Wie gesagt: Es gab Auffälligkeiten in den Bereichen Unterbringung und Arbeitsschutz. Um Verbesserungen in diesen Bereichen umzusetzen, werden jetzt auf Bundesebene drei Regelwerke novelliert: Das Arbeitsschutzgesetz, das Gesetz zur Sicherung von Arbeitnehmerrechten in der Fleischwirtschaft und die Arbeitsstättenverordnung.
In den beiden Bereichen Unterbringung und Arbeitsschutz werden genau die Dinge durch Bundesgesetz geregelt, die wir von hier aus immer gefordert haben: verbindliche Besichtigungsquoten, manipulationssichere Zeiterfassung, Besichtigungsund Betretungsrechte, Vorschriften zur Unterkunftsgestellung, Aufnahme der Gemeinschaftsunterkunft in die Arbeitsstättenverordnung mit festgelegten Standards und Dokumentationspflichten, eine bundesweite Fachstelle für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit in der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin und ein Ausschuss für Sicherheit und Gesundheit beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales.
Es ist gar nicht so verwunderlich, dass unsere Forderungen umgesetzt werden, schließlich sind es doch genau die durch Schleswig-Holstein initiierten Beschlüsse der Arbeits- und Sozialministerkonferenz aus dem November 2019, die hier in ein Bundesgesetz gegossen werden.
Ich möchte noch einmal das parlamentarische Engagement hervorheben. Es hat sowohl im Sozialausschuss wie auch im Wirtschaftsausschuss umfangreiche Befassungen mit dem Thema gegeben.
Ganz besonders hervorheben möchte ich hier das Engagement des Kollegen Kalinka und seines Sozialausschusses. Sie haben sich wirklich um das Thema verdient gemacht.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch einige abschließende Bemerkungen machen. In jeder Krise, so scheint es, wird von einigen versucht, das Maximum für die eigene Agenda herauszuholen. Das mag politisch-taktisch verständlich sein, gut finde ich es aber trotzdem nicht. Ganz konkret meine ich hier das Verbot der Werkverträge und von Leiharbeit. Eine Kontrolle und Eingriffsmöglichkeit zur Durchsetzung notwendiger Regeln wollen wir natürlich haben. Dafür braucht man aber einen klaren Kompass. Ich finde, dies geht darüber hinaus.
Das Verbot von Werkverträgen und Leiharbeit ist bestenfalls ein hilfloses Eingeständnis von Orientierungslosigkeit. Ich habe das hier in den vergangenen fünf Tagungen, als wir uns damit befasst haben, schon ausgeführt. Wenn man den Einlassungen des Ministers Heil lauscht, stellt man fest, dass es eher nicht Ahnungslosigkeit, sondern Symbolpolitik sein wird. Ich möchte ergänzen: vollkommen nutzlose Symbolpolitik, ein Feldzug gegen die Wörter „Werkvertrag“ und „Leiharbeit“, der an der Sache nichts ändert. Alle wissen das, und die Einschränkungen werden als kollaterale Schäden in Kauf genommen.
Positive Kreativität entsteht durch Neugierde und durch Freiheit, Freiheit, etwas zu tun, und durch geistige Freiheit. Wir sind das Land der Dichter und Denker, der Tüftler und Erfinder und des technologischen Vorsprungs. Geistige Enge stranguliert und erwürgt positive Kreativität. Um die Arbeits- und Unterbringungsbedingungen in der Fleischindustrie menschenwürdig adäquat zu gestalten, um die Schwachen zu beschützen und die Übeltäter zu sanktionieren, brauchen wir die geistige Enge nicht. Das haben wir hier bewiesen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
burg, Dr. Susanne Uhl, thematisiert seit Langem die Arbeitsbedingungen in Husum bei Danish Crown. Vor sieben Jahren hat sie die Leiharbeiter erstmals besucht, ihre Wohnungen gesehen und auf deren Ausbeutung bei Miete und Lohn aufmerksam gemacht. Der Konzern hatte damals umgehend reagiert, aber nicht, wie Sie denken. Dort wurden nicht etwa die Wohn- und Arbeitsbedingungen verbessert, sondern es wurden Busse gemietet. Diese brachten die Leiharbeiter von ihren Unterkünften direkt in den Betrieb. Auf diese Weise sollten die Leiharbeiter nicht mehr mit den Gewerkschaftern und Gewerkschafterinnen reden können, die sie vor den Werkstoren erwarteten.
