Protocol of the Session on January 24, 2018

Wir unterstützen alle Punkte, die im Antrag von SPD und SSW genannt werden und würden im Rahmen der Ausschussberatungen weitere Punkte ergänzen. Als Beispiel seien genannt die Kreislaufwirtschaft, die Fischereipolitik oder auch der Klimapakt. Da geht es aus unserer Sicht nicht nur um die Energiepolitik, sondern um den Klimaschutz insgesamt. Ich glaube nicht, dass wir da einen Dissens haben. Das sind konkrete Vorschläge, die wir im Verfahren einbringen werden.

Abgesehen von der inhaltlichen Diskussion über die Schwerpunkte ist uns wichtig, dass wir uns überlegen, wie wir danach konkret vorgehen und Erfolge erzielen. Denn die grüne Beobachtung ist, dass wir zwar oftmals im Parlament einstimmige Beschlüsse über Resolutionen fassen, aber daraus nicht immer viel folgt. Unser Wunsch ist, dass wir über die Art, wie wir die Vorschläge nach Brüssel tragen, mit unserer Landesregierung reden.

Ich freue mich auf die nächste Sitzung des Europaausschusses zu diesem Thema und vielen anderen Themen. Dass die Sitzung zufällig in Flensburg stattfindet, freut mich ganz besonders. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, SPD, FDP und SSW)

Für die FDP-Fraktion hat der Abgeordnete Stephan Holowaty das Wort.

Einen wunderschönen guten Tag, Frau Präsidentin! Meine lieben Damen und Herren! Meine Kollegen! Natürlich ist es wichtig, dass wir in Schleswig-Holstein über die Initiativen der Europäischen Kommission informiert werden. Deshalb, Frau Ministerin, ganz herzlichen Dank für Ihren Bericht. Liebe Kollegen, auch ganz herzlichen Dank für Ihre bisherigen Beiträge. Ich glaube, da sind wir uns ganz schnell sehr einig.

Es ist wichtig, dass wir über die Themen informiert werden, die für Schleswig-Holstein von Bedeutung sind, und auch über die Themen informiert werden, bei denen wir als Schleswig-Holsteinischer Landtag Initiativen ergreifen und selbst Einfluss nehmen können. Es ist insofern genau der richtige Weg, der auch von den anderen Kollegen bereits angesprochen worden ist: Lassen Sie uns im Europaausschuss diese Themen noch einmal kraftvoll zusammenziehen und da ein gemeinsames Papier entwickeln. Das finde ich sehr schön.

Dann haben wir in der Tat - das hat Rasmus Andresen gerade sehr treffend angesprochen - die grundsätzlichen Fragen, die wir zu bearbeiten oder zu behandeln haben. Da ist mir eine Sache ganz wichtig: Das konkrete Arbeitsprogramm, über das wir heute im Bericht gehört haben, ist das eine. Wir haben konkret gehört, wo wir als Schleswig-Holstein betroffen sind, woran wir als Land Schleswig-Holstein arbeiten sollen. Aber genauso wichtig ist es, dass wir neben all diesen technischen Überlegungen für die europäische Zukunft die grundsätzliche Idee eines geeinten, eines friedlichen, eines weltoffenen Europas nicht aus den Augen verlieren. Wir müssen versuchen, diese Idee auch für die Menschen bei uns im Lande in ihrer Gesamtheit zu revitalisieren. Vor dem Hintergrund dieses Auftrages an alle hat es mich - das muss ich ehrlich sagen beschämt, dass sich die AfD-Fraktion im Bundestag bei der Gedenkstunde zu den Élysée-Verträgen, einem der zentralen Friedensprojekte des letzten Jahrhunderts, verweigert hat.

(Beifall FDP, CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Damit Europa eine Einheit - im Übrigen eine Einheit in der Vielfalt - wird, müssen wir aufhören, um die eigene nationale Identität und Kultur zu fürchten. Sie ist durch Europa nicht gefährdet - ganz und gar nicht.

