderen Rahmens. Genau diesen müssen wir durch Identifikation, durch Einstehen und durch Gespräche einvernehmlich festlegen.
In der Vergangenheit ist dies eindeutig erfolgt. Das Protokoll, das von den Kirchen und von den staatlichen Institutionen getragen wird, ist heute schon wiederholt genannt worden. Es geht darum, diesen außerrechtlichen Konsens gesellschaftlich zu verankern. Denn sonst, wenn wir Recht außerhalb des Rechts zulassen, bewegen wir uns auf ganz schwierigem Gelände. Dies in diesem Fall einvernehmlich zu tragen, ist ein wichtiger Baustein unserer Demokratie.
Zumindest derzeit wird eine stellenweise unterschiedliche Interpretation beim Staat und bei der Kirche vorgenommen. Dies führt dazu, dass das Grundverständnis von Kirchenasyl unterschiedlich interpretiert wird. Diese Entwicklung bereitet mir als Innenminister Sorge. Denn der Respekt vor dem Hausrecht der Kirche erfordert aus meiner und un
serer Sicht eine Balance mit dem Respekt der Kirche vor der staatlichen Aufgabenerfüllung. Diese Balance scheint zumindest in der Betrachtungsweise Einzelner aus den Fugen geraten zu sein.
Ich will Ihnen einige Zahlen nennen. Seit 2015 sind die Fallzahlen kontinuierlich gestiegen. Nach unseren Erhebungen gewährten die Kirchen in Schleswig-Holstein - in anderen Bundesländern ist es vergleichbar - im letzten Jahr in 119 Fällen Asyl. Insgesamt wurden 186 vollziehbar ausreisepflichtige Personen vorübergehend durch die Kirchengemeinden aufgenommen.
Die Kirchengemeinden, die Kirchenvorstände machen sich dezidiert Gedanken darüber, was der Anlass ist. Es ist vielleicht manchen nicht bewusst, dass es in dieser Phase einen sehr engen Kontakt mit dem BAMF gibt, das in dieser Phase prüft, ob ein Selbsteintritt des BAMF in das Verfahren erfolgt. Wir haben über die Belastbarkeit staatlicher Entscheidungen gesprochen. Es ist nicht eine Ausnahme, sondern die Regel, dass das BAMF seine eigene Entscheidung noch einmal prüft. Den Weg dazu bereitet das Kirchenasyl.
Um hier auf allen Seiten Sicherheit zu haben, damit nicht jemand sagt, man bewege sich hier in einem rechtlich nicht gesicherten Rahmen, wurde das Thema auf die Tagesordnung der Innenministerkonferenz gesetzt. Dort hat man es nicht aus populistischen Überlegungen heraus - wir wollen es einmal der Kirche zeigen oder ähnliche Gedanken -, sondern unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit für beide Seiten erörtert. Die Zahl der Menschen, die in den Kirchengemeinden Verantwortung dafür übernehmen, ist nicht gerade gering. Die Frage ist, wer mich autorisiert, diese Diskussion überhaupt anzufangen.
Wenn wir als Staat uns unserer Tradition stellen, einen Dialog mit den Kirchen führen und einen partnerschaftlichen Umgang mit der Gewährung von Kirchenasyl festlegen wollen, so bedarf es dazu Bedingungen, die wir auf beiden Seiten aufbringen müssen. Es gilt sowohl für die Kirchen als auch für den Staat, Verhaltensweisen zu finden, die letztlich auch in der Gesellschaft Akzeptanz finden.
Bereits auf der Innenministerkonferenz haben wir länderoffene Gespräche mit Vertreterinnen und Vertretern der Kirche vereinbart, um diese Dinge zu aktualisieren, weil das Kirchenasyl in dieser Form und Brisanz bisher nie da war. Ich habe gegenüber dem Bundesinnenminister, Herrn Dr. de
Maizière, meine Bereitschaft angekündigt, an diesen Gesprächen auf Bundesebene aktiv teilzunehmen. Wir bereiten gerade die ersten konkreten Gespräche vor.
Auch hier in Schleswig-Holstein sind wir und bin ich persönlich mit Vertreterinnen und Vertretern der Nordkirche, aber auch anderer Kirchen in einen tiefgehenden Austausch getreten. Wir arbeiten dort konstruktiv an einer Lösung dieses für beide Seiten belastenden Themas.
Einig sind wir uns beispielsweise, dass es bei Kirchenasyl ausschließlich um Härtefälle geht. Um die Entscheidung zu treffen, was ein Härtefall ist, sind die Kirchen als institutionalisierte Mitglieder der Härtefallkommission bestens vorbereitet und können dies sehr wohl mit entscheiden.
