Protocol of the Session on December 10, 2020

Für die FDP-Fraktion hat jetzt der Abgeordnete Kay Richert das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Damen und Herren! Der Bund hat als Gebietskörperschaft keine eigene Bauverwaltung. Der Bund hat Liegenschaften, Gebäude, Anlagen und Infrastruktur, die erstellt und unterhalten werden müssen. Deswegen bedient sich der Bund im Normalfall der Finanzbauverwaltungen der Länder. Das ist bei uns die GMSH und im Bereich der Straßen und Wege ist das der LBV. Wir bauen also für den Bund.

Von diesem Prinzip gibt es Ausnahmen. Das ist bei der Bundeswasserstraßenverwaltung so. Die kennen wir ja alle, zum Beispiel vom Nord-Ostsee-Kanal und von dem Tunnel, der unter dem Nord-OstseeKanal hindurchführt. Künftig wird es auch eine Bundesfernstraßenverwaltung geben.

Als wir die Verantwortung in diesem Land übernommen haben, waren die Neuaufstellung ja bereits beschlossen und das Errichtungsgesetz nur noch Formsache. Ich verrate Ihnen auch kein Geheimnis, wenn ich sage, dass die FDP das immer sehr kritisch gesehen hat; denn so ein Wechsel zu einer bundeseigenen Verwaltung birgt ja nicht nur Vorteile für uns.

Aber wie bei vielen Dingen, die wir vorgefunden haben, haben wir uns dazu entschlossen, nicht zu lamentieren, sondern uns zu fragen: Wie gehen wir am besten damit um, wenn wir denn schon die Fernstraßen aus unserer Auftragsverwaltung entlassen müssen? Wie gestalten wir den Übergang am besten? Was ist am besten für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter? Und nicht zuletzt: Was ist denn am besten für die Menschen in unserem Land?

Wir haben uns entschlossen, nicht zu zögern, sondern die Sache offensiv und zügig anzugehen.

(Beifall FDP)

Dabei mussten wir natürlich darauf achten, dass das wirklich beachtliche Know-how in unserem LBV auch erhalten bleibt. Außerdem musste die Frage geklärt werden, ob wir Bundesstraßen und Autobahnen oder nur Autobahnen übernehmen wollen.

Minister Buchholz hat schnell entschieden, die großen Autobahnprojekte an die DEGES zu übergeben, und die Opposition hat das damals kritisiert. Aber es war die richtige Entscheidung; das wird immer deutlicher. Das hat nicht nur die Planungskapazitäten gewaltig erhöht, sondern es hat auch die Voraussetzungen für einen möglichst sanften und gleitenden Übergang geschaffen.

Nachdem sich viele Kollegen an Andreas Scheuer abgearbeitet haben und wir viel zum Thema Klimaschutzlast gehört haben und zu den - wie hieß das, Life Cycle Costing?

(Zuruf)

- ja, den deutschen Begriff kenne ich auch - Lebenszykluskosten, zur Organisation und zur Verwaltungsstruktur, möchte ich mich jetzt mit dem Übergang befassen.

Heute plant die DEGES alle Autobahnvorhaben in Schleswig-Holstein: den verkehrsgerechten Ausbau der A 7 - der ist ja bereits fertig, auch innerhalb der Zeit und innerhalb des Budgets -, der A 23, den Weiterbau der A 21, den Ersatzbau für die Rader Hochbrücke und natürlich auch für die A 20. Unser LBV hat jetzt die Kapazität zum Beispiel für den Ausbau der B 5 geplant. Darauf warten wir im Norden seit Jahren. Und jetzt passiert das endlich.

(Beifall Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Natürlich kann der LBV jetzt unsere Landesstraßenstrategie vorantreiben, wo wir mit mindestens 90 Millionen € pro Jahr unsere Landesstraßen instandsetzen. Und die Radwege machen wir dabei gleich mit.

(Lukas Kilian)

(Beifall FDP und Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ja, ich finde auch, dass das ein solcher Paradigmenwechsel ist, dass man das durchaus einmal erwähnen und beklatschen darf. Das ist gut für die Menschen in diesem Land. Denn die Straßen werden jetzt nicht nur im Parlament repariert, sondern auch tatsächlich draußen, dort, wo sie sind. Es geht endlich voran.

(Beifall FDP und CDU)

Das ist auch positiv für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter; denn die haben Erfolg bei der Arbeit, einen für alle sichtbaren Erfolg. Und dafür bekommen sie jetzt auch noch die Wertschätzung, die ihnen aufgrund ihrer Qualität und ihres Fleißes auch zusteht.

