Protocol of the Session on October 12, 2017

(Jörg Nobis)

Wir wissen natürlich, dass sich die Nazis auf diesen Kennzeichen mit ihren Szenecodes verewigen. Das ist einfach so. Wir haben Kennzeichenkombinationen, die ausgeschlossen sind: NS, KZ, SS - und wie sie alle heißen. Das ist auch gut so. Man muss sich immer fragen - ich habe es auch schon in unserer Fraktionssitzung gesagt -, ob man mit einem Kennzeichen durch Polen fahren kann. Wenn man weiß, dass dort Assoziationen ausgelöst werden, die die Gefühle der Menschen dort wirklich verletzen würden, kann man sich relativ sicher sein, dass man ein solches Kennzeichen nicht vergeben sollte.

(Jörg Nobis [AfD]: Aber das ist ja schon zu Recht verboten! Das ist ja in Ordnung!)

Etwas anderes ist, dass man sich in dieser Szene Gedanken macht, welche Kombinationen man verwendet, um sich gegenseitig wiederzuerkennen und ein Gruppengefühl zu entwickeln. Auch gegen dieses Gruppengefühl sollten wir vorgehen, wenn wir dazu in der Lage sind.

(Beifall SSW und SPD - Zuruf SPD: Das ist der Punkt!)

Deswegen begrüße ich diesen Antrag und finde es in Ordnung, wenn man sich im Innen- und Rechtsausschuss - gern mit dem Innenministerium und dem Verfassungsschutz - Gedanken macht, ob es Kombinationen gibt, die wir bisher noch nicht mitgedacht haben.

Ich finde auch, dass es gerechtfertigt ist, darüber nachzudenken, ob es Kombinationen gibt, von denen wir wissen, dass sie szenetypisch sind, von denen wir aber auch wissen, dass sie bei der Bevölkerung so nicht ankommen.

Ich musste in meinen Beratungen lernen, welche Bedeutung die Zahl 28 hat, dass sie etwas mit „Blood and Honour“ zu tun hat und sich insbesondere diese Leute dieses Kennzeichen zuteilen lassen. Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass die breite Masse der Bevölkerung davon keine Ahnung hat. Die Werbewirksamkeit dieser nationalsozialistischen Propaganda ist somit relativ gering. Das müssen wir sauber und ordentlich im Ausschuss beraten und genau gucken. Da sollte man weder etwas ausschließen noch sagen, alles muss verboten werden. Das ist aber, glaube ich, auch nicht Ziel des Antrages. Ziel des Antrages ist es, eine Diskussion anzustoßen: Gibt es da noch etwas, das man möglicherweise bedenken und verbieten muss? Gibt es noch etwas, auf das man die kommunale Verwaltung hinweisen muss? - Ich glaube, das ist ein richtiger Ansatz.

Ein letztes Wort noch. Wir müssen uns immer vor Augen halten: Ein Kfz-Kennzeichen ist ein offizielles Dokument. Es ist nichts Privates. Es ist ein offizielles Dokument, das zugeteilt wird, und auf offiziellen Dokumenten haben Nazi-Symbole nichts zu suchen.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir kommen jetzt zu den Dreiminutenbeiträgen. Zunächst hat sich der Abgeordnete Volker Schnurrbusch von der AfD-Fraktion gemeldet.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Gäste! Ich nehme den Antrag durchaus sehr ernst, denn ich fühlte mich, als ich ihn las, für ein paar Minuten selbst schuldig. Das kommt daher, dass ich vor ungefähr zehn Jahren von Hamburg nach Ahrensburg gezogen bin. Da habe ich natürlich auch mein Auto bei der Zulassungsstelle in Bad Oldesloe umgemeldet. Das Kennzeichen war also OD. Per Zufallsgenerator wurde mir ein Kennzeichen zugeteilt. Meine Frau, die bei mir saß, freute sich ganz spontan. Es lautete OD-AH 339. Die erste Reaktion meiner Frau war: Prima, AH steht ja für Ahrensburg, das kann ich mir super merken. - Also schraubten wir diese Nummernschilder an unseren alten Volvo und fuhren davon, ohne uns dabei etwas zu denken.

Bei den Fahrten durch Stormarn haben wir festgestellt, dass diese Kombination dort sehr häufig ist, besonders in Ahrensburg. Ich glaube nicht, dass Ahrensburg nun ein Ort von Extremisten ist - ich will es zumindest nicht hoffen. Wenn man erst einmal durch so ein Erlebnis sensibilisiert ist, tauchen an jeder Straßenecke solche Zeichen auf. Durch die Arbeit von Extremismusexperten werden die geheimen Codes nach und nach entschlüsselt.