Das Ziel einer solchen Entscheidung ist, eine für die Schutzsuchenden an Leib und Leben bedrohlich aussehende Abschiebungssituation abzuwenden. Allerdings geht es in der überwiegenden Mehrheit der Fälle - rund 94 % - um die Überstellung nach dem sogenannten Dublin-Verfahren, einem wesentlichen Teil des gemeinsamen europäischen Asylsystems. Auch dies ist bei der Frage des Zusammenspiels von Kirche und Staat neu zu diskutieren.
Eine Überstellung nach dem Dublin-Verfahren bedeutet: Die Menschen sollen in demjenigen europäischen Land ihren Asylantrag stellen, in dem sie zuerst registriert wurden. In diesen Fällen haben wir als Bundesland Schleswig-Holstein keine Möglichkeit zur inhaltlichen Einflussnahme, dieses Thema läuft völlig außerhalb unserer eigenen Betrachtung. Es kann aber nicht sein, dass Menschen, die hier sind, völlig ohne unsere Mitwirkung behandelt werden können.
Daher müssen sowohl mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge als auch mit den anderen Bundesbehörden Regelungen getroffen werden. Aus formellen Gründen dürfen weder wir noch die Härtefallkommission in diese Verfahren eingreifen. Es ist die Kirche, die hier quasi über ihr Kirchenrecht als einzige die Option hat, das Verfahren anzuhalten und zu diskutieren.
Meine Damen und Herren, zum Schluss möchte ich eines ganz ausdrücklich betonen: Die Kirchen sind für uns ein ganz wichtiger Partner in der Flüchtlingsarbeit. Ihr gesellschaftliches Engagement ist unverzichtbar. Ich glaube, dies steht völlig außer Debatte.
Bei all den Fällen, die wir hier diskutieren und die medial in den Fokus gezogen werden, geht es nicht nur um Rechtstheorien, sondern um Menschen. Es geht vor allen Dingen um eine praxistaugliche Lösung vor dem Hintergrund unserer humanitären Tradition. Nach meinen bisherigen Gesprächen mit der Kirche und den Verantwortlichen bin ich sicher, dass wir für Schleswig-Holstein eine einvernehmliche Lösung finden werden, die diesen Spagat zwischen Kirchenrecht und staatlichem Recht zu einem guten Ende führen wird. Wir werden dies für unsere Menschen, für die Flüchtlinge hier tun. Daher schlage ich vor, den Antrag der AfD abzulehnen. Vielen Dank.
Meine Damen und Herren, die Landesregierung hat die vereinbarte Redezeit um 4 Minuten überzogen. Ich sehe aber keine weiteren Wortmeldungen. Ich schließe die Beratung.
Wir kommen zur Abstimmung in der Sache. Es ist beantragt worden, über den Antrag, Drucksache 19/459, in der Sache abzustimmen. Wer stimmt dafür? - Das sind die Abgeordneten der Fraktion der AfD. - Wer stimmt gegen diesen Antrag? - Das sind alle anderen Fraktionen des Hauses. Damit ist der Antrag abgelehnt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, begrüßen Sie gemeinsam mit mir auf der Tribüne des Schleswig-Holsteinischen Landtags unseren ehemaligen Kollegen, den Vizepräsidenten des Deutschen Bundestages. - Herzlich willkommen, Herr Präsident Kubicki!
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Ich sehe, das ist nicht der Fall. Mit dem Antrag wird ein Bericht in dieser Tagung erbeten. Ich lasse zunächst darüber abstimmen, ob der Bericht in dieser Tagung gegeben werden soll. Wer dafür ist, den
Ich erteile das Wort für die Landesregierung dem Herrn Minister für Inneres, ländliche Räume und Integration, Hans-Joachim Grote.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst möchte ich mich für die Gelegenheit bedanken, das Vorgehen und die Hintergründe bei der Aufstellung der Windenergie-Regionalpläne erläutern zu dürfen. Ich hatte Ihnen dies bereits im Oktober vorgetragen und dargelegt, dass wir als Landesregierung fest zur Windenergie stehen und vor dem Hintergrund des Moratoriums das Instrument der Ausnahmegenehmigung nutzen werden.
Zur Erinnerung: Seit Beginn des Moratoriums haben insgesamt 383 Windkraftanlagen eine solche Ausnahmegenehmigung erhalten. Ich erinnere gern noch einmal an die vermeintliche Zahl von 693 Anträgen, von der im Oktober die Rede war. Achtung: Lediglich 287 davon betrafen überhaupt Vorranggebiete des ersten Planentwurfs. Die übrigen rund 400 Fälle waren also schon vorher nicht genehmigungsfähig. Es gibt daher keinen Grund, künstlich den Standort Schleswig-Holstein schlechtzureden. Auch die prinzipiell genehmigungsfähigen Anträge dürfen nach der Logik des Moratoriums nur eine Ausnahme erhalten, wenn sie unserer Planung nicht vorgreifen. Das war ausdrücklich der Wille dieses Hauses, auch in der vorherigen Wahlperiode.
