Protocol of the Session on January 24, 2018

Auch der Sonderzuschuss für die Infrastruktur ist im Kern begrüßenswert. Zur Kompensierung entgangener Straßenausbaubeiträge ist er jedoch wenig bis gar nicht geeignet, denn finanzschwache Kommunen werden auch weiterhin nicht in der Lage sein, auf die Beitragserhebung zu verzichten. Da die Mittel ohnehin nicht zweckgebunden sind, können sich viele Bürgerinnen und Bürger sicher sein: Die Rechnung kommt - auch wenn Daniel Günther im Wahlkampf noch etwas völlig anderes versprochen hat.

Es ist lobenswert, dass aus den schon von der Küstenkoalition zur Verfügung gestellten Mitteln das Landestheater in Schleswig und Feuerwehrgerätehäuser im ganzen Land gefördert werden. Sieht man aber, dass noch 30 Millionen € übrig bleiben und die Landesregierung ab 2018 bis 2020 jährlich sogar noch 15 Millionen € dazupackt und man außerdem in Aussicht stellt, dieses Geld danach zusätzlich zum kommunalen Finanzausgleich zur Verfügung zu stellen, hätte man daraus auch eine Erstattung für den Ausfall von Straßenausbaubeiträgen machen können. Die Summe von 45 Millionen € hätte nämlich genau gepasst.

Hier hat man schlecht verhandelt. Man hat so ein enormes Problem auf kommunaler Ebene eben nicht gelöst. Die Kommunen werden weiterhin die Forderung nach Kostenerstattung aufstellen. Die Landesregierung hat hier eine Riesenchance vertan, ein Thema endgültig abzuräumen und die Bürgerinnen und Bürger flächendeckend von den Straßenausbaubeiträgen zu entlasten.

(Beifall SSW und SPD)

Meine Damen und Herren, genau wie bei den Kindergärten bleibt es hier bei einer Belastung der Bürgerinnen und Bürger. Dabei wollten Sie doch eigentlich - so hatten Sie es versprochen - die Menschen in unserem Land entlasten. Genau das tun Sie aber nicht.

Ähnlich sieht es auch in den Schulen des Landes aus. 50 Millionen € in den Ausbau der Schulen zu stecken, ist richtig. Überall im Land gibt es Bedarfe. Sieht man sich an, wie selbst das Schulklo-Pro

(Lars Harms)

gramm angenommen wurde, dann spricht das eigentlich Bände. Hier muss Geld in die Hand genommen werden, und das tut die Landesregierung soweit, so gut.

Es ist ebenfalls gut, dass die Landesregierung anerkennt, dass die Umstellung von G 8 auf G 9 Kosten und Konnexität auslöst. Bereits Ende 2017 hatte der SSW die Landesregierung aufgefordert, den Schulträgern eventuelle Mehrkosten, die durch die Umstellung auf G 9 entstehen, zu erstatten. Dass die Landesregierung jetzt erstmals Zusagen in diese Richtung gemacht hat, ist positiv. Doch auch diese Zusage hat einen Haken. Die Landesmittel sollen erst ab 2023 fließen, obwohl konkrete Mehrbedarfe bereits spätestens 2022 zu erwarten sind, dann nämlich, wenn die Jahrgänge in die Klassen hineinkommen. Hinzukommen befürchtete Verschiebungen der Schülerströme und benötigte Planungs- und Bauzeiten. Bezieht man diese ein, sieht man, dass man dies nach vorn ziehen muss, wahrscheinlich in das Jahr 2020/21. Es dürfte klar sein: Das Geld kommt auch hier für die Kommunen viel zu spät.

Immerhin, Lob gebührt der Landesregierung dafür, dass sie weitere Mittel für die Sportstättensanierung bereitstellen will. Dies unterstützen wir gern. Es ist auch richtig, dass wir die Förderrichtlinie öffnen und zusätzliche förderfähige Maßnahmen ermöglichen.

