Gerade im Bereich Kindertagesstätten war es notwendig, flexibel und schnell auf Anregungen der Elternschaft und von Fachleuten in den Betreuungseinrichtungen zu reagieren.
Das auch als Kita-Reform-2020 umschriebene Gesetz ist im Austausch mit Trägern, Städten und Gemeinden sowie Eltern entstanden.
Familien wird die Unterbringung ihrer Kinder erheblich erleichtert, und sie werden von hohen KitaGebühren entlastet. Außerdem wird die Qualität in den Kindertagesstätten verbessert, zusätzlich werden Städte und Gemeinden bei der Finanzierung entlastet. Eine klassische Win-win-Situation.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Der 1. Januar 2021 ist ein guter Tag für die Betreuungslandschaft in Schleswig-Holstein. Dann tritt das Kindertagesförderungsgesetz vollumfänglich in Kraft. Eines der größten Reformprojekte der Jamaika-Koalition ist dann vollständig umgesetzt.
Bereits zum 1. August 2020 waren wesentliche Bestandteile der Kita-Reform im Rahmen des alten Kita-Gesetzes wirksam geworden. Mit der Einführung des Elternbeitragsdeckels haben wir bereits im Sommer viele Familien in Schleswig-Holstein in der Coronakrise entlastet. Zum 1. Januar 2021 wird es jetzt weitere verbindliche Verbesserungen für die Qualität in der Betreuung geben.
Mit dem vorliegenden Antrag der Koalitionsfraktionen sind einige wenige Ergänzungen und Klarstellungen aufgenommen worden, die auch Rückmeldungen von den Verbänden aus ersten Praxiserfah
rungen seit dem 1. August aufgreifen. Ich möchte mich bei allen Beteiligten für die Zusammenarbeit bedanken und jetzt kurz auf einige Verbesserungen eingehen.
Mit der Einführung einer kleinen altersgemischten Gruppe wollen wir insbesondere in den Ergänzungs- und Randzeitengruppen mehr Flexibilität schaffen. Es soll so zukünftig leichter möglich sein, auch im ländlichen Raum oder in Betriebs-Kitas Angebote zu Randzeitenbetreuung passgenauer bereitzustellen.
Die Voraussetzungen für den Betrieb von Naturgruppen werden etwas weiter gefasst. So wird sichergestellt, dass als Naturgruppe jene verstanden werden, bei denen überwiegend eine Förderung in der freien Natur stattfindet.
Eine weitere Änderung betrifft die Wahlfreiheit zur Betreuung in der Kindertagespflege: Hier darf bei Vorliegen eines freien Kita-Platzes weder die Betreuung an sich noch die laufende Geldleistung an die Tagesmutter verwehrt werden, wenn Eltern den Wunsch haben, ihr Kind auch über den dritten Geburtstag hinaus dort und nicht in einer Kita betreuen zu lassen.
Das Gesetz führt eine verpflichtende Überleitungsbilanz ein, die Transparenz bei der Frage der finanziellen Auswirkungen der Kita-Reform für die Kommunen schafft. Um hier für mehr Nachvollziehbarkeit für alle zu sorgen, müssen die Standortgemeinden der Kindertageseinrichtungen die Veränderungen ihrer finanziellen Aufwendungen für die Kindertagesförderung im kommenden Jahr im Vergleich zum Referenzjahr 2019 bis zum 31. Juni 2021 darlegen. Nachdem wir in verschiedenen Kommunen in der Vergangenheit festgestellt hatten, dass hier keine realistischen Zahlen kommuniziert wurden, ist dies ein gutes Instrument, um dann auch die Debatte weiter zu versachlichen.
Das Stichwort Versachlichung bringt mich zu zwei weiteren Punkten, die ich aus aktuellem Anlass aufgreifen möchte.
Erstens: Die Landes-Arbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtsverbände ist Mitte November mit der Sorge an mein Haus herangetreten, dass einige Standortgemeinden Finanzierungsvereinbarungen gekündigt haben. Meinem Haus wurde zugetragen, dass sie nun über den neuen Mindeststandards hinaus liegende Qualitäten nicht weiter finanzieren wollten und Träger zu einer Absenkung der Qualitäten drängten. Mein Haus hat eine intensive rechtliche Würdigung vornehmen lassen, um Trägern
Das Ergebnis ist eindeutig: Die Kita-Reform führt zum Zeitpunkt der Umstellung zum Jahreswechsel weder zur automatischen Beendigung laufender Finanzierungsvereinbarungen noch gibt sie den Standortgemeinden das Recht zur außerordentlichen Kündigung der Verträge. Bestehende Finanzierungsvereinbarungen bleiben wirksam und bedürfen lediglich einer Anpassung, wenn die laufende Vereinbarung die Einhaltung der künftigen Fördervoraussetzungen nicht sicherstellt.