Das war vor sieben Jahren. Die Großbetriebe sind aber auch an anderer Stelle mit dieser Taktik ganz gut gefahren. Die teils ausbeuterischen Verhältnisse in den Schlachthöfen, die die Leiharbeiter mit Rechnungen über Messer und Schutzkleidung auf Hungerlöhne runterrechneten, waren bekannt. Aber irgendwie haben sich alle damit arrangiert. Tatsächlich getan hat sich wenig.
Und dann kam Corona. Die Schlachthöfe wurden quasi über Nacht zu Hotspots, weil dort die Menschen zu dicht nebeneinander wohnen und arbeiten. Die Kette der Masseninfektionen in Schlachthöfen reißt nicht ab, wie der Schlachthof in Weißenfels zeigt, wo derzeit wohl über 170 Beschäftigte infiziert sind.
Inzwischen musste auch die hiesige Landesregierung erkennen, mit wem sie es zu tun hat. Die Schlachthofbetreiber sagen zwar viel, tun aber nicht unbedingt das, was sie sagen. Die Landesregierung musste erkennen, was von den entsprechenden Selbstverpflichtungserklärungen zu halten ist, nämlich nicht besonders viel. Es sei fraglich, ob das so gehandhabt wird, wie zuvor in der Verpflichtung angegeben wird, räumt der Bericht ein.
Jede Verbesserung für die Situation der Leiharbeiter schlägt sich nach Angabe der Betreiber angeblich auf den Preis nieder und muss einkalkuliert werden. Genau da ist wohl die Schmerzgrenze der Betriebe, die von ihren Methoden nur schwer abzubringen sind. Das gilt, wie der Bericht ausführt, ausdrücklich nur für die größeren Betriebe. Bei ihnen besteht laut Landesregierung noch Ermittlungsbedarf. Das klang noch vor wenigen Monaten anders. Diesen Fortschritt möchte ich ausdrücklich positiv hervorheben.
Eine regelmäßige und engmaschige Kontrolle der Betriebe und der Wohnungen muss in Zukunft garantiert und dauerhaft installiert werden. Mit Besorgnis sehe ich dabei die geplanten Ausweitungen der Schlachtkapazitäten, vor allen Dingen bei den Schweinen. Einerseits ist es enorm wichtig, dass der Rückstau in den landwirtschaftlichen Betrieben aufgelöst wird. Das ist auch im Sinne der Tiergesundheit und des Tierwohls eine wichtige Maßnahme.
Andererseits kann es kein Weiter-so in der Branche geben. Die Steigerung der Schlachtzahlen darf nicht weitergetrieben werden, ohne dass zumindest die staatliche Kontrolle ebenso mitwächst. Das muss unbedingt gewährleistet werden.
Der Arbeitsschutzkontrolle kommt dabei eine Schlüsselrolle zu, aber auch die Vertragsbedingungen müssen verbessert werden. Da hat der SSW eine andere Haltung als die Landesregierung, die im Bericht lediglich davon ausgeht, dass die Werkvertragsunternehmen die Standards einhalten sollen. Der Regelfall sollte aber auch in den Schlachthöfen das normale Beschäftigungsverhältnis sein - mit allen tariflichen und betrieblichen Ansprüchen.
Das bedeutet, dass allen Beschäftigten auch der Zugang zur Mitbestimmung eröffnet wird. Der Berliner Gesetzesentwurf zum Verbot der Leiharbeit und von Werkverträgen in den Schlachthöfen ist dabei nicht das letzte Wort. Die Schlachthofbetreiber haben schon Unterfirmen gegründet, um die Größenbegrenzung zu umgehen. Sie haben die Verträge für die Unterkünfte teilweise ausgelagert. Das alles sind Anzeichen dafür, dass es eben noch keinen Sinneswandel bei den Schlachthöfen gegeben hat.
Susanne Uhl verlässt im Dezember 2020 Flensburg. Ihr Fazit ist bitter: Sie geht nicht davon aus - auch nach sieben Jahren nicht -, dass sich die Lebensund Arbeitsbedingungen der Leiharbeiter in den hiesigen Schlachthöfen deutlich und fühlbar verbessern werden. - Danke für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit fast 40 Jahren beschäftige ich mich mit den Themen Stress am Arbeitsplatz, Gestaltung humaner Arbeit sowie Arbeits- und Gesundheitsschutz, und ich gebe zu, dass ich in dieser Frage besonders engagiert bin. Deswegen möchte ich einen Punkt betonen: Es geht eigentlich nicht um das Arbeitsschutzkontrollgesetz, sondern es geht es um das Arbeitsschutzgesetz. Eigentlich geht es um Arbeitsund Gesundheitsschutz, und das ist viel mehr als das, was ich gerade in den Redebeiträgen gehört habe.