(Beifall Werner Kalinka [CDU])

Der Bedarf in den Kommunen und bei den Vereinen ist enorm. Da spielt der Sport, die größte ehrenamtliche Bewegung im Land mit rund einer Million aktiver Menschen, eine Riesenrolle. Der Landessportverband hat längst dokumentiert, dass der Sport ein großer Wirtschaftsfaktor für unser Land ist, übrigens - ich sage es immer wieder gern - ein größerer Wirtschaftsfaktor als die maritime Wirtschaft. Das soll man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. Das alles zeigt, dass hier sehr viel getan werden muss, um die Bedingungen für den Sport weiter zu verbessern. Ich bin froh, dass das, was die Küstenkoalition in diesem Bereich begonnen hat, jetzt von Jamaika fortgeführt wird.

(Beifall SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Uns ist sehr wichtig, dass die Integrationspauschale weiterhin gilt und nicht infrage gestellt wird. Wir wissen, dass diese Mittel vor Ort unterschiedlich ausgegeben werden. Es gibt durchaus Kritik, dass einige dieser Mittel lediglich zur Deckung allgemeiner Verwaltungskosten eingesetzt werden. Es kommt doch aber vor allem darauf an, welche Maß

nahmen vor Ort umgesetzt werden. Diese Maßnahmen können sehr unterschiedlich sein. Das ist auch logisch, weil die Maßnahmen in Kiel andere sind als beispielsweise bei mir zu Hause in Olderup in Nordfriesland.

Dass wir durch die Integrationspauschale Flexibilität haben, ist ein Vorteil gegenüber anderen Regionen in Deutschland. Von daher sind wir mit der Weiterführung 2018 und 2019 nicht nur einverstanden, sondern wir glauben, dass dies eine dauerhafte Aufgabe ist, die nicht 2020 abgebrochen werden kann.

Die Integration ist ein dauerhafter Prozess, der für die jeweiligen Personen durchaus über fünf bis zehn Jahre laufen muss. Deshalb ist klar, dass die in den letzten Jahren zu uns Gekommenen auch in den nächsten Jahren Unterstützung benötigen werden. Auch die, die möglicherweise noch kommen, werden diese Unterstützung brauchen. Die Integrationspauschale hilft Menschen. Deshalb wollen wir sie in den nächsten Jahrzehnten weiterführen.

Ich möchte hier und heute darauf hinweisen, dass wir in den nächsten Jahren nicht nur das Geld benötigen, sondern wir benötigen in Zukunft vor allem das ehrenamtliche und hauptamtliche Engagement in der Flüchtlings- und Integrationsarbeit. Wir als SSW sind von Herzen dankbar für die enorme Leistung, die unsere Bürgerinnen und Bürger in den vergangenen Jahren erbracht haben. - Danke euch draußen! Ohne euren Einsatz ginge hier gar nichts.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Lassen Sie mich noch einen Bereich ansprechen, der für die Zukunft sehr wichtig sein wird: die Digitalisierung. Das Papier macht ein grundlegendes Problem deutscher Politik deutlich. Es gibt in diesem Bereich keine abgestimmte Strategie, weder zwischen dem Bund und den Ländern noch zwischen den Ländern und den Kommunen. Deshalb ist es richtig, damit zu beginnen, diese gemeinsame Strategie und gemeinsame Ziele zwischen Land und Kommunen zu erarbeiten. Das mag trocken klingen, ist aber von enormem Wert.

Wir haben uns in der Vergangenheit immer nur damit beschäftigen müssen, wie wir die digitale Infrastruktur auf die Beine stellen können. Das lag an der mangelnden koordinierenden und lenkenden Hand des Bundes. Da ist man zum Beispiel in Dänemark wesentlich weiter. Auch in ländlichen Bereichen gibt es dort nicht nur eine ordentliche Breitbandversorgung, sondern auch einen erstklassigen

(Lars Harms)

Mobilfunkempfang. Das ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit - nicht aber bei uns.

Wir haben uns auf Landesebene und auf kommunaler Ebene damit abgekämpft, das auszugleichen, was der Bund jahrzehntelang versäumt hat. Wir als Land Schleswig-Holstein stehen, was die digitale Infrastruktur angeht, immer noch besser da als die meisten anderen Länder. Trotzdem ist die Versorgung unterirdisch. Hier muss weiter hart gearbeitet werden. Wir dürfen aber eben auch nicht die strukturellen inhaltlichen Fragen links liegen lassen. In der freien Wirtschaft ist man da schon sehr weit. Im Bereich der öffentlichen Verwaltung, des Schulwesens und vieler anderer Bereiche aber haben wir noch einen riesigen Nachholbedarf. Dass dies jetzt gemeinsam mit den Kommunen angegangen wird, ist eine dringende Notwendigkeit. Wir sehen das, was mit den Kommunen vereinbart wurde, als das absolute Minimum an und erwarten, dass hier in Zukunft noch mehr geschieht.