Die Standortgemeinde darf ihre Zustimmung zu der erforderlichen Anpassung nicht von der Änderung anderer Punkte abhängig machen. Insbesondere darf die Standortgemeinde vom Einrichtungsträger nicht die Zustimmung zur Absenkung bislang höherer Standards auf das Mindestniveau des KiTaG verlangen. Auch dies wäre rechtswidrig. Ich habe die Kommunen auf diesen Umstand in einem gemeinsamen Schreiben mit der Innenministerin noch einmal hingewiesen.
Der zweite Punkt zur Versachlichung betrifft die Beiträge für Kinder mit Handicap, die ab 1. Januar 2021 von den Eltern bezahlt werden müssen. Diese Kosten wurden bisher im Rahmen der Eingliederungshilfe übernommen. Es ist logisch, dass nicht das Kita-Gesetz über die Leistungsgewährung im Rahmen eines Sozialgesetzbuches entscheidet, sondern hierfür die bundesgesetzlichen Rahmenbedingungen maßgeblich sind.
Hier hat es mit Inkrafttreten der dritten Stufe des Bundesteilhabegesetzes Änderungen gegeben. Die neuen Rahmenbedingungen aus dem Bundesteilhabegesetz können in Schleswig-Holstein nur sukzessive im Landesrahmenvertrag umgesetzt werden. Die Leistungsträger der Eingliederungshilfe haben sich in Schleswig-Holstein deshalb darauf verständigt, diese Änderung erst zum 1. Januar 2021 - und nicht, wie bundesgesetzlich vorgesehen, schon zum 1. Januar 2020 - umzusetzen.
Mir ist klar, dass es schwer nachzuvollziehen ist, warum der Besuch der Kita bisher eine teilstationäre Leistung der Eingliederungshilfe war, nun aber nach der Abschaffung des Einrichtungsbegriffs und der personenzentrierten Leistungserbringung nach dem Bundesteilhabegesetz nur noch die behinderungsbedingten Teilhabeeinschränkungen abbildet. Ebenso ist schwer zu verstehen, dass in der Vergangenheit für Kinder mit Handicap Beiträge gezahlt werden mussten, wenn die Leistungserbringung außerhalb der Kita stattfand. Ich finde es nicht ange
messen, in so einem sensiblen Bereich Verunsicherung zu befördern, nur, weil man sich schlechte Presse zur Kita-Reform wünscht.
Es ist auch keineswegs so, dass wir das Thema Inklusion in der Kita-Reform nicht berücksichtigt hätten. Im Reformprozess sind die Verbände und der Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderung einbezogen worden. Verbesserte Rahmenbedingungen haben wir erreicht, indem zukünftig keinem Kind mehr aufgrund seines Handicaps die Aufnahme in eine Gruppe verweigert werden kann und ein Betreuungsverhältnis deshalb beendet werden darf. Außerdem wird erstmals eine klare Regelung zur Platzzahlreduzierung getroffen.
Wenn also ein Kind mit Handicap eine Einrichtung besucht, entscheidet der Jugendhilfeträger, ob die Gruppengröße entsprechend reduziert werden muss. Das hat es für unter dreijährige Kinder im Übrigen bislang gar nicht gegeben. Dieses Gesetz schafft also zum ersten Mal überhaupt Ressourcen für die inklusive Betreuung im U3-Bereich!
Gleichzeitig haben sich alle am Reformprozess Beteiligten darauf verständigt, dass eine neu eingesetzte Arbeitsgruppe bis zum Ende der Übergangszeit weitere Änderungsvorschläge erarbeitet. Diese AG hat bereits im März 2020 ihre Arbeit aufgenommen. Ziel ist es, verschiedene Aspekte der Inklusion im Sinne einer inklusiven Ausrichtung des Kita-Systems zu beleuchten.
An der Kita-Reform wird also beständig weitergearbeitet. Wir haben immer gesagt, dass sich dieser Reformprozess über einen längeren Zeitraum hinziehen wird. Wir haben diesen langen Atem für eine echte Reform bewiesen und werden ihn weiter unter Beweis stellen, während andere immer nur davon geredet haben.