Protocol of the Session on December 11, 2020

Zweitens zum Antrag „Das soziale Europa stärken“. Die SPD bringt nun in leicht veränderter Form zum dritten Mal seit September 2017 ihre wesentlichen Parteiforderungen der Sozialpolitik zur EU in Antragsform hier ein. Ja, die Coronapandemie führt zu erheblichen Verwerfungen und neuen sozialen Herausforderungen, den wir uns stellen müssen. Das rechtfertigt aber nicht unbedingt, immer die gleichen Forderungen in einem neuen Mantel vorzubringen. Vielmehr müssen wir schauen, welche Ansätze wir finden, die Herausforderungen zu lösen und dabei auch neue Wege zu bestreiten.

Und vergessen wir nicht, ohne entsprechende Wirtschaftskraft sind keine übermäßigen Sozialleistungen finanzierbar. Deshalb ist das 750-€-MilliardenProgramm der EU der richtige Ansatz, die besonders betroffenen EU-Mitgliedstaaten aus der Krise zu führen. Lassen Sie uns deshalb die Forderungen ebenfalls im Europaausschuss diskutieren und auf ihre Sinnhaftigkeit und Machbarkeit abklopfen.

Ich beantrage die Überweisung beider Anträge in den Europaausschuss und mitberatend in den Sozialausschuss.

Herr Präsident! Unser im Juni eingebrachter Antrag „Solidarische Akzente setzen“ im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft soll aus Schleswig-Holstein ein Zeichen setzen: Ein Zeichen für den europäischen Zusammenhalt, gerade in Krisenzeiten. Schon vor der Coronakrise war doch klar, dass die Herausforderungen, vor denen die Europäische Union steht, kein Nationalstaat allein bewältigen kann - weder gesellschaftlich noch wirtschaftlich. Für quasi sämtliche Problemstellungen wirkt die Pandemie wie ein Brennglas, wird oft gesagt. Das stimmt: Migration, Gesundheit, die europäische Säule sozialer Rechte, Jugendpolitik. Werden diese Themen vernachlässigt, rächt sich dies auch und gerade in einer Pandemie.

Zwar steht heute die Coronapandemie selbst im Blickpunkt und prägt die deutsche EU-Ratspräsidentschaft, die noch bis Ende dieses Monats besteht. Doch schon jetzt wird sichtbar: Die Bewältigung der akuten Probleme ist genauso wichtig wie die Lehren daraus und die Perspektiven für eine Zeit nach der Pandemie.

Genau um Letztere geht es uns bei unseren Anträgen. Viele Menschen drohen durch die Pandemie abgehängt zu werden. Ihre Jobs und berufliche Existenzen sind bedroht. Da ist die Sorge um die eigene Gesundheit. Betrieben fällt das Ausbilden zunehmend schwerer. Die Europäische Union hat erst spät gemeinsame Anstrengungen unternommen, um der akuten Krise zu begegnen. Ich erinnere mich ungern an die geschlossenen Grenzen im Frühjahr und das Fehlen jeglicher Koordination bei der Versorgung von Covid-19-Patientinnen und -Patienten. Dieser Teil der Krisenbewältigung ist besser geworden.

Aber es gibt nach wie vor viel zu tun, gerade zur Abfederung sozialer Härten. Was wir nun brauchen, ist eine Perspektive für die Zeit nach der Pandemie. Hier setzen auch unsere beiden Anträge zu dieser Tagung an.

Meine Fraktion und mich treibt die Sorge um, dass die Jugend aus der Pandemie als verlorene Generation hervorgehen könnte. Ohne Bildung, ohne Ausbildung oder Studium, ohne Lebensperspektive. Das dürfen wir nicht zulassen und fordern deshalb eine Stärkung der Jugendgarantie der Europäischen Union, die seit 2013 besteht und gerade aktualisiert wird. Junge Menschen müssen aufmerksam bleiben und kritisch gegenüber Fake News und Verschwörungstheorien. Sündenböcke sind schnell ausgemacht. Wir wollen, dass gut informierte junge Menschen zu einer sachlichen politischen Auseinandersetzung fähig sind. Neben der Beteiligung von Jugendlichen setzen wir darauf, durch mehr Medienkompetenz auch Demokratiefähigkeit zu fördern. Für den so wichtigen kulturellen Austausch, für ein friedliches Europa spielen Austauschprogramme in Schule, Ausbildung, aber auch in unserer Ostseekooperation eine Schlüsselfunktion.

