Protocol of the Session on November 15, 2017

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache. Das

(Flemming Meyer)

Wort hat Frau Abgeordnete Jette Waldinger-Thiering für die Abgeordneten des SSW.

Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eines möchte ich direkt klarstellen: Mit diesem Antrag zielen wir schlicht und einfach auf Chancengleichheit für alle Kinder und Jugendlichen im Land, auch für diejenigen, die eine Schule auf einer Insel oder einer Hallig besuchen und dadurch erschwerte Bedingungen haben. Es ist also alles andere als Luxus, was wir hier fordern. Vielmehr ist es vor dem Hintergrund von freier Schulwahl und möglichst gleichen Bildungschancen streng genommen eine Selbstverständlichkeit.

Bei uns in Schleswig-Holstein gibt es Schülerinnen und Schüler, die allein aufgrund der geografischen Lage ihrer Schule benachteiligt sind. In ihrer Nähe gibt es beispielsweise keine Oberstufe oder nicht die gewünschte weiterführende schulische Ausbildung. Das gilt für unsere Hochseeinsel Helgoland, aber auch für die Halligen und für so manche andere Insel. Aber ich denke, spätestens seit der gefundenen Regelung zwischen Helgoland, dem Kreis Pinneberg und dem Land dürfte dieses Problem grundsätzlich bekannt sein.

Aus Sicht des SSW wurde in diesem konkreten Fall eine gute Lösung gefunden: Seit dem Sommer 2016 erhalten Helgoländer Eltern einen Zuschuss zum Schulbesuch der Kinder auf dem Festland.

(Beifall Flemming Meyer [SSW])

Das können bis zu 300 € im Monat sein. Land, Kreis und Gemeinde tragen je ein Drittel dieser finanziellen Hilfe. Damit kann vor allem die Unterbringung der Kinder, die weitergehende Schulen auf dem Festland besuchen, finanziert werden. Ganz konkret wird damit also allen Schülerinnen und Schülern ermöglicht, genau die schulischen Angebote zu besuchen, die es in ihrer Heimatgemeinde nicht gibt, und zwar weitestgehend unabhängig vom Geldbeutel der Eltern.

So sieht für mich eine gerechte Bildungspolitik aus. Ein Punkt ist hier also ganz besonders wichtig: Es geht gerade nicht um irgendeine Extrawurst oder ein Privileg für bestimmte Teile der Bevölkerung. Es geht einfach nur um gleiche Chancen und das Recht auf Bildung. Aus meiner Sicht muss die Politik gerade hier alles dafür tun, um Gleichstellung zu gewährleisten. Wenn wir also nicht auch die Schülerinnen und Schüler der Inseln und Halligen be

rücksichtigen, müssen wir uns zu Recht die Kritik anhören, dass nur wohlhabende Familien ihren Kindern die Chance auf optimale Bildung geben können. Eine solche strukturelle Benachteiligung kann doch keiner ernsthaft wollen.

Wie in unserem Antrag erwähnt, haben Kreistag und Hauptausschuss in Nordfriesland schon für eine finanzielle Unterstützung aller Schülerinnen und Schüler der Inseln und Halligen gestimmt. Auch aus vielen betroffenen Gemeinden höre ich positive Signale. Damit ist der Weg für eine Gleichstellung und Förderung aller Schülerinnen und Schüler nach dem Helgoländer Modell geebnet. Vor diesem Hintergrund begrüßen wir es natürlich ausdrücklich, dass die Landesregierung entsprechende Verhandlungen aufgenommen hat. Wir hoffen natürlich, dass sich die landesseitige Unterstützung dann auch in einem ähnlichen Rahmen bewegt.

Der Antrag der Koalitionsfraktionen geht aus Sicht des SSW in die richtige Richtung, und ich denke, die weiteren Details sollten wir gründlich im Ausschuss beraten. Uns ist in jedem Fall wichtig, dass wir zu einer nachvollziehbaren und fairen Lösung kommen. Alle Familien, die Anspruch auf diese Unterstützung haben, sollen sie dann auch einkommensunabhängig bekommen. Gleichzeitig soll aber auch niemand übervorteilt werden. Ich denke, hier sind wir uns alle einig.