Die Übergangsphase zum Aufbau der Autobahn GmbH ist noch nicht abgeschlossen. Ja, wir hatten recht damit, die großen Projekte frühzeitig an die DEGES zu geben und die DEGES mit ins Boot zu holen. Und wir hatten auch recht damit, zusammen mit Hamburg Pilotregion für die Niederlassung Nord der neuen Autobahn GmbH zu werden. Und ja, es gibt auch Probleme.

Im ZDF hieß es: Die vom Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer versprochene Organisation der Bundesfernstraßenverwaltung aus einer Hand mit mehr Effizienz und Kosteneinsparung unter der Regie des neuen Fernstraßenbundesamts in Leipzig wird es auf Jahre hinaus nicht geben. Auch die Zukunft der DEGES als Teil der Bundesfernstraßenverwaltung scheint unsicher.

Ja, das stimmt. Aber für uns hier ist doch wichtig, dass der Wechsel der Verwaltung keine Nachteile für die Autofahrerinnen und Autofahrer in unserem Land haben wird. Deswegen lassen wir auch niemanden hängen, selbst dann nicht, wenn uns die Probleme, die ja woanders verursacht worden sind und die auch woanders gelöst werden müssen, direkt betreffen.

Der Minister hat von der Kooperationsvereinbarung gesprochen, die wir geschlossen haben. Das Horrorbild, dass auf schleswig-holsteinischen Autobahnen ab dem 1. Januar 2021 kein Winterdienst mehr stattfinden wird, wird hier nicht Realität werden; das werden wir nämlich nicht zulassen.

(Beifall FDP und CDU)

Ich hatte zu Beginn meiner Rede gesagt, dass der Wechsel der Verwaltung nicht nur Vorteile für uns bringt. Ein Nachteil wird natürlich sein - das klang

schon mehrfach an -, dass der Abstimmungsbedarf steigen wird. Schließlich hängen weder die landesnoch die bundeseigenen Straßen in der Luft; die sind ja alle Teil eines Straßennetzes.

Wir werden deswegen weiter darauf drängen, dass im Zusammenspiel mit der Fernstraßenverwaltung auch verpflichtende Abstimmungsgremien geschaffen werden, und zwar sowohl auf der konzeptionellen, also ministeriellen, Ebene als auch auf der operationellen Ebene, damit die Maßnahmen, die hier stattfinden, auch abgestimmt stattfinden, denn auch das ist gut für die Autofahrerinnen und Autofahrer im Land.

(Beifall FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich zusammenfassen: Ganz deutlich erkennbar haben wir die Straßeninfrastruktur in Schleswig-Holstein mit Riesenschritten vorangebracht. Das sieht jeder, der mit offenen Augen durch unser schönes Land fährt. Der Bund hat bei der Errichtung seiner Fernstraßenverwaltung Probleme. Das können wir aber nicht lösen. Aber wir tun alles dafür, dass die Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner weiterhin mit der gleichen Qualität von uns bedient werden, die sie bisher von uns gewohnt sind. Vielen Dank.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Abgeordneten des SSW hat jetzt der Vorsitzende Lars Harms das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will nicht verhehlen, dass der SSW kein großer Anhänger davon ist, verkehrliche Infrastrukturnetze in privatrechtlicher Form zu betreiben, zu planen oder zu bauen. Das gilt für die Schiene, für Wasserstraßen und wie in diesem Fall auch für Bundesfernstraßen.

Wir haben unsere jahrzehntelangen Erfahrungen mit der Deutschen Bahn als Wirtschaftsunternehmen in privatrechtlicher Form. Und diese Erfahrungen fallen nicht gerade positiv für die Bahn aus. Diese Erkenntnis ist seinerzeit in die Überlegungen eingeflossen, als es um die Reform der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes ging. Die Konsequenz war, die Behördenstruktur des Bundes nicht infrage zu stellen, also nicht den privatrechtlichen Weg einzuschlagen.

(Kay Richert)

Im Rahmen der Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichssystems wurde seinerzeit vereinbart, eine sogenannte Infrastrukturgesellschaft Verkehr zu gründen. Es ist quasi ein Kompromiss, der im Rahmen des Gesamtpakets der Finanzbeziehungen damals zwischen dem Bund und den Ländern gefunden wurde. Nichtsdestotrotz stand der SSW einer privatrechtlichen Infrastrukturgesellschaft eher ablehnend gegenüber. Aber so ist das nun einmal mit Kompromissen. Nun bekommen wir die Autobahn GmbH. Und zum 1. Januar nächsten Jahres soll es losgehen.

Schleswig-Holstein und Hamburg sind bereits zum 1. Januar dieses Jahres einem Pilotprojekt beigetreten, sozusagen als Feldversuch, um erste Erkenntnisse und Erfahrungen für die anstehende Reform zu gewinnen. Ich glaube, das war ganz schlau.