Wer jetzt findet, dass ich zu schwarz male, der möge sich bitte die Anhörung des Bildungsausschusses Anfang November zu unserem Antrag „Verschwörungstheorien stoppen“ - Drucksache 19/2239 - vergegenwärtigen. Die Jugend ist Europas Zukunft. Sie sollte alle Anstrengungen wert sein.

Europas Zukunft bedeutet auch, in der Krise das soziale Europa zu stärken. Ohne Zweifel hat die Coronapandemie die sozialen Ungleichheiten in Europa verschärft. Die Sorge um den gesellschaftlichen Zusammenhalt drückt auch die Bundesregierung in ihrem Programm zur deutschen EU-Ratspräsidentschaft aus. Soziale Sicherheiten schaffen, die sozialen Folgen der Pandemie abfedern: Das hat sich die Bundesregierung auf ihre Fahnen geschrieben, und wir sollten das auch tun. Denn sozialer Frieden ist

(Hartmut Hamerich)

die Grundvoraussetzung für unseren Wohlstand. Sozialer Frieden nicht nur hier bei uns, sondern auch bei unseren europäischen Nachbarn. Das ist außerdem ein Gebot der Solidarität in Europa.

In unserem Antrag finden sich „alte Bekannte“ wieder, die aber durch die Covid-19-Pandemie neue Aktualität gewonnen haben: Die Umsetzung der EU-Entsenderichtlinie gehört dazu genauso wie unsere entsprechende Beratungsstelle in SchleswigHolstein - damit prekäre Arbeitsbedingungen in Schlachthöfen und bei Saisonarbeitnehmerinnen und -arbeitnehmern in unserem Land endlich ein Ende haben. Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die Gleichstellung der Geschlechter - auch die familiären Belastungen in der Krise gehören gerecht verteilt! Auch die weiteren arbeitsmarktpolitischen Forderungen in unserem Antrag sind wichtige Bestandteile eines sozial gerechten Europas in Frieden und Wohlstand, das für Schleswig-Holstein zentral ist.

Ich würde mich freuen, die heutige Debatte im Europaausschuss fortzusetzen. Ich beantrage die Überweisung beider Anträge. Denn mit dem Ende der deutschen EU-Ratspräsidentschaft ist die Pandemie mit ihren sozialen gesellschaftlichen Herausforderungen leider noch lange nicht vorbei.

Sehr geehrte Damen und Herren! Vielen jungen Menschen in Europa fehlt eine Perspektive, und das nicht erst seit Corona. Das ist traurig, das ist unsozial, das ist nicht europäisch.

Im Jahre 2018 befanden sich 5,5 Millionen junge Europäerinnen und Europäer weder in Beschäftigung, noch in Ausbildung. 5,5 Millionen Menschen, die frustriert sind. Die sich abgehängt fühlen. Die auf eigenen Beinen stehen wollen und es nicht können. Denen die Perspektive fehlt. Und das sind Zahlen, die vor der Coronapandemie erhoben wurden.

Das ist nicht nur für die betroffenen Menschen ein Problem, sondern auch für die EU. Denn eigentlich können wir es uns überhaupt nicht leisten, auf den Tatendrang dieser jungen Menschen zu verzichten. Es kann doch nicht angehen, dass wir in Deutschland vor den Problemen Fachkräftemangel und Pflegenotstand stehen und gleichzeitig so viele junge Menschen in anderen EU-Staaten keine Arbeit finden. Das ist doch paradox.

Arbeitsmarkt und Wirtschaft sind die eine Sache, aber wenn Menschen keine vernünftige Zukunftsperspektive haben, dann birgt das noch ganz andere

Gefahren: Menschen, die sich vergessen und abgehängt fühlen, sind nämlich häufig auch anfällig für Demokratieverdrossenheit und Populismus - Populismus, der sich unter anderem gegen den europäischen Zusammenhalt richtet.