Wir wollen nämlich Folgendes: Wir wollen erreichen, dass wir in der digitalen Verwaltung irgendwann einmal so weit kommen wie die baltischen Länder, und wir wollen erreichen, dass wir in der Nutzung der digitalen Techniken in den Schulen endlich so weit kommen wie die skandinavischen Länder. Die sind uns allen in diesen Bereichen weit voraus, und es kann nicht sein, dass wir als größte Industrienation in Europa hier immer noch hinterherhinken. Da müssen wir Gas geben. Deswegen ist das, was man sich hier vorgenommen hat, wirklich ein wichtiger erster Schritt, meine Damen und Herren.

Die Vereinbarung zwischen Land und Kommunen ist bei den Schulen in der Tat ambitioniert, und die Digitalisierung soll auch inhaltlich weitergebracht werden. Ich sagte es schon, das ist alles vernünftig. Dass der Sport weiter gefördert wird, ist auch richtig. Auch den Feuerwehren gönnen wir es, dass ihre Infrastruktur verbessert wird. Aber, meine Damen und Herren, zwei große politische Probleme werden eben doch weiter aufgeschoben: Die Eltern werden nicht bei den Kita-Beiträgen entlastet, und die Bürgerinnen und Bürger bleiben weiter auf den Straßenausbaubeiträgen sitzen. Der große Aufbruch ist das somit nicht. Daher gibt es noch viel zu tun. Vielen Dank.

(Beifall SSW und SPD)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor, damit erkläre ich den Tagesordnungspunkt „Regierungserklärung“ für beendet.

Meine Damen und Herren, begrüßen Sie gemeinsam mit mir auf der Tribüne des Schleswig-Holsteinischen Landtags eine weitere Gruppe von Schülerinnen und Schülern der Jacob-Struve-Schule aus Horst und der Gemeinschaftsschule Kronshagen. Herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

(Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 20 auf:

Dauerhafter Erhalt von Gieselaukanal und -schleuse als Bundeswasserstraße

Antrag der Fraktion der AfD Drucksache 19/386

Eider, Gieselaukanal und -schleuse in der Trägerschaft des Bundes erhalten - Schiffbarkeit und Wasserabfluss gewährleisten

Alternativantrag der Fraktionen von CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und der Abgeordneten des SSW Drucksache 19/414

Ich sehe, das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht. Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort für die Fraktion der AfD hat Herr Abgeordneter Volker Schnurrbusch.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Bevor ich auf den Antrag eingehe, möchte ich zunächst einen Beleg dafür erbringen, wie populistisch die AfD in der Tat ist, denn dieser Antrag unserer Fraktion beruht auf zahlreichen Zuschriften von besorgten Bürgern. Aus einer davon möchte ich mit Erlaubnis des Präsidiums auszugsweise zitieren. Der Bürger, er ist übrigens kein AfD-Mitglied, schreibt: Ich habe selbstverständlich AfD gewählt, weil ich als Bewohner der Westküste die Nase voll habe von der ostküstenlastigen Politik der bisherigen Landesregierung. Weder wird die Elektrifizierung der Bahn von Itzehoe nach Westerland noch deren zweigleisiger Ausbau ernsthaft betrieben. Im Koalitionsvertrag gibt es nur Absichtserklärungen, aber keine konkreten Pläne. Man meldet beim Bund an, der sagt Nein, und damit wird

(Lars Harms)

die Westküste seit Jahrzehnten abgespeist, obwohl Geld genug da ist, wenn man sieht, welche enormen Summen für Flüchtlinge ausgegeben werden. Die Straße nach Brunsbüttel wird nicht vier-, sondern nur dreispurig gebaut, die Bahn nach Brunsbüttel wird nicht ausgebaut, der Friedrichskooger Hafen wird geschlossen. Nun hat es die Schleuse des Gieselaukanals erwischt. Sie dient vor allem der Freizeitschifffahrt und ist somit touristisch durchaus bedeutend, ebenso historisch. Nur liegt sie leider nicht in Kiel oder in Lübeck, deswegen will man dort wohl nicht investieren. Da sage ich: AfD, bitte übernehmen Sie! - Das ist ein originales Zitat.