Übrigens sind im Jahr 2017 gut zwei Dutzend Anträge neu eingegangen. Im Jahr 2018 waren es bisher wenige einzelne. Auch das zeigt: Die aktuellen Probleme haben nichts mit dem Genehmigungsverfahren hier in Schleswig-Holstein zu tun, sondern liegen insbesondere an den bundesgesetzlichen Rahmenbedingungen.
Lassen Sie mich Ihnen nun den Zeitplan und die sich heute abzeichnenden Etappen benennen. Zunächst einmal soll der zweite Entwurf der Windenergie-Regionalpläne bis Mitte dieses Jahres erstellt werden. Daran wird sich eine zweite Anhörung anschließen müssen.
Dies ist insoweit nicht neu, wir haben das bereits mehrfach öffentlich vorgetragen. Meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten derzeit mit Hochdruck daran, insbesondere an der Auswertung der 6.500 Stellungnahmen, die wir wie versprochen und rechtlich zwingend vorgegeben in die Planauf
stellung einbeziehen werden. Unser Ziel ist - ich wiederhole das hier gern -, Ihnen eine rechtssichere Planung vorzulegen.
Ich möchte kurz daran erinnern, welche Vorgaben uns das Oberverwaltungsgericht Schleswig in seinem Urteil vom 20. Januar 2015 dabei gemacht hat. So müssen wir bei relevanten Änderungen an einem Planentwurf stets eine neue Anhörung durchführen. Hintergrund ist: Fällt eine Fläche weg, wird in die Interessen der Grundeigentümer eingegriffen. Diese müssen sich jedes Mal neu äußern können und dürfen. Gleiches gilt übrigens auch für neu aufgenommene Flächen, die in den Plan mit hineinkommen.
Aus den Stellungnahmen zum ersten Planentwurf ergibt sich eine Reihe von Änderungen, nicht zuletzt auch durch die Einwendungen. Das ist schon jetzt klar absehbar. Dies war ja auch der Sinn des Prozesses: neue Erkenntnisse zu erlangen und Argumente für die Abwägungsentscheidungen zum zweiten Planentwurf zu gewinnen.
Es ist ja auch unser Ziel - dafür sind wir als Regierung angetreten -, für die Energiewende und den weiteren Ausbau der Windenergie in SchleswigHolstein die gesellschaftliche Akzeptanz zu sichern. Das haben wir im Koalitionsvertrag genau so vereinbart, und das werden wir auch genau so umsetzen.
Deshalb wird es im Ergebnis dieser Prüfungen selbstverständlich auch Änderungen in der Vorranggebietskulisse geben.
Somit wird der zweite Entwurf vom ersten abweichen. Möglicherweise werden zum zweiten Entwurf Stellungnahmen zu Flächen eingehen, mit denen sich bisher noch niemand beschäftigt hat. Eventuell werden wir - auch das ist wiederholt zitiert worden - sogar einen dritten Entwurf und eine dritte Anhörung benötigen, um dem OVG-Urteil Genüge zu tun.
Da wir für die Anhörungsrunden jeweils sechs Monate benötigen, ergibt sich folgender Grobzeitplan: Mitte 2018 wird das Kabinett den zweiten Planentwurf beschließen. Dann beginnt die zweite Anhörungsrunde bis Ende 2018 - wohlgemerkt: wieder sechs Monate. Zu dem Zeitpunkt wird deutlich werden, ob wir einen dritten Planentwurf benötigen, der sich aufgrund der zweiten Beteiligung ergeben wird. Sollte dies der Fall sein, würden wir in der ersten Jahreshälfte 2019 die neuen Stellungnahmen
Sie sehen schon, dass das Verfahren eine lange Zeit benötigt. Um Tempo zu gewinnen, sehe ich folgende Möglichkeit. Unser Landesplanungsgesetz stammt noch aus der Zeit vor der digitalen Verwaltung. Das bedeutet, beim Anhörungsverfahren hat die Papier-Auslegung zwingend Vorrang. Die mögliche Online-Beteiligung hat rein rechtlich betrachtet nur eine ergänzende Funktion. Allerdings haben uns schon zum ersten Entwurf rund zwei Drittel der Stellungnahmen problemlos über das Online-Tool erreicht. Deshalb können wir uns die Umstellung auf eine Online-Beteiligung gut vorstellen. Jede Anhörungsrunde könnte so auf vier Monate verkürzt werden, was bei zwei Verfahren vier Monate einsparen würde, ohne Nachteile für die Öffentlichkeit. Wir werden diese Fragen im Verfahren klären und eine entsprechende Entscheidung herbeiführen.
Meine Damen und Herren, wir sind entschlossen, effizient und transparent eine tragfähige Lösung zu finden und Ihnen zu präsentieren. Denn wir wollen weder die Energiewende noch die Windenergiebranche gefährden.