Die meisten von uns sind sich hier einig: Die Bewältigung der großen Herausforderungen unserer Zeit kann nicht allein auf nationaler Ebene gelingen. Dafür brauchen wir den Europäischen Zusammenhalt, und zwar auf lange Sicht.

Dass dieser Zusammenhalt in Gefahr ist, wurde uns diese Woche wiederholt vor Augen geführt, als Polen und Ungarn eine EU-Haushaltskrise auslösten, weil sie ein Problem mit der Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit haben. Das ist wirklich unfassbar.

Deshalb danke ich der SPD für ihre beiden Europaanträge. Zugegebenermaßen: viele Ihrer Forderungen sind nicht neu. Insofern ist auch die Debatte, die wir hier heute führen, nicht wirklich neu. Aber im Großen und Ganzen wünschen wir uns dasselbe für unsere EU und die Zukunftschancen der jungen Generation. Deshalb freue ich mich auch sehr darüber, dass wir vieles von dem, was Sie insbesondere in Ihrem Antrag zur Jugendpolitik fordern, bereits tun.

Ich kann in der Kürze der Zeit nicht auf alle Punkte eingehen, will aber gerne zwei Beispiele nennen.

Erstens. Sie fordern in Ihrem Antrag eine stärkere finanzielle Unterstützung der Europaschulen in Schleswig-Holstein. Die 47 Europaschulen haben in den letzten 24 Jahren wirklich eine tolle Arbeit geleistet, um den Schülerinnen und Schüler die europäische Idee zu vermitteln. Dafür gebührt ihnen unser Dank und unsere Unterstützung, auch finanziell. Aber glücklicherweise tun wir das bereits.

Um regionale Netzwerktreffen zu fördern und die Aktivitäten an den Schulen zu stärken, hat unser Bildungsministerium in diesem Jahr die Mittel für die Europaschulen von 15.000 € auf 25.000 € erhöht. Außerdem ist im Haushaltsentwurf für 2021 eine Aufstockung der Mittel von 20.000 € auf 40.000 € vorgesehen. Das ist fast eine Verdoppelung der Mittel für die Europaschulen.

Zweitens. Sie fordern den dauerhaften Ausbau der Jugendbeteiligung an politischen Entscheidungsprozessen. Gute Idee, liebe SPD. Denn Kinder und Jugendliche haben das Recht auf direkte Beteiligung und Mitbestimmung. Das ist im Übrigen auch ein wichtiger Baustein für Demokratieverständnis und gegen Politikverdrossenheit. Aber auch hier, liebe SPD, sind wir in Schleswig-Holstein bereits

(Regina Poersch)

gut dabei. Sehr gut sogar. Wir haben im Bereich der Kinder- und Jugendbeteiligung nämlich Vorreiterfunktion.

Bei uns gibt es, bezogen auf die Einwohnerzahl, bundesweit die meisten Kinder- und Jugendvertretungen. Zudem erhält der Landesjugendring vom Land bereits eine institutionelle Förderung. Dieser unterstützt unter anderem die Vernetzung junger Menschen im Ostseeraum.

Das waren nur zwei Beispiele dafür, dass wir europäische Jugendpolitik sehr ernst nehmen. Die Anträge der SPD sind zwar - wie man so schön sagt alter Wein in neuen Schläuchen, aber sie zeigen auch, dass es weiterhin nötig ist, über unser Europa zu streiten. Nur ein sozial stabiles Europa kann ein geeintes Europa sein. Und nur ein geeintes, friedliches Europa ist auch ein wirtschaftlich starkes Europa. Ein soziales Europa ist also kein Widerspruch zur Wirtschaftspolitik. Es ist die Grundvoraussetzung für wirtschaftlichen Erfolg.

Dass da noch einiges zu tun ist, erleben wir ja insbesondere an unserer Grenze nach Dänemark und beim grenzüberschreitenden Arbeitsmarkt. Daher freue ich mich über den erneuten Vorstoß und die Diskussionen dazu im Europaausschuss, dem ich ja seit Kurzem angehören darf. - Vielen Dank.

