Deswegen möchte ich einen kleinen Vergleich ziehen: Bei der Grippe wird immer gesagt, es seien im Schnitt 15.000 Menschen, die in irgendeiner Art und Weise in Verbindung mit einer normalen Grippewelle ums Leben kommen. In den Höchstzeiten
waren es mal 25.000, wobei man sagen muss, dass man es gar nicht weiß, weil es Schätzungen sind. Wenn man genau schaut und zum Beispiel für das letzte Jahr nachvollzieht, wie viele laborbestätigte Todesfälle es in Zusammenhang mit einer Grippe gegeben hat, dann reden wir beim letzten Jahr von 1.674 Menschen. Davon ist natürlich jeder zu viel, aber man kann schon erahnen, was das im Vergleich zu dem bedeutet, was wir jetzt gerade mit der Pandemie haben.
Die Zahlen von heute - bestätigt, ohne irgendwelche Dunkelziffern, die man hochrechnet -: 21.064 Menschen, eine Steigerung innerhalb eines Tages um 604 Personen, das ist die Situation, in der wir jetzt leben müssen. Da kann mir keiner sagen, dass es eine normale Grippe sei. Da haben wir eine gottverdammte Verantwortung, eben auch dafür Sorge zu tragen, dass die Zahlen so niedrig wie möglich bleiben. Dass die Zahlen so sind, wie sie sind - sie sind viel zu hoch -, steht vor dem Hintergrund, dass wir schon die ganzen vielen harten Maßnahmen gemacht haben. Was wäre eigentlich passiert, wenn wir die nicht gemacht hätten? Mir soll keiner mehr ernsthaft kommen und sagen, das sei irgendwie eine Grippe. Das ist etwas Schlimmeres, und wir alle müssen dabei zusammenstehen.
Wir werden jetzt die Ministerpräsidentenkonferenz haben. Ich bin dem Ministerpräsidenten dankbar, dass er die Haltung der Landesregierung dazu kundgetan hat, die wir voll und ganz unterstützen können. Aber es ist eben eine Haltung der Landesregierung, und wir wissen ja noch nicht, auf was sich die Ministerpräsidenten einigen. Da gibt es durchaus den einen oder anderen schrägen Vogel unter den Menschen, die dort tätig sind,
die durchaus für andere verkünden, was alles zu machen sei, aber selbst meist nichts tun und manchmal auch den Überblick verlieren. Da muss ich sagen: Unser Ministerpräsident ist da glücklicherweise anders.
Trotzdem möchte ich eben noch einmal deutlich machen, wie die Haltung des SSW zu diesen vielen Themen ist, die es da gibt. Ich möchte vielleicht eines vorausschicken: Inzwischen habe ich vor dem Hintergrund der Pandemie keine Schmerzen mehr damit, dass wir möglicherweise auch stark von anderen Bundesländern abweichende Regelungen
Von mir aus haben Sie die Genehmigung, auch Maßnahmen durchzusetzen, die zu denen möglicherweise keine Mehrheit oder keine Einigkeit in der Ministerpräsidentenkonferenz erzielt werden kann - vielleicht mit einer Ausnahme, die der Kollege Vogt gerade angesprochen hat: Auch ich bin froh, dass wir hier keine pauschal ausgesprochene Ausgangsbeschränkung verhängen. Ich glaube, das ist ganz wichtig. Das ist emotional wichtig für die Menschen. Aber es ist natürlich auch wirklich die stärkste Einschränkung eines Grundrechts, die man sich denken kann, dass die Leute in irgendeiner Art und Weise an einen Ort fixiert werden müssen. Das wollen wir alle nicht.
Wenn es hohe Inzidenzzahlen gibt, wie wir sie aus anderen Bundesländer kennen, dann muss natürlich auch so etwas gemacht werden. Dann muss es Sperrstunden geben, dann muss es auch Ausgangsbeschränkungen geben. Derzeit ist das aber in Schleswig-Holstein nicht notwendig. Deshalb sollte das auch nicht allgemein auf Bundesebene festgelegt werden.