Der SSW hat seinerzeit darauf hingewiesen, dass die Gründung und Einrichtung einer solchen Gesellschaft nicht ohne Weiteres zu erledigen ist, was aber angesichts der Komplexität der Aufgabe auch klar war.

Wie sich mittlerweile herausstellt, sollten wir damit recht behalten. Denn bereits im Oktober hat Schleswig-Holstein in der Verkehrsministerkonferenz auf Herausforderungen hingewiesen, die zu lösen sind.

Ich will die bisherigen Leistungen nicht schmälern, denn vieles konnte bereits auf den Weg gebracht werden. Aber es hapert anscheinend an der Funktionsfähigkeit in Teilen der Verwaltung - und damit meine ich nicht unsere eigene - oder auch bei der Entflechtung bestehender Strukturen der Straßenbauverwaltung beziehungsweise der zuständigen Verwaltung des Bundes.

Weiter wurde in der Verkehrsministerkonferenz deutlich, dass für die Leistungs- und Funktionsfähigkeit der Bundesautobahnverwaltung übergangsweise Unterstützerleistungen der Länder erforderlich sein werden. Das wird ja auch mit dem Vertrag und der Vereinbarung so festgeschrieben. So sieht es so aus, dass eine enge Kooperation der Länder mit der Autobahn GmbH des Bundes noch bis Ende 2023 notwendig sein wird, damit sie überhaupt ins Rollen kommen kann, wenn man dieses Wort benutzen will.

Aber es ist natürlich richtig, dass wir darauf achten müssen, dass wir auch nach diesem Datum dauerhaft sicher und auch fest geregelt Einflussmöglichkeiten auf diese Gesellschaft haben. Denn ansonsten ist es eigentlich egal, wer aus Bayern Verkehrsminister wird, ob es der derzeitige ist oder möglicherweise ein Grüner. Sie alle werden uns nicht

wohlgesonnen sein. Deswegen ist es gut, wenn wir gute eigene Einflussmöglichkeiten haben werden.

Die Errichtung einer solchen Verkehrsinfrastrukturgesellschaft sowie die Übertragung sämtlicher Aufgaben und Verpflichtungen ist bei einem solchen Projekt eben von heute auf morgen nicht zu gewährleisten. Das hat man sich vielleicht auch zu einfach vorgestellt. Aber nun erhoffen wir uns alle von dieser Infrastrukturgesellschaft, dass Planung, Bau und Betrieb der Bundesfernstraßen künftig schneller vorangebracht werden können.

In Schleswig-Holstein können wir leider ein Lied von Autobahnteilstücken singen, die nicht vorankommen. Mit einer länderübergreifenden Infrastrukturgesellschaft soll nun endlich und erfolgreich das Projekt A 20 und die westliche Elbquerung zu Ende gebracht werden. Damit, meine Damen und Herren, hätten wir echt viel erreicht. Es ist ganz gut, wenn wir das tatsächlich aus der Zuständigkeit des Landes herauslösen,

(Beifall Hans-Jörn Arp [CDU])

weil wir mit einer bestimmten Partei immer Probleme hatten, wenn es darum ging, in diesem Bereich wirklich voranzukommen. Der Kollege Arp gibt mir da recht. Sein Beifall war berechtigt.

Meine Damen und Herren, aber vor dem Erfolg steht noch die Arbeit. Das heißt, der Aufbau und die Strukturen der Gesellschaft müssen etabliert werden. Wenn sich dann alles zurechtgeruckelt hat, dann, glaube ich, kann das schneller gehen. Wichtig ist aber auch, immer darauf zu achten, dass es unseren Beschäftigten gut geht. Es ist gut gewesen, dass wir als Küstenkoalition dafür Sorge getragen haben, dass die Leute selber entscheiden können, wohin sie gehen. Das hat übrigens auch für unseren eigenen Personalkörper genau die Effekte gehabt, die der Minister angesprochen hat, nämlich dass wir selber auch besser aufgestellt sind. Wir müssen aber sehr genau darauf achten, dass unsere Beschäftigten es sowohl in der neuen Gesellschaft als auch bei uns weiterhin guthaben. Wenn das alles klappt, dann haben wir eine gute Verkehrsverwaltung mit guten Arbeitsplätzen.

Was jetzt allerdings noch fehlt, ist ein wesentlich schlankeres Planungsrecht, meine Damen und Herren. Dass wir diese Gesellschaft jetzt haben, heißt ja nicht, dass wir gut vorankommen; vielmehr müssen wir ein vernünftiges Planungsrecht haben.

(Beifall SSW, CDU und FDP)

Das ist und bleibt unsere politische Aufgabe. - Vielen Dank.