Herr Präsident! Die SPD hat hier nun also zwei Anträge vorgelegt, die sich auf die Jugend- und Sozialpolitik in der EU beziehen. Inhaltlich decken sie eine weite Bandbreite ab. Was natürlich gut ist. Ich werde jedoch an dieser Stelle nicht auf alle Punkte eingehen können. Kommen wir erst einmal zum Antrag bezüglich der Jugendpolitik.

Ich finde es richtig, die Jugendpolitik immer wieder auf die Tagesordnung zu setzen und anzugehen. Gerade in Zeiten der Pandemie fühlen sich viele Jugendliche und junge Erwachsene hintenangestellt. In der Öffentlichkeit scheint es vorrangig nur um Risikogruppen oder ältere Menschen zu gehen. Wie wir am Mittwoch von Dr. van Heek gehört haben, werden die jungen Menschen vor allem in den nächsten Jahren die Folgekosten der Pandemie zahlen.

Auch wenn es im Antrag nicht so sehr um Covid-19 gehen soll, so kann man das Virus aus heutiger Sicht schlichtweg nicht ausklammern. Das merken wir ja ganz deutlich in unserer parlamentarischen Arbeit.

Um nun auf die parlamentarische Arbeit zu sprechen zu kommen: Die SPD möchte die aktuelle Ratspräsidentschaft für die Umsetzung der EU-Jungenstrategie zu nutzen. Das ist ganz klar der richtige Ansatz. Hier sei nur mal angemerkt, dass nur noch sechs Wochen bleiben, bis der Ratspräsidentschaftsvorsitz der Bundesrepublik endet. Aus der politischen Realität habe ich zu mindestens mitgenommen, das sechs Wochen wirklich sehr wenig Zeit sind, um auch nur über politische Vorhaben zu diskutieren. Aber vielleicht ist der Antrag auch so zu verstehen, dass es eben vielmehr um die Zeit nach Ablauf des Vorsitzes der EU-Ratspräsidentschaft gehen soll. Denn proaktive Politik für junge Menschen endet natürlich nicht am 31. Dezember 2020.

Im vorliegenden Antrag sind inhaltlich sicherlich viele Punkte dabei, die für unsere Jugend in Europa unterstützenswert sind und die wir als SSW mittragen können, etwa eine verbesserte Förderung der Auszubildenden in der EU. Da gibt es noch einen großen Mangel an Zusammenarbeit, wenn man die akademischen und nichtakademischen Ausbildungen vergleicht. Auch die Mobilität von Jugendlichen soll gefördert werden. Auch das ist entscheidend, um seine Nachbarn tatsächlich einmal kennenlernen zu können.

Im Antrag wird vor allem die Ostseeregion erwähnt. Das ist gut, denn dort hat Schleswig-Holstein in den letzten Jahrzehnten eine vitale Zusammenarbeit aufgebaut. Vielleicht könnte man hier auch noch die Nordsee einbringen, denn auch hier wohnen Jugendliche und junge Erwachsene. Auch hier haben wir Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner europäische Nachbarn. Dies wäre ein Ansatz, der zu mindestens mitbedacht werden könnte.

Zum Schluss möchte ich noch einige Worte zum Antrag in Bezug auf die Sozialpolitik in der EU anbringen. Auch hier sind wieder viele politische Stellschrauben genannt, und grundsätzlich können wir als SSW viele Ansinnen nur befürworten. Dabei sei etwa die verbesserte Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder mehr Unterstützung für Pendler an der deutsch-dänischen Grenze, insbesondere durch die unbürokratische Anerkennung von Berufsabschlüssen.

Ja, hier brauchen wir eindeutig pragmatischere Lösungen. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, das können wir als Landespolitik doch selbst regeln. Ich bin sogar der Meinung, das können wir als Landespolitik eigenständig viel besser und nachhaltiger regeln. Von daher denke ich, dass der Antrag gut dazu

(Eka von Kalben)

dient, die eine oder andere Sache ganz konkret hier als Landesparlament aufzugreifen und zu diskutieren. Es ist für uns als SSW immer ein Abwägen, wo wir welche Inhalte an staatlicher oder überstaatlicher Ebene verknüpfen wollen. Ich denke, diesen Gedanken kennt die SPD ebenfalls. Nach meinem Dafürhalten sollten wir in dieser Hinsicht nicht davor zurückscheuen, uns auf an einen oder anderen Stelle stärker auf unsere Landeskompetenzen zu besinnen.