Abschließend möchte ich nur noch auf eines hinweisen: Es handelt sich hier um einen zahlenmäßig sehr übersichtlichen Personenkreis, der Gemeinden, Kreis und Land finanziell sicher nicht überfordern wird. Ich hoffe also, dass wir hier zu einer fairen Einigung kommen werden, die dann wirklich allen Kindern und Jugendlichen den Zugang zu unseren Bildungsangeboten ermöglicht. - Vielen Dank.

(Beifall SSW, vereinzelt SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und AfD)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Das Wort hat nun für die CDU-Fraktion der Abgeordnete Tobias Loose.

Sehr geehrter Herr Tagungspräsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herzlichen Dank für die Worte, die ja auch darauf abzielen, dass wir gemeinsam eine Lösung finden. Ich habe mich, ehrlich gesagt, über den Antrag des SSW ein bisschen gewundert, weil das, was Sie dort als Ziele formuliert haben, bei uns im Koalitionsvertrag vereinbart

(Vizepräsident Rasmus Andresen)

worden ist. Zu dem ehemaligen Abgeordneten Ingbert Liebing, dem ich in besonderer Weise zu Dank verpflichtet bin, dass er Bereitschaft gezeigt hat, Staatssekretär zu werden,

(Heiterkeit)

kann ich sagen, dass auch ich als Abgeordneter mich für die Themen, die er dort unterstützt, einsetzen möchte. Wir haben das im Koalitionsvertrag vereinbart, und die Landesregierung, Karin Prien als Bildungsministerin, ist dort auch aktiv. Sie haben ja auch gesagt, dass dort bereits erste Regelungen gefunden worden sind. So habe ich mich ein bisschen gewundert, dass diese Initiative jetzt kommt, zumal Sie ja auch Gelegenheit gehabt hätten, viel früher, nämlich in der letzten Legislaturperiode, Ähnliches auf den Weg zu bringen.

(Lars Harms [SSW]: Haben wir gemacht, im Kreistag!)

- Ach so. Aber Sie hätten auch die Möglichkeit gehabt, direkt im Landtag zu wirken.

(Beifall CDU)

Das nur als kleine Kommentierung vorweg. Ich will Sie aufgrund der fortgeschrittenen Zeit auch nicht überstrapazieren. Aber uns eint das Ziel, dass wir für die Eltern und Schüler auf den Inseln und Halligen die Voraussetzungen dafür schaffen wollen, dass alle die gleichen Möglichkeiten haben, einen Schulabschluss ihrer Wahl zu machen, und Chancengerechtigkeit besteht.

Es entstehen zusätzliche Kosten für Unterbringung und Verpflegung. Es entstehen zusätzliche Kosten für Fähr- und Bahnfahrten, wenn die Bahn denn fährt. An dieser Stelle möchten wir betonen, dass es richtig ist, dass die Landesregierung beziehungsweise das Land sich an diesen Kosten beteiligen wird. Wir sind das Land zwischen den Meeren. Aber wir haben eben auch die eine oder andere Insel im Meer, um die wir uns entsprechend kümmern wollen. Es geht um die 300 €, und es geht um den Kreis. Es geht - nicht alle werden das wissen; deswegen finde ich es schon wichtig, das zu sagen um diejenigen, die Oberstufen an allgemeinbildenden Schulen oder berufliche Gymnasien besuchen wollen, aber auch um diejenigen, die eine Berufsfachschule oder eine allgemeinbildende Schule zum Erwerb des mittleren Schulabschlusses besuchen wollen. Ferner - das ist besonders wichtig; vielleicht ist es auch wichtig, dass ich das sage - geht es auch um die allgemeinbildenden Schulen des dänischen Schulvereins, also insbesondere um diejeni

gen, die an einer dänischen Schule das Abitur machen wollen.