(Vereinzelter Beifall FDP, SPD und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

(Rasmus Andresen)

Es geht darum, gemeinsam den Frieden, die Freiheit, die Menschenrechte und den Wohlstand in Europa langfristig zu sichern und auszubauen und so das Leben eines jeden einzelnen Menschen in Europa Stück für Stück zu verbessern. Es geht darum, Europa kulturell, aber auch wirtschaftlich starkzumachen. Nur so wird die europäische Idee einer demokratischen, einer friedlichen, einer sozialen Union gestärkt. Wir wollen, dass sich die Union weiterentwickelt unter Berücksichtigung der regionalen und kulturellen Vielfalt.

Die europäischen Initiativen, die nun vorliegen, weisen bereits in die richtige Richtung. Auch ich freue mich auf die weiteren Diskussionen im Europaausschuss - bei allen im Detail vielleicht unterschiedlichen Meinungen. Aber wir gehen gemeinsam in die richtige Richtung. - Vielen Dank.

(Beifall FDP, SSW, vereinzelt SPD, BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN und Beifall Hartmut Hamerich [CDU])

Für die AfD-Fraktion hat der Abgeordnete Claus Schaffer das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Es wird Sie nicht wundern, dass die AfD zum Thema EU eine konträre Haltung hat. Die EU-Kommission des Herrn Juncker zeigt im Arbeitsprogramm ihr eigentlich wahres Gesicht. Sie will einen europäischen Superstaat, sie will die Vereinigten Staaten von Europa. Dieses Programm atmet den sozialistischen Geist der Zentralisierung. Uns wundert da nicht, dass die SPD mit ihrem Antrag einige Punkte ins politische Schaufenster stellen möchte. Auch ein Herr Schulz - 17 %, meine Damen und Herren von der SPD - fantasierte erst kürzlich etwas von den Vereinigten Staaten von Europa.

Ich will unsere Kritik daran gern erläutern: Die EU ist im Grunde ein undemokratisches Gebilde. Das wird schon bei der Verteilung der Sitze im Parlament deutlich. Ein solches Sitzverteilungsverfahren würde bei entsprechender Anwendung bei Bundestagswahlen in Deutschland vom Verfassungsgericht völlig zu Recht umgehend als verfassungswidrig gekippt werden. Die Rechte dieses euphemistisch als Parlament bezeichneten Hauses sind gerade bei Haushaltsfragen, aber auch bei Grundsatzentscheidungen zur Zukunftsgestaltung geradezu lachhaft ausgestaltet. Wichtiges wird nach wie vor im Hinterzimmer ausgekungelt. Dieses sogenannte Parla

ment ist eigentlich nur ein Feigenblatt. Selbst unter diesen Umständen verträgt die EU-Kommission keinerlei Kritik. Eine eigene Behörde wacht über die Folgsamkeit europäischer Parteien und Stiftungen, Kritiker sollen zukünftig mundtot gemacht werden. Aber weil das autoritär wirken könnte, geht man den indirekten Weg und entzieht im Zweifel Status und Finanzierung.

Zentralisierung und Gleichmacherei sind geradezu das Fundament, auf dem die EU heute steht. Das Stichwort dabei lautet Harmonisierung, auch wenn die zu harmonisierenden Systeme längst gescheitert sind. Das Euro-System beispielsweise hat bewiesen, dass es nicht funktioniert: erstmals 1 Billion € TARGET2-Salden, also Export ohne jede Gegenleistung - ein Deckel, meine Damen und Herren, der nie bezahlt werden wird. Perpetuierte wirtschaftliche Probleme in Südeuropa ohne Chance auf Besserung - Abwertung der eigenen Währung zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit sucht man hier vergebens. Stattdessen gibt es Jugendarbeitslosigkeit und Perspektivlosigkeit für eine ganze Generation.

Der Schengen-Raum soll ausgeweitet werden, was unausweichlich mehr Binnenmigration, mehr Sozialmissbrauch und mehr Kriminalität für Deutschland bedeuten würde. Dies ignoriert die SPD, die diesen Teil des Arbeitsprogramms besonders betonen möchte. Herr Dr. Stegner ist nicht anwesend, aber ich frage: Reichen Ihnen die Probleme noch nicht, die wir heute schon zu bewältigen haben? Haben Sie die Interessen Ihrer früheren Klientel der Angestellten, der Arbeiter, der sozial Schwächeren völlig aus den Augen verloren? - Die Antwort lautet natürlich: Ja, denn Sie haben sich sehr zielgerichtet die Punkte der europäischen Migrationsagenda als unterstützungswürdig herausgepickt, die für die Bürger dieses Landes besonders nachteilig sind, zum Beispiel die Nummer 30 auf der Liste im Anhang 3, die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit: die Vorstufe der von Macron und anderen angestrebten einheitlichen Sozialversicherung - auch dies langfristig zum Nachteil der hiesigen Arbeitnehmer.