Sehr geehrtes Präsidium! Sehr geehrte Damen und Herren! Die AfD versteht sich als soziale Volkspartei, aber wenn von einer „europäischen Sozialunion“ die Rede ist, bedeutet das in Wahrheit eine gigantische Umverteilung von Geldern zulasten Deutschlands und der anderen Nettozahler.

Bereits der Beitritt der Südländer Griechenland, Spanien und Portugal, aber vor allem die Osterweiterung veränderten die Voraussetzungen für eine Angleichung der Lebensverhältnisse fundamental.

Martin Höpner, Leiter der Forschungsgruppe „Politische Ökonomie der europäischen Integration“ am Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung, hält die Chance für einen europäischen Sozialstaat für „gleich null“. Ein europäischer Sozialstaat, der gleichzeitig für Bulgarien und Rumänien auf der einen und Dänemark oder Luxemburg auf der anderen Seite passe? „Das kann man sich doch nicht einmal mehr in der Theorie vorstellen“, so Höpner.

Statt alles zu vereinheitlichen, treten wir dafür ein, rechtstaatliche Strukturen, wirtschaftlichen Wohlstand und ein stabiles, leistungsgerechtes Sozialsystem in der Verantwortung souveräner Nationalstaaten zu belassen.

Wir unterstützen Strukturreformen, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit der EU-Mitglieder zu stärken, wenden uns aber entschieden gegen eine Transfer- und Schuldenunion und zentralistische Tendenzen.

Der Mindestlohn gehört ganz klar in die Verantwortung der Mitgliedstaaten. In Deutschland orientiert man sich der Entwicklung der Tariflöhne - und das soll auch so bleiben! Weitere Kriterien, die die EU dazu aufstellen möchte, brauchen wir nicht. Die EU-Verträge gestehen der EU nur begrenzte Kompetenzen in der Sozialpolitik zu. Das Arbeitsentgelt gehört nicht dazu, wie Artikel 153 ausdrücklich festlegt. Daher sind Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht schon jetzt absehbar, wenn sich die EU anmaßt, die Mitgliedstaaten zu einem einheitli

chen Mindestlohn zu zwingen. Dänemark und Schweden sehen dabei zu Recht einen Eingriff in die Tarifautonomie.

Die Forderung nach einer Europäischen Arbeitslosenversicherung bedeutet, dass die Mitgliedstaaten einen Fonds finanzieren sollen, aus dem die nationalen Arbeitslosenversicherungen im Krisenfall Kredite erhalten können.

Die Probleme bei der Griechenland-Rettung und bei der Einhaltung des Stabilitäts- und Wachstumspakts sprechen gegen dieses Projekt, denn hier würde noch ein neuer Fördertopf für solche EU-Staaten geschaffen werden, die selbstverschuldet in Not geraten sind. Ernste Zahlungsschwierigkeiten einer nationalen Arbeitslosenversicherung können aber nur entstehen, wenn Beiträge oder Zuschüsse nicht erhöht werden sollen, Leistungskürzungen nicht gewollt werden und der Staat insgesamt nicht mehr kreditwürdig ist. Eine Unterstützung der nationalen Arbeitslosenversicherung wäre willkürlich, würden den jeweiligen Mitgliedstaaten Korrekturen eigener politischer Fehler ersparen und zu einer Verlagerung von Lasten auf die Gemeinschaft führen. Einmal mehr - das scheint das Prinzip der EU zu sein.

Auch die Finanzierung des Fonds ist nicht gesichert. Was passiert, wenn große EU-Staaten als unterstützungswürdig angesehen werden? Große Mitgliedstaaten wie Italien und Spanien weisen schon seit mehreren Jahren zweistellige Arbeitslosenquoten auf.