Über das, was den Einzelhandel und die Geschäftswelt angeht, dass wir die hoffentlich ab der kommenden Woche schließen und dass das bis zum 10. Januar 2021 - mindestens - passiert, braucht wohl kein Mensch mehr zu diskutieren. Das ist dringend notwendig.
Ich komme zur 5+2-Regel. Die ist ja jetzt neu. Da kommen wir jetzt von der Zehnerregelung - so möchte ich es einmal nennen - hin. Ich glaube, das ist richtig so. Es ist gut, dass man sich immer noch mit Menschen treffen kann. Das bleibt erhalten. Es ist auch gut, dass man eine Ausnahme für die Familie macht, sodass man sich vielleicht zum Weihnachtsfest oder zu den Festtagen mit zehn Menschen treffen kann. Das ist auch wichtig.
Ich möchte noch eins dazu sagen: Für uns als SSW reden wir bei Familie nicht nur von verheirateten Menschen mit Kindern, sondern wir reden auch von unverheirateten Partnerschaften, von Patchworkfamilien. Manchmal ist das etwas kompliziert, aber wenn wir es so festlegen, dass sich Familien treffen können sollen, dann sollten auch alle Formen von Familien diese Chance haben. Das darf man nicht zu eng sehen.
Ein nächster Punkt ist der Bereich der Schule. Da müssen wir uns jetzt auch selbst korrigieren. Wir haben immer gesagt, Präsenzunterricht sei das Wichtigste, weil wir immer an die Kinder und Jugendlichen denken müssen, die aus schwierigeren, aus beengten Verhältnissen kommen. Deshalb haben wir immer gesagt, eine ordentliche Struktur in der Schule ist da immer noch besser als das Risiko der Pandemie. Wir merken jetzt aber, dass wir durch die Pandemie dazu gezwungen werden, unsere Haltung zu ändern.
Ich finde es richtig, dass die Schülerinnen und Schüler ab Klasse 8 zu Hause beschult werden können und sollten. Es ist auch richtig, dass die Möglichkeit besteht, Kinder durch die Eltern vom Schulunterricht abmelden zu lassen.
Wir würden gern einen Hinweis geben, der über den 10. Januar 2021 hinausgeht. Ich möchte den Jugendlichen nichts unterstellen, aber wenn die nur halb so gestrickt sind wie ich damals, dann könnte es passieren, dass sie trotzdem Silvester feiern. Vor dem Hintergrund, dass wir wissen, wie eine Pandemie verläuft, wir also 14 Tage benötigen, um die Sicherheit zu haben, dass Menschen nicht mehr andere Menschen anstecken können, könnte es unserer Auffassung nach klug sein, auch noch die erste Woche nach den Ferien für diese Klientel, ab 8. Klasse und in den Berufsschulen, Online-Unterricht vorzusehen, sodass sie nicht in die Schule kommen. Ich glaube, das wäre klug. Vielleicht könnte man innerhalb der Landesregierung diskutieren, ob das nicht ein kluger Weg wäre.
Ein letzter Punkt ist die Frage: Was passiert nach dem 10. Januar 2021? Wir müssen genau auf die Zahlen achten, oder - besser gesagt - wir können da nichts ausschließen. Denn - der Ministerpräsident hat es ja gesagt - wenn es weiter so läuft und wir, selbst wenn die Zahlen ein kleines bisschen sinken, das Gefühl haben, dass es noch nicht überstanden ist, dass noch keine Lockerungen möglich sind, würde das bedeuten, dass wir Teile der Wirtschaft weiterhin dauerhaft nicht am Wirtschaftsleben teilhaben lassen.