(Beifall SSW)

Ich will aber auch sagen, was nicht geht. Das ist das ist für uns wichtig - eine Doppelförderung. Das ist das Thema, das man jetzt mit dem Kreis Nordfriesland besprechen muss. Eine Vereinbarung ist dort auf den Weg gebracht worden. Ich bin mir sicher, dass wir dort eine Einigung finden. Aber es sei deutlich gesagt: Eine Doppelförderung ist nicht das, was wir wollen.

Ich möchte auch sagen, dass wir eigentlich eine rückwirkende Lösung wollen, das heißt, eine für das Schuljahr 2017/18. Ich weiß, dass der Abgeordnete Jensen gelegentlich auf der Fähre darauf angesprochen wird, dass auch das ein wichtiger Aspekt in dieser Frage ist. Das wollen wir erreichen. Ich glaube, an dieser Stelle zeigen wir als Jamaika, dass wir auch anpacken. Ich freue mich, wenn wir die Anträge in den Bildungsausschuss überweisen, damit wir dort noch einmal im Detail über das Thema reden können. - Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Das Wort für die SPD-Fraktion hat der Abgeordnete Kai Vogel.

Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Geografische Randlagen wie die unserer Inseln und Halligen sind eine Herausforderung für das Schulsystem in Schleswig-Holstein. Hier darf der alleinige Blick auf eine Mindestgrößenverordnung nicht im Vordergrund stehen, weil der Anspruch jedes einzelnen Kindes auf Schulbildung Vorrang vor jeder bildungsökonomischen Erwägung haben muss. Nicht alle weiterführenden Schulabschlüsse können auf Amrum, Pellworm und den Halligen wohnortnah sichergestellt werden. Ein regelmäßiges Pendeln von diesen Inseln zu einer der weiterführenden Schulen lässt sich nicht vermeiden, ist aber im Winterhalbjahr mitunter schwierig bis unmöglich, was jeder weiß, der einmal versucht hat, im Winter nach Amrum zu gelangen.

Der Hauptausschuss des nordfriesischen Kreistags hat sich im August pflichtgemäß mit dieser Frage befasst und setzt sich für eine Förderung der Schülerinnen und Schüler auf den Halligen ab Klasse 10

(Tobias Loose)

und für eine Förderung der Schülerinnen und Schüler im dänischen Schulsystem ab Klasse 9 in einer Höhe von 300 € beziehungsweise 400 € monatlich ein. Diese Kosten sollen zwischen der Gemeinde beziehungsweise dem Amt, dem Land und dem Kreis aufgeteilt werden. Inwieweit die Lösung für Helgoland auf die Halligen und Inseln übertragbar ist, wird diskutiert. Der nordfriesische Landrat sieht in der Helgoland-Regelung keine Privilegierung, sondern die Beseitigung einer Benachteiligung, zumal die Hochseeinsel Helgoland noch wesentlich abgelegener ist. Als Abgeordneter aus dem Kreis Pinneberg und Mitbetreuender von Helgoland weiß ich, wovon ich rede; denn als ich das letzte Mal im März auf Helgoland gewesen bin, hat weder die Abfahrt noch die Rückfahrt zeitlich so stattgefunden, wie ich mir das vorgestellt hatte. Insofern ist es keinem Schüler beziehungsweise keiner Schülerin zuzumuten, ständig zu pendeln und auf nicht verlässliche Fahrten zu setzen.

Die Position des SSW ist aus unserer Sicht sinnvoll. Es geht hier nach unserem Verständnis nicht nur um das Recht der Schülerinnen und Schüler auf Bildung; denn wenn wir nicht sicherstellen, dass auch die Kinder und Jugendlichen in geografischen Randlagen ihre Bildungspotenziale voll ausschöpfen können, wird die Folge sein, dass viele Familien aus der Region abwandern. Das aber würde die friesische Minderheit in Nordfriesland in ihrer Existenz bedrohen und wäre schon deshalb mit dem Auftrag der Landesverfassung, sie zu schützen, unvereinbar.