Ich habe vorgestern und gestern an einer Fachtagung zum Thema Extremismus und Wikingerkult teilgenommen. Ich fand das hochinteressant. Vielen Dank für die Einladung, Herr Baasch.

(Heiterkeit CDU und FDP - Hans-Jörn Arp [CDU]: Damit haben Sie aber seiner Karriere geschadet!)

- Ich weiß nicht, welchen Aspekt Sie meinen, Rechtsextremität oder Wikingerkult. Ich fand die Tagung auf jeden Fall sehr interessant, denn dort wurden von Experten mehrere Codes entschlüsselt,

(Lars Harms)

die mir völlig neu waren. Dazu gehörten neben der genannten 18 und 88 auch die 14, 28, 100 und man glaubt es nicht - die 168. Fragen Sie mich bitte nicht, wie das zustande gekommen ist. Das Ganze wirkt auf jeden nicht Eingeweihten sehr obskur.

(Zuruf Christopher Vogt [FDP])

Wie obskur es werden kann, zeigt die Aufregung um einen harmlosen Werbespot einer sehr bekannten und seriösen Supermarktkette aus meiner alten Branche. Es war gerade in der letzten Vorweihnachtszeit. Dort waren zwei Autokennzeichen zu sehen mit den Wörtern „Muss“ und „Soll“. Es ging um das Immer-Müssen und Immer-Sollen. Da haben sie also zwei Autos ins Bild gesetzt mit den Kennzeichen „MU-SS“ und „SO-LL“. Natürlich gab es dort aufmerksame Zuschauer, die gesagt haben: Das ist verboten, das ist codiert, das darf nicht in die Werbung. - Die Supermarktkette musste sich daraufhin entschuldigen.

Es ging aber noch ein Stückchen weiter, da wird es wirklich verrückt, und da muss ich dem Kollegen von der FDP recht geben: Irgendwann muss man auch einmal Schluss machen. Die Direktorin der Landeszentrale für politische Bildung in Hamburg hat entdeckt, dass die Zahlen 420 und 3849 zu lesen waren. Auch die seien angeblich Codes. Die 3849 sei zwar in Ordnung, die in der Mitte enthaltene 84 sei jedoch ein Code, und die 3 und 9 an der Seite seien ein Code für Christliche Identität. - Irgendwo wird es dann ganz verrückt. Ich möchte nicht wissen, wie die Sachbearbeiter in den Zulassungsstellen das noch bewältigen wollen.

Ich möchte es wirklich nicht ins Lächerliche ziehen. Wir haben hier sicher ein Problem, das wir durch die Experten auf der Fachtagung kennengelernt haben - also ich zumindest. Wie man es dann verwaltungstechnisch stoppen soll, ist mir unklar.

(Wortmeldung Lasse Petersdotter [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN])

Herr Abgeordneter?

Ich habe meine Zeit schon überschritten, möchte aber noch eine Sache zu den Ausführungen von Herrn von Pein sagen, weil er von Textilien sprach. Ich bin selbst Segler. Da gibt es auch bekannte Marken, die HH und NS abgekürzt werden. Ich glaube nicht, dass wir so weit gehen sollten, da mit pauschalen Verdächtigungen umzugehen.

Gestatten Sie nun eine Zwischenfrage oder Zwischenbemerkung des Abgeordneten Lasse Petersdotter?

Vielen Dank. - Ich frage, wie Sie die ganze Zeit über die potenziellen Codes aufzählen können. Das ist gar nicht Teil der Debatte gewesen. Wie kommen Sie darauf, dass hier diskutiert wird, wie die Landesbeauftragte für politische Bildung in Hamburg diesen EDEKA-Werbespot bewertet? Hier geht es um konkrete Vorschläge, wie es in anderen Bundesländern bereits funktioniert.

- Vielen Dank. - Ich komme deswegen darauf, weil mir durch diese Debatte und diesen EDEKA-Spot erst klar geworden ist, dass es diese Codes gibt außer diesen ganz bekannten, die schon benannt worden sind. Es war im November 2016, glaube ich. Ich fand diese Debatte sehr skurril. Ich fürchte, wenn wir diesem Antrag jetzt folgen, haben wir eine Diskussion, die nie zu Ende geht. Ich will den Antrag aber gern im Ausschuss diskutieren lassen.