Da wir als neue politische Kraft trotz aller Anfeindungen besorgte Bürger nicht diffamieren, sondern ihnen zuhören, haben wir übernommen und fordern die Landesregierung heute auf, gegenüber dem Bundesverkehrsministerium auf einen Erhalt des Gieselaukanals und seiner Schleuse als Bundeswasserstraße hinzuwirken. Seit der Vorlage eines neuen Wassertourismuskonzeptes durch das Bundesverkehrsministerium 2016 besteht in diesem Punkt erhebliche Unsicherheit, denn die Frage ist: Was hat der Bund konkret vor?

Das Konzept zielt darauf ab, 2.800 km von insgesamt 7.500 km an Bundeswasserstraßenstrecken zu entwidmen, das sind beinahe 40 %, und dann diesen beträchtlichen Teil in die Verantwortung anderer Träger zu übertragen. Das hätte zur Folge, dass die betreffenden Bundeswasserstraßen anschließend nur noch als Freizeitwasserwege oder naturnahe Gewässer eingestuft werden. Aufgrund dieser Planungen ist der Gieselaukanal einschließlich Schleuse in seinem Fortbestand als Bundeswasserstraße akut gefährdet, und das, obwohl es sich hier um eine wichtige Verbindung zwischen Untereider und Nord-Ostsee-Kanal handelt.

Die Überlegungen, den Gieselaukanal zu entwidmen, beruhen auf der fehlerhaften Einschätzung, dass diese Wasserverbindung für den Tourismus eine angeblich geringe Bedeutung besitzt. Als Beleg dafür werden die Anzahl geschleuster Touristenboote, die Anbieterdichte von Charterbooten sowie die der Fahrgastschiffe herangezogen. Genau diese Kriterien sind aber nicht ausreichend, das hat selbst die alte Landesregierung bestätigt.

Die Antwort der letzten Landesregierung auf eine Kleine Anfrage des geschätzten Kollegen Oliver Kumbartzky, er ist gerade nicht da

(Zuruf: Doch!)

- da ist er, Entschuldigung -, aus dem Dezember 2016 bestätigte an dieser Stelle Nachbesserungsbe

darf, und dieser gilt auch heute noch. Der Gieselaukanal hat für die Ausflugsschifffahrt und den Sportboottourismus eine unverändert große Bedeutung.

Wir haben vor Kurzem auf dem Parlamentarischen Abend des Tourismusverbandes gehört, dass es trotz einer positiven Entwicklung der Gästezahlen an vielen Stellen noch Optimierungsbedarf und Wachstumspotenzial gibt. Der Standortvorteil, den unser Land in puncto Wassersporttourismus hat, darf also nicht gefährdet werden. Die schon seit Jahren andauernden Diskussionen über den Status des Kanals haben sowohl in der Region als auch bei unseren Gästen zu Verunsicherungen geführt. Auf kommunaler Ebene haben sich bereits Initiativen für den Erhalt der Schleuse gegründet. Der Kollege Andreas Hein ist dort neben vielen anderen auch aktiv.

Doch bis heute gilt: Der Bund will nicht weitermachen, das Land will nicht übernehmen, und auch die Kreise Dithmarschen und Rendsburg-Eckernförde üben sich in Zurückhaltung. Dabei ist eine Grundsanierung der Schleuse überfällig, und die Zeit drängt. Daher meinen wir: Der Bund muss handeln. Das Land muss darauf hinwirken, dass er handelt. Die Wassersportler und die Tourismusbetriebe, aber nicht nur die, werden es Ihnen danken.

Wir beantragen daher die Überweisung in den Wirtschaftsausschuss. - Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir begrüßen unseren ehemaligen Kollegen Karsten Jasper. - Herzlich willkommen!