Ich war verwundert, sehr geehrte Frau Ministerin Prien, als ich um viertel vor vier eine Mail über unseren Presseverteiler erhielt. Vielleicht ist das so der typische Umgang, den man in der Hamburger Bürgerschaft mit dem Parlament gepflegt hat. Vielleicht wollen Sie auch den anderen Ministern, die durchaus viel in der Öffentlichkeit in Erscheinung treten, einmal zeigen, dass auch Sie das mit ähnlicher Verve beherrschen. Wenn man aber über den Presseverteiler, über den das verschiedenen Medien in Schleswig-Holstein zugegangen ist, um viertel vor vier bereits die Position zu diesem Antrag in der Öffentlichkeit vermittelt und Sie Ihre Rede an die Öffentlichkeit geben, dann frage ich mich: Wie halten Sie es eigentlich mit dem Respekt gegenüber dem Parlament?

Wenn ich den Antrag der Koalitionsfraktionen „Unterstützung für Schülerinnen und Schüler der Inseln und Halligen“ sehe, in dem es heißt: „Der Landtag wolle beschließen: Der Schleswig-Holsteinische Landtag begrüßt die laufenden Verhandlun

gen der Landesregierung“, in Ihrer Pressemitteilung aber lese, dass diese Verhandlungen bereits abgeschlossen sind und was die Lösung ist, dann, finde ich, ist das wahrlich kein besonders respektvoller Umgang mit uns hier als Parlament, und ich frage mich, ob Sie das, was wir tun, nur als Spielwiese betrachten, weil ja sowieso schon entschieden wurde. Da muss ich ganz ehrlich sagen: Dieses Demokratieverständnis befremdet mich sehr.

Unabhängig davon stimmen wir dem Antrag des SSW natürlich zu.

(Beifall SPD - Zuruf Martin Habersaat [SPD])

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat die Frau Abgeordnete Ines Strehlau das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, dass wir zum Abschluss dieses Tages eine einvernehmliche Diskussion führen. Wir alle wollen die Schülerinnen und Schüler auf den Inseln und Halligen stärken und für Bildungs- und Chancengerechtigkeit eintreten. Als Bewohnerin des Kreises Pinneberg mit der Hochseeinsel Helgoland habe ich mich natürlich auch über das Helgoland-Stipendium, über diese Vereinbarung zur Unterstützung der Eltern und Familien, gefreut. Es ist klar, dass der Kreis Nordfriesland mit seinen Halligen und Inseln genau so ein Modell auf den Weg bringen will. Ich freue mich, dass wir da auf einem guten Weg sind. Ich habe die Pressemitteilung der Ministerin noch nicht gelesen.

(Zuruf Martin Habersaat [SPD])

Deshalb bin ich ganz gespannt, was sie gleich von sich geben wird.

Ich habe bei der Vorbereitung auf dieses Thema viel gelernt. Ich habe gelernt, dass es auf den Inseln und Halligen eine wirklich bunte Bildungslandschaft mit unterschiedlichsten Schulformen gibt, von ganz kleinen Schulen bis hin zum Gymnasium auf Föhr, an dem auch Schülerinnen und Schüler aus Amrum ihr Abitur machen.

Die Inseln und Halligen organisieren sich auf der einen Seite selber. Auf der anderen Seite ist aber wichtig, dass wir eine Unterstützung liefern, die Bildungsgerechtigkeit auf den Weg zu bringen. Wir wollen keine Doppelförderung, haben diesbezüglich aber Vertrauen in die Landesregierung, dass sie

(Kai Vogel)

in diesem Sinne eine Vereinbarung auf den Weg bringt.

Ich denke, dass es gut ist, wenn wir die Anträge an den Ausschuss überweisen und dort weiter diskutieren. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Peter Lehnert [CDU])