Herr von Pein hat selbst gesagt: Diese Szene erfindet sich permanent neu, mit Kleidungsstücken, mit Zahlencodes. Ich weiß nicht, wie man dem hinhterherkommen soll. Das sind mein Bedenken. - Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag hat jetzt Dr. Ralf Stegner, Fraktionsvorsitzender der SPDFraktion, das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zur Sache dieses Tagesordnungspunkts hat der Kollege von Pein alles gesagt, was zu sagen ist. Man könnte sich sicher in der Debatte zwischen demokratischen Parteien mit dem Beitrag des FDPKollegen beschäftigen. Das will ich an dieser Stelle aber nicht tun.

Ich tue das hier selten, manchmal ist es aber schlichtweg nötig für das Protokoll, klarzustellen: Anwürfe gegen die Sozialdemokratische Partei von einer Partei, die öffentlich durch ihren Vorsitzenden

(Volker Schnurrbusch)

erklärt, sie wolle unsere Integrationsministerin in Anatolien entsorgen, die auf Flüchtlinge schießen lassen will und andere Dinge mehr, verbitte ich mir.

(Beifall SPD, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Ich muss hinzufügen: Die SPD ist die älteste demokratische Partei in Deutschland. Das Eintreten für Freiheit, Gerechtigkeit und Demokratie führte übrigens in Zeiten des Verbotes zum Ehrentitel „Genossen“. Dieser steht anderen Leuten gar nicht zu. Vielen herzlichen Dank.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Jetzt hat das Wort die Abgeordnete Doris Fürstin von Sayn-Wittgenstein von der AfD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir lehnen den Antrag der SPD ab - nicht, weil er nicht zielführend wäre, nein, sondern weil er nicht zielführend genug ist. Neben den nicht zu tolerierenden Kombinationen AH, HH und so weiter müssen noch weitere Buchstabenkombinationen akribisch auf ihre NS-Belastung analysiert werden. Noch viel mehr Handlungsbedarf besteht bei Zahlenkombinationen, deren Verfassungsfeindlichkeit immer stärker ausartet.

Als Politiker müssen wir hier der Zivilgesellschaft vorangehen und noch viel mehr Verbote verankern. 18, 88, 28 sind absolut klare Fälle. Aber es gibt laut Experten Dutzende weitere Zahlenkombinationen, die nicht zu tolerieren sind. Um zukünftig jeglichen Missbrauch zu verhindern, möchten wir von der AfD, dass sämtliche Buchstaben und Zahlen, die einen Bezug zur NS-Zeit aufweisen, verboten werden.

Damit nicht genug! Bestehende Straßennamen, Straßennummern und Ortsnamen sind sofort zu ändern. Wir schlagen vor, einen Ausschuss einzuberufen, der sich umfassend mit der vorliegenden Problematik beschäftigt. Zur Verdeutlichung: Es müsste dort zum Beispiel diskutiert werden, ob der Name „Braunschweig“ in seiner Wortbedeutung, das Braune möge schweigen, Geltung beanspruchen soll oder aber wegen der Buchstaben „ns“ in der Mitte verboten werden muss. Über „Adolfseck“ und „Adolfsdorf“ brauchen wir gar nicht erst zu sprechen. Diese Namen deuten auf eine besonders nachhaltige Problematik hin.

Nur wer die Vergangenheit richtig versteht, wird die Zukunft gestalten können. In dem Sinne sind wir der SPD dankbar für diesen Antrag, der wegweisend für die Zukunft Deutschlands sein wird. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Zum Schluss: Unser Pressesprecher hat mich darauf hingewiesen, dass es wichtig sei, darauf hinzuweisen, dass dies ein Beitrag war, der ironisch zu verstehen ist.

(Beifall Jörg Nobis [AfD])

Zu einem Dreiminutenbeitrag hat sich der Herr Abgeordnete Dr. Heiner Garg gemeldet.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin, was Sie hier gerade vorgeführt haben, finde ich ekelerregend. Ich finde es wirklich ekelerregend, dass Sie unsere Vergangenheit, auf die wir blicken, ins Lächerliche ziehen, Opfer dieser Vergangenheit ins Lächerliche ziehen.

(Jörg Nobis [AfD]: Das hat sie gar nicht ge- macht!)

Man kann zu diesem Antrag stehen, wie man will. Die inhaltliche Debatte, die inhaltliche Auseinandersetzung ist geführt worden. In die will ich mich gar nicht einmischen.

Was Sie hier gerade veranstaltet haben, ist diesem Parlament schlicht und ergreifend unwürdig. Es gehört sich nicht, sich in einem Parlament in dieser Art und Weise über die Historie lustig zu machen, wie Sie das gerade hier vom Rednerpult aus getan haben.