Das führt automatisch zu der Frage: Wer zahlt es dann? Bisher haben wir die Gewissheit, bis zum 31. Dezember 2020 wird durch den Bund gezahlt. Unsere Auffassung ist: Da wir wissen, dass wir aus dem Landeshaushalt nicht riesige Summen, die nicht im Entferntesten diese Schäden abdecken könnten, herausschneiden können, muss gegenüber dem Bund ganz klar kommuniziert werden: Wenn wir für die Zeit nach dem 10. Januar 2021 feststellen, wir müssen einen weiteren Lockdown machen,
stellt der Bund die entsprechenden Mittel bereit, damit den Unternehmen und den Beschäftigten entsprechend geholfen werden kann.
Ich glaube, auch das kann man sagen, dass wir das in der Zusammenarbeit zwischen der Landesregierung und den demokratischen Parteien bislang sehr gut hinbekommen haben - wieder und zum Glück. Ich finde es klasse, dass die Kommunikation hervorragend läuft.
Ich finde aber auch - darauf kann man auch ein kleines bisschen stolz sein, auch wenn manche sagen, man könne Norden und Süden nicht immer miteinander vergleichen -, dass die Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner schon klasse sind. Die meisten sind nämlich sehr besonnen. Ich kenne das auch aus meinem eigenen Umfeld und weiß, dass sich viele darüber Gedanken machen: Wo kann ich noch hingehen, was kann ich noch machen, welche Regel besteht gerade, was muss ich da für mein eigenes privates Leben bedenken? - Das machen die Leute verdammt gut, und ich bin den Leuten sehr dankbar dafür, dass das so gut geklappt hat.
In dem Sinne hoffe ich, dass das weiter so bleibt. Ich hoffe, dass Sie alle, die hier im Hohen Haus sitzen, weiter gesund bleiben. Wir haben vor der Landtagstagung eine ereignisreiche Zeit gehabt, und die ereignisreiche Zeit wünsche ich weiterhin, vor allen Dingen aber wünsche ich allen SchleswigHolsteinerinnen und Schleswig-Holsteinern gute Gesundheit und dass wir gut durch die Zeit kommen. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Ministerpräsident! Der Bundesgesundheitsminister sagte am 1. Sep
„Man würde mit dem Wissen heute, das kann ich Ihnen sagen, keine Friseure mehr schließen und keinen Einzelhandel mehr schließen. Das wird nicht noch mal passieren.“
Drei Monate später sieht alles danach aus, als würde dieses Versprechen des Bundesgesundheitsministers gebrochen werden. Ein harter Lockdown soll es jetzt sein, nach Möglichkeit so schnell wie möglich und noch vor Weihnachten. Endgültig entscheiden wollen Sie über die Maßnahmen, aber nicht auf der Grundlage der Daten und der tatsächlichen Infektionszahlen
und der Infektionslage hier in Schleswig-Holstein vor Ort, nein, Sie wollen erst mit Ihren Kollegen der Ministerpräsidenten und der Kanzlerin konferieren und danach dann für das ganze Land pauschal entscheiden.
Absehbar wird es einen harten Lockdown geben, und zwar auf Grundlage des Infektionsgeschehens in anderen Bundesländern.
Das ist bei derartig weitreichend geplanten Eingriffen für Schleswig-Holstein in Gänze nicht angemessen, Herr Ministerpräsident.
Wir fordern ein abgestimmtes Handeln, abgestimmt auf das konkrete lokale Infektionsgeschehen und abgestimmt selbstverständlich auch mit den anderen Ländern.
Richtig wäre vielmehr, die Kriterien festzulegen. Legen Sie Kriterien fest, einen Maßnahmenkatalog. Der kann dann auch in ganz Deutschland gelten. Aber auf der Grundlage dieser Kriterien muss dann vor Ort entschieden und gehandelt werden.
Eine Inzidenzampel kann dabei ein wichtiger Baustein sein, um eine Indikation zu haben, in welchen Gegenden Einschränkungen verschärft oder gelockert werden sollen.
(Dennys Bornhöft [FDP]: Was meinen Sie, was hier los wäre, wenn wir das, was Sie im- mer vortragen, gemacht hätten!)