Nicht zuletzt unterstützt die SPD die Kommission in einem Kernanliegen der letzten zwei Jahre: der zentralistischen Koordination der Migration. Die Migrationspolitik der EU ist in wesentlichen Kernpunkten bereits heute als gescheitert anzusehen. Die vorgeschlagenen Änderungen lösen das Problem nicht, sie doktern bestenfalls an den Symptomen herum. Den Ansturm von Wirtschaftsmigranten über das Mittelmeer kann die EU so nicht lösen,

(Stephan Holowaty)

das hat sie bereits bewiesen. Die Außengrenzen sind durchlässig, Mitgliedstaaten betreiben ganz offen Beihilfe zur Schlepperei. Fehlanreize und durchlässige Grenzen führen dann zu einer Sogwirkung in wenige bevorzugte Zielländer.

Deutschland braucht daher nicht strengere Regeln zur Wiedereinführung von Grenzkontrollen, wie Sie das unterstützen, meine Damen und Herren von der SPD. Die Entscheidung zur Sicherung der eigenen Landesgrenzen muss einseitig und jederzeit souverän von den Mitgliedstaaten getroffen werden können. Dänemark und Großbritannien machen es vor, andere Länder werden folgen.

Zum Abschluss möchte ich Ihnen den einen richtigen Satz im Arbeitsprogramm aber nicht vorenthalten:

„Wir müssen ernsthaft darüber nachdenken, weniger, aber dafür effizienter zu handeln und Zuständigkeiten an die Mitgliedstaaten zurückzuübertragen, wo dies sinnvoll erscheint.“

Dem ist nichts hinzuzufügen, aber diesen einen wichtigen Punkt ignoriert die Sozialdemokratie. Ihren Antrag lehnen wir selbstverständlich ab.

(Beifall AfD)

Für die Abgeordneten des SSW hat Frau Abgeordnete Jette Waldinger-Thiering das Wort.

Sehr geehrte Frau Landtagsvizepräsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte mich, bevor ich mit meiner Rede anfange, ganz herzlich bei der Europaministerin für ihren Bericht bedanken und natürlich auch zu meinen Vorrednern sagen: ganz herzlichen Dank dafür, dass die meisten in diesem Plenum und Hohen Hause auch etwas Gutes für die Menschen in Europa machen wollen - bis auf die AfD. Ich muss sagen, dass das unterirdisch ist, aber das wissen wir ja. Deshalb hoffe ich, dass wir sie irgendwann aus diesem Landtag herausbekommen.

(Beifall SSW, SPD und Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Die Europäische Kommission hat sich für das laufende Arbeitsjahr viel vorgenommen. Vor dem Hintergrund der nahenden Wahlen auf europäischer Ebene ist dies auch gut nachvollziehbar. Die Ziele sind dabei durchaus ambitioniert: mehr Demokra

tie, mehr Sicherheit, mehr Solidarität und ein starker Wirtschaftsraum. Letzterer befindet sich nach Aussagen der Kommission derzeit im Aufschwung und sorgt für positive Zahlen in Bezug auf die Wirtschaftskraft der Europäischen Union.

Ein Blick auf die ersten genannten Aspekte reicht, um festzustellen, dass der große Aufschwung derzeit noch auf sich warten lässt. Zweifelsfrei sind dies auch die weit komplexeren Themenfelder, mit denen wir uns auch in den nächsten Monaten auseinandersetzen müssen. Fest steht schon jetzt: Diese Themen - mehr Demokratie, mehr Sicherheit und mehr Solidarität - stellen die Union schon jetzt auf eine echte Bewährungsprobe. Eine solche Bewährungsprobe kann jedoch auch eine Chance sein. Von daher gilt es nun, die genannten Dinge anzugehen. Auch wir in Schleswig-Holstein werden das Geschehen dazu ganz genau beobachten, denn schließlich haben auch wir ein Interesse daran, dass die ganz besonders für unser Land so wichtigen Themen angegangen werden.