Es geht um die Gestaltung von Arbeitsbedingungen, um Arbeitsverfahren, um Arbeitsmittel, es geht um den Abbau von Belastungen, und es geht um humane Arbeit. Hier ist noch sehr viel zu tun. Da können wir uns nicht zurücklehnen und sagen: Der Bericht hat das doch alles geklärt. - Das ist erst der Anfang dessen, was wir tun müssen. Die StAUK wird noch sehr viel Arbeit haben.
Noch einmal: Nur 10 %, wahrscheinlich weniger, der Betriebe machen systematische Gefährdungsbeurteilungen, die seit fast 25 Jahren in dem Gesetz von Betrieben verlangt werden. Die werden verlangt. Praktisch kein Betrieb hat eine vernünftige Organisation des Arbeits- und Gesundheitsschutzes. Auch dieses wird seit fast 25 Jahren vom Gesetzgeber verlangt. Um diese Themen geht es. Da reicht es mir nicht aus zu sagen: Wir reden ein bisschen über Arbeitszeit, wir reden ein bisschen über Arbeitsverhältnisse. Das ist wichtig, aber es sind nur die Basics.
Noch ein Satz zum Kollegen Richert: Wozu sind Gesetze da? - Damit man sie einhält und nicht einfach nur, damit man sie kontrolliert.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich über Ihren ersten Redebeitrag, Herr Professor Dunckel, schon etwas gewundert, weil er so sehr viel mit dem Bericht konkret gar nichts zu tun gehabt hat. Über Ihren jetzigen habe ich mich noch ein Stück mehr gewundert. Für Arbeits- und
Gesundheitsschutz liegt seit etwa eineinhalb oder zwei Jahren ein ausführlicher Bericht des Ministeriums vor, den wir hier auch diskutiert haben. Ich habe von Ihnen seither dazu nichts mehr gehört.
Soviel kann im Lande hier nicht falsch sein, wenn Sie hier über eineinhalb oder zwei Jahre schweigen und dann jetzt so tun, als ob dieses Thema das hier dominante sei.
Das zweite ist: Keiner von uns hat behauptet, hier sei alles geklärt. Im Gegenteil: Wir haben eine Strecke von - das haben wir versucht, deutlich zu machen - guten zwei Jahren gehabt, in denen wir recht intensiv gekämpft haben, dieses Thema in den Mittelpunkt zu rücken. Wir haben mit dem Minister ein hohes Maß an Einvernehmen zu den Schritten gehabt, die zu gehen sind. Dieses hat sicherlich dazu beigetragen - auch die Rückendeckung, die wir durch unsere Haltung gegeben haben -, dass wir für die Arbeitnehmer in dieser Branche real mehr erreicht haben.
Dass da auch noch manche Dinge sein können, das wissen wir doch. Wir warten jetzt darauf, ob die Wohnunterkünfte konkreter angegangen werden wie das mal im Gesprächen avisiert wurde. Mehr als zu sagen, wir würden uns freuen, wenn ausländische Arbeitnehmer, die wir fördern und begleiten, auch bei uns blieben, kann ich doch eigentlich zu diesem Teil als positives Signal gar nicht sagen. Aber keiner von uns hat behauptet, es sei alles geklärt. Was wir aber sagen, ist: Wir haben ein gutes, transparentes, klares Instrument, mit dem wir Verstößen begegnen.
Der dritte Punkt Herr Kollege - ich glaube, diese Frage haben Sie noch nicht in der Tiefe durchdrungen, ich muss das einfach einmal so sagen -: Das Problem war in der Fleischindustrie gerade, dass wir kein gesetzeswidriges Handeln hatten, aber ein moralisch kritisierbares Handeln.
Nun kam es darauf an: Wie können wir es schaffen, mit unseren Möglichkeiten der Kontrollen, der politischen Appelle, des Druckes und so weiter - da haben viele Kolleginnen, manche von ihnen standen nie vorn hier zum Thema, durchaus geholfen in dieser Frage -, wie können wir es gemeinsam schaffen,
im Klartext die schwarzen Schafe zu benennen und in der Branche etwas zu erreichen? Das war doch die Kernfrage, die wir bearbeitet haben.
Ich will gar nicht viel über Parteien und so weiter sprechen. Ich muss Ihnen aber sagen: Wenn Sie wirklich so toll wären, hätten Sie Dinge in Berlin schneller nach vorn bringen können. Ich halte Ihnen das hier noch einmal vor.