Dabei denke ich abgesehen von den im Antrag schon genannten Themen vor allem auch an die Fischereipolitik. Als Land zwischen Nord- und Ostsee betrifft uns dies in besonderem Maße. Die Kommission will nun das Fischereikontrollsystem überarbeiten. Wichtig ist mir dabei zu betonen, dass bei solchen Überschriften schnell der Eindruck entstehen könnte, die Fischerei an sich sei etwas, das grundsätzlich stärker kontrolliert werden müsste und am besten soweit es geht unterbunden werden sollte.

Eine solche Außendarstellung ist leider schneller präsent, als man die entsprechende Verordnung überhaupt erwähnt hat. Daher gilt es in diesem Zusammenhang, differenzierter zu kommunizieren. Wir als Vertreter des Landtages können in diesem Fall ganz konkret dazu beitragen, das Handeln der EU-Kommission verständlicher zu machen und Missverständnisse aus dem Weg zu räumen. Ich denke, dazu wird es in den nächsten Monaten noch ausreichend Gelegenheit geben.

Eine andere Angelegenheit, von der die Kommission anscheinend nichts wissen will, ist das Thema Kultur und Sprache. In Junckers Rede zur Lage der Union, die logischerweise eng mit dem Arbeitsprogramm verknüpft ist, ist ganze dreimal von Kultur die Rede gewesen. Zweimal ging es dabei um das Jahr des Kulturerbes 2018. Von Inhalten war nicht die Rede. Dabei gäbe es doch so vieles, was der Rede wert wäre.

(Claus Schaffer)

In Europa leben etwa 50 Millionen Menschen, die einer nationalen Minderheit oder Sprachminderheit angehören, 50 Millionen Menschen, von denen in den Vorstellungen zur Zukunft der EU nicht die Rede ist. Dabei gibt es so viel, das es wert gewesen wäre, unterstützt zu werden.

Dass ich mit diesem Gedanken nicht allein bin, zeigen die bisher 400.000 eingereichten Unterschriften zur europäischen Bürgerinitiative „Minority SafePack“. Bis April bleibt leider nicht mehr viel Zeit, um die benötigte Anzahl von Unterschriften zu sammeln. Daher nochmals die Erinnerung: Wir brauchen Ihre Unterstützung, damit unser Anliegen nicht nur innerhalb der Minderheiten Beachtung findet, sondern sich auch die Mehrheitsbevölkerung in Schleswig-Holstein und in der Bundesrepublik Deutschland solidarisch mit uns zeigt. Mit der „Minority-SafePack“-Initiative ist eine echte Bewegung in Gang gesetzt worden. Dazu kann ich nur sagen: Seien auch Sie ein Teil davon, um der Europäischen Kommission für diese so wichtige Angelegenheit endlich auch Entscheidungen abzuverlangen!

(Beifall SSW, SPD und vereinzelt CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung zu a), Antrag der Fraktion der SPD und der Abgeordneten des SSW, Drucksache 19/411 (neu). Es ist beantragt worden, den Antrag Drucksache 19/411 (neu) dem Europaausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Das ist nicht der Fall. Dann ist einstimmig so beschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung zu b), Bericht der Landesregierung, Drucksache 19/427. Es ist beantragt worden, den Bericht der Landesregierung Drucksache 19/427 dem Europaausschuss zur abschließenden Beratung zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. Gibt es Gegenstimmen? - Das ist nicht der Fall. Es ist einstimmig so beschlossen.

Bevor ich die Sitzung für die Mittagspause unterbreche, erinnere ich daran, dass der Innen- und Rechtsausschuss direkt anschließend in Raum 139 tagt. Um 15 Uhr sehen wir uns wieder.

(Unterbrechung: 12:44 bis 15:02 Uhr)

Meine Damen und Herren, wir setzen die Sitzung fort und begrüßen auf der Tribüne des SchleswigHolsteinischen Landtags Schülerinnen und Schüler mit ihren begleitenden Lehrkräften aus dem Schulzentrum Sylt. - Herzlich willkommen!

(Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 29 auf:

Elektromobilität technologieoffen voranbringen